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ID0125403800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 254. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. März 1953 12199 254. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. März 1953 Geschäftliche Mitteilungen . . . 12201A, 12233A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Albers, Graf, Jaeger (Essen), Wackerzapp, Frau Dr. Weber (Essen) . . 12201C Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens (Nrn. 4157, 2962, zu 2962, 3595, 3652 der Drucksachen): Von der Tagesordnung abgesetzt . . . . 12201C Änderung der Tagesordnung . . . 12201C, 12283A Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Abänderung und Ergänzung des Gesetzes über die Verlängerung der Wahlperiode der Betriebsräte vom 8. Januar 1953 Gesetz über die Leistungen zur Unterbringung von Deutschen aus der sowjetischen Besatzungszone oder dem sowjetisch besetzten Sektor von Berlin (Flüchtlings-Notleistungsgesetz) Gesetz über das Abkommen vom 19. Juli 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Wiederherstellung gewerblicher Schutz- rechte 12202A Kleine Anfrage Nr. 323 der Fraktion der FU betr. Vereinfachung im Grundstücksverkehr (Nm. 4132, 4176 der Drucksachen) 12202A Bericht des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die Schritte der Bundesregierung zur Erhaltung des deutschen Flachs- und Hantanbaues (Nr. 4162 der Drucksachen) 12202A Einspruch des Abg. Rische gegen den ihm in der 252. Sitzung erteilten Ordnungsruf (Umdruck Nr. 785) 12202A Einspruch zurückgewiesen 12202B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (Nm. 4158, 1101, 3666, 3747 der Drucksachen) 12202B Dr. Schneider (FDP), Berichterstatter 12202B Beschlußfassung 12202D Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Nr. 4090 der Drucksachen) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten Beratung des von den Abg. Dr. Wuermeling, Strauß und Gen. eingebrachten Entwurfs eines Wahlgesetzes zum Bundestag der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 3636 der Drucksachen) sowie mit der Fortsetzung der ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Nr. 4062 der Drucksachen) 12202D Scharnberg (CDU) . . . . 12203A, 12233D Mellies (SPD) 12207A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 12210D Dr. Ehlers (CDU): zur Sache 12211B persönliche Bemerkung 12235A Farke (DP) 12213A Dr. Reismann (FU) 12214A Dr. Schäfer (FDP) 12215C Fisch (KPD) 12218D Dr. Jaeger (Bayern) (CSU) 12221A Freiherr von Aretin (FU) 12225A Clausen (FU-Gast) 12225D Freudenberg (Fraktionslos) . . . 12226C Dr. Menzel (SPD): zur Sache 12226D persönliche Bemerkung 1223513 Loritz (Fraktionslos) 12230D Fröhlich (Fraktionslos) 12232A Ewers (DP) 12232D Dr. Schröder (Düsseldorf) (zur Abstimmung) 12234A Ritzel (SPD) (persönliche Bemerkung) 12234D Überweisung der Gesetzentwürfe an einen Sonderausschuß 12234C Unterbrechung der Sitzung . . 12235C Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Nrn. 2872, 4080 der Drucksachen, Umdruck Nr. 756); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nr. 774, Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 804 bis 809, 811, 812, 818, 819, 821) in Verbindung mit der Dritten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes (Nrn. 3806, 3910 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 794, 810) 12235A, 12283C Reitzner (SPD) 12235D, 12271B Dr. Kather (CDU) 12239D, 12250C, D, 12252B, 12253C, 12255B, 12260A, 12262A, 12265A, D, 12266C, 12267C, 12269B, 12271D, 12272C de Vries (FDP) 12241D Kohl (Stuttgart) (KPD) 12243B Struve (CDU). . 12244C, 12253D, 12255D, 12259C, 12261C, 12266D, 12270A Dr. Besold (FU) 12246D, 12252C Dr. Zawadil (DP) 12247D, 12270D, 12272D Schmidt (Bayern) (Fraktionslos) . 12248D Frühwald (FDP) 12249C Lampl (FU) 12251A, 12253B, 12254D, 12259A Tobaben (DP) . . . 12251B, 12256B, 12264A Merten (SPD) . . 12251B, 12254B, 12262C, 12266A, 12268A Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) 12251C, 12255A, 12258D, 12259D, 12265D, 12273A Dr. Horlacher (CSU) 12251C Dannemann (FDP) . . . . 12254A, 12262B Schütz (CSU) 12256C Dr. Trischler (FDP) . . . . 12257C, 12264B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 12257C, 12261B, 12267D Kunze (CDU) 12258B, 12260D Kriedemann (SPD) . . . 12259B, 12260C Dr. von Merkatz (DP) 12263D Ewers (DP) 12266B, 12271D Dr. Reismann (FU) 12268C Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 12270B Persönliche Erklärungen: Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 12282D Dr. Kather (CDU) 12283B Schriftliche Erklärungen zur Abstimmung: Goetzendorff (Fraktionslos) . . . . 12284 Clausen (FU-Gast) 12285 Abstimmungen 12250D, 12252D, 12253C, 12254A, 12257D, 12258C, 12259C, 12265C, 12266D, 12268B, 12269A, D, 12270C, 12272D Namentliche Abstimmung' über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 805 Ziffer 3 12265C, 12290 Schlußabstimmung vertagt 12273A Zur Geschäftsordnung, - Antrag auf Aussetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Nr. 4171 der Drucksachen): Dr. Wellhausen (FDP) 12273A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, zu 4141, Nachgang zu 4141 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 4181 der Drucksachen; Umdruck Nr. 795) . . . . 12273B Graf von Spreti (CSU), Berichterstatter 12273C Dr. Gerstenmaier (CDU) 12276B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . 12277C Dr. Hasemann (FDP) 12278B Dr. von Merkatz (DP) 12279C von Thadden (Fraktionslos) . . . 12280A Müller (Frankfurt) (KPD) 12280C Dr. Decker (FU) 12281C Präsident Dr. Ehlers 12282C Dr. Arndt (SPD) 12283C Schriftliche Erklärungen zur Abstimmung: Walter (DP) 12286 Dr. Keller (Fraktionslos) 12287 Bodensteiner (Fraktionslos) . . . 12288 Goetzendorff (Fraktionslos) . . . 12289 Abstimmungen 12282B, 12283D Namentliche Abstimmung . . 12282B, 12290 Vertagung der übrigen Tagesordnungspunkte 12283B Nächste Sitzung 12283D Anlage 1: Schriftliche Erklärung des Abg. Götzendorff zur Abstimmung zur zwei- ten und dritten Beratung des Entwurfs des Bundesvertriebenengesetzes . . . . 12284 Anlage 2: Schriftliche Erklärung des- Abg. Clausen zur Abstimmung zur dritten Beratung des Entwurfs des Bundesvertriebenengesetzes 12285 Anlage 3: Schriftliche Erklärung des Abg. Walter zur Abstimmung zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs betr. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel . . 12286 Anlage 4: Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Keller zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs betr. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel 12287 Anlage 5: Schriftliche Erklärung des Abg. Bodensteiner zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs betr. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel 12288 Anlage 6: Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Goetzendorff zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs betr. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel 12289 Zusammenstellung der namentlichen Abstimmungen 1. über den Änderungsantrag der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn), Dr. Horlacher, Neuburger, Revenstorff, Tobaben u. Gen. zu § 61 des Entwurfs des Bundesvertriebenengesetzes (Umdruck Nr. 805 Ziffer 3) 2. über den Entwurf eines Gesetzes betr. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel 12290 Die Sitzung wird um 9 Uhr 7 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Götzendorff (Fraktionslos) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Nr. 4080 der Drucksachen) Ich stimme gegen diesen Gesetzentwurf, weil die Möglichkeiten, das materielle Elend der Vertriebenen zu beseitigen, darin nicht ausgeschöpft sind. Insbesondere sind die §§ 13 (1) und 61 des Gesetzentwurfes für mich unannehmbar, da sie den Sinn des Gesamtwerkes gefährden. Es kann nicht behördlichem Ermessen überantwortet werden, zu entscheiden, welcher Geschädigte in „zumutbarem Maße" eingegliedert ist. Dies könnte behördlicher Willkür Tür und Tor öffnen. Des weiteren ist für mich der Gesetzentwurf unannehmbar, weil Strafbestimmungen fehlen, die auf Personen Anwendung finden, die Hilfsmaßnahmen gegenüber Vertriebenen sabotieren. Bonn, den 27. Februar 1953. Goetzendorff Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Clausen (FU-Gast) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Nr. 4080 der Drucksachen) Ich lehne das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge ab, weil es not-leidende Einheimische nicht mit den Vertriebenen und Flüchtlingen gleichstellt und eine nicht zu verantwortende Zurücksetzung und Benachteiligung der nachgeborenen Bauernsöhne, einheimischen Landarbeiter und der notleidenden selbständigen und unselbständigen einheimischen Erwerbstätigen zur Folge hat. Bonn, den 18. März 1953 Hermann Clausen Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Walter (DP) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 10. September 19.52 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, 4181 der Drucksachen) Es bedarf keiner erneuten Bestätigung, daß sich das deutsche Volk moralisch verpflichtet fühlen muß, alles an den Juden in den Jahren 1933-1945 begangene Unrecht wiedergutzumachen. Diese Wiedergutmachung muß den Betroffenen oder deren Erben direkt oder über die bestehenden jüdischen Organisationen oder durch die Vermittlung der UNO zuteil werden. Eine Wiedergutmachung an den Staat Israel lehne ich ab, da dieser Staat noch nicht bestand, als die Juden in Deutschland verfolgt und vertrieben wurden. Es ist eine Illusion, wenn angenommen wird, daß durch die Zahlung von 3 450 000 000 DM an den Staat Israel dieser der Bundesrepublik gegenüber eine Haltung einnehmen könnte, wie sie im internationalen Verkehr der freien Völker üblich und völkerrechtlich gefordert werden muß. Obwohl das Schreiben 6 a zu Art. 8 des Vertrages, unsere Seeschiffahrt betreffend, zurückgezogen wurde, bleibt die Tatsache bestehen, daß die Schiffe unserer Bundesrepublik und die Besatzungen unserer Schiffe vom Staate Israel, gegenüber allen anderen Nationen, diskriminierend behandelt werden. Die angeführten Gründe machen es mir daher unmöglich, dem Vertrag mit dem Staate Israel meine Zustimmung zu geben. Bonn, den 18. März 1953 A. Walter Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Keller (Fraktionslos) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, 4181 der Drucksachen) Jeder rechtlich und menschlich fühlende Deutsche wird mit Entsetzen und tiefem Mitgefühl an die Verfolgungen denken, in denen große Massen jüdischer Bürger Gut und Blut zum Opfer bringen mußten. Es ist eine selbstverständliche Pflicht des deutschen Volkes, das Recht wiederherzustellen und die Leiden und Verluste dieser jüdischen Bürger zu entschädigen. Dies ist und wird im Rahmen der individuellen Wiedergutmachung geschehen, die allerdings zum Teil im Rückerstattungsrecht schon über deutsche Rechtsgrundsätze hinausgegangen ist und neues Unrecht geschaffen hat. Darüber hinaus dem nach dem Kriege neuentstandenen Staate Israel die Hand der Verständigung zu reichen und dies durch finanzielle Hilfeleistungen zu bekräftigen, wäre im Grundsatz bejahenswert. Nach dem Kriege jedoch hat dieselbe Welt, die für das Recht zu kämpfen erklärt hatte, an Deutschen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, so viel gleiches Unrecht verübt oder geduldet, daß die erreichbaren Mittel des deutschen Volkes für wirksame Hilfe auch an die deutschen Heimatvertriebenen bereitgestellt werden müßten. Angesichts der sonst immer betonten Finanznot der Bundesrepublik erscheint daher die Zuwendung von Milliarden von D-Mark an Israel nicht zu verantworten. Ich stimme deshalb gegen das Gesetz. Bonn, den 18. März 1953 Dr. Keller Anlage 5 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Bodensteiner (Fraktionslos) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, 4181 der Drucksachen) Ich enthalte mich, weil die individuelle Wiedergutmachung gegenüber den Juden, welche im Dritten Reiche Schäden erlitten haben, immer noch nicht geregelt ist und durch die Annahme dieses Gesetzes gefährdet wird. Dieser individuellen Wiedergutmachung gebührt aber aus moralischen und juristischen Gründen der Vorrang. Bonn, den 18. März 1953 Hans Bodensteiner Anlage 6 zum Stenographischen Bericht der 254. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Goetzendorff (Fraktionslos) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend, das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, 4181 der Drucksachen) Ich stimme gegen dieses Gesetz, weil ich die individuelle Wiedergutmachung befürworte. Angesichts der Notlage von Millionen deutscher Heimatvertriebener, denen ähnliches Unrecht wie dem Judentum widerfuhr, halte ich es nicht für vertretbar, dem Staat Israel Milliardenbeträge zuzuwenden. Weiterhin halte ich die Einwendungen der arabischen Staaten gegen den Gesetzentwurf für berechtigt. Das deutsche Volk darf die Freundschaft der arabischen Völker nicht verlieren. Bonn, den 18. März 1953 Goetzendorff Namentliche Abstimmungen 1. über den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Dr. Müller (Bonn), Dr. Horlacher, Neuburger, Revenstorff, Tobaben und Genossen zu § 61 des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Umdruck Nr. 805 Ziffer 3) 2. über den Entwurf eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nrn. 4141, 4181 der Drucksachen) Name Abstimmung Name Abstimmung 1. 2. 1. 2. CDU/CSU I Dr. Adenauer Ja Ja Dr. Henle entschuld. entschuld. Albers Ja Ja Hilbert Ja enthalten Arndgen Ja Ja Höfler Ja Ja Dr. Bartram (Schleswig- Hohl Ja Ja Holstein) Ja — Hoogen Ja Ja Bauereisen Ja enthalten Hoppe Ja Ja Bauknecht Ja enthalten Dr. Horlacher Ja Nein Dr. Baur (Württemberg) . Ja Ja Horn Ja Ja Bausch Ja Ja Huth Ja enthalten Becker (Pirmasens)... . Ja enthalten Dr. Jaeger (Bayern) ... . Ja Nein Blank (Dortmund)... . Ja Ja Junglas Ja Ja Frau Brauksiepe Ja Ja Kahn Ja enthalten Dr. von Brentano Ja Ja Kaiser Nein Ja Brese Ja enthalten Karpf Ja Ja Frau Dr. Brökelschen .. . Ja Ja Dr. Kather Nein Ja Dr. Brönner Ja Ja Kemmer Ja Ja Brookmann Ja Ja Kemper Ja enthalten Dr. Bucerius krank krank Kern Ja Ja Frau Dietz Ja Ja Kiesinger Ja Ja Donhauser Ja enthalten Dr. Kleindinst Ja enthalten Dr. Dresbach Ja krank Dr. Köhler Ja Ja Eckstein Ja — Dr. Kopf Ja — Dr. Edert Ja enthalten Kühling Ja — Dr. Ehlers Nein Ja Kuntscher Nein Ja Ehren Nein Ja Kunze Ja Ja Eplée Nein enthalten Dr. Laforet Ja entschuld. Dr. Erhard Ja Ja Dr. Dr. h. c. Lehr Ja Ja Etzenbach Ja Ja Leibfried Ja enthalten Even Ja Ja Lenz Ja Ja Feldmann Ja Ja Leonhard Ja Ja Dr. Fink Ja enthalten Lücke Ja Ja Dr. Frey Ja enthalten Majonica Ja Ja Fuchs Ja Nein Massoth Ja Ja Dr. Freiherr von Fürsten- Mayer (Rheinland-Pfalz) . Nein enthalten berg Ja enthalten Mehs Ja enthalten Fürst Fugger von Glött . . Ja Nein Mensing Ja entschuld. Funk Ja enthalten Morgenthaler Ja Ja Gengler Ja enthalten Muckermann Ja Ja Gerns . Ja enthalten Mühlenberg Ja Ja Dr. Gerstenmaier Ja Ja Dr. Dr. Müller (Bonn).. . Ja Ja Gibbert Ja enthalten Müller-Hermann Nein Ja Giencke Ja enthalten Naegel Ja Ja Dr. Glasmeyer Ja Ja Neber Ja Ja Glüsing Ja enthalten Nellen Nein Ja Gockeln entschuld. entschuld. Neuburger Ja — Dr. Götz Nein Ja Nickl Ja Nein Frau Dr. Gröwel Ja Ja Frau Niggemeyer... . Ja Ja Günther — — Dr. Niklas Ja — Hagge Ja — Dr. Oesterle Ja enthalten Dr. Handschumacher . . . Ja Ja Oetzel — — Frau Heiler Ja Ja Dr. Orth Ja Ja Heix Ja Ja Pelster Ja Ja Name Abstimmung Name Abstimmung 1. 2. 1. 2. Pfender Nein enthalten Brünen Nein Ja Dr. Pferdmenges ... . Ja Ja Cramer Nein Ja Frau Dr. Probst ... . Ja enthalten Dannebom Nein Ja Dr. Pünder Ja Ja Diel....... . Nein Ja Raestrup Ja Ja Frau Döhring Nein Ja Rahn....... . Ja enthalten Eichler Nein Ja Frau Dr. Rehling.. . Ja Ja Ekstrand Nein Ja Frau Rösch Ja Ja Erler....... . Nein Ja Rümmele Ja Ja Faller Nein Ja Sabel..... . Ja Ja Franke...... . Nein Ja Schäffer.... Ja enthalten Freidhof Nein Ja Scharnberg..... . Ja Ja Freitag . Nein Ja Dr. Schatz Ja enthalten Geritzmann Nein Ja Schul Ja Ja Gleisner Nein Ja Schmitt (Mainz)... . Ja enthalten Görlinger Nein Ja Schmitz entschuld. entschuld. Graf Nein Ja Schmücker Ja Ja Dr. Greve Nein Ja Dr. Schröder (Düsseldorf) Ja Ja Dr. Gülich Nein Ja Schüttler Ja Ja Happe Nein Ja Schütz..... . Nein Ja Heiland Nein Ja Schuler Ja Ja Hennig Nein Ja Schulze-Pellengahr .. . Ja Ja Henßler krank krank Dr. Semler entschuld. entschuld. Herrmann Nein Ja Dr. Serres Ja Ja Hoecker Nein Ja Siebel. Ja Ja Höhne Nein Ja Dr. Solleder Ja krank Frau Dr. Hubert ... . Nein Ja Spies Ja enthalten Imig Nein Ja Graf von Spreti ... Nein Ja Jacobi Nein Ja Stauch Nein Ja Jacobs Nein Ja Frau Dr. Steinbiß Ja Ja Jahn....... . Nein Ja Storch Ja Ja Kalbfell Nein Ja Strauß Ja enthalten Kalbitzer Nein Ja Struve Ja enthalten Frau Keilhack... Nein Ja Stücklen Ja enthalten Keuning Nein Ja Dr. Vogel enthalten enthalten Kinat Nein Ja Wacker Ja enthalten Frau Kipp-Kaule Nein Ja Wackerzapp... . Nein Ja Dr. Koch Nein Ja Dr. Wahl Ja Ja Frau Korspeter... . Nein Ja Frau Dr. Weber (Essen) . Nein Ja Frau Krahnstöver.. . Nein Ja Dr. Weber (Koblenz). . Ja Ja Dr. Kreyssig Nein Ja Dr. Weiß Ja Ja Kriedemann.... . Nein Ja Winkelheide.... . Nein Ja Kurlbaum Nein Ja Wittmann.. . . Nein enthalten Lange -- — Dr. Wuermeling . Ja enthalten Lausen..... Nein Ja SPD Frau Lockmann.. Nein Ja Ludwig Nein Ja Frau Albertz.... . Nein Ja Dr. Luetkens.... . Nein Ja Frau Albrecht .... . Nein Ja Maier (Freiburg) ... . Nein Ja Altmaier..... . Nein Ja Marx....... . Nein Ja Frau Ansorge .... . Nein Ja Matzner...... . Nein Ja Dr. Arndt..... . Nein Ja Meitmann Nein Ja Arnholz...... . Nein Ja Mellies...... . Nein Ja Dr. Baade..... . Nein Ja Dr. Menzel ..... . Nein Ja Dr. Bärsch.... . Nein Ja Merten Nein Ja Baur (Augsburg) ... . Nein Ja Mertins Nein Ja Bazille...... . Nein Ja Meyer (Hagen) .... . Nein Ja Behrisch...... . Nein Ja Meyer (Bremen) ... . Nein Ja Bergmann..... . Nein J a Frau Meyer-Lauie .. . krank krank Dr.- Bergstraeßer .. Nein Ja Mißmahl..... . Nein Ja Berlin...... . Nein Ja Dr. Mommer.... . Nein Ja Bettgenhäuser... . Nein Ja Moosdorf..... . Nein Ja Bielig Nein Ja Dr. Mücke..... . Nein Ja Birkelbach Nein Ja Müller (Hessen).. . Nein Ja Blachstein Nein Ja Müller (Worms)... . Nein Ja Dr. Bleiß Nein Ja Frau Nadig Nein Ja Böhm....... . Nein Ja Dr. Nölting Nein Ja Dr. Brill krank krank Nowack (Harburg).. . Nein Ja Bromme Nein Ja Odenthal..... . Nein Ja Name Abstimmung Name Abstimmung 1. 2. 1. 2. Ohlig Nein Ja Kühn Nein enthalten Ollenhauer Nein Ja Dr. Leuze Ja Ja Paul (Württemberg) ... . Nein Ja Dr. Luchtenberg krank krank Peters Nein Ja Margulies J a Ja Pohle Nein Ja Mauk Ja enthalten Dr. Preller Nein Ja Dr. Mende Nein enthalten Priebe Nein Ja Dr. Miessner Ja enthalten Reitzner Nein Ja Neumayer Ja Ja Richter (Frankfurt)... . Nein Ja Dr. Dr. Nöll von der Nahmer Nein Ja Ritzel Nein Ja Onnen Ja enthalten Ruhnke Nein Ja Dr. Pfleiderer — — Runge Nein Ja Dr. Preiß Ja enthalten Sander krank krank Dr. Preusker Ja enthalten Sassnick Nein Ja Rademacher Ja Ja Frau Schanzenbach . . . . Nein Ja Rath Ja Nein Dr. Schmid (Tübingen) .. . Nein Ja Revenstorff Ja enthalten Dr. Schmidt (Niedersachsen) Nein Ja Dr. Schäfer Ja Ja Dr. Schöne Nein Ja Dr. Schneider Ja enthalten Schoettle Nein Ja Stahl Ja Nein Segitz Nein Ja Stegner Ja enthalten Seuffert Nein Ja Dr. Trischler Nein Nein Stech Nein Ja de Vries Nein enthalten Steinhörster Nein Ja Dr. Wellhausen Ja Ja Stierle Nein Ja Wirths — — Striebeck Nein Ja Frau Strobel Nein Ja DP Temmen Nein Ja Tenhagen Nein Ja Ahrens Ja enthalten Troppenz Nein Ja Eickhoff Ja enthalten Dr. Veit Nein Ja Ewers Ja enthalten Wagner Nein Ja Farke Ja Nein Wehner Nein Ja Dr. Fricke Ja Ja Wehr Nein Ja Hellwege Ja enthalten Weinhold Nein Ja Jaffe Ja Ja Welke Nein Ja Frau Kalinke Ja enthalten Weltner Nein Ja Kuhlemann Ja enthalten Dr. Wenzel Nein Ja Dr. Leuchtgens Ja Ja Winter Nein Ja Löfflad . Ja Nein Wönner Nein Ja Matthes Ja Nein Zühlke Nein Ja Dr. von Merkatz Ja enthalten Dr. Mühlenfeld Ja Ja Schuster Ja Nein FDP Dr. Seebohm Nein Ja — Tobaben Ja enthalten Dr. Atzenroth Ja Walter Ja Nein Dr. Becker (Hersfeld).. . Ja enthalten Wittenburg Ja enthalten Dr. Blank (Oberhausen) . . Ja Ja Dr. Zawadil Nein enthalten Blücher Ja Ja Dannemann Ja enthalten FU Dr. Dehler — — Dirscherl krank krank r reiherr von Aretin ... . Ja enthalten Eberhard Ja Ja Dr. Bertram (Soest) ... . Ja enthalten Euler Ja entschuld. Dr. Besold Ja enthalten Fassbender Ja enthalten Clausen Ja Ja Dr. Friedrich Nein Ja Dr. Decker ........J a enthalten Frühwald Ja enthalten Determann Ja Ja Funcke Ja Ja Eichner Ja enthalten Gaul Ja enthalten Hoffmann (Lindlar) Ja enthalten Dr. von Golitschek... . Nein enthalten Lampl Ja enthalten Grundmann ...... . Ja Nein Maerkl . Ja enthalten Dr. Hammer Ja enthalten Mayerhofer Ja — Dr. Hasemann Ja Ja Dr. Meitinger Ja enthalten Dr. Hoffmann (Lübeck) . . Nein Nein Pannenbecker entschuld. entschuld. Dr. Hoffmann (Schönau) . Ja Ja Parzinger Ja enthalten Frau Hütter Ja — Dr. Reismann Ja enthalten Frau Dr. Ilk Nein Ja Ribbeheger entschuld. entschuld. Jaeger (Essen) Ja Ja Volkholz Ja enthalten Juncker Ja Ja Wartner Ja enthalten Dr. Kneipp Ja enthalten Willenberg Nein Ja Name Abstimmung 1. 2. Name Abstimmung 1. 2. KPD Frau Bieganowski . . . Ja Ja Agatz Nein Nein Bodensteiner Nein enthalten Fisch Nein Nein Dr. Etzel (Bamberg). . enthalten enthalten Gundelach Nein Nein Freudenberg Ja Ja Harig Nein Nein Fröhlich Nein Nein Kohl (Stuttgart) Nein Nein Frommhold Nein Nein Müller (Frankfurt)... . Nein Nein Goetzendorff Nein Nein Niebergall Nein Nein Hedler...... . — — Niebes Nein Nein Frau Jaeger (Hannover) . Ja Nein Paul (Düsseldorf) Nein Nein Dr. Keller..... . Nein Nein Reimann Nein Nein Langer — — Renner Nein Nein Loritz Nein krank Rische — — Müller (Hannover) . . . — — Frau Strohbach Nein Nein Dr. Ott Nein Nein Frau Thiele Nein Nein Reindl...... . Ja enthalten Schmidt (Bayern).. Ja enthalten Fraktionslos von Thadden Nein Nein Frau Arnold Nein Ja Tichi krank krank Aumer krank krank Wallner Ja enthalten Bahlburg Ja Ja Frau Wessel Nein Ja Zusammenstellung der Abstimmung Abstimmung 1. 2. Abgegebene Stimmen... 376 360 Davon: Ja 196 239 Nein 178 35 Stimmenthaltung... . 2 86 Zusammen wie oben... . 376 360 Berliner Abgeordnete Name Abstimmung Name Abstimmung 1. 2. 1. 2. CDU/CSU Neumann Nein Ja Dr. Friedensburg... . Ja Ja Dr. Schellenberg.. . Nein Ja Dr. Krone Ja Ja Frau Schroeder (Berlin) . Nein Ja Lemmer Nein Ja Schröter (Berlin)... . Nein Ja Frau Dr. Maxsein... . Nein Ja Frau Wolff Nein Ja Dr. Tillmanns Nein Ja FDP SPD Dr. Henn Nein enthalten Brandt Nein Ja Hübner Nein Ja Dr. Königswarter... . Nein Ja Frau Dr. Mulert... . Nein enthalten Löbe Nein Ja Dr. Reif Nein Ja Neubauer Nein Ja Dr. Will Ja enthalten Zusammenstellung der Abstimmung der Berliner Abgeordneten Abstimmung 1. 2. Abgegebene Stimmen... . 19 19 Davon: Ja 3 16 Nein...... . 16 — Stimmenthaltung... . — 3 Zusammen wie oben 19 19
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Richard Freudenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (Fraktionslos)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Ich bin meinem Freund Schäfer — ich darf ihn ja wohl noch so nennen — dankbar, daß er als erster die Diskussion am heutigen Vormittag auf eine wirklich sachliche Grundlage gestellt hat. Ich bin überzeugt, Kollege Schäfer, daß sich, wenn die verschiedenen Anträge an den Ausschuß überwiesen sind und dann im Ausschuß Gründe und Gegengründe sachlich durchgesprochen werden, die Meinungen sehr zugunsten der Vorlage Drucksache Nr. 3636 wandeln werden. Die Gegengründe, die auch Sie angeführt haben, sind in keiner Weise stichhaltig. Aber ich will mich darauf jetzt nicht einlassen, denn darüber haben wir im Ausschuß Gelegenheit zu sprechen.
    Ich möchte ein sehr ernstes Wort an Sie, Herr Mellies, und an Ihre Freunde richten. Ich glaube, daß Sie sich in einem starken Widerspruch befinden, wenn Sie sagen, dieser Bundestag solle jetzt nicht mehr diese Wahlvorlage behandeln, und auf der andern Seite erklären, daß der Parlamentarische Rat mit Recht diese Entscheidung dem ersten unmittelbar gewählten Parlament zugewiesen habe. Ich glaube, daß es uns nicht erspart bleibt, daß dieses Parlament die Entscheidung trifft. Sie kann und darf nicht getroffen werden — auch unmittelbar vor Wahlen — unter dem Gesichtspunkt, was der einen oder der andern Machtgruppe dient, sondern sie kann und darf nur getroffen werden im Interesse derer, für die wir wirklich zu handeln haben: im Interesse der Wähler, im Interesse des deutschen Volkes.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Menzel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walter Menzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Scharnberg hat mich gleich zu Beginn seiner Ausführungen einer unwahren Berichterstattung über das Zustandekommen des Wahlgesetzes von 1949 bezichtigt. Ich darf dazu feststellen, daß ich bei der Begründung des sozialdemokratischen Gesetzentwurfs nach dem Stenogramm — und zwar zu den Abgeordneten der CDU/CSU gewandt — folgendes erklärt habe:
    Sie sind heute so gegen den Entwurf der SPD, und Sie verschweigen schamhaft, daß dieser Entwurf — ich sagte es vorhin schon — auf dem Wahlgesetzentwurf von 1949 aufbaut, den Sie doch alle durch Ihre Länderministerpräsidenten mitgemacht haben.... Die Länder haben 1949 durch ihre Ministerpräsidenten — auch
    durch die, die politisch zu Ihnen gehören dieses Gesetz akzeptiert.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Wer sagt die Unwahrheit?)

    Meine Damen und Herren, an Stelle dieser polemischen Anwürfe hätte uns von der Sozialdemokratie viel mehr interessiert, einmal von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, noch mehr aber von dem Herrn Bundesinnenminister zu


    (Dr. Menzel)

    hören, was denn nun eigentlich in der Zwischenzeit aus dem Regierungsentwurf geworden ist.
    Der Herr Vizepräsident des Hohen Hauses, Herr Kollege Dr. Schäfer, hat sich ja sehr reserviert gegenüber diesem Entwurf geäußert, und Herr Kollege Jaeger hat ihm — zumindest zum erheblichen Teil — eine klare Absage erteilt. Und wenn die Zeitungen nicht völlig falsch berichten, hat es in der letzten Woche im Kabinett erhebliche Auseinandersetzungen, um nicht zu sagen einen solennen Krach darüber gegeben, was denn nun aus dem Regierungswahlgesetzentwurf werden solle. Ob also die Regierung heute überhaupt noch an ihrem Entwurf festhält, weiß niemand. Ich darf daher die Bitte wiederholen, der Herr Bundesinnenminister möchte doch die Öffentlichkeit einmal darüber aufklären, ob die Regierung noch bei ihrem — wie er genannt worden ist — Wechselbalg bleibt. Dieses Hin und Her bei dem Wahlgesetzentwurf erinnert an jenen Zweizeiler von Schiller, der den ewigen Zwiespalt zwischen Hoffnung und Erfüllung formuliert hat:
    In den Ozean schifft mit tausend Masten der Jüngling,
    Still auf gerettetem. Boot treibt in den Hafen der Greis.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Kunze: Dünn, Herr Kollege!)

    Dieses Durcheinander bei der Regierung und den Regierungsparteien ist durchaus verständlich. Man braucht sich nur einmal zu überlegen, wie dieser Gesetzentwurf durch Haupt- und Hilfsstimmen, durch Teil- und Gesamtlistenverbindungen, durch einen äußeren und inneren Proporz ein heilloses Wirrwarr schafft; und dabei sollte eine solche Gesetzesvorlage über das Wahlrecht für den einzelnen Wähler klar und übersichtlich sein. Dieses Durcheinander läßt sich am besten durch zwei Beispiele der amtlichen Begründung demonstrieren. In der amtlichen Begründung zu dem merkwürdigen Instrument der Hilfsstimme heißt es unter anderem, wenn in einem Wahlkreis auf die Partei A 25 000 Stimmen, auf die Partei B 20 000 Stimmen und auf die Partei C 10 000 Stimmen entfielen und wenn dann von der Partei B 4000 Wähler ihre Hilfsstimme für A und von der Partei C 6000 Wähler ihre Hilfsstimme für B gäben, dann werde — immer nach der amtlichen Begründung — A 29 000 und B 26 000 Stimmen haben, d. h. A hätte die meisten Stimmen und müßte nach dem Grundsatz der von Ihnen proklamierten Mehrheitswahl als gewählt gelten. Aber was macht hieraus der Regierungsentwurf? Er denkt gar nicht daran, den Kandidaten A als gewählt anzuerkennen: In solchem Fall dürfen — so meint die Regierung — nur die 6000 Stimmen von C zugunsten von B gelten, aber nicht die 4000 Hilfsstimmen von B zugunsten des A; und wenn Sie sich dann die Sache bei Licht ansehen, ist plötzlich nicht der Kandidat gewählt, der 29 000 Stimmen hat, sondern der, der 26 000 Stimmen erhält.

    (Zuruf von der SPD: Das ist glatter Betrug!)

    Es wird niemand sagen wollen, daß es der Wille der Wähler sei — und zwar derjenigen Wähler, die von ihrer Hilfsstimme Gebrauch gemacht haben —, zugunsten der Hilfsstimmen anderer Wähler auf ihre eigene Hilfsstimme zu verzichten.
    Ein zweites Beispiel aus der amtlichen Begründung. Die verfassungsrechtlichen Schlußfolgerungen sollen gleich gezogen werden. Nach dieser amtlichen Begründung — ich darf mit Erlaubnis des
    Herrn Präsidenten einige Sätze aus der amtlichen, wobei ich dieses Wort unterstreiche, Begründung verlesen — soll der Listenausgleich wie folgt durchgeführt werden. Der Herr Bundesminister des Innern erklärte, diese Begründung sei klar und verständlich!
    Das Auszählverfahren geht wie folgt vor sich: Zunächst wird für jede Bundesliste die Zahl der auf sie entfallenden Stimmen ermittelt. Sodann werden die Gesamtzahlen der Stimmen zusammengezählt, die auf die durch Listenverbindung zusammengeschlossenen Gruppen entfallen. Nach dem Höchstzahlverfahren wird nunmehr die Verteilung der Sitze auf die einzelnen Bundeslisten und Verbindungen (einfache und Gesamtverbindungen) und sodann die Unterverteilung der den Verbindungen zugefallenen Sitze auf die beteiligten Bundeslisten vorgenommen. Dann werden die Sitze innerhalb der Bundesliste auf die einzelnen Landeswahivorschläge verteilt und dort den Bewerbern in ihrer Reihenfolge zugewiesen.
    Meine Damen und Herren, wer von Ihnen hat das verstanden? Das nennt sich nun ein einfaches, klares und übersichtliches Wahlrecht!
    Was folgt aus diesen beiden Beispielen? Ich will mich zunächst auf die verfassungsrechtlichen Konsequenzen beschränken. Das amtliche Beispiel über die Verwertung der Hilfsstimmen zu § 8 — daß also nur in bestimmten Fällen alle Hilfsstimmen gerechnet werden, in einigen Fällen aber nicht — beweist zunächst, daß hier der Grundsatz der Gleichheit bei der Wahl ganz eklatant verletzt ist;

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    denn és gibt bei den Wahlgängen in den einzelnen Wahlkreisen — auch nach Auffassung der Bundesregierung — Fälle, in denen nur ein Teil der abgegebenen Hilfsstimmen zum Zuge kommen darf und ein anderer Teil nicht.
    Die zweite Verletzung liegt in der Nichtbeachtung des Art. 38 des Grundgesetzes. Art. 38 verlangt in Anlehnung an die Vorschriften der Weimarer Verfassung freie Wahlen. Aber freie Wahlen heißt nicht nur, daß kein äußerer Zwang, daß kein Terror sein darf, es heißt vor allem auch, Freiheit der Wähler von dem Gewissenszwang, ob sie überhaupt und wen sie wählen sollen. Nach dem Regierungsentwurf ist der Wähler zwar frei darin, wen er wählen will, aber er ist nicht frei, ob er auf das Recht der Hilfsstimme verzichtet oder nicht. Hier nämlich wird der Wähler unter einen Gewissenszwang gestellt. Er muß, wenn er einer Partei angehört, die keine wesensgleiche andere Partei neben sich hat, auf das Recht der Hilfsstimme verzichten, oder er wird gezwungen — um nicht gegenüber anderen Wählern benachteiligt zu sein —, einer anderen Partei, die nicht seinen Vorstellungen entspricht, seine Hilfsstimme zu geben. Damit fördern Sie übrigens die politisch Labilen, die Lauen; Sie fördern diejenigen, denen es im Grunde genommen gar nicht so wichtig ist, ob diese oder jene Partei gewählt wird; Sie fördern diejenigen, die gern bereit sind, ihr Mäntelchen nach dem Winde zu hängen, während Sie denjenigen, die aus der Tradition ihrer politischen Vergangenheit ein klares politisches Vorstellungsbild von dem haben, was sie erreichen wollen, praktisch nicht die Möglichkeit geben, von ihrer Hilfsstimme Gebrauch zu machen. Die Bundesregierung meint — Kollege Wuermeling hat das an anderer Stelle wieder-


    (Dr. Menzel)

    holt —, es bestünde doch die Möglichkeit, daß ein Wähler draußen seine Stimme für eine Partei der jetzigen Regierung und seine Hilfsstimme für einen SPD-Abgeordneten abgebe. Aber ist es nicht grotesk, ein Wahlrecht zu machen, wonach ein Wähler bei der entscheidenden Wahl 1953 sagen kann: „Ich bin für die Regierung Adenauer; hilfsweise bin ich. dagegen."?

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Die Benachteiligung bei diesem System der Hilfsstimme — es fällt uns auf, daß man auf sie in der Aussprache nicht mehr zurückgekommen ist — trifft natürlich auch die heute zur Regierungskoalition gehörenden Parteien FDP und DP; denn mit ihren Hilfsstimmen — das ist ja auch die Absicht des Gesetzentwurfs — werden in den einzelnen Wahlkreisen mehr CDU-Abgeordnete gewählt werden als umgekehrt Abgeordnete der FDP und DP durch Stimmen der CDU-Wähler. Der Ausgleich soll nun über den merkwürdigen neuerfundenen inneren Proporz geschehen. Damit schaffen Sie praktisch einen Zwang zur Listenverbindung. Denn was bleibt der FDP und DP anders übrig, wenn sie ihre Hilfsstimmen im Wahlkreis der CDU geben sollen, als eine Listenverbindung einzugehen, weil sonst ihre Stimmen restlos und endgültig verlorengehen?
    Dieses Wahlgesetz der Bundesregierung widerspricht aber auch dem von der Verfassung geforderten Grundsatz der unmittelbaren Wahl. Nach dem Regierungsentwurf wählt der Wähler über seine Hauptstimme vielleicht einen Kandidaten der CDU, über die Hilfsstimme vielleicht — er weiß das vorher nicht — einen Kandidaten der FDP, durch die merkwürdige neue Art der Teillistenverbindung wählt er vielleicht einen DP-Abgeordneten und schließlich durch die Gesamtlistenverbindung vielleicht einen Abgeordneten der Bayernpartei. Aber damit nur kein Rest an Gewißheit für ihn verbleibt, was aus seiner Stimme wird, kann es ihm passieren, daß er als süddeutscher liberaler Wähler plötzlich einen Kandidaten der schwarz-weiß-roten nationalen Rechten in Nordrhein-Westfalen gewählt hat, die dort mit Herrn Dr. Middelhauve eine Fraktionsgemeinschaft eingegangen ist.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Da noch von unmittelbaren Wahlen zu sprechen, — ich glaube, das ist verfassungsrechtlich überhaupt nicht zu verteidigen. Man kann schließlich auch zu diesem System sagen:
    Rechte Hand, linke Hand, alles vertauscht,
    Wahlrecht, wie schaust du mir wunderlich aus!

    (Beifall bei der SPD.)

    Dabei ist es nicht ohne Reiz, daß ausgerechnet diejenige Partei, die sich sonst nicht genug für das Persönlichkeitswahlrecht einsetzt, durch dieses System praktisch keine Persönlichkeiten wählen läßt, sondern den Wähler zwingt, seine Stimme in der Gewißheit in den Kasten zu geben, daß er nicht weiß, wer daraufhin gewählt wird.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Nach § 12 des Gesetzentwurfs ist die Durchführung der Wahl Bundessache. Mit Recht hat der Bundesrat hierin eine Verletzung des Art. 83 des Grundgesetzes gesehen, wonach die Durchführung von Bundesgesetzen Aufgabe der Länder ist. Der Regierungsentwurf sieht darüber hinaus weder bundeseigene, noch eine Auftragsverwaltung vor. Er versucht, eine völlig neue, in der Verfassung nicht bekannte Form einer Verwaltung zu schaffen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Länder, die auch 1949 die Wahlen durchgeführt haben, das nicht auch 1953 tun sollten.
    Die Regierung hat demgegenüber darauf hingewiesen, die Wahl zum Bundesparlament sei aus ihrer ganzen staatsrechtlichen Natur heraus eine Bundessache, weil es sich dabei um die Bildung eines Bundesorgans handle. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß auch 1949 die Länder die Wahlen durchgeführt haben. Auch in den Vereinigten Staaten wird die Wahl nicht von der Föderation, sondern von den einzelnen Ländern durchgeführt.
    Wir haben daher keinen Zweifel, daß so wesentliche und offenkundige Verstöße gegen die Art. 3 und 38 des Grundgesetzes vorliegen, daß der Verfassungsgerichtshof in Karlsruhe den Regierungsentwurf in der heutigen Fassung für ungültig erklären wird.
    Die Einrichtung eines Sonderausschusses lehnen wir ab. Wir sehen keine Veranlassung, dem seit Jahren für die Fragen der Innenpolitik zuständigen Ausschuß für innere. Angelegenheiten plötzlich dieses Sachgebiet zu entziehen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Der Ausschuß für innere Angelegenheiten hat in guter Zusammenarbeit aller darin vertretenen Fraktionen die ihm bisher überwiesenen Aufgaben korrekt und pünktlich, viel pünktlicher als andere Ausschüsse, erledigt.

    (Erneute Zustimmung bei der SPD.)

    Außerdem möchte ich noch folgendes sagen. Als wir neulich, im Dezember, bei der Beratung über die Gleichberechtigung der Frauen den Sonderausschuß deshalb erbaten, weil der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überlastet sei und daher die Beratung des Gesetzes über die Gleichberechtigung der Frau nicht rechtzeitig bis zum 1. April dieses Jahres zu Ende führen könne, haben Sie die Errichtung eines Sonderausschusses abgelehnt. Es würde uns interessieren, warum Sie in diesem Sonderfall von der alten Regel, daß jeder Ausschuß seine Sachgebiete zur Behandlung bekommt, abweichen wollen.
    Ich darf nach diesen, verständlicherweise etwas trocken wirkenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten noch einige allgemeine Hinweise bringen. Ich habe bereits bei der Begründung unseres Gesetzentwurfes auf die Vorgänge bei den Nachwahlen zum jetzigen Bundestag verwiesen. Da haben Sie durch Blockbildungen den Wähler zu übertölpeln versucht, haben ihm klarzumachen versucht, der Unterschied zwischen den einzelnen Regierungsparteien sei ja gar nicht so groß, man könne daher beruhigt einen gemeinsamen Kandidaten aufstellen. Diese Überrumpelung ist nicht überall geglückt. Weil Ihnen das nicht geglückt ist, haben Sie nun Angst, künftig in den einzelnen Wahlkreisen mit der gleichen Methode der Wahlbündnisse zu arbeiten. Daher scheuen Sie das System der Listenverbindung in den Wahlkreisen; das wollen sie nach der Wahl machen, also hinter dem Vorhang, und dem Blick der Öffentlichkeit entzogen. Über die Listenverbindungen wollen Sie die Stimme des Wählers nicht dort lassen, wohin sie der Wähler haben will, Sie wollen sie dahin manipulieren, wohin sie die Bundesregierung haben zu müssen glaubt. Man marschiert zunächst getrennt, um den Wähler zu locken, und sobald die Stimme im Kasten ist, wird mit ihr nicht das gemacht, was sich der Wähler dabei gedacht hat.


    (Dr. Menzel)

    In der heutigen Debatte ist schon davon gesprochen worden, daß die Absicht der Regierung offenbar dahin ginge, sich auch im neuen Bundestag an der Macht zu halten. Man hat das bestritten. Unser verehrter Herr Bundestagspräsident hat sich zu den Vorhaltungen, die ihm auf Grund der Pressenotizen gemacht worden sind, vorhin geäußert. Ich möchte darauf nicht zurückkommen. Aber, meine Damen und Herren, ich komme nicht umhin, aus einem Artikel unseres verehrten Mitglieds dieses Hohen Hauses, des Herrn Even, einige Sätze zu verlesen, den er vor einiger Zeit in der „KettelerWacht" geschrieben hat. Aus diesem Zeitungsartikel ergibt sich klipp und klar die Absicht des Gesetzes, von vornherein die jetzige Opposition auch bei dem nächsten Bundestag auszuschalten. Herr Kollege Even hat nämlich Bedenken gegen diese Methode angemeldet.

    (Abg. Even: Ich habe auch noch etwas anderes gesagt!)

    — Herr Kollege Even — ich nehme an, daß Sie es waren, der den Zwischenruf machte —, ich konzediere durchaus, daß Sie die SPD in zum Teil aggressiver Form angegriffen haben. — Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten darf ich aus dem Artikel zwei Sätze verlesen:
    Das neue Wahlgesetz könnte und wird vielleicht dazu führen, die SPD für weitere vier Jahre aus der Regierung und von der Verantwortung fernzuhalten.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, das ist doch das offene Eingeständnis auch von Ihnen, daß das die Absicht des Gesetzentwurfes war!

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Herr Kollege Even schreibt ferner:
    Uns ist nicht wohl bei dem Gedanken, daß durch ein Wahlgesetz die SPD schon vor den Wahlen für weitere vier Jahre von der Verantwortung ausgeschlossen sein soll.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Form der künftigen Koalition sollte erst nach den Wahlen geprüft werden und jede Partei in ihrer Entscheidung bis dahin frei bleiben.
    Das ist durchaus richtig, Herr Kollege Even; aber es beweist, was man in den Fraktionssitzungen der Bundesregierung Ihnen über den Sinn des Gesetzes vorgetragen hat.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Zurufe von den Regierungsparteien.)

    Warum hat man übrigens — die Frage muß bei diesem Zwischenruf wiederholt werden — das Gesetz seitens der Bundesregierung fast ein Jahr beraten und so spät vorgelegt, wenn man nicht versucht hat, mit den letzten mathematischen Kniffeleien zu errechnen, wie man aus der von Ihnen befürchteten Zunahme der SPD-Stimmen möglichst wenig Mandate machen kann?

    (Abg. Scharnberg: Was Sie alles wissen, was wir beraten haben!)

    Es ist hier von den Rednern der CDU/CSU soviel auf die Ländergesetzgebung hingewiesen worden, und mit Pathos hat man immer wieder erklärt, indem man auf uns zeigte: „Ja, in Hessen, in Hamburg, in Niedersachsen, da habt ihr Gesetze gemacht, die uns, der CDU/CSU, so geschadet
    haben!" — Nun, meine Damen und Herren, warum verschweigt man dann aber, wenn man hier schon zu den Ländergesetzen Stellung nimmt, der Öffentlichkeit, daß in sämtlichen drei Ländern — in Hessen, Hamburg und Niedersachsen — die CDU diese Gesetze mit angenommen hat?!

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Zurufe von der CDU.)

    Sie können doch die Gesetze, die Ihre eigenen politischen Freunde in den Ländern bejaht haben, jetzt nicht hier abschütteln. Außerdem sehen Sie sich doch bitte erst einmal die Wahlsysteme z. B. in Hessen und in Hamburg an! Dort haben Sie genau das gleiche Wahlsystem, das wir hier 1949 angenommen haben.

    (Widerspruch bei der CDU. — Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]:: Sie wissen doch selbst, daß es anders ist!)

    — Entschuldigen Sie! Lesen Sie doch einmal nach, z. B. daß § 9 des hessischen Wahlgesetzes genau übereinstimmt mit dem Bundestagswahlgesetz von 1949!

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]:: Sie wissen, daß es anders ist!)

    — Herr Kollege Schröder, es ist nicht anders! (Abg. Dr. Schrader [Düsseldorf]:: Es ist anders!)

    — Entschuldigen Sie! Ich habe mir sogar die Gesetzesbücher hier auf den Tisch legen lassen. Herr Kollege Ritzel zeigt sie Ihnen.
    Man scheint die Hilfsstimme durch die Stichwahl ersetzen zu wollen. Wir teilen die Bedenken, die Herr Kollege Jaeger gegen das System der Stichwahl vorgetragen hat. Hätten wir 1949 bei unseren 242 Wahlkreisen das Stichwahlsystem gehabt, wir hätten in nicht weniger als 200 Wahlkreisen eine zweite Wahl abhalten müssen. Ich glaube, daß wir schon wegen der Gefahr einer Wahlmüdigkeit ein solches System nicht akzeptieren sollten. Wir haben auf dem Gebiete der Stichwahl eine jahrzehntelange Erfahrung aus der Zeit vor 1918. Der Reichstag der Kaiserzeit mit dem absoluten — nicht nur dem relativen — Mehrheitswahlrecht wies zumeist 15 bis 16 Fraktionen und Gruppen auf. Das absolute Stichwahlsystem hat die Vielheit der Fraktionen im Deutschen Reichstag nicht verhindern können. Und woher kam es, daß so viele Fraktionen im Reichstag vertreten waren? Dadurch, daß man vor dem zweiten Wahlgang zwischen den Parteien verabredete — womit zumeist ein politischer Kaufpreis verbunden war —, der Kandidat welcher Partei in der Stichwahl aufgestellt und von allen anderen Parteien gegen die Sozialdemokratie gewählt werden sollte. Das bedeutet doch die unendlich große Gefahr politischer Korrumpierung.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Gegenrufe rechts: Stimmt ja gar nicht! Unsinn!)

    Und wenn Herr Kollege W u e r m e l i n g neulich in der Begründung seines Gesetzentwurfs so vor der Macht des Parteiapparats gewarnt hat, so steht doch, meine Damen und Herren, ganz einwandfrei fest, daß bei einem System mit Stichwahl, wenn ich auf die von Ihnen beantragte Zahl von 484 Abgeordneten exemplifiziere, bei ungefähr 420 Abgeordneten allein und ausschließlich die Parteibürokratie entscheiden würde, wer zur Stichwahl vorgeschlagen würde.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Gegenrufe von den Regierungsparteien.)



    (Dr. Menzel)

    Wie stark die Bundesregierung bei ihrem Entwurf von ihrem Bemühen ausgegangen ist, sich auch für die nächste Wahlperiode ihre Mehrheit zu retten, das ergibt sich nicht nur aus der Bestimmung, daß man den Ländern — ich will nicht wiederholen, was neulich schon erörtert wurde — die Möglichkeit entziehen will, die Wahlkreise einzuteilen, es ergibt sich das auch aus Vorgängen, die in zunehmendem Maße die' Öffentlichkeit interessieren: der Bildung gemeinsamer Wahlfonds El die Koalitionsparteien. Die Arbeitgebervereinigungen haben neuerdings ihre Mitglieder aufgefordert, zugunsten des Wahlfonds der Regierungsparteien für jeden Arbeitnehmer 60 bis 110 Pfennig zu spenden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Es ist offenes Gespräch in den Wandelgängen dieses Hauses — und der Name des Herrn Heinrichsbauer aus Köln taucht wieder auf —, daß der gemeinsame Wahlfonds bereits mehrere Millionen betrage, deren Hergabe jedoch von einem Wahlgesetz abhängig gemacht wird, das von vornherein die Ausschaltung der Sozialdemokratie garantiert.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Arnholz: Der neue Lügenverband!)

    Es ist dem Herrn Kollegen Scharnberg und anderen Kollegen bei den Hinweisen auf die Rolle der Verhältniswahl in der Weimarer Republik bereits einiges erwidert. Lassen Sie mich das durch einige Zahlen ergänzen. Bei der letzten Reichstagswahl am 5. März 1933 bekam die NSDAP 46,2% der Stimmen und entsprechend viel Mandate im Reichstag. Der Staatsrechtler Prof. Jellinek hat in einer interessanten Studie über die Auswertung der letzten Reichstagswahlen vor 1933 dargelegt, daß bei Anwendung des reinen Mehrheitswahlrechts die NSDAP bereits 1932 nahe an die absolute Mehrheit der Mandate herangekommen wäre und daß bei der Anwendung des reinen Mehrheitswahlrechts bei der Wahl vom 5. März 1933 die NSDAP ca. 60 % der Mandate im Reichstag bekommen haben würde.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das Verhältniswahlrecht der Weimarer Zeit hat. also nicht das Zurmachtkommen des Nationalsozialismus gefördert, sondern hat ihn bis zur letzten Stunde unterdrückt. Und wenn es trotzdem Hitler möglich war, nachher die Mehrheit für sein verfassungsänderndes Ermächtigungsgesetz zu bekommen, dann waren es die Deutschnationale Volkspartei und die Harzburger Front, die gerade den Segen des Verhältniswahlrechts umfälschten und Hitler die genügenden Restmandate gaben, 'um die Weimarer Verfassung zu zerstören.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Übrigens darf ich noch an eine andere Zahl erinnern. Als der letzte kaiserliche Reichstag von 1918, gewählt nach dem absoluten Mehrheitswahlrecht, auseinanderging, wies er 12 Fraktionen auf. Als der erste Reichstag der deutschen Republik zusammentrat, gewählt nach dem reinen Verhältniswahlrecht, wies er vier Fraktionen weniger, d. h. nur acht Fraktionen auf.
    Zum Schluß, meine Damen und Herren, sei mir noch einmal eine Zusammenfassung unserer Bedenken gestattet. Sie sagen, Sie seien gegen ein Verhältniswahlrecht, aber gleichzeitig erhöhen Sie den Anteil der Listenmandate; Sie seien für ein Mehrheitswahlrecht, aber das, was in Ihrem Entwurf wirklich mehrheitsbildend sein könnte, wird durch den inneren Proporz sofort wieder beseitigt; Sie
    seien für die Persönlichkeitswahl, und Sie schaffen über dieses System der Listenverbindung zugleich das anonymste Wahlrecht, das es in Deutschland jemals gegeben hat.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Sie sagen, man müsse weg von dem verhängnisvollen Proporz, aber zugleich führen Sie neu den inneren und äußeren Proporz ein, den wir bisher nicht kannten.
    Bei diesem Zwiespalt zwischen Ihren Erklärungen und dem Inhalt des Gesetzentwurfes ist es doch offenbar, daß Sie mit diesem Gesetzentwurf andere Prinzipien verfolgen als die, die Sie nach außen proklamieren. Es soll — ich darf noch einmal auf die „Ketteler-Wacht" zurückkommen; daraus ergibt es sich klipp und klar — der Versuch sein, die SPD nicht in der Stärke, in der sie bei den Wahlen in der Bevölkerung verankert sein wird, im Bundestag vertreten zu sehen. Aber glauben Sie denn wirklich, daß es möglich ist, durch Verschiebungen von Wahlsystemen die sittliche und moralische Idee einer Partei, die eine 80 Jahre lange Bewährung auf sich hat, unterdrücken zu können? Sie durch solche Methoden in Quarantäne nehmen zu wollen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.
    Für uns handelt es sich bei diesem Gesetz nicht um ein gewöhnliches Gesetz. Das heißt, die Annahme des Gesetzes bedeutet nicht, daß wir uns ohne weiteres damit abfinden können. Denn das Wahlrecht kann in bestimmten Situationen eines Volkes wichtiger sein als eine geschriebene Verfassung, und wir Sozialdemokraten glauben, daß wir in einer solchen Situation sind. Die Verfassung, die wir uns 1949 gegeben haben, würde alsbald zu einem Stück Papier werden, wenn der Vorschlag der Regierung Gesetz würde.
    So stehen wir wieder einmal in unserer Geschichte vor einer der wichtigsten Entscheidungen über die Grundlagen einer freiheitlichen Demokratie. Was die Regierung hier vorschlägt, ist nichts weiter als ein Ermächtigungsgesetz in neuem Gewande.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir aber warnen, den Weg des 23. März 1933 ein zweites Mal zu gehen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Zurufe von den Regierungsparteien. — Zuruf von der Mitte: Ach du lieber Gott!)

    (Präsident Dr. Ehlers übernimmt wieder
    den Vorsitz.)