Rede von
Dr.
Walter
Menzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach diesen beiden Begründungen, die wir soeben zu den beiden Gesetzentwürfen gehört haben, tut es mir eigentlich doch leid, daß wir nicht gleich in eine allgemeine Aussprache eingetreten sind.
Ich möchte mit einer ganz offenen Frage an den Herrn Kollegen Wuermeling beginnen. Herr Kollege Wuermeling, haben Sie nicht selbst das Gefühl, daß Sie, so wie die Situation im Bundestag nun einmal ist, politisch im luftleeren Raum sprechen? Denn das, was Sie, oder die Antragsteller des Entwurfs, hier vorlegen, ist doch nur ein scheinbares Mehrheitswahlrecht.
Es ist mir leider nicht möglich, da es heute lediglich meine Aufgabe ist, den Entwurf der SPD zu begründen, auf alle Einzelheiten- einzugehen; das wird der Aussprache in vierzehn Tagen überlassen bleiben müssen. Aber glauben Sie denn wirklich, meine Herren von der CDU, die diesen Entwurf unterschrieben haben, daß der Herr Bundeskanzler wegen des Wahlrechts bereit ist, seine Regierungskoalition zu gefährden? Denn das würde er doch tun. Sie können doch von Ihren Mitstreitern der letzten Jahre, FDP und DP, gar nicht verlangen, daß sie den Entwurf des Herr Wuermeling mitmachen; sie würden sich doch ihr eigenes Grab graben.
Es ist für uns, Herr Kollege Wuermeling, nicht ganz ohne Reiz, daß zum mindesten ein nicht unerheblicher Teil der CDU anscheinend bereit ist, diese Mitstreiter der letzten Jahre jetzt einfach im Stich zu lassen, indem man um die SPD wirbt, sie möge doch dem Mehrheitswahlrecht zustimmen. Aber sicherlich ist man natürlich auch bereit, dann, wenn das Experiment des Liebeswerbens um die SPD nicht glückt, wieder durch dick und dünn mit den anderen Parteien zusammenzugehen.
Meine Damen und Herren, ich sagte schon, wir müssen heute leider die Kritik und die Auseinandersetzung über den Entwurf Dr. Wuermeling und über die Regierungsvorlage vertagen. Aber ich kann doch nicht umhin, wenigstens auf die Ausführungen des Herrn Bundesinnenministers einige Sätze zu erwidern. Dem Gesetzentwurf der Regierung hätte eigentlich kaum eine bessere Begründung auf den hoffentlich recht kurzen Lebensweg mitgegeben werden können als die Taufrede, die der Herr Bundesinnenminister — im Januar war es — vor der Presse gehalten hat und in der er darauf hinwies — so quasi als Entschuldigung —, daß die Beratungen im Kabinett sehr lange gedauert hätten und daß es recht schwierig gewesen sei, zu einer Einigung zu kommen, daß man aber deswegen nicht etwa denken solle, daß das alte deutsche Sprichwort zuträfe: „Viele Köche verderben den Brei", denn das, was die Regierung vorlege, das sei natürlich kein Brei, sondern das sei ein Kompromiß geworden;
und in der er dann bei dem Kapitel über die Listenverbindung der etwas erstaunten Presse erklärte: „Meine Damen und Herren, das, was ich Ihnen über die Listenverbindung vorgetragen habe, das werden Sie wahrscheinlich drei- oder viermal
lesen müssen, und ich fürchte, daß Sie es dann auch noch nicht verstehen."
Zum mindesten in diesem Punkte war der Herr Bundesinnenminister ehrlich, denn ich glaube schon, daß sich der einzelne Staatsbürger draußen, der Wähler, tatsächlich an die Stirn faßt, wenn er dieses Gesetz lesen und wenn er es nachher anwenden soll.
Daher hat sich die sozialdemokratische Fraktion entschlossen, einen Gesetzentwurf einzubringen, der sich im wesentlichen — auf die Einzelabänderungen komme ich noch — auf das Wahlrecht stützt, das bei der ersten Bundestagswahl gegolten hat. Dieser Entwurf soll zunächst einmal dazu dienen, die begreifliche Verwirrung zu beseitigen, die der Regierungsentwurf draußen verursacht hat, mehr aber noch die Verwirrung zu beseitigen, die durch das nun, glaube ich, fast ein Jahr andauernde Tauziehen in der Regierung entstanden ist bei den Versuchen, wie man bei den künftigen Wahlen die Opposition möglichst geräuschlos an die Wand drücken kann.
Selbst diejenigen Wähler, die politisch gar nicht zur Sozialdemokratie gehören, haben gemerkt, daß dieses Tauziehen nicht für den Wähler geschah, daß man nicht etwa dem Wähler helfen wollte, sondern daß man versuchte, den Wähler zu einer Schachfigur zu degradieren, um seine Stimme letzten Endes dahin zu dirigieren, nicht wohin der Wähler sie haben wollte, sondern da, wo die jetzige Regierung sie nach der Wahl sehen möchte.
Die Resonanz des Regierungsentwurfs draußen ist erstaunlich. Aber ich muß zugleich sagen, es ist erfreulich, daß eine solche Resonanz da ist; denn sie zeigt doch, daß die Befürchtung nicht zutrifft, die Deutschen hätten nicht den genügenden Kontakt mit ihrem Staat. Diese Resonanz zeigt, daß das Gefühl des demokratischen Verbundenseins mit dem Staat außerordentlich gut verankert ist.
Meine Damen und Herren! Diese starke Resonanz gibt uns zugleich die Gewähr, daß die Regierung von ihren eigenen Wählern durchschaut worden ist. Die Wähler haben nämlich erfreulicherweise einen viel stärkeren Instinkt dafür gehabt, als es der Regierung lieb war, als sie erkannten, mit welchen Tricks man zu arbeiten versucht.
Das Wahlrecht ist ein Teil der modernen politischen Wissenschaft. Bei jeder Wissenschaft muß man bestimmte Prämissen und Grundsätze anerkennen, ohne die die Lösung eines politischen Problems nicht möglich ist. Das Problem, das ich hier meine, und die These, die ich hier anspreche, ist der leider zumeist übersehene Grundsatz — ein Bestandteil unserer modernen demokratischen Verfassungen —: „Die Staatsgewalt geht vom Volke aus" — und nicht von der Regierung! Erkennt man diesen Grundsatz nicht nur als eine verfassungspolitische Norm, sondern auch als eine verfassungspolitische Verpflichtung an, dann ist damit auch zugleich im Kern festgelegt, wie ein Wahlrecht gestaltet sein muß;
denn die Wahlen und das Wahlsystem sind doch die einzige Möglichkeit, die der Staatsbürger hat, um seinen politischen Willen mit Hilfe des Parlaments in die Realität umzusetzen. Das heißt, das Wahlrecht, das Wahlsystem, ist eine Art Kupplungsgetriebe, um die politischen Wünsche zu realisieren. Aber genau wie beim Kupplungsgetriebe kommt es nicht nur darauf an, daß es an sich funktioniert und daß der Apparat läuft, wenn man auf einen Knopf drückt. Es kommt auch darauf an, daß derjenige, der den Hebel in Bewegung setzt, dann auch weiß, wohin die Maschine läuft, ob sie vorwärts oder rückwärts, rechts oder links läuft.
Das aber weiß doch der Wähler bei dem Wahlsystem der Regierung nicht: denn er bleibt im Ungewissen, wohin seine Stimme geht.
Daher, meine Damen und Herren — das ist die Folgerung aus dem Grundsatz: die Staatsgewalt geht vom Volke aus —, muß das Wahlsystem durchsichtig, übersichtlich und vor allem auch dem einfachen Wähler klar und verständlich sein,
damit er weiß, wen und was er wählt.
Diejenigen, die heute den Gesetzentwurf der Regierung vorlegen, sind gegen das Verhältniswahlrecht. Aber das reine Verhältniswahlrecht ist viel ehrlicher, da es zum mindesten dem Wähler die Gewißheit gibt, welche Partei er wählt, deren politische Prominenz ihm im allgemeinen bekannt sein wird. Alle diese Erfordernisse enthält der Regierungsentwurf nicht. Unter Anerkennung des Grundsatzes, daß die Staatsgewalt vom Volke ausgeht und daß der Wähler ein Wahlrecht haben will, das für ihn überschaubar ist, ist der SPD-Entwurf einfach und klar aufgebaut. Er erfüllt insoweit alle Voraussetzungen, die ein Wähler an ein Wahlsystem und an ein Wahlgesetz stellen kann und muß.
In dem Entwurf der SPD gibt es keine Stimmenverwertung durch eine Art Konzern, wie es die Regierung über die merkwürdige Methode der verschiedensten Arten von Teil- und Gesamtlistenverbindungen zu schaffen versucht. Bei unserem System weiß der Wähler von Anfang an, welche Persönlichkeit im Kreis und welche Partei er über die Liste wählt. Da gibt es kein Herumschieben von Stimmen und keine inneren und äußeren Proporze, völlig neue Begriffe, die ausgerechnet die Gegner des Verhältniswahlrechts hier einzuführen versuchen. Jeder hat nur eine Stimme. Das komische Instrument der Hilfsstimme, das letzten Endes doch nur der Verschleierung dient, gibt es nicht. Damit sind auch zugleich die in Art. 38 des Grundgesetzes geforderten Voraussetzungen erfüllt, daß die Wahl gleich, frei und unmittelbar sein muß. Ist das nicht übrigens — wenn ich das einschalten darf — eine alte Forderung im Kampf um die Demokratie in Deutschland und gegen das Dreiklassenwahlrecht im früheren königlichen Preußen gewesen, daß wenigstens bei der Wahl keine Unterschiede zwischen den Staatsbürgern bestehen sollten?! Warum verbrennt man denn heute, was man früher anerkannt hat?
Wir haben bei unserem Entwurf, entsprechend unserem augenblicklich geltenden Wahlrecht, auf die Forderung von Nachwahlen verzichtet, und wir gehen auch von der bisherigen Mandatszahl von 400 aus. Aber gerade bei dem Problem der Nachwahl möchte ich Herrn Kollegen Wuermeling auf einiges antworten. Sie von der CDU haben nämlich das Institut der Nachwahl mißbraucht. Gerade Sie, die Sie vorgeben, für das Mehrheitswahlrecht zu sein, haben nicht daran gedacht, bei den Nachwahlen der letzten 31/2 Jahre auch nur ein einziges Mal das System der Mehrheitswahl zu akzeptieren!
Das paßte Ihnen nicht, weil Sie dann nämlich Gefahr gelaufen wären, daß die SPD vielleicht einige Wahlkreise erobert hätte. Und was taten Sie? Sie griffen zu sogenannten Bürgerblockbildungen.
– Oh, ich darf Ihnen gleich ein Beispiel nennen: Als wir vor einiger Zeit im Westfälischen eine Nachwahl hatten, — —(Abg. Majonica: Bei meiner Nachwahl
nicht! Da gab es keinen Bürgerblock! —
Abg. Dr. Greve: Sie sind ja auch als Persönlichkeit gewählt worden! — Weitere
Zurufe von der SPD.)
— Herr Kollege Majonica, ich werde Ihnen gleich einen Fall aus Ihrer Heimat, aus Westfalen, erzählen. Als wir vor einiger Zeit in Westfalen eine Nachwahl hatten, hatte man gegen den Kandidaten der SPD sämtliche übrigen Parteien von ganz rechts bis zur CDU zusammengefaßt, und man war sich seines Sieges so sicher, daß sich die „Westfälische Zeitung" bereits am Sonnabend vor der Wahl einen Haufen Fackeln gekauft und auch schon die Siegesblätter gedruckt hatte. Und was geschah zum Entsetzen der „Westfälischen Zeitung"? Sie mußte am Sonntagabend die Siegesfackeln auf dem Boden stapeln und die Siegesblätter einstampfen.
Daraus wurde ein Artikel der „Westfälischen Zeitung" an dem auf den Wahlsonntag folgenden Montag,
und mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten möchte ich Ihnen aus der „Westfälischen Zeitung", die politisch zu Ihnen gehört, einen Satz vorlesen. Die ganze Verzweiflung des Bürgerblocks kommt hier zum Vorschein. Es heißt dort:
Es ist wirklich um in die Kissen zu schluchzen,
wenn man erfahren muß, daß der Kandidat des Deutschen Blockes eine unbestreitbare Mehrheit hatte, die Wahlbeteiligung aber am geringsten war.
Sehen Sie, meine Damen und Herren, zu solchen Ergebnissen führt das Wahlsystem da, wo Sie ein Mehrheitswahlrecht nach Ihren Vorstellungen aufziehen.
— Das war Mehrheitswahl? Entschuldigen Sie mal,
I das war einfach ein Sammelsurium von allen möglichen und unmöglichen Parteien!
— Ja, die Wähler waren nämlich intelligenter als Sie in diesem Falle!
Bei unserem Wahlgesetzentwurf lassen wir es wie bisher bei der Wahlkreiseinteilung durch die Länder. Auch da ist es schon der Mühe wert, sich einmal mit diesem Problem zu beschäftigen. Der Regierungsentwurf sieht nämlich vor, daß die Wahlkreisbildung den Ländern weggenommen und der Kompetenz des Bundes übertragen werden soll. Man könnte meinen, das sei doch nicht des Aufhebens wert. Aber hinter der Wahlkreiseinteilung steckt nämlich ein groß Teil Wahlarithmetik. Sie wissen doch genau so wie ich, daß man schon im alten kaiserlichen Deutschland mit einer geschickten Wahlkreiseinteilung den Wahlerfolg außerordentlich stark beeinflussen konnte. Sie haben das doch selbst noch einmal vor ungefähr einem Jahr bei dem Wahlkampf im Südweststaat praktiziert.
Da ist es Ihnen zum Teil dann auch gelungen, sich mit krummen Grenzziehungen Mandate zu holen.
Aber warum wollen Sie diese Aufgabe beim Bunde haben? Sie wollen das beim Bunde haben, weil es zu ihrem großen Mißvergnügen noch einige Länderregierungen gibt, die Ihnen politisch nicht passen und bei denen die „Gefahr" für Sie besteht, daß man die Wahlkreise etwas korrekter einteilt.
Sie sind heute so gegen den Entwurf der SPD, und Sie verschweigen schamhaft, daß dieser Entwurf — ich sagte es vorhin schon — auf dem Wahlgesetzentwurf von 1949 aufbaut, den Sie doch alle durch Ihre Länderministerpräsidenten mitgemacht haben. Tun Sie doch nicht so, als ob das eine rein sozialdemokratische Erfindung gegen die Rechtsparteien wäre! Die Länder haben 1949 durch ihre Ministerpräsidenten auch durch die, die politisch zu Ihnen gehörten — dieses Gesetz akzeptiert.
— Herr Kollege Schröder: Allerdings gibt es in dem Gesetz von 1949 eine Bestimmung, die sich inzwischen in der Tat als hundsmiserabel herausgestellt hat; das ist nämlich die damalige Berlin-Klausel. Es ist erstaunlich und geradezu erschütternd, daß gerade in der jetzigen Situation, in der Berlin Gegenstand der wichtigsten politischen Entscheidungen ist, sowohl der Regierungsentwurf als auch der Entwurf Wuermeling Berlin achtlos beiseite schieben.
Der Herr Bundesinnenminister hat auf die Zwischenrufe von unserer Seite während seiner Rede erklärt, das scheitere am Widerstand der Alliierten.
Das ist doch nicht wahr. Die drei Vorbehalte von 1949 in bezug auf Berlin waren: Erstens. Berlin darf nicht unmittelbar vom Bund regiert werden, ein Problem, das bei diesem Gesetz keine Rolle spielt. Zweitens. Berlin darf nur eine kleinere Zahl von Abgeordneten entsenden. Diese Bestimmung ist inzwischen aufgehoben. Drittens: Die Abgeordneten dürfen nicht stimmberechtigt sein. Es gibt also nirgends ein Verbot der Alliierten, wonach die Berliner nicht unmittelbar wählen dürfen.
Wir verlangen — und ich glaube, das sind wir gerade in der jetzigen Situation Berlin schuldig —, daß auch die Deutschen in Berlin endlich die gleichen politischen Rechte bekommen wie jeder Staatsbürger in der Bundesrepublik.
Ich sagte vorhin schon, für uns sei es entscheidend, durch diesen Gesetzentwurf wieder eine faire und anständige Grundlage für die Beratung eines Wahlgesetzes zu bekommen. Über Einzelheiten, z. B. die Zahl der Mandate und über andere Klauseln wird sich in den Verhandlungen des Ausschusses immer reden lassen. Aber insgesamt könnte man über den Entwurf, den wir hier vorlegen, getrost als Präambel schreiben, daß es ein Gesetz zur Durchführung wirklich demokratischer, freier und gleicher Wahlen sei. Ich habe mir lange überlegt, was man dem Regierungsentwurf als Präambel voransetzen könnte. Es ist ein Wort von Goethe, aus seinem Faust, Erster Teil. Die Präambel des Regierungsentwurfs wäre am besten mit den ersten fünf Zeilen des Hexeneinmaleins wiedergegeben.
Du mußt verstehn:
Aus eins mach zehn
Und zwei laß gehn
Und drei mach gleich,
So bist du reich!
Es wird der Auseinandersetzung in vierzehn Tagen überlassen bleiben, auch die Behauptung zu widerlegen, daß der Regierungsentwurf besser sei als das jetzige Gesetz. Gründe für diese Behauptung sind bisher nicht angegeben worden. Namens der sozialdemokratischen Fraktion möchte ich jedoch folgendes erklären: Wir wehren uns auch deshalb gegen Manipulationen auf dem Gebiete des Wahlrechts, weil wir es ablehnen, die innerpolitische Situation, in der sich Deutschland befindet, bei diesen außerordentlich starken innerpolitischen, sozialen Spannungen und bei den schwierigen außenpolitischen Problemen, noch mit einem Kampf um das Wahlrecht zu belasten.
Wir haben 1949 nach einem vernünftigen und von allen akzeptierten Wahlgesetz gewählt.
So wäre es, richtig, die gleichen Prinzipien bei der
Wahl zum zweiten Bundestag zugrunde zu legen.
Ich erkläre namens der sozialdemokratischen Fraktion die Bereitschaft, alsbald in den ersten Wochen des neuen Bundestages ein endgültiges, dann aber auch für Jahrzehnte gültiges Wahlgesetz zu beraten.
— Haben Sie solche Angst vor dem neuen Bundestag?
Glauben Sie mir, draußen hat man sehr richtig erkannt, daß das, was man hier seitens der Regierung versucht, praktisch weiter nichts ist als eine Bankrotterklärung zur eigenen Politik.
— Meine Damen und Herren, warum machen Sie denn solche komplizierten Gesetze, die niemand versteht, wie dieses, von dem der Minister selbst sagt, daß man es dreimal lesen müsse, wenn Sie nicht befürchteten, daß bei Anwendung des alten Gesetzes der Bundeskanzler Adenauer im nächsten Bundestag von dem Bundeskanzler Ollenhauer abgelöst werden könnte!
Dieses Eingeständnis der Bankrotterklärung nehmen wir gern zur Kenntnis. Sie haben ja im letzten Herbst schon eine Ihrer Hochburgen verloren. Das zeigte sich klar und deutlich bei den Gemeindewahlen in Nordrhein-Westfalen, wo Sie jetzt nicht mehr die stärkste Partei sind. Bei dieser Situation suchen Sie sich natürlich überall dort Verbündete, wo Sie glauben sie finden zu können.
Aber ich möchte den kleinen Parteien, von denen Sie sich Gefolgschaft erhoffen, warnend sagen, daß sie sehr leicht an die Wand gespielt werden könnten. Da gilt auch das Lied, daß die süßesten Früchte nur für die Großen da sind.
Das neue Wahlrecht kann nur geschaffen werden, wenn es von allen großen demokratischen Parteien getragen wird. Das war 1949 der Fall.
Wir vermögen nicht einzusehen, warum es dann nicht auch 1953 so gelten kann.