Rede von
Heinrich
Niebes
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich vorzugsweise der Ergänzungsvorlage zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 zuwenden. Wenn wir uns die Rechnung ansehen, dann finden wir, daß da ein Fehlbetrag in Höhe von 751 Millionen DM ausgeglichen werden soll, und wenn wir untersuchen, wo dieser Betrag herkommen soll, dann sehen wir, daß im außerordentlichen Haushalt die gleiche Summe als Einnahme aus Anleihen eingesetzt ist. Man will also mit einer Anleihe den Haushaltsplan ausgleichen. Keineswegs ist die Sache so, daß mit dieser eigenen Anleihe der Haushaltsplan ausgeglichen würde; denn in der ersten Vorlage zum Haushaltsplan 1953 steht bereits eine Anleihe von 1210 Millionen DM. Außerdem beabsichtigt die Bundesregierung, um den Haushalt auszugleichen, im Jahre 1953 weitere Gelder in Form von An-
leihen flüssig zu machen, und zwar will sie die Schuldverschreibungen an die Sozialversicherung geben und dafür 740 Millionen DM einziehen, die ihren Kassenstand flüssig machen soll. Nun ist aber bekanntlich -- um das Bild abzurunden — aus dem Haushaltsplan 1951 noch ein ungedecktes Defizit von 1,3 Milliarden offen. Wenn wir uns die Ausgaben ansehen, die für den EVG-Vertrag. eingesetzt sind, und wissen, wie nach diesem Vertrag die Ausgaben tatsächlich sind, dann müssen wir feststellen, daß hierbei ein Betrag von 1,2 Milliarden weniger eingesetzt wird, bloß um den Haushalt einigermaßen ins Gleichgewicht zu bringen. Insgesamt dreht es sich hier um rund 5,2 Milliarden DM.
Wenn wir nun Herrn Finanzminister Schäffer fragen, was er dazu sagt, daß der Haushalt mit einer Belastung von 5,2 Milliarden DM versehen ist, die in den nächsten Jahren abgedeckt werden müssen, und wenn Sie mit einer nur geringen Verzinsung und Amortisationsquote rechnen, dann müssen Sie immerhin in den nächstjährigen Haushalt eine Summe einsetzen, die, ganz bescheiden gerechnet, zwischen 500 und 600 Millionen DM liegt. Wenn wir Herrn Schäffer fragen, was er dazu zu sagen hat, dann brauchen wir nur in seiner Rede nachzublättern, die er hier am 28. Januar dieses Jahres gehalten hat. Es heißt da:
Es ist finanzpolitisch nicht zu verantworten, Ausgaben, die sich Jahr für Jahr ständig wiederholen, in den außerordentlichen Haushalt zu übernehmen. Das widerspricht nicht nur dem Sinn und Geist der finanzpolitischen Grundsätze, wie sie im Grundgesetz niedergelegt sind; das widerspricht auch allen Grundsätzen einer gesunden Finanzpolitik.
Ich habe nicht die Absicht, mit Herrn Schäffer — meine Zeit ist sowieso schon stark in Anspruch genommen — über die Gesundheit oder Krankheit seiner Finanzpolitik zu sprechen, wenn er über diese Beträge, die ich hier angeführt habe, selber dieses Urteil abgibt. Aber soviel steht jedenfalls fest: Wenn derartige Summen in jedem Haushaltsplan laufend wiederkehren, dann betreiben wir eine ungesunde Finanzpolitik. Sie haben hier eine plastische Illustration zu dem von Herrn Schäffer angewandten Bild seiner Gratwanderung. Er neigt sich ganz bedenklich der Seite zu, wo es in Richtung auf eine Inflation abschüssig wird. Daß wir natürlich mit einer solchen Finanzpolitik, die die Steuerzahler immer mehr belastet, statt sie zu entlasten, in keiner Form einverstanden sind, ist selbstverständlich. Denn wenn der Finanzminister gezwungen ist, Beträge einzusetzen, um seine Schulden zu tilgen, dann kann natürlich auf die Dauer keine Rede davon sein, daß die Steuerzahler entlastet werden.
Es ist heute wiederholt gesagt worden, man macht das, was hier vorgetragen wird und was von der Regierung beabsichtigt ist, lediglich aus wahltaktischen Gründen. Das finden wir in diesem Beispiel nur noch bestätigt. Wir wandern also auf den Weg der Inflation zu, und wenn das nicht helfen sollte, dann bleibt ja noch ein Weg übrig, um aus den Schwierigkeiten herauszukommen. Dann werden wir auch erleben müssen, daß die Regierung den Weg der gewaltsamen Auseinandersetzung einschlägt, daß sie sich dem Kriege zuwendet.