Rede von
Rudolf
Eickhoff
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie wissen alle, daß seit Jahr und Tag immer wieder aus allen Bevölkerungsschichten die Forderung an uns gestellt wird, uns endlich für eine Steuersenkung einzusetzen. Diese Forderung ist nicht nur von der Wirtschaft, nicht nur vom Handel und Handwerk erhoben worden, sondern sie ist genau so gut von allen Beamten, Angestellten und Arbeitern erhoben worden. Wir wissen, daß durch die überhöhten Steuersätze leider Gottes die Privatinitiative, der wir so viel und so gern das Wort reden, gehemmt worden ist. Wir wissen, daß durch diese überhöhten Steuersätze unseren Leuten draußen oft die Lust am Arbeiten genommen ist, und wir wissen auch, daß die Steuerzahlungen, insbesondere die Nachzahlungen, oft nicht aufgebracht werden können, weil gerade Nachzahlungen auf Grund von Zahlungsverpflichtungen aus den zurückliegenden, vielleicht guten Wirtschaftsjahren in den leider schlechter gewordenen laufenden Wirtschaftsjahren geleistet werden müssen.
Von diesem Standpunkt aus betrachtet müssen wir das Gesetz wohl alle begrüßen.
Nachdem seit Jahren schon die Tarifsenkung gefordert worden ist, kann man die im Durchschnitt 15% ige Senkung als immerhin recht beachtlich bezeichnen. Ich weiß, daß sie für viele Zweige unserer Wirtschaft, jedenfalls für die Kapitalbildung — ich denke hier an unsere kleinen Gewerbetreibenden —, nicht ausreicht. Das, was vorhin von Herrn Seuffert in bezug auf die Tarifsenkung gesagt worden ist, mag zahlenmäßig stimmen; im Sinne dieser Steuerreform ist es aber unbedingt eine Milchmädchenrechnung.
Wir sehen jedenfalls in dieser Vorlage eine Umkehr auf dem bisherigen Wege, auf dem das Ziel durch ständige Steuererhöhungen erreicht werden sollte. Wir wissen, daß, hätten wir diesen Weg weiterverfolgt, unsere Wirtschaft sehr bald schon lahmgelegt worden wäre. Nur eine gut florierende Wirtschaft kann die Deckung schaffen, die wir für unseren angeschwollenen Staatshaushalt nun einmal nötig haben. Daß die eingesparten Steuern wieder dem Konsum zugeführt werden, ist selbstverständlich. Wir glauben auch, daß sie dazu beitragen werden, die Wirtschaft in etwa anzukurbeln, eben weil sie dem Räderwerk der Gesamtwirtschaft zugute kommen.
Herr Kollege Wellhausen hat vorhin bereits angedeutet, wie es zu dieser Steuervorlage überhaupt gekommen ist. Ich möchte dem etwas hinzufügen. Sie erinnern sich, daß wir vor einigen Monaten das Kapitalmarktförderungsgesetz verabschiedet haben. Nach seiner Verabschiedung haben wir dann festgestellt, daß dieses Gesetz nur einem gewissen Kreis, nämlich der Großwirtschaft, zugute kam.
Wir von der Koalition haben daraufhin den Antrag Drucksache Nr. 3838 eingebracht, um auch für die mittelständische Wirtschaft, wenn auch über Abschreibungen und Steuervergünstigungen, eine gewisse Kapitalbildung zu ermöglichen.
— Herr Seuffert, das war ein Grund mit für die Einbringung dieses Antrages.
Wir wissen, daß unser verehrter Minister Schäffer diesen Antrag nicht gern gesehen hat; aber wir freuen uns, daß durch unseren Antrag eben die jetzige Vorlage aus dem Schubkasten hervorgelockt worden ist. Zu dieser Vorlage stehen wir grundsätzlich positiv. Wir begrüßen sie, weil wir in ihr einen ersten Schritt zu einer grundlegenden Reform sehen und weil wir wissen, daß von diesen Steuervergünstigungen alle Steuerpflichtigen profitieren — ein sozialer Gesichtspunkt, der nicht unterschätzt werden darf. Diese Vergünstigungen kommen nicht nur den buchführenden Betrieben zugute, die mit Vergünstigungen entsprechend der Drucksache Nr. 3838 bedacht worden wären, sondern diese Steuervergünstigungen kommen insbesondere unseren Beamten, unseren Angestellten und unseren Arbeitern zugute.
Wir sehen ferner in dieser Vorlage einen großen Vorteil, den ich auch erwähnen möchte. Die Steuervorlage läßt zwar Vergünstigungen wegfallen; durch sie kommen wir aber zu einer immerhin wichtigen Verwaltungsvereinfachung. Wir alle haben schon jahrelang von Verwaltungsvereinfachung geredet, hier können wir den ersten Schritt tun.
Aber wir müssen auch eine andere Feststellung treffen. Wir haben einen großen Kreis Steuerpflichtiger — ich habe den Kreis eben aufgezählt —, die nur den guten Tropfen genießen. Wir wissen aber, daß es auch eine große Anzahl Steuerpflichtiger gibt — das sind eben diejenigen, die bisher von den Vergünstigungen Gebrauch gemacht haben —, die nun einen beträchtlichen Wermutstropfen mit eingeschenkt bekommen.
Vorhin ist auf die Vergünstigungen, die bisher gewährt worden sind, viel geschimpft worden. Ich muß aber hier einmal ,feststellen, daß diese Vergünstigungen bisher unbedingt erforderlich waren,
weil unsere Industrie durch diese Abschreibung überhaupt die Möglichkeit hatte, von sich aus ihre Werke wiederaufzubauen. Ich darf darüber hinaus betonen: Nicht nur unsere Industrie, sondern auch viele mittelständische Betriebe, auch kleinere mittelständische Betriebe, haben von diesen Vergünstigungen Gebrauch gemacht. Ich denke z. B. an Bauhandwerker mit vielleicht 20 oder 30 Arbeitnehmern, die von § 7 c immerhin ziemlich weitgehenden Gebrauch gemacht haben.
Ich möchte nun im einzelnen zu den Vorschlägen der Regierung kurz Stellung nehmen. Der vorgeschlagene Zusatz zu § 4 Abs. 4 soll nach der Begründung dazu dienen, offensichtlichen Auswüchse bei der Betriebsausgabengestaltung zu bekämpfen. Dagegen haben wir selbstverständlich nichts einzuwenden. Ich glaube aber, daß die vorgesehene Fassung der Finanzverwaltung Eingriffsmöglichkeiten gibt, die vielleicht bedenklich sind. Es muß sichergestellt sein — das hat Herr Minister Schäffer vorhin auch schon zugesagt —, daß Aufwendungen, die ernsthaften Zwecken des Betriebes dienen, auf keinen Fall davon betroffen werden. In diesem Zusammenhang sollten wir uns alle freuen, daß der § 9 a, dieser unglückliche Spesenparagraph, in Wegfall kommen soll. Ich glaube nicht, daß dieser Wegfall irgend etwas mit Wahlgeldern zu tun hat, wie Frau Lockmann vorhin meinte.
Zu § 7 c möchte ich sagen, daß wir sehr wohl wissen, daß auf diesem Gebiete sogar unerhörte Mißbräuche vorgekommen sind. Die Begrenzung der vorgesehenen abzugsfähigen Zuschüsse und Darlehen auf 15 0/o des Gewinns birgt aber vielleicht die Gefahr in sich, daß erhebliche Mittel für den Wohnungsbau verlorengehen. Ich glaube, wir müssen uns im Auschuß darüber unterhalten, ob wir diese Grenze nicht etwas heraufsetzen sollten, weil der Wohnungsbau nach wie vor eine Hauptaufgabe für uns bleiben wird.
Die Bestimmung, daß Zuschüsse und Darlehen weder unmittelbar noch mittelbar im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits stehen dürfen, erweckt insofern einige Bedenken, als ein mittelbarer Zusammenhang von dem Betriebsprüfer leicht konstruiert werden kann.
Mit der Regelung des § 7 d erklären wir uns einverstanden. Sie werden verstehen, daß wir als Norddeutsche besonders am Schiffbau sehr interessiert sind. Wir wissen aber, daß mit der festgesetzten Grenze von 150 Millionen DM unsere Werften ausgelastet sein werden, so daß unsere Forderung hiermit erfüllt ist.
Der § 10 Abs. 2 Ziffer 3 betrifft das sogenannte 50 -Jahre-Privileg, die Verdoppelung bestimmter Höchstbeträge bei Sonderausgaben. Wenn es dabei bleibt, muß meines Erachtens die Ausdehnung dieser Vorschrift auf Steuerpflichtige mit überwiegenden Einkünften aus Gewerbebetrieb oder aus Landwirtschaft erwogen werden. Denn für diese Betriebe fallen die bisher bestehenden Steuervergünstigungen auch weg.
Ich komme zu der Haushaltsbesteuerung. Hier- 1 über ist genug gesprochen worden. Die vielen Eingaben, die wir bekommen haben, sagen uns, welche Wünsche insbesondere unsere Frauenverbände haben. Wenn wir eine Änderung vornehmen, dürfen wir das Gesetz der Steuergleichheit nicht außer acht lassen. Wenn es schon bei der getrennten Veranlagung verbleibt, müssen wir überlegen, ob wir nicht in der Besteuerung der Ehegatten zu einer Regelung kommen können, welche die Mitarbeit des einen Ehegatten im Gewerbebetrieb oder im landwirtschaftlichen Betrieb des anderen Ehegatten steuerlich berücksichtigt.
Wir stimmen der in § 51 Abs. 1 Ziffer 2 vorgesehenen Ermächtigung zu. Wir hoffen sogar, daß von dieser Ermächtigung viel Gebrauch gemacht wird. Wir messen der Erhöhung der Abschreibungsgrenze für abnutzbare bewegliche Anlagegüter von 200 auf 500 DM eine besondere Bedeutung bei, weil wir uns davon erhoffen, daß durch Anschaffung wenn auch nur kleinerer Maschinen unsere kleinen Betriebe etwas modernisiert werden. Dadurch würde unsere Wirtschaft wieder einen Vorteil haben.
Hinsichtlich der in Art. 10 behandelten Gewerbesteuer ist zu überlegen, ob nicht im Sinne des Grundsatzes der Steuergleichheit die alte Forderung wieder aufgenommen werden sollte, für Einzelunternehmen einen Pauschbetrag von 6000 DM festzusetzen, um diese grundsätzlich mit den Kapitalgesellschaften gleichzustellen. Sie wissen, daß die Kapitalgesellschaften die Gehälter für die leitenden Angestellten absetzen können. Diese Möglichkeit müßte auch den Einzelunternehmen eingeräumt werden. Jedenfalls ist das eine Frage, die bei der großen Steuerreform unbedingt berücksichtigt werden muß.
Ich komme zum Schluß. Ich habe vorhin schon erwähnt, daß meine Fraktion dieser Vorlage positiv gegenübersteht. Ich möchte sogar sagen: wir begrüßen diese Vorlage. Ich darf namens meiner Freunde der Hoffnung Ausdruck geben, daß die Vorlage spätestens zum 1. Mai Gesetz wird, daß sie also sehr schnell den Ausschuß, das Plenum des Bundestages und den Bundesrat passiert. Das wäre der erste und entscheidende Schritt auf dem Wege zu einer vernünftigen Steuerreform.