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    Deutscher Bundestag — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1953 12083 252. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. März 1953 Geschäftliche Mitteilungen 12084B Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Dirscherl und Pannenbecker 12084B Ergänzung der Tagesordnung gemäß Vereinbarung im Ältestenrat 12084C Kleine Anfrage Nr. 309 der Fraktion der SPD betr. Aufwendungen für Forschungszwecke (Nrn. 3899, 4148 der Drucksachen) 12084C Bericht des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts über die durchgeführten Maßnahmen disziplinarischer oder dienstlicher Art gegen Beamte des Auswärtigen Dienstes (Nr. 4154 der Drucksachen) 12084C Antrag auf Aufsetzung der dritten Beratung des Entwurfs des Bundesvertriebenengesetzes auf die Tagesordnung: Reitzner (SPD) 12084D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 12085D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Leistungen zur Unterbringung von Deutschen aus der sowjetischen Besatzungszone oder dem sowjetisch besetzten Sektor von Berlin (Flüchtlings-Notleistungsgesetz) (Nr. 4095 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen (8. Ausschuß) (Nr. 4151 der Drucksachen; Umdruck Nr. 780) 12084C, 12086A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 12086B Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 12086C Frau Dr. Brökelschen (CDU) als Berichterstatterin 12086D als Abgeordnete 12091D Müller (Frankfurt) (KPD) 12088C Wehner (SPD) 12090C Maerkl (FU) 12091C Abstimmungen 12091C, 12091D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel (Nr. 4141, zu Nr. 4141, Nachgang zu Nr. 4141 der Drucksachen) . . 12084C, 12092B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 12092C Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß 12096C Erste Beratung des von den Abg. Sabel, Richter, Determann u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung und Ergänzung des Gesetzes über die Verlängerung der Wahlperiode der Betriebsräte vom 8. Januar 1953 (Nr. 4135 der Drucksachen) . . . 12084C, 12096B Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 12096C Einspruch des Abgeordneten Loritz gegen den ihm in der 251. Sitzung erteilten Ordnungsruf (Umdruck Nr. 777) . . . 12096C Einspruch abgelehnt 12096C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Mißbilligung von Äußerungen des Bundesministers der Justiz (Nr. 3897 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Mißbilligung von Äußerungen des Bundesministers der Justiz Dr. Dehler über das Bundesverfassungsgericht (Nr. 3974 der Drucksachen) . . . 12096C Dr. Gülich (SPD), Antragsteller 12096D, 12108B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 12099C Kiesinger (CDU) 12109D Fisch (KPD) 12111B Euler (FDP) 12112A zur Geschäftsordnung: Dr. von Merkatz (DP) 12112B Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) 12112C Mellies (SPD) 12112C Ewers (DP) 12112D Dr. Gülich (SPD) 12112D Ablehnung der Anträge 12113A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung (Nr. 4092 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung der Ergänzungsvorlage der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 (Nr. 4093 der Drucksachen) sowie mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern in den Rechnungsjahren 1953 und 1954 (Nr. 4094 der Drucksachen) 12113B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 12113C zur Geschäftsordnung: Dr. Menzel (SPD) 12118C, 12119B Dr. Wellhausen (FDP) . 12118C, 12119A Renner (KPD) 12118D zur Sache: Seuffert (SPD) 12119D Renner (KPD) 12125B Dr. Wellhausen (FDP) 12126D Dr. Bertram (Soest) (FU) 12129A Frau Lockmann (SPD) 12131A Eickhoff (DP) 12132A Niebes (KPD) 12133D Neuburger (CDU) 12134C Weiterberatung vertagt 12136C Persönliche Bemerkung: Mellies (SPD) 12136D Ausschluß des Abg. Rische für drei Tage 12136D Die Sitzung wird um 13 Uhr 38 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Abkommen mit dem Staate Israel, das der Bundestag heute behandelt, hat seit dem Beginn der Haager Verhandlungen im März vorigen Jahres, besonders aber seit seiner Unterzeichnung am 10. September 1952 in Luxemburg durch mich und den israelischen Außenminister, Herrn Scharett, in ungewöhnlich starkem Maße die deutsche und die Weltöffentlichkeit beschäftigt. Durchaus mit Recht; denn mit diesem Vertrage, zusammen mit dem in Kürze dem Bundestag zugehenden Entschädigungsgesetz, bestätigt die Bundesregierung nunmehr durch die Tat den feierlich versprochenen Abschluß eines für jeden Deutschen traurigsten Kapitels unserer Geschichte. Eine solche Tat ist schon aus moralischen Gründen eine Notwendigkeit. Sicher: bei weitem nicht alle Deutschen waren Nationalsozialisten, und es hat auch manche Nationalsozialisten gegeben, die mit den begangenen Greueln nicht einverstanden waren. Trotzdem ist dieser Akt der Wiedergutmachung durch das deutsche Volk, notwendig. Denn unter Mißbrauch des Namens des deutschen Volkes sind die Untaten begangen worden.
    Soweit überhaupt durch unsere Kraft etwas für die Beseitigung der Folgen geschehen kann — ich denke hier an die entstandenen materiellen Schäden, die der Nationalsozialismus den von ihm Verfolgten zugefügt hat —, hat das deutsche Volk die ernste und heilige Pflicht zu helfen, auch wenn dabei von uns, die wir uns persönlich nicht schuldig fühlen, Opfer verlangt werden, vielleicht schwere Opfer. Die Bundesregierung hat seit ihrem Bestehen diese Pflicht immer anerkannt. Durch ihre Erfüllung wollen wir die Schäden wiedergutmachen, soweit das möglich ist, soweit das in unserer Kraft steht. Der Name unseres Vaterlandes muß wieder die Geltung bekommen, die der geschichtlichen Leistung des deutschen Volkes in Kultur und Wirtschaft entspricht.
    Wir haben es bei dem Ihnen heute vorliegenden Vertragswerk, das die Wiedergutmachung zugunsten der Juden behandelt, mit einem Teilabschnitt des Gebietes der Wiedergutmachung zu tun, allerdings vielleicht mit dem wichtigsten. Die Juden, nicht nur in Deutschland, sondern überall, wohin der Arm des Nationalsozialismus reichte — und das war lange Zeit während des Krieges der größte Teil von Europa —, haben die grausamste Verfolgung über sich ergehen lassen müssen. Das Ausmaß dieser Verfolgung, die Opfer an Menschen und materiellen Werten, die sie zur Folge hatte, rechtfertigt nicht nur, sondern verlangt eine Sonderbehandlung der Wiedergutmachung an den jüdischen Verfolgten.
    Ich habe namens der Bundesregierung vor diesem Hohen Hause am 27. September 1951 Aus-


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    führungen zur Frage der jüdischen Wiedergutmachung gemacht, von denen ich einige Sätze heute hier wiederholen möchte:
    Im Namen des deutschen Volkes sind . . . unsagbare Verbrechen begangen worden, die zur moralischen und materiellen Wiedergutmachung verpflichten, sowohl hinsichtlich der individuellen Schäden, die Juden erlitten haben, als auch des jüdischen Eigentums, für das heute individuell Berechtigte nicht mehr vorhanden sind. Auf diesem Gebiet sind erste Schritte getan. Sehr vieles bleibt aber noch zu tun ....
    Hinsichtlich des Umfangs der Wiedergutmachung — in Anbetracht der ungeheuren Zerstörung jüdischer Werte durch den Nationalsozialismus ein sehr bedeutsames Problem — müssen die Grenzen berücksichtigt werden, die der deutschen Leistungsfähigkeit durch die bittere Notwendigkeit der Versorgung der zahllosen Kriegsopfer und der Fürsorge für die Flüchtlinge und Vertriebenen gezogen sind. Die Bundesregierung ist bereit, gemeinsam mit Vertretern des Judentums und des Staates Israel, der so viele heimatlose jüdische Flüchtlinge aufgenommen hat, eine Lösung des materiellen Wiedergutmachungsproblems herbeizuführen, um damit den Weg zur seelischen Bereinigung unendlichen Leides zu erleichtern.
    Das Hohe Haus hat diese Ausführungen damals einmütig gebilligt. Somit hat die Bundesregierung von Ihnen, meine Damen und Herren, das Mandat zur Aufnahme der Verhandlungen mit dem Staate Israel und den jüdischen Weltverbänden erhalten, deren Ergebnis das Ihnen vorliegende Abkommen ist.
    Lassen Sie mich auf seine Grundlagen und wichtigsten Bestimmungen kurz eingehen. Bei den Leistungen der Bundesrepublik an den Staat Israel handelt es sich nicht um Reparationen. Das Deutsche Reich hat gegen diesen Staat, der bekanntlich erst im Jahre 1948 entstanden ist, keine Kriegshandlungen begangen, die die Bundesrepublik zu Reparationen verpflichten könnten. Die in dem Abkommen zugesagten Zahlungen sollen vielmehr den Staat Israel im Rahmen unserer Leistungsfähigkeit für die Lasten entschädigen, die ihm durch die Eingliederung von Hunderttausenden von jüdischen Flüchtlingen aus Deutschland und den ehemals unter deutscher Herrschaft stehenden Gebieten erwachsen sind oder noch erwachsen werden.
    Diese Lasten sind eine unmittelbare oder mittelbare Folge der von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft durchgeführten Ausrottungsmaßnahmen gegen das Judentum. Die Verfolgung der Juden begann in Deutschland mit der nationalsozialistischen Machtergreifung im Jahre 1933. Sie steigerte sich ständig und erreichte während des Krieges, ohne daß sie dadurch zu einer Kriegshandlung im völkerrechtlichen Sinne wurde, jenes grauenerregende Ausmaß, das uns allen in seinem vollen Umfang erst nachträglich bekanntgeworden ist.
    Während sich die Verfolgungsmaßnahmen bis 1939 grundsätzlich nur gegen Juden deutscher Staatsangehörigkeit richten konnten, erfaßten sie — was mitunter bei uns vergessen wird — während des Krieges auch fast alle Juden fremder Staatsangehörigkeit, die in den Machtbereich Hitlers gelangten. Ihre Folgen führten für die Überlebenden zu einer Entwurzelung, die auch durch das Kriegsende nicht beseitigt wurde. Vielmehr zwang diese Entwurzelung insbesondere die aus osteuropäischen Gebieten stammenden Juden zur Auswanderung. Hunderttausende von ihnen sind, wie ich schon sagte, in Israel aufgenommen worden. Damit gliedert sich das Israel-Abkommen in das große Gebiet der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts ein. Es ergänzt in einem wesentlichen Punkte die bereits erlassenen oder geplanten gesetzlichen Wiedergutmachungsmaßnahmen zugunsten derjenigen, die durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft wegen ihrer politischen Überzeugung, aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung verfolgt worden sind.
    Wie Sie wissen, gibt es auf diesem Gebiete der individuellen Wiedergutmachung bereits jetzt eine große Anzahl von Gesetzen und Verordnungen. Um nur die wichtigsten herauszugreifen: Schon vor Entstehen der Bundesrepublik haben die drei westlichen Besatzungsmächte jeweils für ihre Zone das Gebiet der Rückerstattung feststellbaren Vermögens geregelt. Dieses Gebiet der individuellen Wiedergutmachung ist das Kernstück der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts überhaupt. Die Leistungen der individuellen Wiedergutmachung, die nicht etwa nur Juden, sondern allen vom Nationalsozialismus Verfolgten zugute kommen, werden — was häufig übersehen wird — auch wertmäßig die Globalleistungen an Israel und die jüdischen Verbände erheblich übersteigen.
    Der Ausbau der individuellen Wiedergutmachungsgesetzgebung ist im Haag sehr eingehend mit den in der Claims Conference zusammengeschlossenen jüdischen Weltverbänden besprochen worden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen ist im Protokoll Nr. 1 niedergelegt; Sie haben es in der Drucksache vor sich, da es zu Verweisungszwecken dem Israelabkommen beigelegt werden mußte. Das in diesem Protokoll vorgesehene Gesetzgebungsprogramm kommt aber nicht etwa nur jüdischen Verfolgten, sondern allen Verfolgten in gleicher Weise zugute. Wie ich schon eingangs erwähnte, ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, der sowohl den Verpflichtungen aus Teil 4 des Überleitungsvertrages wie den Vereinbarungen des Protokolls Nr. 1 Rechnung trägt, in Vorbereitung und wird noch in dieser Sitzungsperiode dem Hohen Haus vorgelegt werden.
    Als ich in Verfolg meiner bereits angeführten Erklärung vor diesem Hohen Hause vom Dezember 1951 mit dem Vertrauensmann des Staates Israel und dem Führer der jüdischen Weltverbände Dr. Nahum Goldmann in London zusammentraf, habe ich ihm namens der Bundesregierung erklärt, daß nunmehr der Zeitpunkt gekommen sei, Verhandlungen mit Vertretern des jüdischen Volkes und Israels über die Wiedergutmachung der durch die nationalsozialistische Verfolgung zugefügten Schäden aufzunehmen. Bei den Verhandlungen mit Dr. Goldmann habe ich damals schon auf die wichtigsten Gesichtspunkte hingewiesen, die auch das Ihnen vorliegende Abkommen beherrschen.
    Die Bundesregierung hat das Abkommen abgeschlossen, um einer zwingenden moralischen Verpflichtung des von der Bundesrepublik vertretenen deutschen Volkes nachzukommen, nicht jedoch zur Befriedigung eines völkerrechtlichen Anspruchs des Staates Israel. Dies ist durch den Wortlaut


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    von Präambel und Art. 1 des Abkommens sichergestellt. Der Staatsvertrag macht die moralische Verpflichtung zu einer Rechtsverpflichtung. Auf dem Gebiete der individuellen Wiedergutmachung entstehen Rechtsansprüche erst durch die innerdeutschen Gesetze.
    Die Berechnung der Leistungen an Israel hat die israelische Note vom 12. März 1951 an die vier Besatzungsmächte zur Grundlage Die israelische Delegation hat bei den Verhandlungen im Haag dargelegt, daß Palästina und später der Staat Israel über 500 000 meist mittellose jüdische Flüchtlinge aufgenommen hat, die ihre alte Heimat durch nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen verloren haben. Unter Berücksichtigung des von Sachverständigen der Bundesregierung für angemessen gehaltenen Betrages der Eingliederungskosten von Flüchtlingen in Israel sowie unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik ist eine Leistung an Israel in Höhe von insgesamt drei Milliarden DM vereinbart worden. Die Höhe der Jahresraten ist in Würdigung des Interesses Israels an einer möglichst kurzen Laufzeit des Abkommens der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik bei Berücksichtigung ihrer übrigen Verpflichtungen angepaßt. Nach der Auffassung der Bundesregierung erscheinen für die beiden ersten Haushaltsjahre je 200 Millionen DM und — eine normale Wirtschaftsentwicklung vorausgesetzt — für die späteren Haushaltsjahre je 250 Millionen DM tragbar. Die auf Wunsch Israels ab 1. April 1954 als Jahresleistung vorläufig vorgesehenen 310 Millionen DM werden allerdings nur bei einer unerwartet günstigen wirtschaftlichen Entwicklung aufgebracht werden können. Andererseits kann einer Verminderung der Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik infolge einer unvorhergesehenen ungünstigen wirtschaftlichen oder finanziellen Entwicklung durch Anrufung des Art. 10 Rechnung getragen werden.
    Ein Transfer der Leistungen an Israel durch Devisenzahlungen ist aus wirtschaftlichen Gründen nicht durchführbar. Schon bei meinen Verhandlungen mit Dr. Goldmann in London wurden daher Warenlieferungen vorgesehen. Gemäß dem Abkommen ist der Staat Israel berechtigt, aus den ihm im Inland zur Verfügung gestellten DM-Beträgen Waren zu kaufen und nach Israel auszuführen. Es würde zu weit gehen, hier die Einzelheiten dieser Regelung zu schildern. Sie sind aus dem Ihnen vorliegenden Text des Abkommens zu entnehmen und in der Begründung ausführlich erläutert.
    Nur eins möchte ich hervorheben: Auf zweierlei Weise ist Vorsorge getroffen gegen einen Mißbrauch des Abkommens etwa zur Lieferung von Waffen, Munition oder sonstigem Kriegsgerät. Israel ist beim Einkauf der Waren nicht frei in der Wahl; es ist vielmehr an die Kategorien der vertraglich vereinbarten Warenliste gebunden. Aber auch im Rahmen der Warenliste dürfen gemäß Art. 2 des Abkommens nur solche Waren gekauft werden, die der Erweiterung der Ansiedlungs- und Wiedereingliederungsmöglichkeiten für jüdische Flüchtlinge in Israel dienen. Die Einhaltung dieser Bestimmungen, die wegen des Konflikts Israels mit den Staaten der Arabischen Liga eine besondere Bedeutung haben, wird von einer Bundesstelle überwacht.
    Außer mit dem Staat Israel sind, wie ich schon anläßlich meines Zusammentreffens mit Dr. Goldmann in London vorgesehen hatte, auch Verhandlungen mit Vertretern der jüdischen Weltverbände geführt worden; denn diese haben die Sorge für diejenigen jüdischen Flüchtlinge übernommen, die auf Grund der nationalsozialistischen Verfolgungen nicht nach Israel, sondern in andere Teile der Welt ausgewandert sind. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß sich ein wesentlicher Teil dieser Verhandlungen mit den Vertretern des Judentums auf die individuelle Wiedergutmachung bezog und daß das Verhandlungsergebnis im Protokoll Nr. 1 niedergelegt ist. Die jüdischen Weltverbände forderten außerdem eine Globalsumme für erbenlose Rückerstattungs- und Entschädigungsansprüche, soweit sie nicht von den sogenannten Nachfolgeorganisationen geltend gemacht werden. Sie wiesen darauf hin, daß sie jahrzehntelang die jüdischen Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung unterstützen mußten. Die Bundesregierung hat sich entschlossen, zur Linderung der unbestreitbar heute noch bestehenden Not vom Nationalsozialismus verfolgter jüdischer Flüchtlinge in aller Welt außerhalb Israels 500 Millionen DM zur Verfügung zu stellen, wobei ich, um Wiederholungen zu vermeiden, bezüglich der im einzelnen bestimmenden Erwägungen auf die Ihnen vorliegende Begründung zum Israel-Abkommen verweisen darf.
    Da die Claims-Konferenz nur die Interessen von Glaubensjuden vertritt, die nationalsozialistischen Verfolgungen sich aber gleichermaßen gegen die im Sinne der Nürnberger Gesetze als Volljuden geltenden Nichtglaubensjuden richteten, wird die Bundesregierung aus diesem Betrag von 500 Millionen DM einen Teil von 50 Millionen DM als einen von ihr selbst zu verwaltenden Fonds zur Unterstützung von Nichtglaubensjuden bereitstellen.
    Wie Sie in der Drucksache lesen können, werden die zugunsten der Claims-Konferenz zu zahlenden 450 Millionen DM aus Transfergründen ebenfalls Israel zu Warenkäufen in der Bundesrepublik zur Verfügung gestellt. Israel wird dafür entsprechende Beträge an die Claims-Konferenz abführen. In eingehenden Bestimmungen ist sichergestellt, daß die von Israel an die Claims-Konferenz weiterzuleitenden Beträge von dieser dann auch unparteiisch für die Unterstützung, Eingliederung und Ansiedlung jüdischer Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung verwandt werden.
    Gegen die Leistungen an den Staat Israel haben, wie Sie wissen, die Arabische Liga und deren Mitgliedstaaten Protest erhoben. Sogar Boykottdrohungen sind ausgesprochen worden. Die Einwendungen der arabischen Staaten kann man in zwei Hauptgruppen zusammenfassen.
    Einmal: die Araber weisen auf die arabischen Palästina-Flüchtlinge hin; der Staat Israel sei nicht berechtigt, für von ihm aufgenommene jüdische Flüchtlinge eine Entschädigung zu fordern, solange er nicht seinerseits seinen Verpflichtungen bezüglich dieser arabischen Palästina-Flüchtlinge nachgekommen sei. Dazu ist folgendes zu sagen. Es handelt sich um zwei verschiedene und getrennt zu haltende Probleme. Die Frage der Entschädigung der jüdischen Flüchtlinge, die der nationalsozialistischen Verfolgung entronnen sind, ist zwischen der Bundesrepublik und dem jüdischen Volk zu lösen. Zu der Frage der arabischen Palästina-Flüchtlinge im einzelnen Stellung zu nehmen, hat die Bundesregierung weder ein Recht noch eine Möglichkeit. Ich möchte hierzu nur eines sagen: Wir haben genug Erfahrungen mit den Nöten und Sorgen von Flüchtlingen, um nicht von ganzem Herzen eine


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    schnelle und alle Betroffenen zufriedenstellende Regelung auch dieses Flüchtlingsproblems zu wünschen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und einzelnen Abgeordneten der SPD.)

    Die zweite Gruppe der Einwendungen der arabischen Staaten läßt sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen: sie haben darauf hingewiesen, daß sie sich noch im Kriegszustand mit Israel befänden und daß daher eine Leistung der Bundesrepublik an einen der Kriegführenden eine Verletzung der Neutralität darstellen würde. Die Frage, ob man wirklich von einem noch bestehenden Kriegszustand sprechen kann, will ich hier nicht erörtern. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat in einer Entscheidung die entgegengesetzte Ansicht vertreten. Aber wie dem auch sei, — eine Verletzung der Neutralitätspflicht liegt unter keinen Umständen vor. Außerdem ist, wie ich schon ausgeführt habe, Vorsorge dafür getroffen, daß das Abkommen nicht zur Lieferung von Waffen, Munition oder sonstigem Kriegsgerät an Israel benutzt werden kann.
    Die Bundesregierung hat sich im übrigen bemüht, die arabischen Länder über Gründe und Grenzen des Israel-Vertrages aufzuklären und dadurch die entstandenen Besorgnisse zu zerstreuen. Sie hat überdies ihren Willen bekundet, die traditionellen freundschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu der arabischen Welt zu pflegen und weiter auszubauen. Sie hat ihre Bereitschaft erklärt, im Rahmen des Möglichen zum Aufbau der Wirtschaft der arabischen Staaten beizutragen. Wie Ihnen bekannt ist, hat hierüber eine repräsentative deutsche Wirtschaftsdelegation unter Führung von Staatssekretär Westrick in Kairo Verhandlungen geführt. Die Delegation ist nach Bonn zurückgekehrt, um zunächst der Bundesregierung Gelegenheit zu geben, die ägyptischen Wünsche im einzelnen zu prüfen. Wir sind darüber hinaus bereit, auch in die anderen arabischen Hauptstädte Handelsdelegationen zu entsenden, um, wenn der Wunsch bestehen sollte, über die wirtschaftlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Landes und die Möglichkeiten einer Verstärkung der Beziehungen mit der deutschen Wirtschaft zu beraten. Ich brauche kaum hinzuzufügen, daß solche Verhandlungen nur dann zu einem günstigen Abschluß gebracht werden können, wenn sie beiderseits in freundschaftlichem Geiste geführt und nicht von vornherein mit Drohungen belastet werden.
    Die Weltöffentlichkeit hat die Unterzeichnung der Luxemburger Abkommen zwischen der Bundesrepublik und Israel mit lebhafter Zustimmung begrüßt. Das jüdische Volk innerhalb und außerhalb Israels hat diese Verträge als erschöpfende Regelung der Wiedergutmachungsfrage unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik anerkannt, soweit es sich um die Wiedergutmachung der materiellen Schäden handelt, zu deren Wiedergutmachung die Bundesrepublik sich aus den genannten Gründen für moralisch verpflichtet hält. Wir haben daher die berechtigte Hoffnung, daß der Abschluß dieser Verträge schließlich auch zu einem ganz neuen Verhältnis zwischen dem deutschen und dem jüdischen Volke wie auch zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Staate Israel führen wird. Wir werden hierbei nach allem, was vorgefallen ist, Geduld zeigen und auf die Auswirkung unserer Wiedergutmachungsbereitschaft und schließlich auf die heilende Kraft der Zeit vertrauen müssen.
    Dabei ist nicht zu übersehen, daß sich schon jetzt infolge des Abschlusses des Abkommens eine deutliche Entspannung des Verhältnisses der Bundesrepublik zum Staate Israel bemerkbar macht. Wie Sie wissen, befinden sich im Gebiet des Staates Israel nicht unerhebliche Vermögenswerte deutscher Staatsangehöriger. Ich darf hier besonders auf die Gruppe von rund 2000 deutschen Staatsangehörigen hinweisen, die der Tempel-Gesellschaft angehören und in Israel wertvolle Gebäude und Ländereien besitzen. Durch ein Gesetz aus dem Jahre 1950 hatte der Staat Israel das gesamte deutsche Vermögen zur Sicherung von Ansprüchen israelischer Staatsbürger gegen das Deutsche Reich und seine Nachfolgestaaten sowie gegen deutsche Staatsangehörige beschlagnahmt. Es ist der deutschen Delegation im Haag möglich gewesen, ein Abkommen mit der israelischen Delegation vorzubereiten, das gleichzeitig mit den anderen Vereinbarungen als Regierungsabkommen am 10. September 1952 in Luxemburg unterzeichnet wurde. Dieses Abkommen sieht vor, daß in bestimmten Fristen nach Inkrafttreten des Israelabkommens Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik und dem Staate Israel über die Feststellung dieses deutschen Vermögens geführt werden sollen. Israel hat sich in dem Regierungsabkommen — und das halte ich für außerordentlich bedeutsam — bindend verpflichtet, Entschädigung für das beschlagnahmte Vermögen zu zahlen. Für den Fall, daß in den Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik und Israel keine Einigung über den Wert dieses zu entschädigenden Vermögens zu erzielen sein sollte, haben sich die beiden Vertragspartner schon jetzt verpflichtet, den Spruch eines neutralen Vermittlers als bindend anzunehmen. Ich glaube, daß mit dieser Behandlung dies deutschen Eigentums in Israel das Beste erreicht worden ist, was überhaupt zu erreichen war.
    Auch in der Frage des Zeigens der deutschen Flagge ist eine merkliche Entspannung eingetreten. Schon der im Haag vereinbarte Vertragstext ging davon aus, daß das bisher noch in Israel bestehende Verbot, die deutsche Flagge zu zeigen, nicht für unabsehbare Zeit aufrechterhalten wird, ohne daß allerdings damals, vor Unterzeichnung des Abkommens, eine verbindliche Zusage Israels für Aufhebung des Verbots in einer bestimmten Frist zu erreichen war. Inzwischen hat sich die israelische Regierung auf Grund neuerlicher Vorstellungen der Bundesregierung zur Aufhebung dieses Verbots mit Wirkung zum Zeitpunkt der Ratifizierung des Abkommens verpflichtet. Das Eintreffen der ersten Warenlieferungen in Israel wird diese sich bereits jetzt anbahnende Entwicklung zu einer grundlegenden Änderung des deutsch-israelischen Verhältnisses erheblich beschleunigen.
    Lassen Sie mich zum Schluß noch einmal auf die Bedeutung ,des Abkommens in den allgemeineren Zusammenhängen der Entwicklung des menschlichen Zusammenlebens der Völker hinweisen. In den letzten Wochen sind im Machtbereich der kommunistischen Gewaltherrschaft Rassenhaß und Rassenverfolgung erneut zu politischen Kampfmitteln gemacht worden.

    (Zuruf von der KPD: Nicht wahr!)

    Ihnen allen sind die Vorgänge im Prager Slansky-
    Prozeß bekannt. Im Anschluß an diesen Prozeß hat


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    auch in anderen Satellitenstaaten eine Bedrohung und Verfolgung der Juden eingesetzt.

    (Zuruf von der KPD: Nicht wahr!)

    Eine weltbekannte jüdische Wohlfahrtsorganisation, deren große Verdienste um die Behebung menschlicher Not unbestreitbar sind, ist als Sabotage- und Spionagezentrum angeprangert worden.

    (Zurufe von der KPD.)

    Auch deutsche Staatsangehörige jüdischen Glaubens haben aus der sowjetischen Besatzungszone und aus Ost-Berlin die Flucht über die Sektorengrenze antreten müssen. Die freie Welt hat von diesen Vorgängen mit Abscheu und Schrecken Kenntnis genommen.
    In diesem Zeitpunkt wollen wir mit der Verabschiedung des Ihnen vorliegenden Abkommens einen klaren und ganz unmißverständlichen Standpunkt beziehen. Gewiß haben wir selbst schwere Lasten zur Linderung der Not unserer eigenen Flüchtlinge zu tragen. Trotzdem wollen wir zu unserer moralischen Verpflichtung stehen, in den Grenzen unserer Leistungsfähigkeit dem Elend und der Not von Flüchtlingen zu steuern, die durch die Schuld einer früheren Regierung verursacht worden sind. Die Bundesregierung hofft, daß die Annahme dieses Abkommens gerade in diesem Zeitpunkt als ein deutscher Beitrag zur Stärkung des Geistes menschlicher und religiöser Toleranz in der Welt wirken wird.

    (Lebhafter Beifall bei. dien Regierungsparteien und bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine allgemeine Besprechung in der ersten Beratung zu verzichten. — Das Haus ist damit einverstanden. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten zu überweisen.

(Abg. Dr. Schröder — Es wird vorgeschlagen, den Ausschuß für Außenhandel und den Haushaltsausschuß auch damit zu befassen. Meine Herren, besteht nicht die Möglichkeit, daß der Auswärtige Ausschuß diese beiden Ausschüsse von sich aus zur Beratung hinzuzieht? (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Genügt! — Abg. Dr. Wuermeling: Das muß aber sichergestellt werden!)

— Also, der Antrag ist gestellt. Darf ich fragen: wer ist für Überweisung auch an den Ausschuß für Außenhandel? — Wer ist ,dagegen? Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer ist für Überweisung an den Haushaltsausschuß?

(Abg. Schoettle: Herr Präsident! Ich glaube, das ist nicht nötig, das ist überflüssig!)

— Herr Kollege Schoettle, wir kommen durch die Abstimmung am schnellsten zu einem Ergebnis. — Wer ist dagegen? - Das letztere ist zweifellos die Mehrheit; die Überweisung ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich komme zum dritten Punkt:

(BGBl. I S. 1)

Soll der Entwurf begründet werden? — Das ist nicht der Fall. Der Ältestenrat schlägt Ihnen Verzicht auf die Aussprache in der ersten Beratung vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Arbeit zu überweisen. — Das Haus ist mit der Überweisung einverstanden.
Nunmehr, meine Damen und Herren, komme ich
zum ersten Punkt der gedruckten Tagesordnung: Einspruch des Abgeordneten Loritz gegen den ihm in der 251. Sitzung erteilten Ordnungsruf (Umdruck Nr. 777).
Der Abgeordnete Loritz hat gegen den ihm in der 251. Sitzung erteilten Ordnungsruf Einspruch erhoben. Die Begründung des Einspruchs liegt Ihnen vor auf Umdruck Nr. 777, der in Ihrer Hand ist. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Einspruch stattzugeben wünschen, eine Hand zu erheben: — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Einspruch ist abgelehnt.
Ich komme zu Punkt 2 der Tagesordnung:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Mißbilligung von Äußerungen des Bundesministers der Justiz (Nr. 3897 der Drucksachen);
b) Beratung des Antrags der Fraktion der
SPD betreffend Mißbilligung von Äußerungen des Bundesministers der Justiz
Dr. Dehler über das Bundesverfassungsgericht (Nr. 3974 'der Drucksachen).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 15 Minuten und eine Aussprachezeit von 60 Minuten für diese beiden Anträge vor. — Das, Haus ist mit dieser Begrenzung einverstanden.
Zur Begründung der Anträge Herr Abgeordneter Professor Gülich.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Gülich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei den beiden Ihnen vorliegenden Anträgen geht es nicht um eine Stellungnahme zu den rechtlichen Problemen des Bundesverfassungsgerichts und nicht um eine politische Auseinandersetzung über die Funktionen des Bundesverfassungsgerichts, sondern lediglich darum, daß die Äußerungen des Bundesjustizministers über das Bundesverfassungsgericht zu der Frage zwingen, ob die Haltung dieses Bundesjustizministers noch mit der Verantwortung seiner hohen Stellung vereinbar ist.

    (Sehr gut! und Sehr richtig! links.)

    Bei den Ihnen bekannten Äußerungen handelt es sich leider nicht um eine einmalige Entgleisung, wie sie einem temperamentvollen Redner zwar auch nicht unterlaufen soll, von der man aber allenfalls sagen könnte, sie entspräche doch nicht der Grundhaltung des Redners. Es handelt sich hier vielmehr um aufeinanderfolgende, von Verdächtigung zur Feststellung sich konkretisierende Äußerungen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf die
    Vorgeschichte dieser Äußerungen notwendig. Am
    21. November 1952, auf dem Parteitag der FDP in
    Bad Ems, sprach der Bundesjustizminister bei der
    Erörterung über den EVG-Vertrag die öffentliche
    und deutliche Verdächtigung aus — ich zitiere —:
    Sie wissen, die Barriere des Bundesverfassungsgerichts besteht für unsere Verträge. Ich


    (Dr. Gülich)

    möchte hoffen, daß in dem höchsten deutschen Gericht keine politischen Willensentscheidungen, sondern Rechtsentscheidungen fallen.
    Er präzisierte diese Äußerung dann durch die
    folgende:
    Ich möchte hoffen, daß sich beim Bundesverfassungsgericht der Geist des Sozialismus nicht auswirkt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das Bundesverfassungsgericht beantwortete diesen Angriff dadurch, daß es den Bundesjustizminister aufforderte, seine Rede bei ihm einzureichen.
    Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Formulierung der am 9. Dezember 1952 vom Plenum des Bundesverfassungsgerichts abgegebenen Erklärung insbesondere auf die Äußerungen des Bundesjustizministers abzielten. In diesen Äußerungen hat der Bundesjustizminister sich nicht nur zu einem vor dem höchsten Bundesgericht schwebenden Verfahren abfällig geäußert, er hat diesem Gericht geradezu Rechtsbruch und politische Parteilichkeit vorgeworfen oder zumindest unterstellt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Es heißt in der Erklärung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember wörtlich:
    Das Bundesverfassungsgericht hat mit Besorgnis von den herabsetzenden Äußerungen Kenntnis genommen, die in den letzten Wochen in zunehmendem Maße im Zusammenhang mit den anhängigen Verfahren über die Vertragswerke in der Presse und in politischen Kreisen über das Gericht und seine Mitglieder gefallen sind. Diese Äußerungen haben sich in einzelnen Fällen zu Warnungen gesteigert. Man hat dem Gericht sogar unterstellt, daß politische und damit nicht rechtliche Erwägungen seine Entscheidungen bestimmen könnten.
    Die Erklärung des Bundesverfassungsgerichts vom
    9. Dezember 1952 schließt mit den Worten: Das Bundesverfassungsgericht hat gestern beschlossen, daß dieses Gutachten und alle anderen Gutachten des Plenums beide Senate binden. Dies ergibt sich vor allem aus der durch § 16 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht begründeten Funktion des Plenums, bei einer Meinungsverschiedenheit über eine Rechtsfrage zwischen den Senaten die letzte Entscheidung zu treffen. So wird zugleich verhindert, daß die Zuständigkeit eines bestimmten Senates aus sachfremden Erwägungen in Anspruch genommen wird.
    War der Angriff auf das Bundesverfassungsgericht erfolgt, weil der Bundesjustizminister Anlaß zu haben glaubte, eine Rechtsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts erwarten zu müssen, die der politischen Willensentscheidung seiner politischen Freunde nicht entgegenkam, so bestritt er in der Folge die Zulässigkeit einer Verfahrensweise, die den politischen Erwartungen seiner politischen Freunde nicht entsprach. Der Herr Bundesjustizminister hat bei dem bekannten „Kanzlertee" am
    10. Dezember 1952 diese Verfahrungsregelung wörtlich als „völlig rechtlos, als gegen das Grundgesetz und gegen das Bundesverfassungsgerichtsgesetz verstoßend" gebrandmarkt,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    ja, er hat dem Verfassungsgericht, jedes Maß überschreitend, den Vorwurf der Rechtsanmaßung entgegengeschleudert, indem er ihm vorwarf, es habe
    durch diese Verfahrungsregelung „Recht zu setzen versucht, nicht im Sinne eines richterlichen Spruches, sondern um neues Gesetzesrecht zu schaffen".

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Dies ist aber derselbe Bundesjustizminister, der noch vor neun Monaten in einem Schriftsatz erklärt hatte — ich zitiere wörtlich —:
    Es ist sicherlich eine ebenso hohe wie verantwortungsvolle Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, bestehendes Recht, unter Umständen auch bestehendes Verfahrensrecht fortzubilden.
    Aber am 10. Dezember, als ihm der Verfahrensbeschluß des Bundesverfassungsgerichts für seine politischen Pläne gefährlich zu werden schien, sprach er in lapidaren Worten den Bundesverfassungsrichtern jedes Recht auf einen Verfahrensbeschluß ab, indem er wörtlich sagte: „sie können überhaupt keinen Beschluß fassen", und er lehnte für sich und die Bundesregierung die Anerkennung dieses Beschlusses des höchsten Verfassungsgerichts kategorisch mit den Worten ab:
    Wir werden diesen Beschluß niemals anerkennen. Dieser Beschluß ist ein Nullum.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Nachdem er nun auf wahrhaft demagogische Weise die völlige Nichtigkeit dieses Beschlusses des höchsten Bundesgerichts und dessen angebliche politische Befangenheit und Rechtsbeugung proklamiert hatte, suchte er diese Diskriminierung des Gerichts noch dadurch zu überbieten, daß er erklärte, der größte Mangel dieses Gerichts sei nicht seine parteipolitische Zusammensetzung, sondern seine fehlende richterliche Qualität.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich erinnere nochmals daran, daß es bei dem Gutachtenverfahren in Karlsruhe keineswegs um eine politische Entscheidung ging, sondern ausschließlich um die verfassungsrechtliche Frage, ob die Vertragstexte mit dem Grundgesetz vereinbar sind oder nicht. Bei dem Beschluß des Gerichts vom 9. Dezember handelte es sich ausschließlich um eine Verfahrensregelung, nicht aber um eine Gesetzgebungsfrage.
    Bei den Äußerungen des Bundesjustizministers handelt es sich allerdings um ein höchstes Politikum, nämlich um die Haltung des höchsten Vertreters des Rechts in der Bundesregierung zum höchsten Gericht des Bundes, zur höchsten Instanz unseres Rechts. Jede Staatsform, vor allem jede Demokratie, kann sich auf längere Sicht nur erfolgreich behaupten und als fruchtbare Ordnung erweisen, wenn sie sich echte Autorität erhält oder echte Autorität erwirbt. Dies gilt ganz besonders für die junge deutsche Demokratie, die durch ihre Entwicklungs- und Daseinsbedingungen, die Ihnen ja allen bekannt sind, besonders empfindlich und besonders gefährdet ist. Zu dieser Autorität und zu diesen Wachstumsbedingungen aber gehört vor allem, daß diese Demokratie die Gesetze und die Verfassungseinrichtung, die sie geschaffen hat, selber achtet und schützt, auch wenn ein Staatsgesetz oder eine staatliche Institution einmal gegen die Gruppe auszuschlagen scheint, die diese mit geschaffen hat. „Wehe dem Volke, dessen Menschen der Sinn fehlt für die Verbindlichkeit des Rechts ihres Staates!"

    (Beifall bei der SPD.)

    — Sie haben soeben damit dem Herrn Bundesjustizminister Beifall gezollt; denn kein anderer als


    (Dr. Gülich)

    er hat am 10. Juni 1952 in der „Schwäbischen Landeszeitung" diesen Satz veröffentlicht, mit dem er sich allerdings auch selber gerichtet hat.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Doch damit nicht genug. Jetzt kommt das Schlimmste. Als am 10. Dezember 1952 nach der bekannten Rücksprache mit dem Herrn Bundeskanzler der Herr Bundespräsident sein Ersuchen um ein Gutachten beim Bundesverfassungsgericht zurückzog, richteten sechs angesehene Rechtsanwälte folgendes Telegramm an den Bundesjustizminister und seinen Staatssekretär — ich zitiere wörtlich —:
    Durch letzte Vorgänge tief bestürzt, bitten
    dringend: verhindert weitere für das Ansehen
    von Justiz und Staat unerträgliche Schritte
    gegenüber höchstem deutschem Gericht. Unterschriften: Zutt, Schüle, Kleine, Duden, Schilling und Rowedder.
    Auf dieses Telegramm erhielten die Appellanten folgendes Antworttelegramm:
    Sie verkennen die Lage vollständig Stop Das Bundesverfassungsgericht ist in einer erschütternden Weise von dem Wege des Rechtes abgewichen und hat dadurch eine ernste Krise geschaffen.

    (Lebhafte Rufe bei der SPD: Pfui! und Hört! Hört!)

    Unterschriften: Bundesjustizminister Dr. Dehler, Staatssekretär Dr. Strauß.

    (Erneute Rufe bei der SPD: Hört! Hört!)

    Ich glaube, wenn ein Staatssekretär ein solches Telegramm über das höchste Gericht in die Welt
    schickte, wäre sein Minister verpflichtet, ein Dienststrafverfahren mit dem Ziele der Dienstentlassung gegen ihn einzuleiten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber der 'Herr Bundesjustizminister hat das Telegramm ja auch unterschrieben, und der Herr Bundeskanzler hat gegen den Herrn Bundesjustizminister nichts unternommen. Der Herr Bundesjustizminister ist nunmehr Gegenstand der politischen Kontrolle durch das Parlament.
    Mit diesem Telegramm hat der Mann, der in seinem Amt der höchste Wahrer des Rechts Deutschlands sein sollte, das oberste Gericht, das über die Integrität des Verfassungslebens wachen soll, des Rechtsbruchs bezichtigt. Der Justizminister eines demokratischen Staates hat kraft seines Amtes über den Parteien zu stehen, auch über der Partei, der er selbst angehört. Ich darf ein Wort von meinem alten Lehrer und Meister Ferdinand Tönnies zitieren: „Der Parteiführer, der in eine gesetzgebende Körperschaft eintritt, wird sich als weise bewähren, wenn er seine Parteihaut abstreifen und die Haut der Souveränität anziehen kann, der Souveränität, die nunmehr tätig mit auszuüben er das Recht erworben und folglich die Pflicht auf sich genommen hat."
    Auch das Bundesverfassungsgericht steht kraft seines Amtes über den Parteien; sein überparteiliches Wirken, der Schutz der Verfassung vor Sonderinteressen politischer Gruppen und territorialer Bundesglieder ist ja seine eigentliche Funktion. Untragbar ist ein Bundesminister des Rechts, der die gerade ihm gebotene Zurückhaltung vermissen läßt, immer wieder aus seiner überparteilichen Stellung in die Arena des Parteikampfes heruntersteigt und seine Qualität als Bundesjustizminister mit der Funktion seiner Parteiführerschaft verwechselt oder vermischt. Ganz unerträglich aber wird ein 1 solcher Bundesjustizminister, wenn er dem höchsten überparteilichen Bundesgericht gegenüber sein Gesicht verliert und es nicht nur herabsetzt, sondern beschimpft und vernichtigt.
    Der Bundesrat hat deswegen am 18. Dezember 1952 beschlossen, den Herrn Bundeskanzler um Aufklärung über die Haltung des Bundesjustizministers in diesem Verfassungsstreit mit dem Bundesverfassungsgericht zu bitten. Er hat am gleichen Tage einen Antrag angenommen, nach dem das Bundesverfassungsgericht in Zukunft seinen eigenen Etat erhalten soll, der es vom Bundesjustizminister unabhängig machen soll, und zwar mit der Begründung, daß dieses Gericht auch in haushaltsrechtlicher Hinsicht nicht Männern unterstellt sein dürfte, die ihm in der Öffentlichkeit die Achtung versagten und dadurch die Grundlage des Rechtsstaates erschütterten.

    (Zustimmung und Rufe bei der SPD: Hört! Hört!)

    Ich glaube, meine Damen und Herren, ich komme weder bei Herrn Dr. Dehler selbst noch bei seinen Freunden in den Verdacht, daß bei mir irgendeine persönliche Antipathie mitsprechen könnte. Wir wissen alle, daß Dr. Dehler eine saubere politische Vergangenheit hat und vor und nach 1933 ein aufrechter Demokrat gewesen ist. Aber wir dürfen nicht übersehen, daß sein demokratischer Sündenfall zeitlich ziemlich genau mit der Übernahme des Amtes des Bundesjustizministers zusammenfällt,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    einem Amte, dem er, wie wir gesehen haben, ganz einfach nicht gewachsen ist.

    (Sehr wahr! Sehr gut! bei der SPD.)

    Auch der ihm nahestehenden Presse, die von der Integrität seiner Persönlichkeit überzeugt ist, graut vor dem Furor seiner Sonntagsreden. Vor einiger Zeit erinnerte ihn die Wochenzeitung „Christ und Welt" daran, er möge doch Jacobus Kap. 3 nachlesen. In Jacobus 3, 8 steht: „Aber die Zunge kann kein Mensch zähmen, das unruhige Übel voll tödlichen Gifts."

    (Heiterkeit.)

    Allerdings habe ich den Eindruck, daß diese
    Dehler-Zunge in der Tat kein Mensch zähmen
    kann, dieses unruhige Übel voll tödlichen Gifts.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Renner: Was steht bei Lassalle über das Wesen dieses Verfassungsgerichts?)

    Wenn nun der Herr Bundesjustizminister auf seine Behauptungen festgenagelt wird, dann erklärt er, er habe es „anders gemeint als gesagt". Auch nach der Bad Emser Rede hat er erklärt, er habe das Bundesverfassungsgericht zwar gemahnt, aber er habe es nicht mahnen wollen. Er hat ja auch einmal in diesem Hause „Sie Schuft" gesagt und hinterher erklärt, er habe das nicht gemeint, er habe persönlich nicht beleidigen wollen.

    (Zuruf von der SPD: Ähnlich war es auch im Bayerischen Landtag!)

    — Da bin ich leider nicht gewesen. — Was einer meint, das muß er auch sagen können,

    (Abg. Dr. Menzel: Sehr gut!)

    und wenn er nicht in der Lage ist, das zu sagen, was er meint, dann genügt er eben nicht für ein öffentliches Amt.

    (Beifall bei der SPD.)



    (Dr. Gülich)

    Wer nicht sagen kann, was er meint, der gilt schon im zivilen Leben als nicht vollwertig. Im öffentlichen Leben aber ist er schlechthin untragbar.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Eine im privaten Gespräch gemachte Äußerung kann zurückgenommen oder interpretiert werden; öffentlich abgegebene Äußerungen eines Ministers sind nicht wiedergutzumachen und durch keine Interpretation aus der Welt zu schaffen. Handelt es sich dabei um den Bundesjustizminister, so wird die Lage noch dadurch verschärft, daß dieser durch sein Amt, wie ich schon angedeutet habe, zu besonders verantwortungsvollen und zurückhaltenden Äußerungen verpflichtet ist. Dieser Justizminister aber scheint geradezu prädisponiert dazu, unverantwortliche Erklärungen über innen- und außenpolitische Fragen abzugeben — auch über solche, die ihn ressortmäßig überhaupt nichts angehen — und diese Aussagen alsdann zu dementieren oder zu interpretieren.
    Ich brauche Ihnen die lange Reihe dieser Äußerungen, die meist eine traurige Berühmtheit erlangt haben, nicht in Erinnerung zu rufen. Auf dem Gebiet der Innenpolitik läuft eine Reihe mehr oder weniger großer Skandale, die durch Äußerungen des Herrn Dr. Dehler hervorgerufen worden sind, von Äußerungen über den Rentenschwindel bis zu solchen über das bösartige Geschwür der deutschen Gewerkschaften. Herr Dr. Dehler hat solche Äußerungen hinterher stets dementiert oder interpretiert und dadurch seine angeschlagene Stellung zu behaupten versucht.

    (Abg. Kunze: Bei Ihnen gibt es das nicht?! -Heiterkeit in der Mitte.)

    — Das steht nicht zur Diskussion, Herr Kunze.

    (Abg. Kunze: Das schwingt aber durch den Raum, verehrter Herr Kollege!)

    Da aber Herr Dr. Dehler für die sofortige Verbreitung aller seiner Äußerungen sorgt, sind solche Richtigstellungen hinterher ohne Wirkung.
    Auf außenpolitischem Gebiet aber wird seine Äußerungs- und Dementierungstaktik zur Katastrophe. Wieviel Porzellan ist durch solche Äußerungen von ihm zerschlagen worden, von den Aussagen über das deutsch-französische Verhältnis bis zu den letzten Coburger Äußerungen über das Abkommen mit Israel, die selbst der Herr Bundeskanzler verurteilte! Wenn Äußerungen des Bundesjustizministers in der deutschen und ausländischen Presse erscheinen, das Abkommen mit Israel sei auf Wunsch der Amerikaner zustande gekommen und werde von diesen hoch honoriert werden,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    so helfen spätere Dementierungen gar nichts,

    (Zuruf von der SPD: Toll!)

    die heute auch von den Naiven nur als eine andere Form der Bestätigung betrachtet werden.
    Im höchsten Maße gilt dies von den Äußerungen über das Bundesverfassungsgericht, die unser Antrag zum Gegenstand hat.
    Herr Dr. Dehler hätte längst von seinem' Amt zurücktreten müssen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Er hat es nicht getan. Seine Freunde hätten ihn längst davon überzeugen müssen, daß er zurücktreten müsse. Dies ist offensichtlich nicht, jedenfalls nicht mit Erfolg geschehen. Darum muß der Bundestag als das zur Kontrolle berufene Organ
    des Staates klar aussprechen, daß er solche An-
    griffe auf das höchste deutsche Gericht mißbilligt.

    (Beifall bei der SPD.)