Rede von
Dr.
Josef
Schatz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht legt Ihnen auf Drucksache Nr. 4047 den Entwurf
eines Gesetzes über die Kaufmannseigenschaft von Handwerkern vor. Dieses Gesetz wurde durch einen Antrag der Bayernpartei auf Drucksache Nr. 1868 ausgelöst. In diesem Antrag wurde gefordert, die §§ 2 und 4 des Handelsgesetzbuchs zu ändern. Der Ausschuß hat sich, nachdem das Hohe Haus ihm diesen Antrag überwiesen hatte, in mehreren Sitzungen mit ihm beschäftigt, ihn überarbeitet, ihn mit den Vertretern des Justizministeriums und des Wirtschaftsministeriums besprochen, auch die Vertreter des Deutschen Industrie- und Handelstages und die Vertreter des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks gehört und ist schließlich zu dem Ergebnis gekommen, daß der Gesetzentwurf Ihnen zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt werden soll.
Sinn und Zweck des Gesetzes ist die Hereinnahme gewisser Handwerksbetriebe in die handelsrechtliche Stellung des Kaufmanns. Das aus dem Jahre 1897 stammende Handelsgesetzbuch hat dem Handwerker die rechtliche Stellung eines Vollkaufmanns versagt. Der Handwerker konnte weder nach § 1 kraft Gesetzes, noch nach § 2 kraft Eintragung Kaufmann sein. Nach § 4 war ihm sogar jede Möglichkeit genommen — und das war das Diskriminierende, wie man im Ausschuß gesagt hat —, eine Firma zu führen, Handelsbücher zu führen und Prokura zu erteilen. Der Handwerker konnte nach dem bisherigen Recht nur Minderkaufmann sein.
Nun haben aber die fortschreitende Technisierung des Handwerks, die Schaffung neuer Betriebsformen im Handwerk, sein kapitalmäßiger Aufbau und seine Arbeit am Markt sowie sonstige Kriterien die Forderung aufkommen lassen, daß endlich auch der Handwerker die Möglichkeit erhält, die Stellung des Vollkaufmanns zu bekommen. Maßgebende Kommentatoren des Handelsgesetzbuchs, wie Baumbach und Gierke, haben schon seit Jahrzehnten diese Forderung erhoben. Der Deutsche Rechtspflegertag, der Handelsausschuß des Deutschen Anwaltstages und viele andere Vertretungen, schließlich auch das Handwerk selbst haben diese Forderung auf Revision erhoben. Der Ausschuß ist demnach mehreren Beratungen gerecht geworden.
Der Ausschuß hat zwei große Grundsätze aufgestellt, erstens den Grundsatz, daß das Recht des Vollkaufmanns etwas Einheitliches ist und bleiben muß, weiterhin den Grundsatz, daß das Handelsregister ein objektiv klares und ein vollständiges Verzeichnis aller Kaufleute sein muß, daß keine Aufspaltung eintreten darf, wenn etwa den Handwerkern die Volleigenschaft verliehen wird. Auf der anderen Seite hat der Ausschuß auch den Grundsatz vertreten, daß der Handwerker, der Vollkaufmann wird, weiterhin Handwerker bleibt. Sein Handwerksbetrieb ist genau so wie bisher dem Zunftwesen, wenn wir so sagen wollen, unterworfen. Nur seine Betriebsführung unterliegt dem Recht des Kaufmanns.
Die Abgrenzung zwischen Handwerk und industrieller Fertigung mußte auch uns Juristen im Rechtsausschuß beschäftigen, um so mehr, als seit Jahrzehnten die Rechtsprechung neue Erf ordernisse gefunden hat, die zum Teil mit dem Text des Gesetzes nicht in Einklang zu bringen sind. Der § 1 Abs. 2 des Gesetzes haben in Ziffer 2 und 9 bisher gelautet, daß Handwerksbetriebe Vollkaufmannseigenschaft nur haben, soweit sie über den Umfang des Handwerks hinausgehen. Das Wort „Umfang" wurde bisher fälschlich oft dahin gedeutet, daß es ein Größenmerkmal darstelle. In
Wirklichkeit ist es aber nichts anderes als die 1 Fassung der Betriebsform; es handelt sich eben um die Frage, ob der Betrieb noch Handwerksbetrieb ist. Wir haben deshalb bei den Beratungen gleich die Gelegenheit ergriffen und in § 1 Abs. 2 Ziffern 2 und 9 eine Änderung des Gesetzes dahingehend eingeführt, daß wir zur Klarstellung gesagt haben: „sofern das Gewerbe nicht handwerksmäßig betrieben wird". Das heißt, es kommt immer nur darauf an, welche Betriebsform der jeweilige Handwerksbetrieb hat, nicht auf den Umfang, nicht auf das Größenmerkmal.
Bei § 1 Abs. 2 Ziffer 9 hat sich eine lebhafte und langwierige Debatte ergeben. Die Abgeordneten Dr. Etzel, Dr. Reismann und ich wollten, daß die Druckereien in Zukunft Grundhandelsgeschäfte werden, weil die Druckereien nach der ständigen Rechtsprechung alle graphischen Betriebe um-f assen. Diese Meinung wurde aber vom Ausschuß nicht geteilt, und unser Antrag wurde mit 16 gegen 3 Stimmen abgelehnt. Ansonsten aber hat der Ausschuß sämtliche Bestimmungen dieses Gesetzes einstimmig beschlossen.
Während also bisher im Handelsgesetzbuch nur formelle und keine sachlichen Änderungen getroffen worden sind, sollen die §§ 2 und 4, die wir jetzt behandeln müssen, eine materielle Änderung erfahren. Wir haben nämlich den Handwerker aus der Bestimmung über den Minderkaufmann in § 4 herausgenommen, so daß er in Zukunft entweder Vollkaufmann oder überhaupt kein Kaufmann mehr ist. Damit aber der Handwerker nicht etwa sagen kann: Diese Herausnahme aus § 4 hilft nichts, weil wir ja nicht ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 2 betreiben, haben wir den § 2 folgendermaßen geändert:
Ein handwerkliches oder ein sonstiges gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 als Handelsgewerbe gilt, das jedoch nach Art und
Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, gilt als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, sofern die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen worden ist.
Der Handwerker kann sogar nach § 14 des Handelsgesetzbuchs gezwungen werden, sich eintragen zu lassen.
Im Zusammenhang damit mußten wir auch die entsprechende Bestimmung des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, nämlich den § 126, ändern. Wir mußten im Interesse der Reinhaltung des Firmenrechts von hochtönenden und irreführenden Titeln und Geschäftsbezeichnungen dafür sorgen, daß in Zukunft auch die Handwerkskammer ein Mitspracherecht bei der Eintragung hat. In Zukunft sollen also die Handelskammer und die Handwerkskammer hier gleichberechtigt mitwirken.
Nach Art. 3, so haben wir beschlossen, sollen dem Handwerker, der Kaufmann wird, nicht erhöhte Unkosten entstehen. Sie ersehen daraus, wie sozial wir gedacht haben. Die Mitgliedschaft in der Handwerkskammer selbst haben wir nicht berührt. In Zukunft wird der Handwerker, der Vollkaufmann ist, weiterhin in der Handwerkskammer bleiben. Wir haben hier eine Fassung gewählt, die eine Ergänzung des Landesrechts darstellt und es ermöglicht, auf diesem Gebiet auch einmal zu einer Vereinheitlichung zu kommen.
Art. 4 behandelt die Berlin-Klausel, Art. 5 das Inkrafttreten des Gesetzes.
Wir haben diesem Gesetz, obwohl es nur eine Änderung des Handelsgesetzbuches bringt, einen eigenen Namen gegeben: „Gesetz über die Kaufmannseigenschaft von Handwerkern". Wir wollten damit dokumentieren, daß hier der Handwerkerschaft etwas geboten wird, was ihr zum Segen gereichen soll.
Das Gesetz wurde mit Ausnahme der vorhin erwähnten 16 3-Stimmenverteilung vom Ausschuß einstimmig beschlossen. Ich habe Sie namens des Ausschusses zu bitten, Ihrerseits dem Gesetz die Zustimmung zu geben.