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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 250. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Februar 1953 11941 250. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. Februar 1953. Geschäftliche Mitteilungen 11944A Lösung des Hospitantenverhältnisses der Fraktion der DP mit dem Abg. Frommhold 11944B Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg Kaiser, Freudenberg, Geritzmann, Hoppe, Nickl, Dr. Bergstraeßer und Kemper 11944B, C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts 11944D Gesetz zur Änderung des Art. 107 GG 11944D Gesetz zur Abänderung des Lastenausgleichsgesetzes 11944D Gesetz über die Bundesanstalt für Flugsicherung 11944D Gesetz über die am 26. August 1952 in Bonn unterzeichneten drei Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz, über die Regelung der Forderungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen das ehemalige Deutsche Reich und zum deutschen Lastenausgleich 11944D Gesetz über die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Fürsorge für Hilfsbedürftige nebst Schlußprotokoll 11944D Zweiten Strafrechtsänderungsgesetz 11944D Gesetz über den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Festsetzung einer Betriebsgrenze für ostwärts der deutsch-niederländischen Landesgrenze liegende Steinkohlenfelder vom 18. Januar 1952 11944D Gesetz über die Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes zur Erleichterung der Annahme an Kindes Statt . 11945A Gesetz über den Erlaß von Rechtsverordnungen auf dem Gebiet der Neuordnung des Geldwesens und über die Neufestsetzung des Nennkapitals von Geldinstituten in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften 11945A Wohnraumbewirtschaftungsgesetz . 11945A Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Polizeiverordnung über den Verkehr mit giftigen Pflanzenschutzmitteln 11945A Kleine Anfrage Nr. 316 der Fraktion der SPD betr. Umstellung der Berliner Uraltkonten (Nrn. 4014, 4096 der Drucksachen) 11945A Kleine Anfrage Nr. 317 der Fraktion der SPD betr. Gebühren für Urkunden (Nrn. 4015, 4071 der Drucksachen) 11945A Kleine Anfrage Nr. 318 der Fraktion der SPD betr. Ausweis- und Vergünstigungswesen für Körperbeschädigte (Nrn. 4039, 4078 der Drucksachen) 11945A Kleine Anfrage Nr. 319 der Fraktion der SPD betr. Entlassung verheirateter Postbeamtinnen (Nrn. 4041, 4086 der Drucksachen) 11945B Kleine Anfrage Nr. 320 der Fraktion der FDP betr. Auslandsschulden in Spanien (Nrn. 4043, 4077 der Drucksachen) . . 11945B Kleine Anfrage Nr. 321 der Abg. Dr. Frey u. Gen. betr. Abwicklung der Zwangholzeinschläge durch die Besatzungsmächte (Nrn. 4050, 4088 der Drucksachen) 11945B Vorlage des 10. Berichts über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (Nr. 4091 der Drucksachen) 11945B Zur Tagesordnung (betr. Absetzung der Beratung des Versammlungsordnungsgesetzes) 11945B Ewers (DP) 11945B Beratung abgesetzt 11945C Fragestunde (Nr. 4089 der Drucksachen): 1. betr. Verunreinigung bewohnter Küsten durch angeschwemmtes Öl, Ölrückstände usw.: Dr. Friedensburg (CDU), Anfragender 11945D, 11946A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 11945D, 11946A 2. betr. Teuerungszuschläge auf Vorkriegsrenten der Haftpflichtrentenbezieher der Deutschen Bundesbahn: Dr. Wuermeling (CDU), Anfragender 11946A, B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 11946B, C 3. betr. Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Behauptung des angeblichen „Dr." Hermann Meincke wegen Befähigung zur Herstellung künstlicher Diamanten: Renner (KPD), Anfragender . . 11946C, D, 11947A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 11946D, 11947A 4. betr. Bedrohung Meinckes zwecks Verhinderung der Herstellung künstlicher Diamanten: Renner (KPD), Anfragender . 11947A, B, C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 11947B, 11947C 5. betr. Anregung privater Geldgeber zur Finanzierung des Meinckeschen Unternehmens: Renner (KPD), Anfragender . . . 11947D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1194'7D, 11948A 6. betr. Teilnahme des Bundesministers für Wirtschaft an der Gründungsveranstaltung des Meinckeschen Unternehmens: Renner (KPD), Anfragender . . . 11948B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 11948B 7. betr. Festlegung des Namens Erhard für den ersten künstlich hergestellten Diamanten in der Gesellschaftsurkunde der HAMAK: Paul (Düsseldorf) (KPD), Anfragen- der 11948B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 11948B 8. betr. Vorlage eines Gesetzes über Grundstücksverkehr: Volkholz (FU), Anfragender . . 11948B, D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 11948C, D 9. betr. Erstausstattung der Gemeinden Sontra usw. wegen Errichtung der Kurhessischen Kupferschiefer-Bergbau GmbH.: Dr. Arndt (SPD), Anfragender . . 11948D, 11949A, C, D Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 11949A, C, D 10. betr. Umsiedlung von Deutschen aus Jugoslawien: Dr. Keller (Fraktionslos), Anfragender 11949D Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 11950A 11. betr. Darlehen für den Bau von Passagierschiffen: Müller-Hermann (CDU), Anfragen- der 11950B Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . 11950C 12. betr. Beschlagnahme von Acker-, Wiesen-, Wald- und Weinbergsgelände für militärische Zwecke: Niebergall (KPD), Anfragender . . 11950D, 11951B Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . 11950D, 11951B 13. betr. Recht der sieben am 15. Januar 1953 verhafteten Deutschen zur Verbindung mit ihren Anwälten: von Thadden (Fraktionslos), Anfragender 11951C, D, 11952A Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 11951C, D, 11952A 14. betr. Anwerbung von deutschen technischen Eisenbahnfachkräften für die südafrikanischen Eisenbahnen: Niebergall (KPD), Anfragender . . 11952A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 11952A 15. betr. Nichtauslieferung des Tschechen Frantisek Kroupa aus Norwegen: Eplée (CDU), Anfragender . . . 11952B, C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 11952C 16. betr. Ausgaben für die Versorgung der unter das Gesetz nach Art. 131 GG fallenden Personen: Kühn (FDP), Anfragender . . . . 11952D Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . 11952D 17. betr. Entschädigung deutscher Besitzer von Acker-, Wiesen-, Wald- und Weinbaugelände im Grenzgebiet Elsaß-Lothringen für entgangene Nutzung: Niebergall (KPD), Anfragender . 11953A, B Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 11953A, B 18. betr. Zulassung der Pässe der Bundesrepublik und der Schweiz als Ausweis im kleinen Grenzverkehr: Ritzel (SPD), Anfragender . . . 11953B, D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 11953C, D 19. betr. Rücktritt von Kaufverträgen mit den Bauern der Gemeinden Raderach usw. zur Errichtung einer Versuchsanstalt für V 2-Waffen: Kohl (Stuttgart) (KPD), Anfragender 11953D, 11954B Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 11954A, C 20. betr. Verwaltungsvorschriften zur Klärung des Begriffes Mehraufwendungen nach § 90 des Bundesversorgungsgesetzes: Dr. Schellenberg (SPD), Anfragen- der 11954C, D, 11955A Storch, Bundesminister für Arbeit 11954C, D, 11955A 21. betr. Zulagen nach dem Unfallversicherungsrenten-Zulagegesetz : Dr. Schellenberg (SPD), Anfragen- der 11955A, B, C Storch, Bundesminister für Arbeit 11955A, B, C 22. bis 28. zurückgestellt 11955C Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Zwangsmaßnahmen gegen den Bauernstand in der sowjetischen Besatzungszone (Nr. 3956 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr 764) 11955D Hohl (CDU), Anfragender . . . 11955D Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 11958A Dr. Preiß (FDP) 11960D Kriedemann (SPD) 11962B Frau Strohbach (KPD) 11963B Wehner (SPD) 11964C Brookmann (CDU) 11966D Annahme des Antrags Umdruck Nr. 764 11968A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Nrn. 2872, 3902 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene (22. Ausschuß) (Nr. 4080 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 756, 759, 760, 762, 763, 765 bis 769) in Verbindung mit der Zweiten und dritten Beratung des von den Abg. Dr. Frey, Merten, Frühwald u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung (Nr. 4022 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 4087 der Drucksachen, Umdruck Nr. 757), mit der Zweiten und dritten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes (Nr. 3806 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 3910 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 725) sowie mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene (22. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der DP betr. Fahrpreisermäßigung für „Flüchtlinge B" (Nrn. 3915, 1112 der Drucksachen) 11968A Bundesvertriebenengesetz: Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 11968C Dr. Kather (CDU): als Berichterstatter 11973A Schriftlicher Bericht . . 12004A, 12019C Dr. Zawadil (DP): als Mitberichterstatter 11974C Schriftlicher Bericht 12008A Merten (SPD): als Mitberichterstatter 11974C Schriftlicher Bericht 12009B Dr. Mücke (SPD) : als Mitberichterstatter 11976A Schriftlicher Bericht 12013A Erster Abschnitt (§§ 1 bis 20) (Allgemeine Bestimmungen, Begriffsbestimmungen, Voraussetzungen, Personenkreis, Ausweise): Kohl (Stuttgart) (KPD) . 11977D, 11979C, 11985D, 11989D Ehren (CDU) 11979B Müller (Frankfurt) (KPD) . . . 11980A Mellies (SPD) 11982D Dr. Kather (CDU) . . . . 11983B, 11986C Bielig (SPD) 11983D de Vries (FDP) 11984C, 11985C Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 11985B, 11986D Dr. Reismann (FU) 11986B, 11987D, 11989B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 11987A Dr. Keller (Fraktionslos) 11988B Abstimmungen - 11979C, D, 11983B, 11984B, 11985D, 11986A, D, 11988D, 11989C Zweiter Abschnitt (§§ 21-25) (Behörden und Beiräte): Kohl (Stuttgart) (KPD) 11989D Abstimmungen 11989D, 11990B Dritter Abschnitt (§§ 26-38) (Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge) : Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) 11990C, 11992C, 12000C Dr. Kather (CDU) 11991A, 11993A, 12000A Kohl (Stuttgart) (KPD) 11991B Dr. Horlacher (CSU) . . . 11991C, 11993B Merten (SPD) . . 11992A, 11993C, 11994B, 12002B Dr. Frey (CDU) 11992D Lampl (FU) 11994A Dr. Glasmeyer (CDU) 11994D Struve (CDU) 11995B Dr. Gülich (SPD) 11996D Dr. Trischler (FDP) 11998B Dannemann (FDP) 11999B Dr. Bartram (Schleswig-Holstein) (CDU) 11999C Tobaben (DP) 12001C Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 12002A Abstimmungen . . 11993D, 11994D, 12003C Weiterberatung vertagt 12003A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der gewerblichen Wirtschaft (Nr. 4072 der Drucksachen) 12003C Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 12003C Nächste Sitzung 12003C Anlage: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene über den Entwurf eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Nrn. 2872, 3902, 4080 der Drucksachen) 12004 Die Sitzung wird um 13 Uhr 33 Minuten. durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 250. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene (22. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) (Nrn. 2872, 3902, 4080 der Drucksachen) Berichterstatter : Abgeordneter Dr. Kather (Allgemeiner Bericht und §§ 1 bis 25, 99 bis 107) Mitberichterstatter: Abgeordneter Dr. Zawadil (§§ 26 bis 34), Abgeordneter Merten (§§ 35 bis 67), Abgeordneter Dr. Mücke (§§ 68 bis 98) A. Behandlung des Gesetzentwurfs im Bundestag Mit Schreiben vom 26. November 1951 hat die Bundesregierung dem Bundestag den Entwurf eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) zugeleitet und gleichzeitig zu der Äußerung des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen (Bundestagsdrucksache Nr. 2872). Die erste Lesung des Gesetzentwurfes fand am 12. Dezember 1951 statt. Der Entwurf- wurde ohne Debatte dem Ausschuß für Heimatvertriebene unter Beteiligung des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung überwiesen. Der Ausschuß für Heimatvertriebene wurde beauftragt, auch andere Ausschüsse des Bundestages 'bei der Beratung heranzuziehen, soweit die im Entwurf behandelten Sachgebiete ihre Zuständigkeit berühren. Der Ausschuß für Heimatvertriebene nahm die Beratung des Entwurfes bereits am 12. Dezember 1951 auf und bildete nach einer 1. Lesung vier Unterausschüsse: Unterausschuß I — „Allgemeiner Teil" unter dem Vorsitz des Abgeordneten Dr. Kather Unterausschuß II — „Umsiedlung" unter dem Vorsitz des Abgeordneten Dr. Zawadil Unterausschuß III — „Landwirtschaft" unter dem Vorsitz des Abgeordneten Merten Unterausschuß IV — „Wirtschaftliche Eingliederung" unter dem Vorsitz des Abgeordneten Dr. Mücke. Die Hauptarbeit an dem Gesetzentwurf vollzog sich in den Unterausschüssen. Hierbei wurden Sachverständige und die Vertreter der interessierten Organisationen gehört, sowie Besichtigungen von Flüchtlingsbetrieben und Siedlungsvorhaben durchgeführt. Außer dem federführenden Ausschuß für Heimatvertriebene haben folgende Ausschüsse zu den ihre Zuständigkeit berührenden Vorschriften des Entwurfes Stellung genommen: Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht Ausschuß für Wirtschaftspolitik Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge Ausschuß für Sozialpolitik Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen Ausschuß für den Lastenausgleich Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß. Die Beteiligung des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung wurde in der 180. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 12. Dezember 1951, die der Ausschüsse für Sozialpolitik, für gesamtdeutsche Fragen, für den Lastenausgleich und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der 244. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 11. Dezember 1952 beschlossen. Im Verlaufe der Ausschußberatungen wurden weiterhin der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen durch Ältestenratsbeschluß vom 29. Mai 1952 und der Haushaltsausschuß durch Ältestenratsbeschluß vom 21. Januar 1953 für beteiligt erklärt. (Dr. Kather) Soweit zwischen dem federführenden Ausschuß und einem der beteiligten Ausschüsse eine Übereinstimmung nicht erzielt wurde, wird darauf bei der folgenden Behandlung des Entwurfes im einzelnen einzugehen sein. B. Inhalt und Aufbau des Gesetzentwurfes Die Regelung der Rechtsstellung und die Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge war in den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch eine vordringliche Aufgabe der Länder. Diese haben in den Jahren 1946 bis 1950 in mehr oder weniger umfassender Weise hierfür landesgesetzliche Grundlagen geschaffen. Hierzu kamen nach Bildung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes noch bitonale Regelungen wie das Soforthilfegesetz und das Flüchtlingssiedlungsgesetz. Die Unterschiedlichkeit in der Abgrenzung des Personenkreises und im Umfang der gewährten Rechte und Vergünstigungen machte sich besonders nachteilig bemerkbar, als die Freizügigkeit im Bundesgebiet wiederhergestellt worden war und die Umsiedlung der Vertriebenen anlief. Die Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge schien daher nicht mehr innerhalb der Grenzen eines Landes lösbar, sondern verlangte nach einer bundesgesetzlichen Regelung. Das Grundgesetz eröffnete hierzu die verfassungsrechtliche Möglichkeit, indem es in Artikel 74 Nr. 6 die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes verwies. Neben dem Gesetz zu Artikel 131 GG, das die Rechtsstellung der vertriebenen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes regelt, neben dem Feststellungsgesetz und dem Gesetz über einen Allgemeinen Lastenausgleich, das außer den allgemeinen Kriegsschäden auch Vertreibungsschäden regelt, ist der vorliegende Gesetzentwurf als eine weitere umfassende gesetzgeberische Maßnahme des Bundes anzusehen, die diejenigen Fragen behandelt, welche in den anderen Gesetzen keine Regelung gefunden haben. Mit diesem Gesetz wird nunmehr im wesentlichen ein Abschluß der Vertriebenengesetzgebung erreicht. Die Verabschiedung dieses Gesetzentwurf es schließt natürlich nicht aus, daß Angelegenheiten, für deren Regelung erst später ein Bedürfnis auftritt, oder solche, deren Herausnahme aus der übrigen Gesetzgebung aus sachlichen Gründen nicht zweckmäßig erscheint, auch noch in anderen Vorschriften geregelt werden. Der Entwurf umfaßt insgesamt 107 Paragraphen und ist in folgende sieben Abschnitte gegliedert, die ihrerseits wieder in insgesamt 16 Titel untergliedert sind: Abschnitt I Allgemeine Bestimmungen Abschnitt II Behörden und Beiräte Abschnitt III Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge Abschnitt IV Einzelne Rechtsverhältnisse Abschnitt V Kultur, Forschung und Statistik Abschnitt VI Strafbestimmungen Abschnitt VII Übergangs- und Schlußbestimmungen. C. Der Entwurf im einzelnen ABSCHNITT I Der Abschnitt I (Allgemeine Bestimmungen §§ 1-20) ist gegliedert in die Titel Begriffsbestimmungen, Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen, Erweiterung des Personenkreises und Ausweise. Als Unterbau für die in diesem und anderen Gesetzen und sonstigen Vorschriften vorgesehenen Eingliederungsbestimmungen strebt der Entwurf des Bundesvertriebenengesetzes die Schaffung eines bundeseinheitlichen Vertriebenen- und Flüchtlingsbegriffes an. Die Begriffsbestimmungen des Entwurfes sollen die vielfältigen Definitionen ablösen, die in Länder-Flüchtlingsgesetzen und zahlreichen Sondergesetzen enthalten sind. Auch der Artikel 116 Abs. 1 GG soll durch § 1 des Bundesvertriebenengesetzes eine gesetzliche Interpretation erhalten. Im Ergebnis deckt sich der Personenkreis der Vertriebenen und Flüchtlinge im wesentlichen mit der Regelung des nordrhein-westfälischen Flüchtlingsgesetzes, indem er den in den Flüchtlingsgesetzen der amerikanischen und französischen Zone nicht berücksichtigten Kreis der Sowjetzonenflüchtlinge einschließt, andererseits aber Evakuierte und Besatzungsverdrängte, die z. B. in Schleswig-Holstein einen Flüchtlingsausweis erhalten, ausschließt. Die Regelung der Rechtsstellung dieser Personengruppen, insbesondere der Evakuierten, soll einem in Kürze von der Bundesregierung vorzulegenden Sondergesetz vorbehalten bleiben. Während der Beratung dieses Entwurfes ist es gelungen, mit dem Ausschuß für den Lastenausgleich den Vertriebenenbegriff des Lastenausgleichsgesetzes mit dem § 1 dieses Entwurfes zu koordinieren. Dagegen gelang es nicht, bezüglich der besonderen gesetzlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung von Rechten nach diesem Gesetz und dem Lastenausgleichsgesetz eine volle Koordinierung zu finden. Dies gilt insbesondere für den Stichtag und für die Ausnahmen vom Stichtag. Maßgebend für die Anerkennung als Vertriebener ist der Verlust des Wohnsitzes durch Vertreibung. Der Begriff der Vertreibung ist als Sammelbegriff für alle die Maßnahmen anzusehen, auf Grund deren deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige gezwungen gewesen sind, im Zusammenhang mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges ihren Wohnsitz aufzugeben. Vertreibungsmaßnahmen sind daher nicht nur die auf Grund des Potsdamer Abkommens erfolgten Ausweisungen, sondern auch die gegen Deutsche gerichteten freiheitsgefährdenden Maßnahmen in anderen Ländern wie z. B. Jugoslawien, Rumänien und Ungarn. § 1 erfaßt ferner nicht nur die kollektiven Vertreibungen, die in Mittel- und Osteuropa im Anschluß an den zweiten Weltkrieg stattgefunden haben, sondern auch diejenigen Einzelmaßnahmen, denen Personen wegen ihrer deutschen Staatsangehörigkeit oder deutschen Volkszugehörigkeit z. B. in Westeuropa oder im übrigen Aus] and ausgesetzt waren. Der Ausschuß hat es als zweckmäßig angesehen, im § 1 u. a. die volksdeutschen Umsiedler und die sogenannten Aussiedler, d. h. solche Deutsche, die nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen die Länder hinter dem Eisernen Vorhang verlassen haben, ausdrücklich im Gesetz zu nennen. (Dr. Kather) Zu § 2 des Entwurfes wurde teilweise der Standpunkt vertreten, daß die Schaffung der Kategorie des „Heimatvertriebenen" innerhalb der Vertriebenen unzweckmäßig sei. Die Vertreter dieser Auffassung gingen dabei davon aus, daß der Begriff „Heimat" sich rechtlich kaum befriedigend erfassen lasse und die Einführung einer weiteren Kategorie ohne praktische Bedeutung nur eine Belastung der Verwaltungsarbeit darstelle. Die Mehrheit des Ausschusses hielt aber an der Regierungsvorlage fest, insbesondere auch, nachdem das Lastenausgleichsgesetz die Zahlung eines besonderen Heimatzuschlages vorsieht, so daß es zweckmäßig erscheint, diesen Personenkreis auch ausweismäßig besonders zu kennzeichnen. Die Länderflüchtlingsgesetze haben fast durchweg bisher nur den Vertriebenen aus Gebieten außerhalb der vier Besatzungszonen eine besondere Rechtsstellung gewährt, jedoch der Flüchtlingsbewegung aus der sowjetischen Besatzungszone nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Mit Nachdruck haben die Sowjetzonenflüchtlinge ihre Gleichstellung mit den Vertriebenen verlangt. Im Lastenausgleichsgesetz sind die Sowjetzonenflüchtlinge bisher nur im Rahmen der Härtevorschriften (§ 301 LAG) berücksichtigt worden. Der Entwurf des Bundesvertriebenengesetzes sieht dagegen bis auf geringfügige Ausnahmen die grundsätzliche Gleichstellung der Sowjetzonenflüchtlinge mit den Vertriebenen vor. Die Begriffsbestimmung des Sowjetzonenflüchtlings gehört zu den umstrittenen Bestimmungen des Entwurfes. Die Regierungsvorlage lehnte sich an das Gesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes und das Lastenausgleichsgesetz an, indem sie die Anerkennung als Sowjetzonenflüchtling von einer Lebens- oder Freiheitsbedrohung in der sowjetischen Besatzungszone abhängig machte. Nachdem zunächst der federführende Ausschuß und der Ausschuß für innere Verwaltung der Regierungsvorlage zugestimmt hatten, hat im letzten Stadium der Erörterungen der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen eine erweiterte Fassung der Begriffsbestimmung vorgeschlagen. Diesem Vorschlag hat der Ausschuß für Heimatvertriebene zugestimmt. Maßgebend hierfür war die Auffassung, daß die Tatbestandsmerkmale der Lebens- und Freiheitsbedrohung allein nicht mehr der politischen Entwicklung entsprechen, die inzwischen in der sowjetischen Besatzungszone vor sich gegangen ist. Durch die vorgeschlagene Neufassung ist es möglich, z. B. auch besondere Fälle des Gewissenszwangs zu berücksichtigen. Wirtschaftliche Gründe allein sollen jedoch nicht zur Anerkennung als Sowjetzonenflüchtling führen. Hierbei waren sich aber die beteiligten Ausschüsse darüber klar, daß Enteignungen, die politische Zwecke verfolgen, als „besondere Zwangslage" im Sinne der Neufassung des § 3 anzusehen sind. Der Personenkreis der sog. „Nichtrückkehrer", der bisher in § 3 Abs. 2 der Regierungsvorlage behandelt wurde, ist nunmehr in § 4 „Gleichgestellte Personen" gesondert aufgeführt. § 4 hält an den engen Tatbestandsmerkmalen der Lebens- und Freiheitsgefährdung im Gegensatz zum jetzigen § 3 fest. Der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen und die Mehrheit des federführenden Ausschusses gingen hierbei von der Erwägung aus, daß zwar ein Unterschied in der Rechtsstellung der beiden Personenkreise nicht gemacht werden solle, daß aber eine Differenzierung bezüglich der Merkmale, die zur Anerkennung führen, aus politischen Gründen erforderlich sei. Eine Minderheit unter Einschluß des Vorsitzenden des Ausschusses für Heimatvertriebene war dagegen der Auffassung, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung bei den aus der sowjetischen Besatzungszone Geflüchteten die gleichen sein müßten wie bei denen, die in die sowjetische Besatzungszone nicht zurückkehren konnten. Bei dem Personenkreis der „Nichtrückkehrer" (§ 4) handele es sich in der Hauptsache um heimgekehrte Kriegsgefangene sowie um vor den anrückenden sowjetischen Truppen geflüchtete Bewohner Mitteldeutschlands. Es sei aus rechtlichen, aber auch politischen Gründen bedenklich, wenn diese Personen schärferen Anforderungen unterworfen würden als die später aus der sowjetischen Besatzungszone abgewanderten Personen. Außerdem sprechen nach Ansicht der Minderheit des federführenden Ausschusses und des federführenden Bundesministeriums verwaltungsmäßige Gründe gegen eine Trennung und eine unterschiedliche Behandlung der beiden Personengruppen, da bei der vorgesehenen Fassung des § 4 in jedem Einzelfalle geprüft werden müsse, ob der Antragsteller vor oder nach der Besetzung seinen Wohnsitz verlassen hat. Auch der Ausschuß für den Lastenausgleich hat sich mit der Neufassung der §§ 3 und 4 befaßt. Er war der Ansicht, daß die vom Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen und vom Ausschuß für Heimatvertriebene gewünschte Anpassung des § 301 Abs. 1 LAG an die §§ 3 und 4 nicht erforderlich sei, sondern der in § 301 Abs. 4 LAG vorgesehenen Rechtsverordnung überlassen werden könne. Diese Rechtsverordnung ist inzwischen auf der Grundlage der engeren Definition des Sowjetzonenflüchtlingsbegriffes des § 301 ergangen und müßte, um zu der für die Praxis dringend erforderlichen Koordinierung zu gelangen, durch die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates geändert werden. Der Zweite Titel des Abschnittes I (§§ 9-13) enthält die besonderen Voraussetzungen, ohne deren Vorhandensein ein Vertriebener oder Sowjetzonenflüchtling (§§ 1-4) Rechte und Vergünstigungen nicht geltend machen kann. In § 9 ist der Vorbehalt des „befugten Wohnsitzes" durch das Erfordernis des „ständigen Aufenthalts" ersetzt worden, da nicht verlangt werden soll, daß der Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtling einen Wohnsitz im Sinne des § 7 BGB begründet haben muß, ehe er in der Lage ist, die Rechte und Vergünstigungen dieses Gesetzes in Anspruch zu nehmen. Der Ausschuß hat auch das Wort „befugt", das im Regierungsentwurf enthalten war, gestrichen. Da infolge der in den einzelnen Ländern unterschiedlichen Rechtslage in Zuzugsfragen eine einheitliche Auslegung des Bebegriffs „befugt" auf Schwierigkeiten stößt, hat es der Ausschuß für ausreichend gehalten, wenn bei Vertriebenen ein Stichtag für die Aufenthaltnahme festgesetzt wird. Für Zuwanderer aus dem sowjetischen Besatzungsgebiet, die nicht Vertriebene sind, genügen nach Ansicht des Ausschusses die in §§ 3 und 4 bezeichneten Voraussetzungen. Das Lastenausgleichsgesetz enthält in diesem Punkt die gleiche Regelung. Gemäß § 10 können Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge Rechte und Vergünstigungen grundsätzlich nur in Anspruch nehmen, wenn sie im Bundesgebiet oder in Berlin-West °ihren ständigen Aufenthalt haben. Sie müssen den Aufenthalt bis zu einem bestimmten Stichtag genommen haben. Die Einführung eines Stichtages ließ sich in diesem (Dr. Kather) Gesetz nicht vermeiden, da insbesondere gegenüber den Vertriebenen, die sich im Ausland oder in der sowjetischen Besatzungszone befinden, kein Sog ausgeübt werden soll. Die Ausnahmen von dem Stichtagerfordernis sorgen jedoch dafür, daß Härten vermieden werden. Die Ausnahmen (§ 10 Abs. 2 Nr. 5 und 6) gehen hier auch weiter als im Lastenausgleichsgesetz. Eine Koordinierung der Stichtage mit dem Lastenausgleichsgesetz war nicht möglich, da der im Lastenausgleichsgesetz gewählte Stichtag (31. Dezember 1950) für die Zwecke dieses Gesetzes zu weit zurückliegt. Zweck eines Stichtages kann es nur sein, für die Zukunft und nicht in der Vergangenheit zu wirken. Er wurde auf den 31. Dezember 1952 festgesetzt. Für Sowjetzonenflüchtlinge kennt der Entwurf grundsätzlich keinen Stichtag, da unter den besonderen Voraussetzungen des § 3 jedem Deutschen aus dem sowjetischen Besatzungsgebiet die Rechte und Vergünstigungen dieses Gesetzes ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt seiner Flucht eingeräumt werden müssen. § 11 ist gegenüber der Regierungsvorlage dadurch erweitert worden, daß nicht nur Vertriebene, die sich als Nutznießer in den eingegliederten und besetzten Gebieten betätigt haben, sondern auch Vertriebene, die nach der Vertreibung in der sowjetischen Besatzungszone wohnhaft waren und dort gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben, von der Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen ausgeschlossen werden. Die Vorschrift über den Ausschluß bei Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit (§ 12) hat der Ausschuß in einem Absatz 2 eingeschränkt. Bei Wiedererwerb der deutschen Staatsangehörigkeit oder in den Fällen, in denen ein volksdeutscher Vertriebener zwischenzeitlich eine fremde Staatsangehörigkeit erworben hat und später die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, soll der Vertriebene ebenfalls zur Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen, sofern die sonstigen Voraussetzungen des Zweiten Titels gegeben sind, berechtigt sein. Von besonderer Bedeutung ist die Vorschrift des § 13, die es ermöglicht, im Einzelfalle eine Aufhebung der Rechte und Vergünstigungen, die einem Vertriebenen oder Sowjetzonenflüchtling zustehen, durch Verwaltungsakt herbeizuführen. Voraussetzung hierfür ist, daß der Betroffene in das wirtschaftliche und soziale Leben in einem Maße eingegliedert ist, das nach seinen früheren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen angemessen ist. Diese Vorschrift, die allerdings nicht sofort bei der Ausgabe der neuen Bundesausweise angewandt werden soll, hat den Zweck, daß die Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen gewährten Vergünstigungen im Einzelfalle nur solange gewährt werden, wie dies im Hinblick auf den erreichten Stand der wirtschaftlichen Eingliederung gerechtfertigt erscheint. Diese Vorschrift, die in der Zukunft um so größere Bedeutung haben wird, je umfassender und erfolgreicher die Eingliederung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge bewirkt wird, ermöglicht es auch, die für die Eingliederung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge zur Verfügung gestellten Mittel in zunehmendem Maße auf diejenigen zu konzentrieren, die noch einer Sonderhilfe bedürfen. In § 14 wird die Bundesregierung ermächtigt, über die in diesem Gesetzentwurf genannten Personenkreise hinaus Personengruppen anzuerkennen, die von Vertreibung oder vertreibungsähnlichen Maßnahmen betroffen sind oder werden. Diese Vorschrift soll ihre erste Anwendung unmittelbar nach der Verabschiedung dieses Gesetzes dadutch finden, daß Personen, die das Saargebiet auf Grund von Anordnungen der Besatzungsmacht oder der dortigen Behörden verlassen mußten, den Sowjetzonenflüchtlingen gleichgestellt werden. Darüber hinaus können aber auch weitere Personengruppen, die auf Grund vertreibungsähnlicher Maßnahmen ihre Heimat verlassen müssen, im Wege einer Rechtsverordnung einbezogen werden. Unter vertreibungsähnlichen Maßnahmen in diesem Sinne können z. B. Enteignungsmaßnahmen, Aberkennung der Staatsangehörigkeit u. ä. Maßnahmen verstanden werden. Durch eine Rechtsverordnung gemäß § 14 könnten auch weitere Personenkreise aus der sowjetischen Besatzungszone den Sowjetzonenflüchtlingen gleichgestellt werden. Der Vierte Titel (§§ 15-20) regelt die Frage der Gestaltung und das Verfahren bei der Erteilung der Ausweise. Der Ausschuß ging im Gegensatz zu der Regierungsvorlage davon aus, daß es sich bei dem Ausweis nicht nur um einen sogenannten Betreuungsausweis handelt, sondern, daß jeder, der die Eigenschaft als Vertriebener oder als Sowjetzonenflüchtling gemäß §§ 1-4 besitzt, auch das Recht haben soll, einen Ausweis zu erhalten, wobei für die Geltendmachung von Rechten und Vergünstigungen einschränkende Vermerke, z. B. wegen Nichterfüllung des Stichtages, im Ausweis eingetragen werden sollen. ABSCHNITT II Der Abschnitt II (Behörden und Beiräte §§ 21-25) gliedert sich in zwei Titel und beschränkt sich im wesentlichen auf die Verpflichtung der Länder, entsprechend der Organisation innerhalb der Bundesregierung für ihren Bereich eine zentrale Dienststelle zur Durchführung des Bundesvertriebenengesetzes zu unterhalten. Diese Bestimmung entspricht weitgehend der bereits in den Ländern geschaffenen Organisation und soll die erforderliche Koordinierung auf dem Gebiete des Vertriebenen- und Flüchtlingswesens innerhalb der Länderregierungen garantieren. Um die Durchführung des Gesetzes auf eine möglichst breite Basis zu stellen, sieht der Zweite Titel in den §§ 22-25 die Bildung von Beiräten für Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge beim Bundesministerium für Vertriebene und bei den zentralen Dienststellen der Länder vor. Der Entwurf regelt nur die Zusammensetzung des Beirates auf der Bundesebene. Die Frage des Beirates war im federführenden Ausschuß umstritten. Auch die hierzu gehörten Organisationen der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge vertraten einen geteilten Standpunkt. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich aber auf den Standpunkt gestellt, daß die Funktionen dieses Beirates nicht allein durch die Organisationen der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge ausgeübt werden können, daß es vielmehr zweckmäßig ist, außer diesen Organisationen auch die im § 23 genannten weiteren Verbände in einem Beirat zusammenzufassen, soweit sie sich mit Fragen der Eingliederung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge beschäftigen. Darüber hinaus hat der Ausschuß eine Erklärung des Bundesministeriums für Vertriebene zur Kenntnis genommen, wonach entsprechend (Dr. Kather) ständiger Praxis auch die Heranziehung der Ostbüros der Parteien in allen wichtigen, die Sowjetzonenflüchtlinge betreffenden Fragen gewährleistet bleibt. (Dr. Zawadil) ABSCHNITT III Im Abschnitt III (Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge §§ 26-80) sind diejenigen Hilfen zusammengefaßt, die den von der Vertreibung Betroffenen den Anschluß an das Wirtschafts- und Berufsleben vermitteln sollen. Der III. Abschnitt gliedert sich in die Titel: Umsiedlung §§ 26-34 Landwirtschaft §§ 35-67 Zulassung zur Berufs- und Gewerbeausübung §§ 68-70 Förderung selbständig Erwerbstätiger §§ 71-75 Förderung unselbständig Erwerbs- tätiger §§ 76-78 Sonstige Vorschriften §§ 79-80 Die Vorschriften dieses Titels ergänzen zum Teil das Lastenausgleichsgesetz. Grundsätzlich geht der Entwurf, sofern er eine vorzugsweise Behandlung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge bestimmt, davon aus, daß eine solche vorzugsweise Behandlung nur solange Platz greift, bis in einem Lande der Anteil der Vertriebenen oder Sowjetzonenflüchtlinge an einem bestimmten Gewerbe, Berufszweig usw. erreicht ist, der dem Verhältnis der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge zur Gesamtzahl der Bevölkerung entspricht. Diese einschränkende Voraussetzung verhindert neben der Möglichkeit der individuellen Beendigung der Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen gemäß § 13, daß Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge über ein vertretbares Maß hinaus eine Sonderstellung gegenüber den einheimischen Mitbürgern erhalten. Im Titel Umsiedlung (§§ 26-34) sind die grundsätzlichen Vorschriften über eine Neuverteilung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge innerhalb des Bundesgebietes zusammengefaßt. Voraussetzung für eine wirksame Eingliederung ist insbesondere die Auflockerung von Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen in solchen Gebieten, in denen sie unmittelbar im Anschluß an die Vertreibung ohne Rücksicht auf die vorhandenen Möglichkeiten einer Eingliederung zusammengeballt waren. Von den rund 8,1 Millionen Vertriebenen, die im Geltungsbereich des Grundgesetzes leben, waren am 1. April 1952 noch 4,455 Millionen in den drei Ländern mit ungünstigen Ansatzbedingungen untergebracht, und zwar rund 766 600 in Schleswig-Holstein rund 1 783 100 in Niedersachsen und rund 1 905 700 in Bayern. Zum gleichen Zeitpunkt betrug der Anteil der Vertriebenen in Schleswig-Holstein noch 31 vom Hundert der Bevölkerung, in Niedersachsen noch rund 26,6 vom Hundert und in Bayern noch rund 20,8 vom Hundert. Der Bundesdurchschnitt liegt bei etwa 16,8 vom Hundert. Für die übrigen Lander ergeben sich nachstehende Zahlen: Vertriebene in v H der demgegen- über Vertriebene am 31.12. 1949 in am 1.4.1952 Gesamtbevölkerung v. H. Nordrhein-Westf. 1.555.100 11,4 1.188.000 9,1 Hamburg . . . . 140.400 8,5 92.000 5,9 Hessen 753.400 17,1 668.000 15,4 Bremen 58.600 10,0 38.000 6,9 Rheinland-Pfalz . 221.100 7,1 78.000 2,7 Baden-Württemberg 959.600 14,5 885.000 13,8 Sowjetzonenflüchtlinge und sonstige Zuwanderer sind in diesen Zahlen nicht enthalten. Die Zusammenballung der in das Gebiet der Bundesrepublik eingeströmten Vertriebenen in den Ländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern brachte für diese Länder ständig wachsende Gefahren in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht mit sich. Die Mehrzahl dieser Menschen mußte jede Hoffnung aufgeben, in ihrem Aufnahmeort wieder eine Existenz zu finden. In dieser Erkenntnis waren die Länder der Bundesrepublik im August 1949 übereingekommen (Wittdüner Beschlüsse), zu Gunsten der meistbelasteten Länder einen Spitzenausgleich der Vertriebenen vorzunehmen. Inhalt der Vereinbarung war, aus Schleswig-Holstein 300 000, aus Niedersachsen und Bayern je 150 000, insgesamt also 600 000 Vertriebene in die übrigen Länder umzusiedeln. In Verfolg dieser Vereinbarung erließ die Bundesregierung am 29. November 1949 die Verordnung über die Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Auf Grund dieser Verordnung wurden 300 000 Heimatvertriebene aus diesen Ländern in die übrigen Länder der Bundesrepublik umgesiedelt. Am 4. Mai 1950 beauftragte der Bundestag die Bundesregierung, die Voraussetzungen für die Umsiedlung weiterer 600 000 Heimatvertriebener zu schaffen. Mit dem Gesetz zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 22. Mai 1951 wurde ein zweites, ebenfalls 300 000 Vertriebene umfassendes Umsiedlungsprogramm in Angriff genommen. Schwierigkeiten in der Finanzierung des Umsiedlerwohnungsbaues hemmten zunächst die auf Grund dieses Gesetzes durchzuführende Umsiedlung. Erst am 26. September 1952 konnte die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, daß von den zur Umsiedlung vorgesehenen 300 000 Heimatvertriebenen die Aufnahmeländer bis Ende 1952 insgesamt 200 000 und die restlichen 100 000 innerhalb des ersten Halbjahres 1953 aufzunehmen haben. Danach sollen bis Ende 1952 rund 500 000, bis Ende Juni 1953 rund 600 000 Heimatvertriebene aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in die übrigen Länder des Bundesgebietes umgesiedelt sein. .Da aber die Umsiedlung zur Entlastung der Länder Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch eine längere Zeit in Anspruch nehmen wird und darüber hinaus auch nach Abschluß dieser Maßnahme der im Wege der Umsiedlung erstrebte Bevölkerungsausgleich noch nicht erreicht sein wird, ist es notwendig, die Grundsätze der Umsiedlung in diesem Gesetz festzulegen und lediglich den alljährlichen Umsiedlungsplan besonderen Verordnungen oder Gesetzen vorzubehalten. (Dr. Zawadil) Der Titel „Umsiedlung" (§§ 26-34) hat durch den Ausschuß im wesentlichen nur redaktionelle Änderungen erfahren. Lediglich in § 31 ist eine Erweiterung insofern vorgenommen worden, als dieser bestimmt, daß auch die Umsiedlung von anderen Kriegsfolgehilfeempfängern im nahmen der Umsiedlung für Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge erfolgen kann. Diese Bestimmung entspricht der bisherigen Umsiedlungspraxis, wonach auf Grund des § 9 Abs. 2 des Umsiedlungsgesetzes vom 22. Mai 1951 außer Vertriebenen auch ein bestimmter Prozentsatz - Evakuierte mit umgesiedelt werden. Von Bedeutung ist die Erweiterung des Kreises über die Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge hinaus, insbesondere auch für eine evtl. notwendig werdende Umsiedlung von sonstigen Zuwanderern aus dem sowjetischen Besatzungsgebiet, die andernfalls mangels Erfüllung der Anerkennungsvoraussetzungen der §§ 3 und 9 von der Beteiligung an der Umsiedlung ausgeschlossen bleiben müßten. Gegenstand besonderer Erörterungen im Unterausschuß sowohl wie im Gesamtausschuß und im Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung war der § 34 (Einzelweisungen). Der Bundesrat hatte im ersten Durchgang die Streichung dieser Vorschrift verlangt, ohne daß die Bundesregierung diesem Wunsch nachgekommen ist. Der federführende Ausschuß, aber auch der Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung waren mit großer Mehrheit der Auffassung, daß es notwendig sei, auf dem Gebiete der Umsiedlung der Bundesregierung nicht nur die Befugnis zu Einzelweisungen für besondere Fälle, sondern ein generelles Weisungsrecht einzuräumen. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine vorherige Änderung des Grundgesetzes, da die Anwendungsfälle der Auftragsverwaltung im Grundgesetz enumerativ aufgezählt sind. Die beteiligten Ausschüsse haben jedoch, um die Verabschiedung des Bundesvertriebenengesetzes nicht zu verzögern, den § 34 in seiner jetzigen Fassung, die der Regierungsvorlage entspricht, gebilligt. Die Einführung der Auftragsverwaltung soll einer Gesetzesinitiative außerhalb dieses Gesetzentwurfes vorbehalten bleiben. (Merten) Der Zweite Titel des Abschnitts III (§§ 35-67) behandelt die Eingliederung der aus der Landwirtschaft stammenden Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge in die Landwirtschaft und damit eines der wichtigsten Gebiete des Gesetzes. In einer besonderen Weise ist bei den vertriebenen Bauern eine berufliche Umschichtung erfolgt, die, wie in keinem anderen Berufsstand, zugleich eine soziale Deklassierung bedeutet. Nur in geringem Umfange ist es gelungen, den früher selbständigen Bauern wieder als solchen in die Landwirtschaft einzugliedern. Die ältere Generation ist zwar in der Landwirtschaft verblieben, jedoch in den meisten Fällen als Landarbeiter. Die jüngere Generation ist zum allergrößten Teil in Berufe der Industrie und des Handwerks abgewandert. Die Eingliederung der vertriebenen Landwirte hatte Schwierigkeiten zu überwinden, die bei anderen Berufsgruppen in dieser Form und in diesem Ausmaß nicht bestanden. Der Arbeitsplatz in der Landwirtschaft als selbständiger Bauer oder Pächter erfordert im Durchschnitt größere Geldmittel als der Arbeitsplatz in Handel und Industrie. Ferner ist der Arbeitsplatz in der Landwirtschaft an die Beschaffung geeigneten Landes und geeigneter Gebäude in einem Umfang, der den einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb lebensfähig macht, gebunden. Durch diese Schwierigkeiten bedingt ist die Eingliederung der heimatvertriebenen Landwirte gegenüber anderen Berufsgruppen sehr stark zurückgeblieben. Eine Beschleunigung trat erst ein, als das Gesetz zur Förderung der Eingliederung von Heimatvertriebenen in die Landwirtschaft vom 10. August 1949 (Flüchtlingssiedlungsgesetz) in Kraft getreten war. Das Tempo hat sich jedoch bereits 1952 wieder verlangsamt, weil die gesetzlichen Möglichkeiten für eine umfassende Eingliederung der Landwirte nicht ausreichen. Der Zweite Titel „Landwirtschaft" dieses Gesetzes schafft durch seine Bestimmungen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine umfassende und rasche Eingliederung der Heimatvertriebenen in die Landwirtschaft. Bis zum 31. Dezember 1952 sind auf Grund des Flüchtlingssiedlungsgesetzes (F1üSG) insgesamt 35 084 heimatvertriebene Landwirte seßhaft gemacht worden. Davon ist rund die Hälfte auf Nebenerwerbsstellen bis zu 2 ha angesetzt worden, deren Inhaber zum Teil als Landarbeiter tätig sind. Es sind in verhältnismäßig großem Umfange auch Vollexistenzen geschaffen worden. Die Zahl der auf größere als 10-ha-Betriebe angesetzten Vertriebenen betrug am 31. Dezember 1952 8486, während auf Stellen über 2 bis 10 ha 9629 Vertriebene angesetzt worden sind. Von den zu diesem Zeitpunkt insgesamt Eingegliederten sind im Wege der Pachtung 12 065, im Wege des Eigentumserwerbs 8442 und im Wege der Neusiedlungsverfahren 14 577 Betriebe in die Hand von Vertriebenen übergegangen. Für diesen Zweck sind aus öffentlichen Mitteln folgende Beträge bis zum 31. Dezember 1952 aufgewendet worden: 1. Aus Landesmitteln . 221 556 223,— DM 2. Aus dem Haushalt des Bundes 16 272 208,— DM 3. Aus Mitteln der Soforthilfe 246 245 859,— DM 4. Aus ERP-Mitteln 37 648 178,— DM 5. Arbeitsbeschaffungsprogramm 1950/51 42 652 924,— DM Das sind insgesamt 564 375 392,— Deutsche Mark, die für die Eingliederung der Vertriebenen in die Landwirtschaft bis zum 31. Dezember 1952 ausgezahlt worden sind. . Es sind aber auch vor dem Inkrafttreten des F1üSG Vertriebene in der westdeutschen Landwirtschaft tätig gewesen. Nach der landwirtschaftlichen Betriebszählung vom 22. Mai 1949 waren es 10 375 Vertriebene, die als selbständige Landwirte in Westdeutschland gemeldet wurden. Da es zweifelhaft ist, ob nicht ein Teil der zuletzt genannten Vertriebenen nachträglich noch nach dem FlüSG gefördert worden ist (Befreiung von der Soforthilfeabgabe, Steuererleichterung) und diese dann auch als von dem FlüSG gefördert gemeldet wurden, ist es nicht möglich, die beiden Zahlen ohne weiteres zusammenzustellen. Wohl den konkretesten Anhaltspunkt für das geringe Ausmaß dessen, was bisher erreicht werden konnte, ergibt eine Untersuchung, die das Soziographische Institut in Frankfurt/Main durchgeführt hat, wonach 1,15 bis 1,20 % sämtlicher westdeutscher landwirtschaftlicher Betriebe in die Hand von Vertriebenen gelangt sind. Die Zahl der Anwärter für die Eingliederung in die Landwirtschaft ist noch sehr groß. Schätzungen (Merten) des Statistischen Bundesamtes nach der Berufszählung vom 17. Mai 1949 ergeben, daß rund 294 000 ehemalige selbständige Landwirte mit ihren Familien nach Westdeutschland gekommen sind und weiterhin 445 000 Vertriebene als Beamte, Angestellte und Arbeiter ehemals in der Landwirtschaft tätig waren. Rechnet man die mithelfenden Familienangehörigen hinzu, so käme man damit zu der Schätzung, daß es damals rund 1,39 Millionen aus der Landwirtschaft stimmende Vertriebene sein mußten, die innerhalb des Bundesgebietes eine neue Existenz suchten. Angesichts der Aussichtslosigkeit auf eine schnelle Eingliederung in die Landwirtschaft haben sich damals viele überhaupt nicht um die Erlangung einer Siedlerstelle oder um eine andere Eingliederungsmöglichkeit bemüht, sondern sind bei sich bietender Gelegenheit in die Industrie abgewandert. Die Zahl der gegenwärtig noch eingliederungsbedürftigen und siedlungswilligen Landwirte ist sehr schwer zu schätzen, zumal die, Registrierung als Siedleranwärter in vielen Fällen heute nicht mehr die Bereitwilligkeit bedeutet, in der Landwirtschaft eine Existenz zu finden, wie es noch vor der Währungsreform in den weitaus meisten Fällen der Fall war. Die Zahl der heimatvertriebenen Landwirte wird z. B. in der Zeitschrift „Selbstverwaltung" auf 350 000 und die Zahl der hiervon heute noch siedlungswilligen Landbewerber auf 120 000 geschätzt. Man darf jedoch nicht übersehen, daß durch die gegen die selbständigen Bauern gerichteten Maßnahmen der Sowjetzonen-Machthaber in immer stärkerem Maße in nächster Zeit mit dem Zustrom derjenigen zu rechnen ist, die unter Gefahr für Leib und Leben oder die persönliche Freiheit ihren Bauernhof aufgeben müssen. Bisher war die Flüchtlingssiedlung gesetzlich in erster Linie im Flüchtlingssiedlungsgesetz und in § 6 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Soforthilfegesetz (2. StDVO/SHG) geregelt. Dazu waren verschiedene Erlasse des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und des Bundesministers der Finanzen ergangen. Außerdem galten und gelten noch für die Flüchtlingssiedlung das Reichssiedlungsgesetz und für die Landbeschaffung die Bodenreformgesetze der Länder, wenn auch diese Bodenreformgesetze nicht etwa nur für Vertriebene Bedeutung haben. Das Flüchtlingssiedlungsgesetz, das in der Regierungsvorlage des Entwurfs nur geändert und in der sich hieraus ergebenden neuen Fassung nach Verabschiedung des Bundesvertriebenengesetzes vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BELF) bekanntgegeben werden sollte, ist nunmehr aus technischen Gründen in den Entwurf als besonderer Titel „Landwirtschaft" übernommen worden, so daß künftig dieser Titel an die Stelle des damit zur Aufhebung kommenden FlüSG tritt. Die Zuständigkeit des BELF für die Eingliederung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge in die Landwirtschaft bleibt auch nach der Aufhebung des FlüSG durch dieses Gesetz bestehen. In Erweiterung der Regierungsvorlage sind in den Entwurf auch Vorschriften über die gesamte Finanzierung der Flüchtlingssiedlung, insbesondere über die zahlenmäßig festgelegten Verpflichtungen des Bundeshaushalts und des Lastenausgleichsfonds aufgenommen worden. Ferner ist der Entwurf gegenüber der Regierungsvorlage durch Einarbeitung der Einzelheiten über den Umfang der bei Veräußerung oder langfristiger Verpachtung an Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge in Betracht kommenden Vergünstigungen an Lastenausgleichsabgaben und durch Neuaufnahme von Vorschriften über die Inanspruchnahme von Gebäuden und Land zugunsten von Vertriebenen und Sowjet-z onenflüchtlingen ergänzt worden. Der begünstigte Personenkreis war bereits durch die Regierungsvorlage gegenüber dem FlüSG durch Einbeziehung der Sowjetzonenflüchtlinge erweitert worden. Im übrigen war aber in der Regierungsvorlage an dem Grundsatz des § 1 Abs. 1 FlüSG, demzufolge die aus der Landwirtschaft stammenden Vertriebenen (und jetzt Sowjetzonenflüchtlinge) in die Landwirtschaft einzugliedern sind, nichts Wesentliches geändert worden. Gegenüber der Regierungsvorlage bringt § 85 insofern eine Erweiterung, als nunmehr auch Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge zu berücksichtigen sind, wenn sie nach der Vertreibung überwiegend in der Landwirtschaft tätig waren. Der Auffassung des Ernährungsausschusses, daß grundsätzlich nur die Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge zu berücksichtigen sind, die vor der Vertreibung in der Landwirtschaft tätig waren, und daß, wenn sie dieser Voraussetzung nicht entsprechen, sie nur dann berücksichtigt werden können, wenn sie nach der Vertreibung in der Landwirtschaft überwiegend tätig waren, ist der federführende Ausschuß nicht beigetreten, da er hierin eine nicht vertretbare Ausschließung der vor der Vertreibung geborenen, aus der Landwirtschaft stammenden, aber jetzt erst zur selbständigen Tätigkeit herangewachsenen Vertriebenen erblickt. Die Regelung der bisher in verschiedenen Erlassen und Richtlinien der Bundesregierung aufgeführten Voraussetzungen für die Eingliederung der vertriebenen Landwirte ist nunmehr in Ergänzung der Regierungsvorlage in den Entwurf selbst übernommen worden. § 36 sieht vor, daß der Vertriebene geeignet sein muß, die für ihn vorgesehene landwirtschaftliche Stelle ordnungsmäßig zu bewirtschaften. Er darf weder mit dem Veräußerer oder Verpächter des für ihn vorgesehenen Betriebes, Betriebsteils oder Grundstücks in gerader Linie verwandt noch sein gesetzlicher Erbe sein. Ferner ist für die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes Voraussetzung, daß für den Vertriebenen eine gesicherte Existenz geschaffen oder eine gefährdete Lebensgrundlage gesichert wird. Das gilt auch dann als erfüllt, wenn für den Vertriebenen eine landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle geschaffen wird. Nach der bisherigen im Rahmen des FlüSG getroffenen Regelung war die Wertgrenze bei Veräußerung auf 80 000 Deutsche Mark Einheitswert und bei Verpachtung die gleiche Wertgrenze, jedoch mit der Maßgabe festgesetzt, daß auch die Verpachtung von Betrieben, die diese Wertgrenze übersteigen, begünstigt werden konnte, jedoch beschränkt auf die auf diesen Wert entfallenden Vergünstigungen. Während der federführende Ausschuß für die Veräußerung und Verpachtung eine einheitliche Wertgrenze von 80 000 Deutsche Mark vorgeschlagen hatte, hält der Ernährungsausschuß nur eine Wertgrenze von 60 000 Deutsche Mark für tragbar. Der Entwurf folgt dem Kompromißvorschlag des Lastenausgleichsausschusses, der grundsätzlich eine Wertgrenze von 60 000 Deutsche Mark vorsieht, aber in Ausnahmefällen eine Erhöhung auf 80 000 Deutsche Mark zuläßt. (Merten) Die Vorschrift des § 37, der die Mitwirkung der Siedlungsbehörde ausdrücklich regelt, war im Grundsatz bereits im FlüSG enthalten. Diese für die Eingliederung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge erforderliche Voraussetzung wird in dem Entwurf einer eingehenden gesetzlichen Regelung unterzogen. Im wesentlichen bestand zu § 37 in den Ausschüssen Übereinstimmung. Der Ernährungsausschuß hat lediglich beantragt, daß in Absatz 3 eine Änderung des Wortes „kann" in das Wort „hat" vorgenommen werden sollte, so daß die Siedlungsbehörde unter den in Absatz 3 genannten Voraussetzungen die Mitwirkung nicht versagen kann, sondern zu versagen hat. Da jedoch diese Änderung im Hinblick auf die ohnehin dem Ermessen der Siedlungsbehörde überlassene Prüfung der Voraussetzungen für die Versagung der Mitwirkung unwesentlich erscheint, hält der Entwurf an der ursprünglichen Fassung fest. Die Beteiligung an der Neusiedlung ist für die Eingliederung von besonderer Bedeutung und im Grundsatz in § 38 geregelt. Gegen eine uneingeschränkte Bevorzugung der Vertriebenen bei der Vergabe von Neusiedlerstellen hat der Ernährungsausschuß Bedenken erhoben, weil hierdurch die in anderen Gesetzen vorgesehene Beteiligung von Anliegern und Landarbeitern zu Schwierigkeiten führen kann. Da nicht beabsichtigt ist, andere gesetzliche Regelungen auf diesem Gebiet zu ändern, wurde die Bestimmung getroffen, daß die Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge bei der Vergabe von Neusiedlerstellen in einem Umfange zu berücksichtigen sind, der der besonderen Notlage dieses Personenkreises entspricht. Die weiter vom Ernährungsausschuß gewünschte Einschränkung, daß die Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge mit den einheimischen Siedlungsbewerbern gleichberechtigt zu berücksichtigen seien und daß das neu anfallende Siedlungsland im Bundesgebiet ländermäßig nach Fläche und Güte den Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen zur Hälfte zuzuteilen sei, hält der federführende Ausschuß für nicht tragbar, weil eine solche Regelung nicht nur zu praktisch kaum überwindbaren Schwierigkeiten bei der Durchführung der Siedlung führen würde, sondern auch dem Sinn und Zweck des Bundesvertriebenengesetzes nicht gerecht würde. § 39 entspricht im wesentlichen der bereits im F1üSG über die Begriffsbestimmung der auslaufenden und wüsten Höfe getroffenen Regelung. Die §§ 40, 43, 46 Abs. 1 Nr. 2, 50 Abs. 3 bezwecken die Ansetzung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge auf Moor-, Ödland- und Rodungsflächen und diesen gleichgestellten Flächen. Die in § 40 Abs. 2 Nr. 1 gewählte Fassung entspricht im wesentlichen dem Vorschlag des Ernährungsausschusses, demzufolge für die Anwendung des § 3 des Reichssiedlungsgesetzes dem Moor- und Ödland gleichgestellt werden sollten: „solche landwirtschaftlich nutzbaren Ländereien, die nicht planmäßig bewirtschaftet werden." Der weitere Zusatz „die im wesentlichen sich selbst überlassen sind und deren Ertrag gegenüber dem derzeitigen, Stand erheblich gesteigert werden kann" stellt nur eine Erläuterung des vom Ernährungsausschuß gebilligten Grundsatzes dar. Die weiteren, die Finanzierung der Moor- und Ödlandkultivierung betreffenden §§ 43, 46 Abs. 1 Nr. 2, 50 Abs. 3 entsprechen im wesentlichen der Regierungsvorlage (§ 48 Nr. 7). Die §§ 41 und 42, in denen die Finanzierung der Eingliederung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge in die Landwirtschaft im Einzelfall, d. h. die Bemessung der aus Bundeshaushaltsmitteln im Einzelfall zu gewährenden Darlehen oder Beihilfen, behandelt wird, entsprechen im wesentlichen den bisherigen Vorschriften des FlüSG und der Regierungsvorlage (§ 48 Nr. 4 und 8), jedoch sind die Richtsätze für die Höhe dieser Darlehen oder Beihilfen mit Rücksicht auf die gestiegenen Besiedlungskosten usw. erhöht worden. Als Arten der Eingliederung werden wie nach dem FlüSG und nach der Regierungsvorlage neben der sogenannten klassischen Siedlung (Errichtung von Siedlerstellen) nur die Veräußerung und die auf mindestens zwölf Jahre vorgenommene Verpachtung an Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge gefördert (§ 42). In den §§ 44 und 45 werden in Ergänzung der Regierungsvorlage diejenigen Tatbestände (Einheirat, Erwerb von Todes wegen, sonstige zweckdienliche Nutzungsverhältnisse und Verlängerung von Pachtverträgen) behandelt, die, zumal sie bereits — wie z. B. das Erbbaurecht — im FlüSG selbst oder doch in den Durchführungsbestimmungen hierzu der Veräußerung oder langfristigen Verpachtung gleichgestellt waren, nunmehr auch im Gesetz selbst als begünstigt verankert werden sollen. Gegen die Beibehaltung der bisher vorgenommenen Begünstigung der Ehefrau bei Einheirat des heimatvertriebenen Ehemannes in den der einheimischen Ehefrau gehörigen Betrieb wurden vom Ernährungsausschuß Bedenken erhoben und nur die Gewährung von Darlehen an den heimatvertriebenen Ehemann, soweit dies dringend erforderlich ist, als tragbar angesehen. Während die Beschränkung der Kreditgewährung in diesen Fällen auch von dem federführenden Ausschuß für notwendig angesehen wurde, zumal diese Beschränkung bereits der tatsächlichen, in einem Erlaß des BELF getroffenen Regelung entspricht, hielt der federführende Ausschuß jedoch die Versagung der Vergünstigungen hinsichtlich der Vermögensabgabe usw. im Falle der Einheirat nicht für zweckmäßig und gerechtfertigt. Nach seiner Ansicht würde eine solche Regelung dazu führen, daß das Gesetz umgangen und daß vor allem in den Fällen, in denen der Vertriebene sonst die Ehe mit der einheimischen Eigentümerin schließen würde, er nunmehr als Pächter oder Miteigentümer an dem Betrieb beteiligt wird, ohne daß eine Familie gegründet wird. Die Verpflichtung des Bundes zur Finanzierung der Flüchtlingssiedlung war bereits in § 11 des FlüSG enthalten. Dementsprechend wird die gleiche Verpflichtung in § 46 des Entwurfs übernommen. In Ergänzung des § 11 FlüSG wird lediglich, um die für die Durchführung der Flüchtlingssiedlung notwendige Planung zu ermöglichen, der Betrag, der zahlenmäßig in den Jahren 1953 bis 1957 jährlich bereitzustellen ist, besonders festgelegt. Dabei ist auf Anregung des Haushaltsausschusses die selbstverständliche Einschränkung in den Entwurf aufgenommen worden, daß die Bereitstellung der Mittel von der haushaltsmäßigen Deckung abhängig ist. Außerdem werden nach § 46 Abs. 2 zur verstärkten Förderung der Flüchtlingssiedlung aus dem Lastenausgleichsfonds für die Jahre 1953 bis 1957, unbeschadet der nach dem LAG zu gewährenden Eingliederungsdarlehen, den Ländern jährlich 100 Millionen Deutsche Mark aus den im Wege der Vorfinanzierung bereitgestellten Mitteln darlehensweise zur Verfügung gestellt. Der Anregung des (Merten) Lastenausgleichsausschusses, diese Verpflichtung des Ausgleichsfonds, die bereits durch die Beschränkung auf die Mittel der Vorfinanzierung bedingt ist, noch weiter dadurch einzuschränken, daß nur „bis zu 100 Millionen" bereitgestellt werden sollen, hat der federführende Ausschuß nicht beitreten können, weil dann die für eine auf lange Sicht durchzuführende Planung der Länder erforderliche Sicherung der Finanzierung nicht gegeben wäre. Die weiteren Vorschriften des § 46 (Absatz 3 ff.) haben, zumal sie im wesentlichen der bisherigen in- und außerhalb des FlüSG getroffenen Regelung entsprechen, die Zustimmung der beteiligten Ausschüsse gefunden. Die Vergünstigungen für den Landabgeber auf dem Gebiete des Steuer- und Abgabenrechts werden in den §§ 47 ff. aufgeführt. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um die gleichen Vergünstigungen, die bereits nach dem FlüSG und hinsichtlich der Soforthilfeabgabe nach § 6 der 2. StDVO/ SHG dem Veräußerer oder Verpächter zugestanden worden sind. § 47 Abs. 2 entspricht der bisherigen bei der Durchführung des FlüSG und des § 6 der 2. StDVO/SHG getroffenen Regelung. § 47 Abs. 3 ist aus § 7 des FlüSG übernommen, jedoch mit der Maßgabe, daß jetzt der Anteil, zu dem die Flüchtlinge auf dem an das gemeinnützige Siedlungsunternehmen veräußerten Grundstück angesetzt werden müssen, zahlenmäßig angegeben wird und eine entsprechende Bescheinigung der Siedlungsbehörde gefordert wird. In § 47 Abs. 4 wird der bisher schon in § 1 Abs. 1 FlüSG verankerte Grundsatz bestätigt, daß nur bei freiwilliger Veräußerung die Vergünstigungen dem Landgeber gewährt werden können. Gleichzeitig wird damit klargestellt, daß, wie bisher, die Verpachtung von Bodenreformland begünstigt werden kann. § 47 Abs. 5 entspricht dem § 48 Nr. 11 der Regierungsvorlage, jedoch mit der Maßgabe, daß statt des 31. Dezember 1956 der 31. Dezember 1957 gesetzt worden ist. Die §§ 48 (Einkommensteuer) und 49 (Erbschaftsteuer) stimmen inhaltlich mit den gleichen bisher im FlüSG enthaltenen Vorschriften überein. Die §§ 50-55, welche die Befreiung des Veräußerers von der Vermögensabgabe und von der Hypothekengewinnabgabe und die Befreiung des Verpächters von der Vermögensabgabe behandeln, haben die Zustimmung aller beteiligten Ausschüsse gefunden. Desgleichen sind gegen § 56, der die Aufhebung von Mietverhältnissen bei Veräußerung von land-und forstwirtschaftlichen Betrieben an Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge vorsieht, keine Bedenken erhoben worden. § 57, der die Aufhebung von Pacht- und sonstigen Nutzungsverhältnissen bei freiwilliger Landabgabe behandelt, entspricht in seinen Grundsätzen dem § 5 Abs. 2 des FlüSG. Jedoch sah § 5 Abs. 2 nur die Möglichkeit vor, die Pachtverträge über die von dem Eigentümer (Verpächter) zur Ausstattung eines wüsten Hofes zur Verfügung gestellten Grundstücke aufzuheben. Diese Möglichkeit der Aufhebung von Pachtverträgen wird nunmehr auf sämtliche von dem Eigentümer (Verpächter) zur Verfügung gestellten verpachteten Grundstücke ausgedehnt, jedoch mit der Einschränkung, daß nur die zur Schaffung einer selbständigen Ackernahrung oder zur Ausstattung eines bereits bestehenden Betriebes bis zur Größe einer selbständigen Ackernahrung von dem Eigentümer (Verpächter) zur Verfügung gestellten Grundstücke in § 57 einbezogen sind. Gegen diese Erweiterung des § 5 FlüSG sind von dem Ernährungsausschuß dahin Bedenken geäußert worden, daß hiermit eine untragbare Unsicherheit in das Pachtwesen und das Pachtrecht getragen werden würde. Diesen Bedenken hat sich der federführende Ausschuß nicht angeschlossen, weil sich bei der bisherigen Beschränkung des § 5 Abs. 2 auf wüste Höfe, insbesondere mit Rücksicht auf die von der Rechtsprechung vorgenommene enge Auslegung des Begriffs des wüsten Hofes, kaum praktische Anwendungsmöglichkeiten für § 5 Abs. 2 F1üSG ergeben haben. Im übrigen ist der federführende Ausschuß der Ansicht, daß durch die Einschränkung der Zulässigkeit der Aufhebung von Pachtverträgen im letzten Satz des § 57 und die Einschaltung der Landwirtschaftsgerichte (§ 58) nur die für den bisherigen Pächter wirklich tragbaren Fälle erfaßt werden. In der Frage des Verfahrens ist der federführende Ausschuß der Anregung des Ernährungsausschusses gefolgt und hat der Einschaltung der Landwirtschaftsgerichte anstelle der ursprünglich vorgesehenen Verwaltungsgerichte zugestimmt. Die Entschädigung des bisherigen Nutzungsberechtigten ist in Übereinstimmung der beteiligten Ausschüsse in § 60, gleichzeitig auch für die Inanspruchnahme von Gebäuden und Land nach § 61, entsprechend dem Artikel 14 des Grundgesetzes geregelt worden. Zu § 61, der die Inanspruchnahme von Gebäuden und Land für Zwecke der Flüchtlingssiedlung regelt, konnte keine Übereinstimmung zwischen dem federführenden Ausschuß und dem Ernährungsausschuß erzielt werden. Während der Ernährungsausschuß nur § 61 Abs. 1 und 3 für tragbar ansah, hält der federführende Ausschuß die in § 61 Abs. 2 vorgesehene Regelung der Inanspruchnahme von Land, allerdings mit der dort vorgesehenen Beschränkung auf die Ausstattung von wüsten Höfen, sonstigen Hofstellen und Kleinbetrieben, für tragbar, aber auch für erforderlich, um die Flüchtlingssiedlung in dem notwendigen Umfang durchzuführen. Die in § 62 geregelten Verfahrensgrundsätze haben zu Meinungsverschiedenheiten keinen Anlaß gegeben. Dasselbe gilt für § 63 und § 64 des Entwurfes. Bereits in § 47 der Regierungsvorlage war zur Erleichterung der Ansetzung von Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen auf zur Besiedlung geeignetem Moor- und Ödland die Aufhebung von § 3 Abs. 1 Satz 2 des Reichssiedlungsgesetzes und damit die Aufhebung der sogenannten Kultivierungseinrede ersatzlos vorgesehen. Den hiergegen vom Ernährungsausschuß geäußerten Bedenken hat sich der federführende Ausschuß insoweit angeschlossen, als er gewissermaßen als Ersatz für die Aufhebung der Kultivierungseinrede demjenigen, der Moor- und Ödland usw. abgibt, einen Anspruch auf Rückübertragung des inzwischen kultivierten Landes insoweit zuerkennt, als dieses Land erforderlich ist, um seinen eigenen Betrieb bis zur Größe einer selbständigen Ackernahrung zu erweitern. Der Ernährungsausschuß hatte darüber hinaus beantragt, dem bisherigen Eigentümer der kultivierten Flächen für die Errichtung einer Siedlerstelle vom Hofe aus für einen nachgeborenen Sohn die erforderliche Landfläche zum Rückkauf zur Verfügung zu stellen. Der federführende Ausschuß glaubte, diese Bestimmung nicht aufnehmen zu (Merten) können, weil zu berücksichtigen ist, daß im Falle der Kultivierung kleiner Flächen aus den Mitteln dieses Gesetzes nach Befriedigung des Bedarfs der Anlieger und der nachgeborenen Bauernsöhne kaum noch Land für die Vertriebenen selbst zur Verfügung gestanden hätte, deren Eingliederung durch dieses Gesetz gefördert werden soll. (Dr Mücke) Die folgenden Vorschriften des Abschnittes III wurden neu gruppiert: Der Dritte Titel enthält in den §§ 68-70 Vorschriften über die Zulassung zur Berufs- und Gewerbeausübung, im Vierten Titel Vorschriften zur Förderung selbständig Erwerbstätiger, im Fünften Titel Vorschriften über die Förderung unselbständig Erwerbstätiger, während im Sechsten Titel unter „Sonstige Vorschriften" die Wohnraumversorgung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge und die „Nichtanwendung beschränkender Vorschriften" geregelt ist. In § 68 hat der Ausschuß der Regierungsvorlage einen neuen Absatz 3 hinzugefügt. Durch diese Vorschrift sollen die Interessen derjenigen vertriebenen Altunternehmer gewahrt werden, die ein Gewerbe betreiben wollen, für das Höchstzahlen festgesetzt sind. Im Güter- und Möbelfernverkehr sind z.B. zur Zeit Höchstzahlen festgelegt, die weit unter den bisher erteilten Zulassungen liegen. Es würde infolgedessen Jahre dauern, bis durch einen natürlichen Wegfall von Zulassungen in diesem Gewerbe der Zeitpunkt erreicht ist, von dem ab Neuzulassungen möglich sind. Absatz 3 soll vertriebene Altunternehmer vor den Folgen einer solchen sich praktisch als zeitweiliges Berufsverbot auswirkenden Vorschrift schützen. § 69 regelt die Zulassung zur Kassenpraxis. Gegen die Fassung der Regierungsvorlage hatten die Arbeitsgemeinschaft der Westdeutschen Ärztekammern und der Ausschuß für Sozialpolitik insoweit Bedenken erhoben, als nicht nur vertriebene Altkassenärzte, Zahnärzte Und Dentisten, sondern auch die aus dem sowjetischen Besatzungsgebiet geflüchteten Altkassenärzte automatisch im Bundesgebiet zugelassen werden sollten. Diese Auffassung wurde insbesondere damit begründet, daß eine so weit gehende Regelung eine unerwünschte Anziehungskraft auf Ärzte, Zahnärzte und Dentisten im sowjetischen Besatzungsgebiet ausübe, zumal für Sowjetzonenflüchtlinge auch kein allgemeiner Stichtag im Gesetz vorgesehen sei. Der Ausschuß für Sozialpolitik hat daher vorgeschlagen, Ärzte, Zahnärzte und Dentisten aus dem sowjetischen Besatzungsgebiet, auch soweit es sich um Altkassenärzte handelt, so zu behandeln wie die vertriebenen Ärzte, Zahnärzte und Dentisten, die nicht bis zum 4. September 1939 zur Kassenpraxis zugelassen waren. Für letztere sieht § 69 Abs. 5 nur eine bevorzugte, nicht aber eine automatische Zulassung vor. Der Ausschuß für Heimatvertriebene hat sich den Bedenken des Ausschusses für Sozialpolitik insoweit angeschlossen, als sich diese gegen eine mögliche Sogwirkung für die Zukunft richten. Eine verstärkte Abwanderung von Ärzten aus dem sowjetischen Besatzungsgebiet kann weder im Interesse der deutschen Bevölkerung in diesen Gebieten noch im Interesse der abwandernden Ärzte sowie ihrer Kollegen im Bundesgebiet liegen. Andererseits hielt es der federführende Ausschuß aber nicht für vertretbar, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Vertriebenen und der Sowjetzonenflüchtlinge im Hinblick auf die Zulassung zur Kassenpraxis zu durchbrechen. Er schlägt daher unter Abänderung der Regierungsvorlage vor, die automatische Zulassung von Altkassenärzten, Zahnärzten und Dentisten, gleich ob es sich um Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtlinge handelt, nur auf diejenigen zu beschränken, die bis zu dem allgemeinen Stichtag (31. Dezember 1952) ihren ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet genommen haben. Altkassenärzte, Zahnärzte und Dentisten, die nach diesem Stichtag als Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtlinge im Bundesgebiet ihren ständigen Aufenthalt nehmen, werden damit nicht mehr in den Genuß der automatischen, sondern nur einer bevorzugten Zulassung zur Kassenpraxis gemäß Absatz 5 gelangen. Zu beachten ist, daß die in § 10 Abs. 2 vorgeschlagenen Ausnahmen vom Stichtag in diesem Falle für vertriebene Ärzte, Zahnärzte und Dentisten nicht zur Anwendung gelangen können, da der Spezialstichtag des § 69 dem des § 10 vorgeht. Der Ausschuß hielt ferner eine ausdrückliche Klarstellung für erforderlich, daß die Tätigkeitsbereiche ohne Rücksicht auf die Zahl der bereits zugelassenen Arzte, Zahnärzte und Dentisten und ohne Anrechnung auf die Verhältniszahl zuzuweisen sind, damit die wenigen noch nicht wieder zur Kassenpraxis zugelassenen Altkassenärzte zu einer angemessenen Existenz gelangen. Um jedoch eine gleichmäßige ärztliche Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, hält es der Ausschuß nicht für möglich, die Zulassung an dem jeweiligen Wohnort des vertriebenen Arztes zwingend vorzuschreiben. Vielmehr soll die Zuweisung des Tätigkeitsbereichs der verantwortlichen Entscheidung der Zulassungsausschüsse vorbehalten bleiben. Gegen die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse sollen die im Zulassungsverfahren vorgesehenen Rechtsmittel möglich sein, ohne daß durch diesen gesetzlichen Hinweis etwa die Anrufung der Verwaltungsgerichte ausgeschlossen werden kann oder soll. Der Ausschuß hält auch an dem im ersten Durchgang des Bundesrates umstrittenen Absatz 5 des § 69 fest, daß vertriebene Ärzte, die bis zum 4. September 1939 zur Kassenpraxis noch nicht zugelassen waren, so lange bevorzugt zur Kassenpraxis zugelassen werden müssen, bis die Parität mit den einheimischen Ärzten hergestellt ist. Um aber Härten gegenüber einheimischen Ärzten zu vermeiden, hat der Ausschuß nach Anhören der Ärzteschaft die Einschränkung „bei sonst gleichen Bedingungen" eingefügt. Durch diese Einschränkung sollen insbesondere das Approbationsdatum, eine Tätigkeit als Hilfskassenarzt und das Lebensalter bei der Auswahl der Bewerber Berücksichtigung finden. Die Bedeutung des § 71 (Kredite, Zinsverbilligungen, Bürgschaften und Teilhaberschaften) besteht darin, daß für das gesamte Bundesgebiet gewisse einheitliche Grundsätze für die Gewährung von Krediten, Zinsverbilligungen, Bürgschaften und Teilhaberschaften an Vertriebene und Flüchtlinge aufgestellt werden. Eingefügt wurde in Absatz 3 der zweite Satz, wonach bei der Ermittlung des Anteilverhältnisses eine Beteiligung der öffentlichen Hand, die der Konsolidierung eines Unternehmens dient, grundsätzlich außer Ansatz bleibt. Diese Vorschrift ist für die Praxis in Bayern, Hessen und Niedersachsen von Bedeutung, wo die öffentliche Hand durch besondere Institutionen in die Kreditgewährung und auch in die Sanierung (Dr. Mücke) solcher Betriebe im Wege einer vorübergehenden Beteiligung eingeschaltet ist. Der § 72 (Steuerliche Vergünstigungen und Beihilfen) gehört zu den materiell bedeutsamsten Bestimmungen dieses Abschnittes. Der Regierungsentwurf enthielt in seinem § 62 eine Vorschrift, deren Durchführung in der Praxis Schwierigkeiten begegnet wäre und die auch nicht ausgereicht hätte, um die Begründung und Festigung selbständiger Erwerbstätigkeit der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge in dem notwendigen Ausmaß zu fördern. Im Verlauf der Erörterung dieser Vorschrift wurde der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als beteiligt erklärt. Dieser ist dann nach mehreren Sitzungen zu dem Ergebnis gelangt, daß die vorgesehenen Hilfen eine Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes erforderlich machten. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache Nr. 3806) ist inzwischen als interfraktioneller Antrag eingebracht und in erster Lesung beraten worden und soll zusammen mit dem Bundesvertriebenengesetz in zweiter und dritter Lesung beraten und verabschiedet werden. Die Herausnahme der steuerlichen Vergünstigungen aus dem Bundesvertriebenengesetz war deswegen erforderlich, weil außer den Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen auch die rassisch, religiös, politisch und weltanschaulich Verfolgten, die ihre frühere Erwerbsgrundlage verloren haben, die gleichen Vergünstigungen erhalten sollen. § 72 erhält daher in Absatz 1 lediglich eine Verweisung auf das gleichzeitig zu erlassende Änderungs- und Ergänzungsgesetz zum Einkommensteuergesetz. Mit Rücksicht darauf, daß nur aus formellen Gründen die steuerlichen Vergünstigungen nicht im Entwurf des Bundesvertriebenengesetzes geregelt werden, in § 72 aber ausdrücklich hierauf Bezug genommen wird, muß auf den Inhalt des Einkommensteueränderungs- und Ergänzungsgesetzes an dieser Stelle kurz eingegangen werden. Der Entwurf sieht vor die Verlängerung des bis zum 31. Dezember 1952 befristeten § 7 a des Einkommensteuergesetzes (Bewertungsfreiheit für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens) sowie die Wiedereinführung der mit dem Einkommensteueränderungsgesetz 1951 in Wegfall gekommenen §§ 7 e (Bewertungsfreiheit für Fabrikgebäude, Lagerhäuser und landwirtschaftliche Betriebsgebäude) und 10 a (Begünstigung des nichtentnommenen Gewinns). Die materiellen Bestimmungen der §§ 7 a und 7 e bleiben unverändert, wogegen nach der Neufassung des § 10 a an Stelle der früheren Begrenzung der Steuervergünstigung auf 50 v. H. der nichtentnommenen Gewinne, höchstens 15 v. H. der Summe der Gewinne, nunmehr ebenfalls 50 v. H. der Summe der Gewinne, höchstens aber ein fester Betrag von 20 000 DM auf Antrag als Abzug von Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte zugelassen wird. Diese Änderung bezweckt in erster Linie eine Begünstigung der kleineren Unternehmer, die ihre privaten Entnahmen in bescheidenen Grenzen halten. Die Verlängerung des § 7 a soll erstmalig für den Veranlagungszeitraum 1953, die Wiedereinführung der §§ 7 e und 10 a erstmalig für den Veranlagungszeitraum 1952 gelten. Das Gesetz ist bis einschließlich 1956 befristet. Maßgebend für die Wiedereinführung dieser steuerlichen Vergünstigung für Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge waren folgende Überlegungen: Die Vertriebenen und Flüchtlinge können gewerbliche Betriebe in der Regel nur mit Hilfe von Krediten neu aufbauen, da ihnen eigene Mittel entweder überhaupt nicht oder nur in geringem Ausmaß zur Verfügung stehen: Ihre Existenz kann aber nur durch ein ausreichendes Eigenkapital gesichert werden, um unvermeidliche vorübergehende Rückschläge zu überwinden. Die Kapitalbildung wird jedoch auch bei solchen Betrieben, die angemessene Erträge abwerfen, durch die hohen Sätze des Einkommen- und Körperschaftsteuertarifs nicht nur ungemein verzögert, sondern oftmals geradezu unmöglich gemacht. Diese Unternehmer sind selbst bei bescheidenen Entnahmen häufig außerstande, neben der Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen ihre Kredite vereinbarungsgemäß zu tilgen, besonders, wenn sie kurzfristig sind. Durch eine Verlängerung der Tilgungsdauer werden nur augenblickliche Liquiditätsschwierigkeiten überbrückt, die Kapitalbildung jedoch trotzdem verzögert und die Zinslasten, die gerade bei kurzfristigen Krediten äußerst drückend sind, beträchtlich erhöht. Die Aussichten für eine Umschuldung kurzfristiger und hochverzinslicher Kredite in langfristige mit einem tragbaren Zinssatz sind angesichts der Lage des Kapitalmarktes sehr begrenzt. Auch das Lastenausgleichsgesetz wird nur wenigen Unternehmen unter den Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen eine fühlbare Erleichterung bringen, weil die für Eingliederungsdarlehen in den nächsten Jahren verfügbaren Mittel knapp bemessen sind. Die Hauptentschädigung wird voraussichtlich erst zu einem verhältnismäßig späten Zeitpunkt geleistet werden. Von den in dem Entwurf des Einkommensteueränderungsgesetzes (Drucksache Nr. 3806) angeführten Bestimmungen wurde mit dem Einkommensteueränderungsgesetz 1951 § 7 e EStG mit 30. Juni 1951 und § 10 a EStG mit 31. Dezember 1950 außer Kraft gesetzt. Nachdem das in Absatz 1 erwähnte Einkommensteueränderungsgesetz erstmalig für den Veranlagungszeitraum 1952 gelten soll, stellt Absatz 2 des § 72 als Ersatz für den Wegfall der §§ 7 e und 10 a in den vorhergegangenen Veranlagungszeiträumen Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen, die selbständig erwerbstätig sind, Beihilfen aus Mitteln des Bundeshaushalts 1952 in Höhe von 7 Millionen Deutsche Mark zur Verfügung. Der Bundesminister für Vertriebene soll im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesminister für Wirtschaft Richtlinien über die Verwendung dieser Beihilfen erlassen. Bei der Verteilung dieser Beihilfen sollen die Finanzbehörden nicht in Anspruch genommen werden. Gegenüber der Regierungsvorlage ist der § 73 (Vergabe von öffentlichen Aufträgen) in seinem Absatz 1 lediglich redaktionell geändert worden. Dagegen hat es der Ausschuß für erforderlich gehalten, durch Anfügung eines Absatzes 2 auch private Unternehmer zur Anwendung der in Absatz 1 vorgesehenen Richtlinien dann zu verpflichten, wenn diese Unternehmer mit öffentlichen Geldern arbeiten. So wird z. B. der Bau von Flüchtlingswohnungen im allgemeinen nicht unmittelbar von der öffentlichen Hand durchgeführt. Um aber z. B. auch die Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften, die mit öffentlichen Mitteln bauen, zu verpflichten, bei der Vergabe von Aufträgen die Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge bevorzugt zu berücksichtigen, sieht Absatz 2 vor, daß die Hergabe von öffentlichen Mitteln unter der (Dr. Mücke) Auflage erfolgen soll, daß die Richtlinien nach Absatz 1 auch von solchen Gesellschaften und Genossenschaften als für sich verbindlich anerkannt werden. Die Vorschrift des § 74 (Kontingente) ist eine Schutzbestimmung für die in den letzten Jahren errichteten Flüchtlingsbetriebe. Während der Ausschuß die Absätze 1 und 2 mit einigen Änderungen aus der Regierungsvorlage übernommen hat, erschien es zur Erleichterung der berufsgleichen Eingliederung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge erforderlich, die Altunternehmer unter den Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen auch dann zu berücksichtigen, wenn sie nicht selbst Inhaber eines Betriebes sind. Eine Zuteilung von Kontingenten, die nach bisherigem Recht grundsätzlich an den Betrieb gebunden ist, ist aber rechtlich nur möglich, wenn der Betrieb gewissermaßen ersetzt wird; dies soll durch Werk- oder ähnliche Verträge, die mit Unternehmern bestehender Betriebe geschlossen sind, geschehen. Das in Absatz 3 vorgesehene Verfahren ermöglicht die Eingliederung von Altunternehmern ohne volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigte Investitionen und ist geeignet, die Kapazität stehender, aber nicht ausgelasteter Betriebe auf diesem Wege in vollem Umfange zur Auswirkung zu bringen. § 75 (Vermietung, Verpachtung und Übereignung durch die öffentliche Hand) hat dadurch eine Erweiterung erfahren, daß der Vermietung und Verpachtung auch die Übereignung hinzugefügt worden ist; andererseits hat der Ausschuß die einschränkende Formulierung der Regierungsvorlage „auf Grund solcher Rechtsbeziehungen" gestrichen, um den Kreis der nach § 75 begünstigten Vertriebenen und Flüchtlinge nicht von vornherein zu weit einzuschränken. Im Hinblick auf die Tatsache, daß die Arbeitslosigkeit unter den Vertriebenen und Flüchtlingen wesentlich höher als bei der einheimischen Bevölkerung ist, sieht der Gesetzentwurf in § 76 eine besondere Bestimmung für unselbständig Beschäftigte vor. Der Anteil der Arbeitslosen an der Bevölkerung der Bundesrepublik beträgt zur Zeit 2,2 %. Während aber die einheimische Bevölkerung nur mit 1,8 % an der Arbeitslosigkeit beteiligt ist, sind von den Vertriebenen und Flüchtlingen in der Bundesrepublik 3,8 %, also mehr als das Doppelte, arbeitslos. Von 1000 Arbeitslosen sind 295 Vertriebene. In § 76 wird die Vermittlungstätigkeit der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung besonders angesprochen. Die in Absatz 2 vorgesehene Verpflichtung für die privaten Arbeitgeber zur Einstellung von Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen soll auch für Arbeitgeber gelten, die 20 Arbeitnehmer beschäftigen, während die Regierungsvorlage eine solche Verpflichtung lediglich für Arbeitgeber mit über 30 Beschäftigten vorsah. Bei der Erörterung dieser Vorschrift wurde der Mangel einer Sanktionsbestimmung kritisiert. Der Ausschuß hielt aber die Einführung solcher Bestimmungen, die zwar die Wirksamkeit der Vorschrift vergrößern würde, aber nach den Erfahrungen des Schwerbeschädigtengesetzes einen erheblichen Verwaltungsaufwand mit sich bringen würde, nicht für zweckmäßig. Nach Ansicht des Ausschusses besteht die Möglichkeit, auf eine Durchführung dieser Verpflichtung seitens der Arbeitgeber dadurch hinzuwirken, daß die Gewährung sonstiger Vergünstigungen, z. B. Kreditierung von Dauerarbeitsplätzen, von der Erfüllung der in § 76 Abs. 2 Satz 1 vorgesehenen Verpflichtung im Einzelfalle abhängig gemacht wird. Der Ausschuß beschäftigte sich auch mit der besonderen Not der vertriebenen älteren Angestellten, sah aber keine Möglichkeit, diese Frage, die nicht nur ein auf die Vertriebenen oder Sowjetzonenflüchtlinge beschränktes Problem darstellt, im Rahmen dieses Gesetzes einer Lösung näher zu bringen. Auch in § 77 (Lehrstellen und Ausbildungsstellen sonstiger Art) wird das Schwergewicht auf die Tätigkeit der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung gelegt. Im Gegensatz zu § '76 konnte bei der besonderen Natur des Lehrverhältnisses eine Verpflichtung zur Einstellung von Lehrlingen nicht konstituiert werden. Der Anteil der jugendlichen Arbeitslosen unter den Vertriebenen liegt ähnlich hoch wie der Anteil der erwachsenen Arbeitnehmer. Die in jüngster Zeit stark vermehrten Zugänge von Jugendlichen aus der sowjetischen Besatzungszone machen dringend Sondermaßnahmen für die Schaffung von Lehr- und Ausbildungsstellen dieser besonders gefährdeten Jugend erforderlich. Vom 1. August bis 31. Oktober 1952 durchliefen rund 10 500 Personen bis zum Alter von 24 Jahren die Notaufnahmelager Gießen und Uelzen und die diesen Lagern angeschlossenen Jugendlager. Der Ausschuß hielt es daher für erforderlich, in § 77 Abs. 2 ausdrücklich festzustellen, daß bei Bereitstellung von öffentlichen Mitteln für die Schaffung zusätzlicher Lehrstellen und Ausbildungsstellen sonstiger Art einschließlich der Errichtung von Lehrwerkstätten und Lehrlingswohnheimen diese bevorzugt für die Unterbringung von jugendlichen Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen zu verwenden sind, bis die Parität in der Lehrstellenbesetzung mit der einheimischen Jugend erreicht ist. § 78 (Dauerarbeitsplätze) enthält nur eine Sollvorschrift. Außerdem enthält diese Vorschrift keine Bestimmungen darüber, aus welchen Quellen und in welcher Höhe die Mittel zu ihrer Durchführung gewährt werden. Aus diesem Grunde hat der Ausschuß für Wirtschaftspolitik die Streichung dieser Vorschrift empfohlen. Der Ausschuß für Heimatvertriebene hat sich jedoch diesem Vorschlag nicht anschließen können. Zwar sind im Lastenausgleichsgesetz (§§ 259, 260) bereits Bestimmungen über die Gewährung von Darlehen zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen enthalten, doch ist der Lastenausgleichsfonds nicht die einzige Quelle, aus der Dauerarbeitsplätze finanziert werden. Für die Gewährung von Darlehen aus anderen als Lastenausgleichsmitteln und für Zinsverbilligungen und Bürgschaften werden im § 78 die gesetzlichen Voraussetzungen festgelegt. Diese weichen z. T. von denen in § 259 des Lastenausgleichsgesetzes ab. Der Ausschuß hielt es für zweckmäßig, die Fassung, die die Bundesregierung auf Grund der Stellungnahme des Bundesrates im ersten Durchgang festgelegt hat, elastischer zu gestalten. Der Ausschuß ging dabei von der Auffassung aus, daß der Zweck des § 78 in erster Linie die Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere in Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit, und erst in zweiter Linie die Frage zu entscheiden sei, welche Betriebe als Darlehnsnehmer in Frage kommen. Die in Nr. 1-3 des Absatzes 1 bezeichneten Voraussetzungen sind daher nicht zwingendes Erfordernis für die Gewährung von Arbeitsplatzdarlehen nach § 78. Außerdem hat es der federführende Ausschuß für zweckmäßig erachtet, in besonderen Fällen Arbeitsplatzdarlehen nicht nur zur Schaffung, sondern auch zur Erhaltung von gefährdeten Dauerarbeitsplätzen sowie für die (Dr. Mücke) Restfinanzierung von Wohnungen, sofern hierdurch die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen ermöglicht wird, zu gewähren. Eine nachstellige Finanzierung solcher Wohnungsbauten soll allerdings im Wege der Gewährung von Arbeitsplatzdarlehen ausgeschlossen sein. Der § 79 (Wohnraumversorgung) entspricht, von einigen redaktionellen Änderungen abgesehen, dem § 59 der Regierungsvorlage. Gegen den § 80 (Nichtanwendung beschränkender Vorschriften) hatte der Bundesrat Bedenken erhoben, weil nach seiner Ansicht die Vorschrift eine ungerechtfertigte Besserstellung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge gegenüber den Einheimischen zur Folge hätte. Die Bundesregierung hat sich diesen Bedenken nicht angeschlossen, und auch der Ausschuß hielt diese nur insofern für gerechtfertigt, als es sich um die Teilnahme an Sonderberechtigungen handelt, die auch Einheimischen nicht gleichmäßig zustehen. Um diese nicht gewollte Besserstellung auszuschalten, hat der Ausschuß den Absatz 2 angefügt. ABSCHNITT IV Der Abschnitt IV (Einzelne Rechtsverhältnisse §§ 81-94) gliedert sich in die Titel: Schuldenregelung für Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge Sozialrechtliche Angelegenheiten Prüfungen und Urkunden Sonstige Vorschriften. Im Titel Schuldenregelung für Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge (§§ 81-88) hat der Ausschuß für Heimatvertriebene unter Heranziehung der beteiligten Ressorts der Bundesregierung eine über die Zwischenlösung des § 70 des Regierungsentwurfes hinausgehende umfassende Regelung beschlossen. Hierbei sind die Änderungswünsche des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, der zu den Vorschriften gehört worden ist, in vollem Umfange berücksichtigt worden. Für die vorgeschlagene Regelung sind folgende grundsätzliche Erwägungen maßgebend gewesen: Die Lage der Vertriebenen unterscheidet sich von der Lage sonstiger Schuldner, die durch die Ereignisse des Krieges oder der Nachkriegszeit betroffen worden sind. Die anderen Schuldnerkreise werden oftmals die Möglichkeit gehabt haben, Teile ihres Vermögens und die wirtschaftliche Grundlage ihres Lebens über die Ereignisse des Krieges und der Nachkriegszeit hinweg zu retten, und somit in der Lage sein, ihre alten Verbindlichkeiten ganz oder wenigstens teilweise zu erfüllen; soweit sie hierzu nicht in der Lage sind, bieten die Vorschriften des § 242 BGB oder des Vertragshilfegesetzes vom 26. März 1952 (BGBl. I S. 198) eine Möglichkeit, entsprechend der besonderen Lage des Einzelfalles ihnen Erleichterungen zu verschaffen. Die letztgenannten Vorschriften stehen zwar auch Vertriebenen zur Verfügung. Doch tragen sie der besonderen Lage der Vertriebenen und dem Umstand der bei ihnen durchgeführten Totalexekution ihres Vermögens in den Vertreibungsgebieten nicht hinreichend Rechnung. Bei Vertriebenen ist mit der Vertreibung regelmäßig ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage in so weitgehendem Maße weggefallen, daß man bei ihnen mit einem Neubeginn in bezug auf sämtliche Lebensgegebenheiten rechnen kann und ihnen alle Möglichkeiten zum Aufbau einer von alten Schulden möglichst unbelasteten neuen Existenz geben muß. Deshalb erscheint es nicht angebracht, Vertriebene auf den Weg des Vertragshilfeverfahrens zu verweisen oder es ihnen zu überlassen, in einem vom Gläubiger angestrengten Rechtsstreit etwaige materiellrechtliche Einwendungen aus § 242 BGB geltend zu machen. Es ist vielmehr geboten, eine gesetzliche Regelung ihrer Schulden zu treffen, die von dem Totalverlust des Vermögens ausgeht und dementsprechend als Grundsatz vorsieht, daß Vertriebene wegen der vor der Vertreibung begründeten Verbindlichkeiten nicht in Anspruch genommen werden können. Es sei schließlich darauf hingewiesen, daß hier die Gläubigerseite zum weit überwiegenden Teil dem Kreis der Vertriebenen zugehörig ist. Im einzelnen ist zu den Vorschriften folgendes zu bemerken: § 81 (Grundsatz) stellt entsprechend den obigen Ausführungen fest daß Vertriebene wegen der Verbindlichkeiten, die vor der Vertreibung begründet worden sind, nicht in Anspruch genommen werden können, soweit sich aus den folgenden Vorschriften nichts Abweichendes ergibt. Der Grundsatz des § 81 erfährt eine Durchbrechung im § 82 (Vertragshilfeverfahren auf Antrag des Gläubigers). Diese Bestimmung trägt dem Gedanken Rechnung, daß die schematische Regelung des § 81 im Einzelfall für den Gläubiger zu Unbilligkeiten führen kann. Hier ist vor allem an die Fälle zu denken, in denen der Vertriebene den überwiegenden Teil seines Vermögens nicht im Vertreibungsgebiet hatte und ihn sich daher erhalten konnte. Ferner kommen die Fälle in Betracht, in denen ein vertriebener Schuldner einem Gläubiger gegenübersteht, der selbst Vertriebener und vielleicht wirtschaftlich schlechter gestellt ist als der Schuldner. Es würde nicht verständlich sein, wenn in solchen Fällen der Gläubiger nicht in der Lage sein könnte, seinen Anspruch wenigstens teilweise durchzusetzen. Deswegen gibt § 82 Abs. 1 dem Gläubiger, der allein an einer von § 81 abweichenden Regelung interessiert ist, die Moglichkeit, das Vertragshilfegericht anzurufen. Das Vertragshilfegericht kann dann zur Vermeidung unbilliger Härten im Wege der richterlichen Vertragshilfe und nach den Vorschriften des Vertragshilfe-gesetzes die Verbindlichkeit von § 81 abweichend regeln, d. h. es kann die volle Leistung anordnen, die ursprüngliche Verbindlichkeit herabsetzen oder stunden oder aber die Verbindlichkeit sowohl herabsetzen als auch stunden. Es schien jedoch geboten, bei diesem Vertragshilfeverfahren in folgenden Punkten von dem Vertragshilfegesetz abzuweichen: Bei der Abwägung der Interessen und der Lage beider Teile nach § 1 Abs. 1 des Vertragshilfegesetzes sind grundsätzlich die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des Schuldners und Gläubigers im Zeitpunkt der Entscheidung des Vertragshilfegerichts zugrunde zu legen. Weil aber der Vertriebene, damit nicht der Neuaufbau seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wird, nicht über das gerettete Vermögen hinaus für seine alten Schulden haften soll, erscheint es nicht gerechtfertigt, bei der Abwägung der Interessen und der (Dr. Mücke) tage von Gläubiger und Schuldner in dem auf Antrag des Gläubigers eingeleiteten Vertragshilfeverfahren auch das Vermögen und den Erwerb des Schuldners nach der Vertreibung zu berücksichtigen. In der Erwägung, daß es regelmäßig einem Vertriebenen nicht möglich gewesen sein wird, sich bereits vor der Währungsreform wieder eine neue Lebensgrundlage zu schaffen, und daß sich daher seine Lebens- und Wirtschaftslage bis zur Währungsreform gegenüber seiner Lage bei der Vertreibung nicht wesentlich geändert haben wird, sieht daher § 82 Abs. 2 vor, daß bei der Abwägung der Interessen und der Lage beider Teile die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des vertriebenen Schuldners am 21. Juni 1948 zugrunde zu legen sind. Hat der Vertriebene erst nach dem Währungsstichtag seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgesetzes einschließlich des Landes Berlin genommen, so sind die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des Schuldners zu diesem Zeitpunkt zugrunde zu legen. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen der Schuldner nach der Währungsreform oder, wenn er erst nach der Währungsreform Aufenthalt in der Bundesrepublik genommen hat, nach dem Zeitpunkt der Aufenthaltnahme zu Vermögen gelangt ist. Es kann im Einzelfall unbillig sein, dieses Vermögen bei der Abwägung der Verhältnisse von Gläubiger und Schuldner nicht zu berücksichtigen. Man denke hier beispielsweise an Vermögenserwerb durch Erbschaft oder Lotteriegewinn. Deshalb sieht § 82 Abs. 3 Satz 1 vor, daß nach dem im § 82 Abs. 2 genannten Stichtag erlangtes Vermögen des Schuldners zu berücksichtigen ist, wenn und soweit dies aus besonderen Gründen zur Vermeidung einer unbilligen Härte gegenüber dem Gläubiger erforderlich erscheint. Anderseits kann es unbillig — und unter Umständen sogar zwecklos — sein, für die Abgrenzung der Höhe seiner Schuldverpflichtung die Vermögens- und Erwerbslage des Schuldners auf den in § 82 Abs. 2 genannten Stichtag abzustellen, wenn sich die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des Schuldners seit dem Stichtag verschlechtert haben. Deshalb bestimmt § 82 Abs. 3 Satz 2, daß eine Verschlechterung der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse nach dem Stichtag zu berücksichtigen ist, wenn und soweit dies aus besonderen Gründen zur Vermeidung einer unbilligen Härte gegenüber dem Schuldner erforderlich erscheint. Eine weitere Abweichung von den Grundsätzen des Vertragshilfeverfahrens schlägt § 82 Abs. 4 vor. Da nach § 82 Abs. 1 des Entwurfes nur der Gläubiger die Möglichkeit hat, eine Regelung der Verbindlichkeit im Wege der Vertragshilfe zu beantragen, erscheint es angebracht, daß in den Fällen, in denen über einen Anspruch im Sinne des § 81 ein Rechtsstreit anhängig wird, das Prozeßgericht in Abweichung von den Grundsätzen des § 11 Abs. 4 des Vertragshilfegesetzes Vertragshilfe nach § 82 Abs. 1 bis 3 auch dann gewähren kann, wenn nur der Gläubiger es beantragt. Es liegt nicht nur im Interesse des Vertriebenen, möglichst bald Klarheit über den Umfang seiner Schulden zu erhalten, sondern auch der Gläubiger ist daran interessiert, zu wissen, ob und in welchem Umfang er noch mit der Verwirklichung seiner Ansprüche gegen vertriebene Schuldner rechnen kann. Deshalb sieht § 83 Abs. 1 eine Ausschlußfrist (31. Dezember 1953) für den Gläubiger vor, innerhalb der er den Antrag auf Schuldenregelung gemäß § 82 Abs. 1 bis 2 stellen muß. Es ist jedoch dem Gericht die Möglichkeit eröffnet, in gewissen Fällen auch noch einen nach Ablauf der Ausschluß-frist gestellten Antrag des Gläubigers zuzulassen. § 83 Abs. 2 behandelt den Fall, in dem ein Gläubiger in der irrigen Annahme, es handle sich um einen nicht unter § 81 fallenden Anspruch, gegen den Vertriebenen nach den allgemeinen Vorschriften gerichtlich vorgeht. Hier kann es eintreten, daß das Gericht erst nach Ablauf der Ausschlußfrist zu der Auffassung gelangt, daß der Anspruch unter § 81 fällt. Zur Vermeidung von Unbilligkeiten, die hierdurch entstehen könnten, sieht § 83 Abs. 2 vor, daß ein binnen 6 Monaten nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung oder nach Klagerücknahme gemäß § 82 Abs. 1 oder 4 gestellter Antrag noch als rechtzeitig gestellt gilt. Der Entwurf des Bundesvertriebenengesetzes sieht grundsätzlich eine Anerkennung juristischer Personen als Vertriebene nicht vor. Mit Rücksicht auf die besonderen Zwecke der Altschuldenbereinigung erscheint es aber angebracht, die Verbindlichkeiten von juristischen Personen und Handelsgesellschaften, die ihren Sitz vor dem 8. Mai 1945 in den Vertreibungsgebieten hatten, allgemein in die Schuldenregelung einzubeziehen, sofern sich jetzt ihr Sitz, Ort der Niederlassung oder Geschäftsleitung im Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes befindet (§ 84). Entsprechend der Möglichkeit, im Wege der Vertragshilfe eine Stundung oder eine Herabsetzung eines durch rechtskräftiges Urteil festgestellten Anspruchs oder eines Anspruchs, über den ein Vergleich abgeschlossen ist, zu erreichen, bestimmt § 85 Abs. 1, daß ein Vertriebener sich auch dann auf § 81 berufen kann, wenn ein unter § 81 fallender Anspruch vor der Vertreibung ganz oder teilweise durch rechtskräftiges Urteil festgestellt oder über ihn ein Vergleich abgeschlossen worden ist. In solchem Falle bleibt es also dem Gläubiger überlassen, innerhalb der Frist des § 83 einen Antrag nach § 82 Abs. 1 zu stellen; das Vertragshilfegericht kann dann im Rahmen des § 82 eine von § 81 abweichende Regelung treffen. Hat der Gläubiger jedoch schon nach der Vertreibung einen vollstreckbaren Titel gegen den vertriebenen Schuldner erlangt oder ist nach der Vertreibung über den Anspruch bereits ein Vergleich abgeschlossen worden, so erscheint es für den Gläubiger nicht zumutbar, zur Erhaltung seines Anspruchs innerhalb der Ausschlußfrist des § 83 einen Antrag nach § 82 zu stellen. In solchem Falle soll daher, wie sich aus einem Vergleich des § 85 Abs. 1 mit dem § 85 Abs. 2 ergibt, die Regelung der §§ 81 bis 84 nicht eingreifen. Es soll vielmehr dem Schuldner überlassen bleiben, einen Vertragshilfeantrag nach den allgemeinen Vertragshilfevorschriften zu stellen. Es erschien jedoch, um eine Schlechterstellung des Schuldners in diesem allgemeinen Vertragshilfeverfahren gegenüber dem nach § 82 eingeleiteten Vertragshilfeverfahren zu vermeiden, angebracht, die Vorschriften des § 82 Abs. 2 und 3 über die Abwägung der Interessen und der Lage von Gläubiger und Schuldner entsprechend anzuwenden, sofern der Schuldner den Antrag auf Gewährung von Vertragshilfe bis zu dem im § 83 Abs. 1 genannten Stichtag stellt. Hat bereits ein Vertragshilfeverfahren vor Inkrafttreten des Bundesvertriebenengesetzes stattgefunden, so ist hierbei bereits eine Abwägung der Interessen und der Lage von Gläubiger und Schuld- (Dr. Mücke) nier vorgenommen worden. Deswegen sieht § 85 Abs. 3 vor, daß rechtskräftige Entscheidungen, durch die Vertragshilfe gewährt worden ist, grundsätzlich unberührt bleiben. § 86 (Ausnahmen) nimmt einzelne Verbindlichkeiten aus der Regelung der § 81-85 aus. Hier sind insbesondere die in Absatz 1 Nr. 1 bezeichneten Verbindlichkeiten hervorzuheben, die mit Vermögenswerten des Vertriebenen im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder im Lande Berlin in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen; z. B. der Vertriebene ist Schuldner einer Verbindlichkeit, die durch eine Hypothek an einem ihm gehörigen, in der Bundesrepublik liegenden, unzerstörten Grundstück gesichert ist. Für die Herausnahme der in § 86 Abs. 1, Nr. 2 und 3 bezeichneten Ansprüche aus der Regelung der §§ 81 bis 85 sind soziale Gesichtspunkte maßgebend. Gesetzliche Unterhaltsansprüche sollen auch dann ausgenommen sein, wenn über sie eine vertragliche Vereinbarung getroffen worden ist. Die Ausnahme der Nummer 4 erscheint notwendig mit Rücksicht auf die besondere Regelung, die für die genannten Verbindlichkeiten bei der Währungsumstellung getroffen worden ist und die auch der Anlaß war, diese Verbindlichkeiten in § 6 Nr. 1 und 2 des Vertragshilfegesetzes von der Vertragshilfe auszunehmen. Für den Vorbehalt des § 86 Abs. 2 Satz 1 in dem Entwurf waren dieselben Erwägungen maßgebend, die zu der Vorschrift des § 6 Nr. 4 des Vertragshilfegesetzes geführt haben: Die Londoner Verhandlungen über die Regelung der deutschen Auslandsschulden sollen durch eine Einbeziehung der Ansprüche ausländischer Gläubiger in die innerdeutsche Schuldenregelung nicht erschwert werden. Ferner sollen Schwierigkeiten vermieden werden, die bei einer Einbeziehung der Auslandsschulden dadurch entstehen könnten, daß, nachdem eine Schuldenregelung auf Grund der §§ 81 ff. des Entwurfes im Einzelfalle durchgeführt ist, eine hiervon abweichende Regelung im Londoner Schuldenregelungsabkommen vorgesehen wird. Um jedoch zu vermeiden, daß ausländische Gläubiger gegen Vertriebene vorgehen, bevor die vorbehaltene gesetzliche Regelung der Auslandsschulden von Vertriebenen getroffen worden ist, sollen die Vertriebenen das Recht haben, bis zu der vorbehaltenen gesetzlichen Regelung die Erfüllung der Auslandsschulden zu verweigern. Im übrigen war der Ausschuß einmütig der Auffassung, daß es untragbar wäre, im Rahmen einer Regelung der deutschen Auslandsschulden ausländischen Gläubigern aus den Vertreibungsgebieten die Möglichkeit zu geben, Forderungen gegen Vertriebene aus denselben Gebieten beizutreiben. § 87 (Regelung für Sowjetzonenflüchtlinge) sieht die Einbeziehung der vor der Flucht oder, im Falle des § 4 des Entwurfes, vor der Besetzung begründeten Verbindlichkeiten von Sowjetzonenflüchtlingen in die Schuldenregelung vor. Im Gegensatz zu den Vertriebenen handelt es sich bei den Sowjetzonenflüchtlingen nicht um eine General- und Totalexekution deutscher Staatsangehöriger oder Volkszugehöriger, sondern um Maßnahmen, die auf Personengruppen oder Einzelpersonen beschränkt sind. Doch rechtfertigen es die in der sowjetischen Zone herrschende Tendenz und der sonst im Entwurf des Bundesvertriebenengesetzes durchgeführte Grundsatz der Gleichstellung von Sowjetzonenflüchtlingen mit den Vertriebenen, die Sowjetzonenflüchtlinge in die Altschuldenregelung für Vertriebene miteinzubeziehen. Da jedoch nicht bei jedem Sowjetzonenflüchtling der Totalverlust seines Vermögens in der Sowjetzone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin vorliegen wird, ist es notwendig, ausdrücklich darauf abzustellen, daß der Sowjetzonenflüchtling vor der Flucht oder vor der Besetzung den überwiegenden Teil seines Vermögens im Gebiet der sowjetisch besetzten Zone oder des sowjetisch besetzten Sektors von Berlin hatte und diesen Teil seines Vermögens durch Enteignungsmaßnahmen oder diesen wirtschaftlich gleichstehende Maßnahmen verloren hat. Ferner soll von einer Anwendung der Vorschrift des § 82 Abs. 2 und 3 bei Sowjetzonenflüchtlingen abgesehen werden. Bei den Sowjetzonenflüchtlingen ist im Gegensatz zu den Vertriebenen noch die Möglichkeit eines Erwerbs von Vermögen zwischen der Enteignung und der Flucht nicht von der Hand zu weisen, und es ist nicht ausgeschlossen, daß dieses Vermögen in die Bundesrepublik oder nach West-Berlin verbracht werden konnte. Deswegen sollen bei der Abwägung der Interessen und der Lage von Gläubiger und Schuldner die nach allgemeinem Vertragshilferecht maßgebenden Grundsätze gelten, d. h. die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des Schuldners im Zeitpunkt der Entscheidung müssen dem nach § 82 eingeleiteten Vertragshilfeverfahren zugrunde gelegt werden. Nicht für anwendbar erklärt wird sodann der § 84. Das bedeutet, daß juristische Personen und Handelsgesellschaften, die ihren Sitz in der sowjetisch besetzten Zone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin hatten, nicht unter die Altschuldenregelung fallen. Bei diesen läßt sich im Gegensatz zu den Unternehmen aus den Vertreibungsgebieten der Tatbestand der Flucht im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes gegenüber der bloßen Verlagerung nicht klar abgrenzen. Auch wird es diesen Unternehmen nicht selten gelungen sein, Vermögenswerte in die Bundesrepublik oder nach West-Berlin zu retten. Deswegen erscheint es nicht erforderlich, auch die juristischen Personen und Handelsgesellschaften mit früherem Sitz in der sowjetisch besetzten Zone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin in die Schuldenregelung einzubeziehen. Die Regelung ihrer Altschulden kann dem Vertragshilfeverfahren überlassen bleiben. § 88 (Erledigung anhängiger Verfahren) trifft eine Kostenregelung für die Fälle, in denen sich ein anhängiger Rechtsstreit oder ein anhängiges Vertragshilfeverfahren durch die Regelung der §§ 81 ff. erledigt. Der Zweite Titel Sozialrechtliche Angelegenheiten (§§ 89 und 90) enthält Vorschriften über die Sozialversicherung und über den Ersatz von Fürsorgekosten. In § 89 ist die grundsätzliche Gleichstellung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung mit den Berechtigten im Bundesgebiet und West-Berlin deklariert und die Übernahme der Verpflichtungen auf Grund von Ansprüchen und Anwartschaften durch die zuständigen Sozialversicherungsträger im Bundesgebiet festgelegt, die Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge bei nicht mehr vorhandenen oder nicht mehr erreichbaren Trägern der Sozialver- (Dr. Müeke) sicherung oder bei nichtdeutschen Trägern der Sozialversicherung erworben haben. Mit Rücksicht darauf, daß der Entwurf der in Absatz 3 vorgesehenen bundesgesetzlichen Regelung bereits fertiggestellt ist (Entwurf eines Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes), hat der Ausschuß davon abgesehen, weitere Einzelheiten im Bundesvertriebenengesetz zu regeln. § 90 (Ersatz von Fürsorgekosten) hat gegenüber der Regierungsvorlage im wesentlichen nur redaktionelle Änderung erfahren. Die Vorschriften des Dritten Titels Prüfungen und Urkunden (§§ 91 und 92) haben gegenüber der von der Bundesregierung auf Grund der Stellungnahme des Bundesrates im ersten Durchgang vorgelegten Fassung nur geringfügige redaktionelle Änderungen erhalten. Auch die im Vierten Titel enthaltenen Vorschriften über Familienzusammenführung (§ 93) und Unentgeltliche Beratung (§ 94) sind nur geringfügig gegenüber dem Regierungsentwurf geändert worden. ABSCHNITT V Der Abschnitt V (Kultur, Forschung und Statistik §§ 95-96) enthält in § 95 die Vorschriften über die Pflege des Kulturgutes der Vertriebenen und Flüchtlinge und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Diese Vorschrift war in der ursprünglichen Regierungsvorlage nicht enthalten, ihre Aufnahme in den Gesetzentwurf jedoch vom Bundesrat vorgeschlagen worden. Die Bundesregierung hat diesen Vorschlag angenommen. Der Ausschuß für Heimatvertriebene hat ihn lediglich redaktionell abgeändert. § 96 (Statistik) war im Regierungsentwurf nicht enthalten. Der Ausschuß war aber der Ansicht, daß eine gesetzliche Grundlage für die Durchführung gewisser statistischer Erhebungen geschaffen werden müsse, um die Durchführung dieses Gesetzes zu sichern. Dies gilt insbesondere für die Anwendung der sogenannten Paritätsklausel in einer Reihe von Eingliederungsvorschriften dieses Gesetzes. Darüber hinaus hat sich aus der Praxis das dringende Erfordernis ergeben, bestimmte bereits angeordnete allgemeine Statistiken durch Sonderbefragungen, die der Feststellung über den Fortgang der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge auf bestimmten Gebieten dienen, zu erweitern. Um einen einwandfreien Überblick über den gegenwärtigen Stand der beruflichen Eingliederung zu erhalten, hielt es der Ausschuß ferner für zweckmäßig, die Ausgabe der Bundesausweise mit einer Befragung der Antragsteller aber ihren derzeitigen Eingliederungsstand zu verbinden. ABSCHNITT VI Der Abschnitt VI (Strafbestimmungen §§ 97-98) ist gegenüber dem Regierungsentwurf nur redaktionell geändert worden. (Dr. Kather) ABSCHNITT VII Der Abschnitt VII (Übergangs- und Schlußbestimmungen §§ 99-107) ist gegenüber der Regierungsvorlage in einigen Punkten erweitert worden. In Nr. 1 und 2 des § 99 (Änderung des Lastenausgleichsgesetzes) wird der Vertriebenen-(Heimatvertriebenen) begriff im Bundesvertriebenengesetz und Lastenausgleichsgesetz ausdrücklich koordiniert. In Nr. 3 wird § 249 LAG (Kürzung des Grundbetrages) Abs. 1 Nr. 4 insofern ergänzt, als die Beihilfen nach dem Flüchtlingssiedlungsgesetz bzw. nach dem Titel „Landwirtschaft" des Bundesvertriebenengesetzes insoweit nicht auf den Grundbetrag der Hauptentschädigung angerechnet werden sollen, als sie der Finanzierung des unrentierlichen Teiles eines Siedlungsvorhabens dienen. In § 100 wird § 1 des Notaufnahmegesetzes an die Neufassung des § 3 (Sowjetzonenflüchtling) des Bundesvertriebenengesetzes angepaßt. Diese Anpassung ist erforderlich, damit in Zukunft die Notaufnahmebehörden und die Länderbehörden ihre Entscheidungen koordinieren können. Die Änderung bezieht sich jedoch nur auf den Kreis der Zuwanderer, der einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet hat. Damit ist nicht gesagt, daß über diesen Kreis hinaus unter bestimmten Voraussetzungen, z B. zum Zwecke der Familienzusammenführung oder aus Härtegründen, keine weiteren Zuwanderer Aufnahme finden können. In § 101 wird das Flüchtlingssiedlungsgesetz ausdrücklich aufgehoben, nachdem die Bestimmungen des Flüchtlingssiedlungsgesetzes in den Titel „Landwirtschaft" dieses Entwurfes eingebaut wurden. § 102 (Aufhebung von landesrechtlichen Vorschriften) entspricht der Regelung der Regierungsvorlage. Aus Gründen der rechtlichen Klarheit erschien es zweckmäßig, den § 7 Abs. 1 Satz 2 des Flüchtlingsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen auf dessen Antrag ausdrücklich zu nennen. § 103 (Verhältnis zum sonstigen Bundes- und Landesrecht) entspricht in materieller Beziehung im wesentlichen der in der Regierungsvorlage vorgesehenen Regelung. Darüber hinaus stellt Absatz 3 ausdrücklich fest, daß mit dem Inkrafttreten des Gesetzes die bisher Vertriebenen auf Grund von Landes- und Bundesrecht zustehenden Vergünstigungen auch Sowjetzonenflüchtlingen und den ihnen gleichgestellten Personen zustehen. In § 104 ist die vorläufige Weitergeltung der bisherigen Länderflüchtlingsausweise bestimmt. Zweck dieser Vorschrift ist, daß zunächst einmal diejenigen Vertriebenen, die nach den Landesgesetzen bisher nicht als solche anerkannt werden konnten, und die Sowjetzonenflüchtlinge, die durchweg noch keinen Ausweis besitzen, mit Ausweisen versehen werden können. Dies ist deswegen besonders vordringlich, weil bei der praktischen Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes, soweit es sich um Leistungen aus dem Härtefonds nach § 301 LAG handelt, der Nachweis für die Berechtigung in der Masse der Fälle durch einen nach dem Bundesvertriebenengesetz ausgestellten Ausweis geführt werden soll. (Dr. Kai her) Die Einbeziehung des Landes Berlin ist gemäß § 106 vorgesehen. Berlin hat etwa 100 000 Vertriebene und eine ständig zunehmende Anzahl von Sowjetzonenflüchtlingen, so daß seine Einbeziehung nach Maßgabe des sich aus der gegenwärtigen verfassungsrechtlichen Situation ergebenden Verfahrens geboten erschien. Die Fassung des § 106 ist durch den Ausschuß dem jetzigen Rechtszustand angepaßt worden. Das Gesetz soll gemäß § 107 rückwirkend mit dem 1. Januar 1953 in Kraft treten. Dieser Termin ist insbesondere wegen der steuerlichen Vergünstigungen gewählt. Ausgenommen von dieser Regelung sind aus Rechtsgründen die Strafbestimmungen und der Zeitpunkt des Außerkrafttretens des Flüchtlingssiedlungsgesetzes, da den seit dem 1. Januar auf Grund dieses Gesetzes gewährten Vergünstigungen nicht die gesetzliche Grundlage entzogen werden soll. Bonn, den 11. Februar 1953 Dr. Kather Berichterstatter D r. Zawadil Merten Dr. Mücke Mitberichterstatter
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    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist im Grunde genommen unglaublich, daß eine Vertreterin der Kommunistischen Partei hier über das Flüchtlingselend in belehrenden Worten zu sprechen wagt.

    (Beifall bei der SPD und bei den Regierungsparteien.)

    Es muß einen aus verschiedenen Gründen nachdenklich stimmen, daß sie sich noch darauf beruft, sie sei in Flüchtlingslagern gewesen. Das ist wohl nicht der richtige Besuch für Flüchtlingslager. Doch das nur nebenbei.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sie wäre wahrscheinlich durchgehauen worden!)

    — Wenn sie sich zu erkennen gegeben hätte, wäre das wohl anzunehmen.

    (Zuruf der Abg. Frau Strohbach.)

    Aber andererseits muß ich doch sagen: Es ist fast grotesk, daß die Tragödie, die in der Anfrage und in der Beantwortung durch den Bundesminister Kaiser in Umrissen angedeutet worden ist, schließlich in der Debatte zu nichts anderem ausgenützt wird als zu einer Art von Wahlrede gegen die Sozialdemokratische Partei. Mein Freund Kriedemann ist darauf schon eingegangen.
    Lassen Sie mich zu den Fragen, die sich aus der Antwort des Herrn Ministers ergeben, einige Bemerkungen machen. Was hier angegeben wurde, beleuchtet bewußt nur einen Teilausschnitt der menschlichen und nationalen Tragödie, die sich in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands abspielt, die aber uns alle angeht. Es geht nicht länger, daß wir von Betroffenen reden und uns nicht selbst darunter verstehen. Wir sind in jeder Beziehung mit davon betroffen.

    (Beifall bei der SPD und bei den Regierungsparteien.)

    Durch diese besondere Beleuchtung — ich glaube,


    (Wehner)

    da habe ich auch die Anfragenden richtig verstanden — dessen, was der bäuerlichen Bevölkerung zugefügt wird, soll das, was den anderen Schichten geschieht, die zur Zeit unter diesem furchtbaren Druck stehen und zum Teil nach dem Westen ausweichen, nicht verkleinert werden.
    Nachdem hier mit falschen Zahlen operiert worden ist, möchte ich eine Zahl, die ich soeben von einem Berliner Kollegen bekommen habe und die amtlich nachgeprüft ist, hier noch einmal zur Feststellung der Größenordnungen, um die es geht, ins Gedächtnis rufen. Vom 1. Januar dieses Jahres bis zum 21. Februar dieses Jahres sind beim ärztlichen Dienst in Berlin 51 374 Personen als Flüchtlinge zugegangen.

    (Hört! Hört!)

    Ich glaube, man muß diese Zahl sehen angesichts der Ungeheuerlichkeit, mit der hier von der KPD einfach geleugnet wird, daß es so etwas gibt. Wir wissen wohl, wie es z. B. um die Jugend aller Bevölkerungsschichten der sowjetisch besetzten Zone steht, die zum Arbeitsdienst oder zur sogenannten Volkspolizei gedrängt und gepreßt wird und von der ein immer größerer Teil keine andere Möglichkeit als die Flucht sieht. Der Prozentsatz der jungen Leute unter den Flüchtlingen ist gewaltig angestiegen.

    (Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Wir wissen wohl auch, wie es um die Eltern und Lehrer steht, die den geradezu unerträglichen Zwang, der heute in der Erziehung auf die Kinder ausgeübt wird, nicht mehr ertragen können und auszuweichen versuchen. Wir wissen um die Angehörigen der gewerblichen Mittelschichten und um die Arbeiter verschiedener Kategorien, die bisher noch versucht haben, sich zu halten, aber nun unter dem Druck der Normen und unter dem Druck der Antreiberei zu Übersoll-Leistungen und im Klima politischer Bespitzelung es nicht mehr länger aushalten und fliehen wollen.
    Was hier zur Debatte steht, sind die Wirkungen ganz kalt berechneter Maßnahmen, die seit dem Sommer des vergangenen Jahres, seit den Beschlüssen einer Konferenz der SED, einem Höhepunkt zustreben. In einem Monat dieses Jahres sind mehr Bauern nach dem Westen geflohen als in einem der letzten drei Jahre. Die Bauern gehören bestimmt nicht zu denen, die ihr Eigentum leicht aufgeben. Ich sehe ihn noch vor mir, einen aus einer ganzen Gruppe geflüchteter tüchtiger Bauern, der auf die Frage eines Ministers, ob man es nicht doch noch hätte versuchen können, sich am Boden festzuklammern, die Antwort gegeben hat: „Herr Minister, mein Hof war 400 Jahre im Besitz derselben Familie, sie glauben 'doch nicht. daß ich gegangen wäre, wenn mir ein anderer Weg als der ins Zuchthaus geblieben wäre!"
    Vor diese furchtbare Alternative werden heute Menschen gestellt, die beileibe nicht versucht haben, sich um sogenannte Politik zu kümmern. Sie versuchten einfach, ihr ehrliches Leben_ zu leben und mit ihren Händen zu arbeiten.
    Man sagt nun, sie sollten in Produktionsgenossenschaften hineingehen. Genossenschaften sind' allerdings etwas anderes, als was man dort mit diesem Namen zu bezeichnen wagt. Die Produktionsgenossenschaften sind ganz einfach Zwangskollektive. Wer über 20 ha hat, fällt sowieso aus der Reihe derer, die hinein können; der wird eben
    gepeinigt. Wer unter 20 Hektar hat, ist aber auch nicht sicher. Das Landwirtschaftsministerium hat, glaube ich, eine Schätzung ausgegeben. Ich darf mich an die Minimalzahl halten. Allein in der Kategorie derjenigen, die über 20 Hektar besitzen, sind 45 000 Familien von der Gefahr bedroht, daß ihnen die Gurgel zugedrückt wird. Sie werden von vier verschiedenen' Seiten angegriffen, einmal von der Soll-Seite, indem man ihnen vorwirft, sie hätten ihre Verpflichtungen nicht erfüllt, die man Jahr für Jahr vergrößert hat, so daß sie sie nicht erfüllen konnten. Man greift sie zum andern von der Kreditseite an, indem man selbst solchen Höfen, die noch nachweisbar Außenstände haben, Kredit verweigert oder entzieht. Man greift sie ferner von der Steuerseite an und murkst sie wirtschaftlich ab. Man greift sie viertens vom Landarbeiterschutz her an. Das ist eine besondere Heuchelei. Mit Landarbeiterschutz hat das nichts zu tun; denn bestraft und enteignet wird schließlich auch der, der seinen Landarbeitern mehr Lohn zahlen möchte, wie wir kürzlich bei Untersuchungen in Berlin festgestellt haben. Er darf nicht mehr zahlen, als er bisher gezahlt hat.
    Das Ziel dieser Maßnahmen ist in jedem Fall: diese bäuerlichen Bevölkerungsteile sollen weg von dem Hof, sollen weg aus der Kategorie der Bauern und sollen in ein graues Heer von Zwangsarbeitern hineingepfercht werden. Zu dem Ziele gehört auch, sie zu ;,Kriminellen" zu machen, sie dann auch noch beschimpfen zu lassen als wären es Kriminelle.
    Meine Damen und Herren! Auf deutschem Boden vollzieht sich eine Parallele zu Zwangsmaßnahmen, wie man sie Mitte der dreißiger Jahre in Sowjetrußland selbst erlebt hat, damals und wohl auch jetzt ohne Rücksicht auf die Störung der Ernährungsgrundlage, ohne Rücksicht auf das Schicksal der betroffenen Menschen. Das ist, wenn man es genau überlegt — und man muß es sich genau überlegen — in den Auswirkungen auf große Bevölkerungsschichten und auf unser ganzes Volk so furchtbar, daß wir alle uns gründlichst damit befassen müssen. Ich begrüße es, daß man, der Herr Minister hier gesagt hat, auf die Besatzungsmächte eingewirkt hat mit dem Ziel, mit der vierten Besatzungsmacht in dieser Frage zu sprechen. Ich hoffe weiter, daß es mit allem Nachdruck geschieht. Angesichts dieser Tragödie muß auf der Ebene der Politik, durch Drängen auf die Besatzungsmächte der Versuch gemacht werden, der Bevölkerung der Zone dieses Elend und dieses Unglück zu ersparen. Wenn es eine Chance dazu gibt, sollten wir hören: unter welchen Bedingungen. Wenn es keine Chance dazu gibt, können wir jedenfalls allen, die es angeht, sagen, daß wir nicht einfach mit dem billigen und falschen Trost hineingeschliddert sind, das werde vorübergehen wie so manche andere Sache auch. Wenn das Schicksal für diesen Teil Deutschlands unabwendbar ist, ergeben sich nicht allein für die unmittelbar betroffenen Menschen, sondern auch für uns hier, für das ganze Volk und für den ganzen Westen eine Reihe kompliziertester Probleme. Vor allem die landwirtschaftlich Tätigen wissen genau, was es heißt, einen solchen Dammbruch damit aufzufangen, daß man den Menschen eine ihnen und ihrem Können gemäße Arbeit und Unterkunft gibt.
    Meine Damen und Herren! Alle Anzeichen sprechen dafür, daß wir es in der sowjetisch besetzten Zone mit einer Entwicklung in der Richtung der sogenannten Volksdemokratie zu tun


    (Wehner)

    haben. Die Besatzungsmacht schafft dort durch ihre Handlanger unwiderrufliche Tatsachen, und sie schafft sie in einem wahren Hetztempo. So gut gemeint und so verständlich demgegenüber die Mahnung an die Menschen drüben ist, auszuhalten, so wenig kann man gegen einen Dammbruch und die hereinbrechende Flut mit Eimern oder mit Ermahnungen ankämpfen. Wir alle haben zusammen, glaube ich — von einem Häuflein Leute, die dafür kein Verständnis haben, abgesehen —, die Sorge, daß uns nicht eines Tages unter heuchlerischer Berufung darauf, dieses Gebiet sei entdeutscht, die wahren Schuldigen noch dazu mit der Behauptung quälen werden, das sei nur noch geographisch ein Begriff, das Gebiet habe einmal zu Deutschland gehört. Diese Sorge haben wir alle zusammen. Aber der Dammbruch ist auch da! Wenn die Menschen von- dort weggehen — und gerade die bäuerliche Bevölkerung geht doch, weil sie das Gefühl hat, so wie es alle Kreatur hat, entschuldigen Sie das Wort, wenn sie eine furchtbare Gefahr fühlt und schon im Nacken sitzen hat — und wenn sie von Panik erfaßt sind, dann kann man nicht mehr darüber diskutieren, wieweit die Furcht graduell berechtigt sei oder nicht. Wir müssen uns mit diesen Ereignissen auseinandersetzen und ihnen konfrontieren.
    Wir können ja der Bevölkerung der sowjetischen Besatzungszone nicht den kleinen Vorteil nehmen, den sie gegenüber der Bevölkerung der Ukraine oder Rumäniens oder Polens 'dadurch hat, daß sie eher als diese, nämlich schon v o r der Vollstreckung, erfährt, was ihr droht. Das ist der einzige Vorteil, den diese Menschen haben, weil Berlin und die Zone eben nicht so dicht sind wie diese schon fertiggemachten Volksdemokratien. Wir können und müssen 'deshalb verstehen, wenn sie versuchen, sich in Sicherheit zu bringen.
    Wir sollten ernsthaft, ohne daß einer dem anderen etwas anhängen will, ein Ende zu machen versuchen mit dem hier so oft — nicht hier im Hause, aber in diesem Teil Deutschlands — dahergeredeten Vorurteil, bei den Flüchtlingen handle es sich um den „Schwemmsand", um die, die nicht arbeiten wollten oder nicht arbeiten könnten. Ja, man hat in den letzten Tagen — ich habe es gestern mit Entsetzen gelesen — sogar davon gesprochen, es sei ein hoher Prozentsatz Asoziale unter ihnen — etwas, was übrigens von Pankow und von denen, die hier im Auftrage Pankows sprechen, bewußt geschürt wird! Es kommt also zu der Last, die den Menschen auferlegt wird, auch noch die Diffamierung, die sie weiß Gott nicht verdienen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Und, meine Damen und Herren, wir können in Klammern hinzufügen: zu einem Zeitpunkt, da Pankow sich bemüßigt fühlt, die Leute zurückzurufen, und eine Rückrufpropaganda für den „Schwemmsand" macht, für jene, die sie „asozial" genannt haben. Ich will mich darüber nicht weiter verbreiten. Es ist nur bezeichnend für die Zweckbedingtheit der Propaganda von jener Seite.
    Zum Schluß will ich einen Antrag begründen, mit dem wir versuchen, den Anfang, den das Haus hier mit der Erörterung dieser Interpellation gemacht hat, durch eine sachliche und leidenschaftslose, aber durch eine der Größe und dem Umfang des Problems entsprechende Gründlichkeit weiter auszubauen. Wir bitten Sie, dem Antrag zuzustimmen:
    1. Die Bundesregierung wird ersucht, dem Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen und dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bericht zu erstatten
    a) über Ausmaß und Folgen der in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands gegen die bäuerliche Bevölkerung eingeleiteten Zwangsmaßnahmen;
    b) über die Möglichkeiten, durch Hilfsaktionen oder durch Lieferung von Lebensmitteln im Rahmen von Interzonen-Handelsabkommen den besonders hart betroffenen Bevölkerungsschichten der sowjetisch besetzten Zone Deutschland angesichts der akuten Versorgungsschwierigkeiten beizustehen;
    c) über die Hilfe, die den geflüchteten Bauern und ihren Angehörigen durch Ansiedlung oder auf andere Weise gewährt wird.
    2. Die genannten Ausschüsse werden vom Bundestag beauftragt, dem Plenum so bald wie möglich schriftlich Bericht zu erstatten.
    Meine Damen und Herren! Wir möchten mit diesem Antrag dazu beitragen, daß wir alle dieser grausamen, heute einmal angeleuchteten Wirklichkeit ins Auge sehen und, soweit das geht, gemeinsam zu verhindern suchen, daß auch noch die von Haus und Hof Verdrängten bei nicht sachgemäßer Behandlung des Problems und der Menschen ein Faktor in der Rechnung des bolschewistischen Regimes werden. So schwer es wird, meine Damen und Herren, aber das soll unser Leitgedanke sein: Wir müssen unter allen Umständen menschlich und so handeln, daß wir es vor den unmittelbar Betroffenen und vor unserem ganzen Volke verantworten können.
    Im übrigen: Hilfe von außen — auf die wir bei der Lösung dieses Problems im großen wohl angewiesen sind — werden wir — auch das sollten wir uns mit allem Ernst sagen — nur dann und nur in dem Maße bekommen, in dem wir selbst das Äußerste an Hilfsbereitschaft einsetzen und in Bewegung bringen.

    (Beifall bei der SPD und bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Brookmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Brookmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir alle sind immer wieder erschüttert über die Skrupellosigkeit, über die Gefühlsroheit und über den Zynismus, den uns einige oder alle Vertreter der sogenannten kommunistischen Gruppe hier zeigen. Was wir heute aus dem Munde der Frau Strohbach gehört haben, ist so unerhört und widerspricht den Tatsachen in einer derartigen Weise, daß vor aller Öffentlichkeit einmal festgestellt werden muß — Gott sei Dank ist das in erheblichem Umfange bereits geschehen —, was sich seit Monaten und Jahren in der sowjetischen Besatzungszone abspielt, vor allen Dingen in den letzten Monaten abgespielt hat; und die Entwicklung wird zweifellos über die bäuerlichen Betriebe hinweg weiterrollen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bildung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften — es sind übrigens schon weit über 1000 - ist nicht der erste Schritt auf dem Wege der totalen Kollektivierung der Landwirtschaft in


    (Brookmann)

    der sowjetischen Besatzungszone. Das, was man am grünen Tisch schon seit Jahren im Hinblick auf das Ablieferungssoll ausgetüftelt hat, ist ein System, von dem man von Anfang an wußte, daß es von den bäuerlichen Betrieben nicht erfüllt werden konnte. Wenn vom 1. April vorigen Jahres bis einschließlich 21. Februar dieses Jahres allein 19 800 Bauern die Sowjetzone verlassen haben, um in die Bundesrepublik hineinzukommen, so muß das doch seinen Grund gehabt haben. Ich möchte die kommunistischen Vertreter einmal fragen, warum denn wohl diese Menschen nach dem Westen flüchten. Festgestellt werden kann doch wohl eines: daß bis zum heutigen Tage trotz der verlogenen sowjetischen Propaganda und der ihrer sowjetzonalen Satelliten kein einziger Bauer von hier etwa in die Ostzone abgewandert ist.
    Wie alle Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone stehen gerade auch diese Bauern vor der einen Frage: wollen sie wegen Sabotage angeklagt werden, wollen sie, wenn sie ihr Ablieferungssoll nicht erfüllt haben, in die Zuchthäuser und Konzentrationslager wandern, oder wollen sie die Freiheit wählen?
    Wie gesagt, es sind bis vor wenigen Tagen annähernd 20 000 gewesen, die seit dem 1. April des vorigen Jahres hierher gekommen sind. Nichts kennzeichnet wohl mehr die Verlogenheit jenes Terrorsystems als die Tatsache, daß man seit Jahren den Versuch unternommen hat, die eigentlichen Absichten der totalen Kollektivierung der Landwirtschaft zu tarnen. In welcher Weise man vorn ersten Tage an bis zur tatsächlichen Einführung der Kollektivierung das Vorhaben der radikalen Änderung der Agrarstruktur in der Sowjetzone tarnte und jede Kollektivierungsabsicht leugnete, verdient hier einmal festgehalten zu werden. Ich erinnere an den Art. 1 der Verordnung über die Bodenreform vom September 1945, wo es beispielsweise heißt:
    Der Grundbesitz soll sich in unserer deutschen
    Heimat auf feste, gesunde und produktive
    Bauernwirtschaften stützen, die Privateigentum ihrer Besitzer sind.
    Und der damalige Vorsitzende der Sozialistischen Einheitspartei, Herr Pieck, verkündete im Sommer 1946:
    Die SED setzt sich für die unbedingte Sicherung des bäuerlichen Privateigentums ein. Wir wollen dem Bauern die volle Selbständigkeit seiner Wirtschaft garantieren. Aus dieser Tatsache allein ergibt sich schon die Unsinnigkeit von der angeblich beabsichtigten Kollektivierung. Die Kollektivwirtschaften
    — so sagt er weiter —
    in der Sowjetunion entstanden auf Grund besonderer Bedingungen. Sie stellen eine besondere Form des Aufbaues der sowjetischen Landwirtschaft dar, die nicht auf Deutschland übertragen werden kann, weil hier andere Bedingungen vorliegen.
    Das noch 1946! Und 1950 verkündete Herr Grotewohl in der Volkskammer:
    Es muß als vollständig unbegründet bezeichnet werden, daß die Regierung der DDR Maßnahmen zur Kollektivierung ergreifen will. Das entspricht keineswegs den Absichten der Regierung.
    Und schließlich bestritt auch Herr Ulbricht auf dem dritten Parteitag der SED jede Kollektivierungsabsicht, indem er sagte:
    Die angloamerikanischen Militärgouverneure und die Bonner Schreiberlinge
    — das ist so der Jargon jener sauberen Herren auf der äußersten Linken —

    (Abg. Renner: Agent bleibt Agent — vornehm gesprochen!)

    versuchen, ihre Unfähigkeit dadurch zu verschleiern, daß sie den Bauern Westdeutschlands einzureden versuchen, aus der DDR drohe ihnen die Kollektivierung. In Wirklichkeit
    — so sagte Herr Ulbricht weiter —
    zeigt der Inhalt des Fünfjahresplans, daß wir
    unter Beibehaltung der bisherigen Landwirtschaftspolitik zu einer bedeutenden Steigerung
    der Erträgnisse kommen und kommen müssen.
    Welcher Hohn, meine Damen und Herren! Im
    Herzen Deutschlands liegt heute eine Fläche von
    über 200 000 Hektar brach neben zahlreichen Hundertausenden von Hektar jenseits der Oder-Neiße-
    Linie in dem von den Polen verwalteten Gebiet der früheren ostdeutschen Provinzen. Und dann der Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion auf Grund jener Experimente und die sehr schwierig gewordene Ernährungslage in der sogenannten DDR!
    Es ist sicherlich eine gute Sache, daß hier in Westdeutschland einmal in aller Öffentlichkeit über diese Dinge gesprochen wird. Ich stimme meinem Herrn Vorredner zu: Das Problem, das immer stärker auf uns zukommt, betrifft nicht nur die Bauern in Westdeutschland, sondern in der Tat uns alle. Denn auch uns droht dieses Schicksal, wenn wir nicht von uns aus die Kraft finden, diesem ungeheuerlichen Geschehen in dem abgetrennten Teil unseres Vaterlandes eines Tages ein Ende zu setzen. Es ist doch so, daß die Bauern in der sowjetischen Besatzungszone auf uns hier im Westen schauen. Wir sollten nichts unüberlegt lassen an Möglichkeiten, allen denen zu helfen, die zu uns herüberkommen, soweit ihnen im Rahmen der vertretbaren Möglichkeiten geholfen werden kann.

    (Abg. Renner: Beim nächsten Punkt stellt sich ja heraus, was bei euch möglich ist!)

    Ich habe den Wunsch, daß federführend das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen gemeinsam mit dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Beratungen über die uns heute betreffende brennende Frage fortsetzt: Was kann auf deutscher Seite in enger Zusammenarbeit mit allen bäuerlichen Verbänden geschehen, um die erste Not aller Menschen zu lindern, die in die Bundesrepublik einströmen, weil sie die Knechtschaft dort nicht länger ertragen können, weil sie genau so frei sein wollen wie wir. Sie alle, die zu uns kommen, wollen doch das gleiche wie wir: sie wollen den Frieden, und sie wollen auch die Freiheit.
    Die Bauern hier im Westen — das möchte ich abschließend sagen — können nur dann freie Bauern bleiben, wenn die Bauern in der Sowjetzone es wieder geworden sind. Das sollten wir alle uns merken und von uns aus nichts unversucht lassen, um die Bevölkerung in der Bundesrepublik darüber aufzuklären, welch ungeheuerliche, unheimliche Gefahr seit Jahren vom Osten, von der sowjetischen Besatzungszone her auf uns zudrängt. Wir müssen gewappnet sein, um dieser Gefahr eines Tages auch Herr zu werden.


    (Brookmann)

    Meine Fraktion hat sich gestern in einer Sitzung mit dieser Frage beschäftigt. Sie ist zu dem Beschluß gekommen, daß es unter keinen Umständen mit der Debatte, die wir heute führen, abgetan sein kann, sondern daß wir weiter über die Dinge unterrichtet werden müssen, vor allem darüber, was seitens der Bundesregierung zur Linderung der Not und zur Unterbringung jener Menschen, die hierher fliehen, geschehen kann. Unser Fraktionsbeschluß deckt sich also vollinhaltlich mit dem Antrag der Fraktion der SPD. Wir werden daher diesem Antrag zustimmen.

    (Beifall in der Mitte.)