Rede von
Anton
Eberhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle zunächst mit Befriedigung fest, daß der Herr Bundeskanzler in eigener Person die Große Anfrage der SPD beantwortet hat. Ich bedauere auf der anderen Seite, daß man sie erst rund zweieinhalb Monate, nachdem dieser Grenzzwischenfall passiert war, in diesem Hohen Hause behandelt hat. Ich glaube, der Vorfall ist so bedeutend, daß er es verdient hätte, früher auf die Tagesordnung gesetzt zu werden. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß der Landtag von Rheinland-Pfalz die Angelegenheit bereits am 18. November, also fünf Tage, nachdem der Grenzzwischenfall passiert war, im Plenum behandelt hat. Ich komme auf das Ergebnis dieser Verhandlung am Schluß meiner Ausführungen zurück.
Wenn das Ansehen und die Autorität der Bundesregierung nicht notleidend werden sollen, ist es erforderlich und auch höchste Zeit dafür, daß
Maßnahmen getroffen werden, die geeignet sind, zu verhüten, daß sich der Schweigener Vorfall vom 13. November 1952 wiederholt. Sollten sich Vorfälle dieser oder ähnlicher Art weiterhin ergeben, müßte man sich auf seiten Frankreichs darüber klar sein, daß damit das echte, von bestem Willen getragene deutsche Bestreben, ein dauerhaftes deutsch-französisches Freundschaftsverhältnis zu schaffen, zu fördern und zu vertiefen, stärkstens angeschlagen, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird. Wir sollten erwarten dürfen, nein, wir müssen sogar verlangen, daß französische Dienststellen die Souveränität eines anderen Landes selbstverständlich ebenso respektieren, wie wir das Frankreich gegenüber bis jetzt geübt haben. Der Schweigener Vorfall hat mit aller Deutlichkeit, aber auch mit aller Unmißverständlichkeit bewiesen, daß Frankreich zwar von Deutschland erwartet, daß es seine Kraft zur Verteidigung der westlichen Welt zur Verfügung stellt, daß es aber nicht bereit ist, uns Deutschen das Recht auf den Schutz unserer eigenen Brüder zuzugestehen, wie es das allen anderen Ländern gegenüber als etwas Selbstverständliches tut.
Das Schicksal der Grenzlandbewohner deutscherseits scheint nur aus Kummer, Duldung, Leid und Verzicht zu bestehen. Zu der Pflicht der Duldsamkeit der deutschen Grenzbewohner gehört es anscheinend auch, zusehen zu müssen, wie deutsche Grenzschutzbeamte, machtlos gemacht, zusehen müssen, wie seit Jahr und Tag junge deutsche Männer, die für die französische Fremdenlegion unter Zuhilfenahme von Mitteln, die nicht Rechtens und sogar völkerrechtswidrig sind, geworben und über die deutsche Grenze geschafft werden. Wollen wir unseren deutschen Grenzbewohnern die Zuversicht auf eine deutsche Souveränität nicht restlos rauben, dann müssen wir alles tun, um diesen unwürdigsten aller Zustände und Mißstände schnellstens, aber auch wirksam zu beseitigen.
Darüber hinaus soll aber auch die Tatsache, daß jährlich Tausende deutscher junger Menschen für die französische Fremdenlegion mit Erfolg angeworben werden, Verpflichtung genug für uns sein, zu prüfen, welcher Art diejenigen Gründe sind, die diese jungen Menschen veranlassen, diesen Schritt zu tun. Vielleicht stoßen wir bei dieser Prüfung auf eine Art von Gründen, zu deren Beseitigung wir durchaus die entsprechenden Möglichkeiten schaffen könnten.
Zweifellos ist man sich der Gefahr, die nach dieser Richtung unserer Jugend in den außerhalb der Grenzlandgebiete gelegenen Landesteilen droht, nicht in dem Maße bewußt, wie dies notwendig ist. Soviel weiß aber jeder, daß die französische Fremdenlegion eine Einrichtung ist, die schon seit Jahrzehnten besteht. Deshalb ist es auch eine Aufgabe ersten Ranges, daß alle Erziehungsberechtigten für die Jugend, sowohl im Elternhaus als auch in der Schule, sich verpflichtet fühlen, der Jugend diese ungeheure Gefahr in Wort und Schrift nahezubringen.
Zum Schluß möchte ich Ihnen in diesem Zusammenhang die Entschließung, die der Landtag Rheinland-Pfalz am 18. November 1952 gefaßt hat, zur Kenntnis bringen. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten gestatte ich mir, Ihnen diese Entschließung wörtlich vorzutragen:
Der Landtag von Rheinland-Pfalz anerkennt die bisherigen Bemühungen der Landesregierung, den Werbemaßnahmen für die Fremdenlegion zu begegnen. Er ersucht die Landes-
regierung, ihre Bemühungen durch Einleitung von Sofortmaßnahmen zu verstärken; insbesondere sollen Eltern, Erzieher, Jugendorganisationen und sonstige Verbände aufklären und ständig der Jugend die Gefahr der Fremdenlegion vor Augen halten. Darüber hinaus sollen Beratungs- und Fürsorgestellen sowie Überleitungsheime in den Grenzgebieten aus dem Willen aktiver Abwehr heraus geschaffen werden. Seitens der Bundesregierung ist mit besonderer Kraft dahingehend zu wirken, daß Frankreich von jeder Werbung für die Fremdenlegion Abstand nimmt, zumal die dabei angewandten Methoden sich auf keinen Fall mit der Schaffung überstaatlicher Organisationen in Verbindung bringen lassen.
Diese Entschließung — das möchte ich besonders betonen — ist von sämtlichen Fraktionen des Landtags Rheinland-Pfalz einstimmig und einmütig gefaßt worden. Ich hoffe und wünsche, daß dieses Hohe Haus sich ebenfalls zu einer Einmütigkeit wenigstens über diese Frage zusammenfindet. Wenn Sie das tun, dann leisten Sie wirklich dem deutschen Volke und im besonderen der Jugend einen Dienst, wofür Sie stets mit Dankbarkeit rechnen können.