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ID0124805700

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    6. Eberhard.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 248. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1953 11805 248. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1953. Geschäftliche Mitteilungen 11806B Begrüßung des neu in den Bundestag eingetretenen Abg. Paul Hans Jaeger (Essen) 11806C Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Neber 11806C Nächste Fragestunde, — Sperrfrist für eingehende Fragen 11806C Nachwahl des Abg. Dr. Schäfer zur Beratenden Versammlung des Europarats . 11806C Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Entwurf eines Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes (Nrn. 4025, 2158, 3822, 3984 der Drucksachen) 11806C Hoogen (CDU), Berichterstatter . 11806D Dr. Schäfer (FDP), (zur Geschäftsordnung) 11807D Abstimmung vertagt 11807D Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Art. 107 des Grundgesetzes (Nrn. 4026, 3769, 3950, 3985 der Drucksachen) 11806D, 11807D Dr. Spiecker, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen, Berichterstatter 11808D Beschlußfassung 11808C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 (Haushaltsgesetz 1953) (Nr. 4000 der Drucksachen) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1953 (Nr. 4006 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin (Nr. 4004 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz in den Rechnungsjahren 1953, 1954 und 1955 (Nr. 4005 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes (Nr. 4007 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der zweiten Beratung des von den Abg. Dr. Bertram, Hagge, Juncker u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Investitionshilfegesetzes (Nr. 3863 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 3923 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Erhöhung der Dienstbezüge um 20 v. H. (Nr. 3941 der Drucksachen) sowie mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage des Gesetzentwurfs über die Gewährung einer ruhegehaltfähigen Zulage an Richter (Nr. 3942 der Drucksachen) 11808C Neuburger (CDU) 11809A Dr. Gülich (SPD) . . . . 11812D, 11853A Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . 11820D Jaffé (DP) 11822C Freiherr von Aretin (FU) . . . 1182613 Renner (KPD) 11827C, 11854A Hoffmann (Lindlar) (FU) . . . . 11832A Funcke (FDP) 11833C Horn (CDU) 11835B Richter (Frankfurt) (SPD) . . . 11838D Storch, Bundesminister für Arbeit 11842A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 11843A Arndgen (CDU) 11845A Dr. Wuermeling (CDU) 11846C Loritz (Fraktionslos) 11850D Dr. Schellenberg (SPD) 11854D Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4000 der Drucksachen an den Haushaltsausschuß 11855B Überweisung der Gesetzentwürfe Nrn. 4006 und 4004 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und den Ausschuß für Berlin 11855C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4005 der Drucksachen an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 11855C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4007 der Drucksachen an den Ausschuß für Arbeit und an den Haushaltsausschuß 11855D Annahme des Antrags des 13. Ausschusses Nr. 3923 der Drucksachen und Ablehnung des Antrags Nr. 3863 der Drucksachen 11855D Überweisung der Anträge Nrn. 3941 und 3942 an den Beamtenrechts- und den Haushaltsausschuß 11855D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Grenzzwischenfall Schweigen (Nr. 3864 der Drucksachen) 11856A Jacobs (SPD), Anfragender . . . 11856A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 11857D Paul (Württemberg) (SPD) . . 11859A Eberhard (FDP) 11860B Becker (Pirmasens) (CDU) . . . 11861B Niebergall (KPD) 11863A Erste Beratung des von den Abg. Dr. Frey, Merten, Frühwald und Gen. einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung (Nr. 4022 der Drucksachen) . . . 11863D Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Haushaltsausschuß . . . 11863D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Bundesanstalt für Flugsicherung (Nr. 3696 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 4012 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Kreyssig, Marx, Seuffert, Wönner und Gen. betr. Werftbetrieb der „Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf" (Nr. 3957 [neu] der Drucksachen) . . 11863D Cramer (SPD), Berichterstatter . . 11864A Müller (Frankfurt) (KPD) . . . . 11864B Abstimmungen zum Antrag des 27. Aus- schusses (Nr. 4012 der Drucksachen) 11864D Überweisung des Antrags Nr. 3957 [neu] der Drucksachen an den Verkehrsausschuß 11865A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Auslieferungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich (Nr. 359,9 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 4008 der Drucksachen) 11865A Rückverweisung an den Rechtsausschuß 11865B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Nrn. 4009, 3790 der Drucksachen) 11865B Massoth (CDU), Berichterstatter 11865B Beschlußfassung 11865D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (32. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Frau Dr. Steinbiß u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzes zur Ordnung des Hebammenwesens (Nrn. 4011, 3777 der Drucksachen) 11865D Frau Heiler (CDU), Berichterstatterin 11866A Beschlußfassung 11866C Nächste Sitzung 11866C Die Sitzung wird um 13 Uhr 36 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Ernst Paul


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Fall Schweigen, der Gegenstand der Großen Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion war, die der Herr Bundeskanzler in dankenswerter Weise beantwortet hat, ist nur eine Folge. Hinter diesem Fall verbirgt sich in seiner ganzen schrecklichen Größe das Problem der Fremdenlegion, ein Problem, mit dem sich die deutsche Öffentlichkeit in weitem Umfang beschäftigt. Es vergeht keine Tagung der Jugendverbände und der überparteilichen Jugendringe, ohne daß der laute Ruf ertönt, es möge endlich einmal Schluß gemacht werden mit diesem System der Werbung von Landsknechten nach Methoden des finstersten Mittelalters.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist notwendig, daß sich auch der Deutsche Bundestag diese Forderung zu eigen macht. Die französische Fremdenlegion hat sich als bevorzugtes Rekrutierungsgebiet die Bundesrepublik auserwählt. Immer wieder müssen wir erfahren, daß junge Männer, oft nur Jugendliche im Alter von 17, 18 und 19 Jahren, plötzlich verschwunden sind. Die Angehörigen sind oft wochen- und monatelang ohne Nachricht und sind von bitterer Sorge erfüllt. Dann kommt plötzlich eine Postkarte aus Nordafrika, die Kunde bringt, wo sich diese Menschen befinden.
    In meinem engeren Wirkungsgebiet sind allein in einer einzigen Gemeinde, in der Gemeinde Wernau im Kreise Eßlingen, binnen weniger Wochen im letzten Herbst fünf Jugendliche im Alter von 19 Jahren verschwunden und, wie sich später erwies, den schrecklichen Weg in die Fremdenlegion gegangen. Einer dieser jungen Menschen hinterließ eine Mutter, deren Gatte bei einem Arbeitsunfall im letzten Sommer das Leben verlor. Sie sitzt jetzt da mit zwei schulpflichtigen Kindern, und die Hoffnung, daß der Jugendliche, der in Arbeit stand, ihr eine Stütze sein würde, ist zerschellt. Ähnliche Dinge können wir Woche um Woche aus anderen Teilen der Bundesrepublik hören. In der Hauptsache sind es junge arbeitslose Menschen, Menschen, denen ein schützendes Heim fehlt oder deren Heim nicht zufriedenstellend ist, die der Werbung zum Opfer fallen.
    Die Methoden der Werbung sind immer die gleichen. Auf den Bahnhöfen, in Gaststätten, auf Rummelplätzen, ja auf der Straße gesellen sich die Werber zu jungen Menschen. Sie spenden freigebig Alkohol, sie erzählen verlogen von einem Leben voller Romantik, von Binnenbetörenden Frauen, die da in der Ferne winken, und von feurigem Wein, der unter den Palmen des Südens genossen werden kann. Dann gibt es eine Autofahrt, deren Endziel eine französische Kaserne ist. Der Werber kassiert sein Kopfgeld. Der junge Mensch aber geht einen fürchterlichen Weg einer schrecklichen Zukunft entgegen.
    Der Menschenschmuggel über die Grenze vollzieht sich dann nach dem Rezept von Schweigen. Es gibt nicht nur diese eine Grenzübertrittsstelle. Ich habe den dokumentarischen Nachweis — in einem Faksimile ist er festgehalten —, daß allein über die Grenzübergangsstelle Bergzabern in der Zeit vom 16. Juli bis zum 13. November des vergangenen Jahres 28 solche Transporte über die Grenze gegangen sind, und zwar mit Fahrzeugen der Besatzungsmacht — die Nummern und die Zeit sind registriert —, in denen die flüchtig eingekleideten, als fremde Staatsbürger camouflierten und zum Schweigen verpflichteten jungen Menschen über die Grenze gebracht wurden. Im Falle Bergzabern waren es in der Zeit von knapp vier Monaten nahezu 400 solche junge Menschen. In den Kasernen in Landau und Freiburg sind Werbestellen; eine große Werbezentrale, die in Offenburg war, wurde aufgelassen. Die deutschen Behörden dieses Kreises schätzen die Zahl der Jugendlichen, die seit dem Bestehen dieser Werbestellen dort angelaufen sind, einschließlich der Abgewiesenen auf 75 000. Jetzt ist die Hauptwerbestelle auf die andere Seite des Rheins verlegt worden. Straßburg ist nicht nur die Stadt des europäischen Geistes, sondern leider auch eine Stadt skandalösen Menschenhandels.
    Es ist grotesk, daß der Transport, sofern er sich nicht in geschlossener Form vollzieht, mit Freifahrscheinen vorgenommen wird, die auf Besatzungskosten verrechnet werden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Es ist doppelt grotesk, daß die einzigen Jugendlichen, die sich eines Jugendpasses erfreuen bzw. ihn nicht benötigen, die jungen Menschen sind, die sich für die Fremdenlegion interessieren oder anwerben lassen. Die Zahl der Deutschen, die in der Fremdenlegion sind, ist hier schon schätzungsweise genannt worden. Die Schätzungen schwanken zwischen 80 000 und 100 000 Menschen. Jede Woche geht eine kriegsstarke Kompanie nach Nordafrika und von dort in den Dschungelkrieg, wo Tod und Seuchen harren. Ich möchte über das Leben in der Fremdenlegion keine Einzelheiten hier vortragen. Wir alle kennen sie.
    Ich möchte auch zugeben, daß nicht alle diese Jugendlichen den Werbern verfallen. Es gibt auch solche, die freiwillig gehen, gedrängt durch widrige soziale Verhältnisse. Die Zahl der sogenannten Kriminellen, die sich darunter befinden, ist relativ bescheiden. Wenn man deren Kriminalität näher untersuchte, würde man sehr bald finden, welche Ursachen sie hat, respektive wie bagatellmäßig sie ist, wie sie im Grunde genommen für uns eine Fürsorgeaufgabe darstellt. Arbeitslosigkeit und Entwurzelung sind weitere Ursachen. Oft wird von ungünstigen Familienverhältnissen gesprochen. Mag sein, daß sie da sind. Aber wenn man diese untersucht, findet man, daß es vor allem das Wohnungselend ist, das junge Menschen aus der Familie treibt. Wie viele Jugendliche, so müssen wir uns doch fragen, wenn sie nicht den Schichten jener entstammen, die auf der Sonnenseite des Lebens geboren sind, haben ein eigenes Zimmer, in dem sie einmal in Ruhe ein Buch lesen können oder in Ruhe eine Stunde für sich sein können? Zugegeben, manche andere verfallen — und das ist nicht minder bedenklich — den Lockungen verlogener Filme oder schundiger Schriften.
    Das alles in seiner Summe muß uns Aufgaben stellen. Wir haben eine doppelte Aufgabe. Die erste ist, durch einen entsprechenden Beschluß des Bundestages die Werbung zu unterbinden. Ich begrüße die Maßnahmen, die vom Rechtsausschuß des Bundestages heute ergriffen worden sind. Ich hoffe nur, daß bald der entsprechende Beschluß in diesem Hause gefaßt wird. Ich begrüße auch die Bemühungen, die von der Bundesregierung unternommen werden, über die uns der Herr Bundeskanzler hier berichtet hat. Ich hoffe, sie werden fortgesetzt, und ich hoffe, wir werden über die Ergebnisse auch unterrichtet werden.


    (Paul [Württemberg])

    Ich appelliere auch an Frankreich, Frankreich möge verstehen, wie unmoralisch doch diese Handlung ist und wie sehr das Verhältnis zwischen beiden Völkern durch diese Akte vergiftet wird. Es möge von sich aus auf das Mittel einer nicht zu rechtfertigenden Werbung verzichten. Es genügt nicht, daß man in Straßburg mit tönenden Worten der Konvention über die Menschenrechte die Zustimmung gibt. Es ist notwendig, daß auch überall im Geiste der Menschenrechte gehandelt wird.

    (Beifall bei der SPD und in der Mitte.)

    Wir kämpfen gegen den Menschenraub im Osten. Wir haben auch die Verpflichtung, gegen den Menschenraub in der Form der Werbung für die Fremdenlegion zu kämpfen.
    Daneben haben wir eine zweite Aufgabe zu erfüllen. Wir haben vermehrte Aufklärungsarbeit in der ganzen deutschen Öffentlichkeit und vor allem unter der Jugend zu leisten. Ich möchte daher von dieser Stelle aus alle Jugendverbände, die sich dieser Aufklärungsarbeit besonders zu widmen gedenken, zu dieser Tätigkeit nachdrücklichst ermuntern.
    Wir haben aber auch noch mehr zu tun, um Arbeit und Wohnraum für die sogenannte entwurzelte Jugend zu schaffen. Es ist bedauerlich, daß ein erheblicher Teil der Jugend des deutschen Volkes noch nicht das richtige Verhältnis zur Bundesrepublik gefunden hat. Diese Tatsache weist uns auf Pflichten hin, die wir zu erfüllen haben. Wir haben uns zu kümmern um die Abgewiesenen, die nun auf den Landstraßen lungern, wir haben uns auch zu kümmern um jene leider sehr geringe Zahl der heimkehrenden Entlassenen, die oft für das ganze Leben gezeichnet sind. Es handelt sich dabei um wertvolles deutsches Volksgut. Das darf nicht verlorengehen. Wir können uns den Luxus nicht erlauben, daß junge Menschen, sei es infolge Anwerbung, sei es aus einem Akt der Verzweiflung, außer Landes gehen. Wir müssen alles tun, um sie unserem Staat, unserer Wirtschaft und unserem Volk zu erhalten.
    Darum hoffe ich, daß die heutige Aussprache eine ernste Mahnung, zugleich aber auch den ersten Schritt auf dem Weg zum Handeln darstellt.

    (Beifall bei der SPD und den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Eberhard.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Anton Eberhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle zunächst mit Befriedigung fest, daß der Herr Bundeskanzler in eigener Person die Große Anfrage der SPD beantwortet hat. Ich bedauere auf der anderen Seite, daß man sie erst rund zweieinhalb Monate, nachdem dieser Grenzzwischenfall passiert war, in diesem Hohen Hause behandelt hat. Ich glaube, der Vorfall ist so bedeutend, daß er es verdient hätte, früher auf die Tagesordnung gesetzt zu werden. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß der Landtag von Rheinland-Pfalz die Angelegenheit bereits am 18. November, also fünf Tage, nachdem der Grenzzwischenfall passiert war, im Plenum behandelt hat. Ich komme auf das Ergebnis dieser Verhandlung am Schluß meiner Ausführungen zurück.
    Wenn das Ansehen und die Autorität der Bundesregierung nicht notleidend werden sollen, ist es erforderlich und auch höchste Zeit dafür, daß
    Maßnahmen getroffen werden, die geeignet sind, zu verhüten, daß sich der Schweigener Vorfall vom 13. November 1952 wiederholt. Sollten sich Vorfälle dieser oder ähnlicher Art weiterhin ergeben, müßte man sich auf seiten Frankreichs darüber klar sein, daß damit das echte, von bestem Willen getragene deutsche Bestreben, ein dauerhaftes deutsch-französisches Freundschaftsverhältnis zu schaffen, zu fördern und zu vertiefen, stärkstens angeschlagen, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird. Wir sollten erwarten dürfen, nein, wir müssen sogar verlangen, daß französische Dienststellen die Souveränität eines anderen Landes selbstverständlich ebenso respektieren, wie wir das Frankreich gegenüber bis jetzt geübt haben. Der Schweigener Vorfall hat mit aller Deutlichkeit, aber auch mit aller Unmißverständlichkeit bewiesen, daß Frankreich zwar von Deutschland erwartet, daß es seine Kraft zur Verteidigung der westlichen Welt zur Verfügung stellt, daß es aber nicht bereit ist, uns Deutschen das Recht auf den Schutz unserer eigenen Brüder zuzugestehen, wie es das allen anderen Ländern gegenüber als etwas Selbstverständliches tut.
    Das Schicksal der Grenzlandbewohner deutscherseits scheint nur aus Kummer, Duldung, Leid und Verzicht zu bestehen. Zu der Pflicht der Duldsamkeit der deutschen Grenzbewohner gehört es anscheinend auch, zusehen zu müssen, wie deutsche Grenzschutzbeamte, machtlos gemacht, zusehen müssen, wie seit Jahr und Tag junge deutsche Männer, die für die französische Fremdenlegion unter Zuhilfenahme von Mitteln, die nicht Rechtens und sogar völkerrechtswidrig sind, geworben und über die deutsche Grenze geschafft werden. Wollen wir unseren deutschen Grenzbewohnern die Zuversicht auf eine deutsche Souveränität nicht restlos rauben, dann müssen wir alles tun, um diesen unwürdigsten aller Zustände und Mißstände schnellstens, aber auch wirksam zu beseitigen.
    Darüber hinaus soll aber auch die Tatsache, daß jährlich Tausende deutscher junger Menschen für die französische Fremdenlegion mit Erfolg angeworben werden, Verpflichtung genug für uns sein, zu prüfen, welcher Art diejenigen Gründe sind, die diese jungen Menschen veranlassen, diesen Schritt zu tun. Vielleicht stoßen wir bei dieser Prüfung auf eine Art von Gründen, zu deren Beseitigung wir durchaus die entsprechenden Möglichkeiten schaffen könnten.
    Zweifellos ist man sich der Gefahr, die nach dieser Richtung unserer Jugend in den außerhalb der Grenzlandgebiete gelegenen Landesteilen droht, nicht in dem Maße bewußt, wie dies notwendig ist. Soviel weiß aber jeder, daß die französische Fremdenlegion eine Einrichtung ist, die schon seit Jahrzehnten besteht. Deshalb ist es auch eine Aufgabe ersten Ranges, daß alle Erziehungsberechtigten für die Jugend, sowohl im Elternhaus als auch in der Schule, sich verpflichtet fühlen, der Jugend diese ungeheure Gefahr in Wort und Schrift nahezubringen.
    Zum Schluß möchte ich Ihnen in diesem Zusammenhang die Entschließung, die der Landtag Rheinland-Pfalz am 18. November 1952 gefaßt hat, zur Kenntnis bringen. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten gestatte ich mir, Ihnen diese Entschließung wörtlich vorzutragen:
    Der Landtag von Rheinland-Pfalz anerkennt die bisherigen Bemühungen der Landesregierung, den Werbemaßnahmen für die Fremdenlegion zu begegnen. Er ersucht die Landes-


    (Eberhard)

    regierung, ihre Bemühungen durch Einleitung von Sofortmaßnahmen zu verstärken; insbesondere sollen Eltern, Erzieher, Jugendorganisationen und sonstige Verbände aufklären und ständig der Jugend die Gefahr der Fremdenlegion vor Augen halten. Darüber hinaus sollen Beratungs- und Fürsorgestellen sowie Überleitungsheime in den Grenzgebieten aus dem Willen aktiver Abwehr heraus geschaffen werden. Seitens der Bundesregierung ist mit besonderer Kraft dahingehend zu wirken, daß Frankreich von jeder Werbung für die Fremdenlegion Abstand nimmt, zumal die dabei angewandten Methoden sich auf keinen Fall mit der Schaffung überstaatlicher Organisationen in Verbindung bringen lassen.
    Diese Entschließung — das möchte ich besonders betonen — ist von sämtlichen Fraktionen des Landtags Rheinland-Pfalz einstimmig und einmütig gefaßt worden. Ich hoffe und wünsche, daß dieses Hohe Haus sich ebenfalls zu einer Einmütigkeit wenigstens über diese Frage zusammenfindet. Wenn Sie das tun, dann leisten Sie wirklich dem deutschen Volke und im besonderen der Jugend einen Dienst, wofür Sie stets mit Dankbarkeit rechnen können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)