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ID0124802500

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    6. Horn.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 248. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1953 11805 248. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1953. Geschäftliche Mitteilungen 11806B Begrüßung des neu in den Bundestag eingetretenen Abg. Paul Hans Jaeger (Essen) 11806C Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Neber 11806C Nächste Fragestunde, — Sperrfrist für eingehende Fragen 11806C Nachwahl des Abg. Dr. Schäfer zur Beratenden Versammlung des Europarats . 11806C Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Entwurf eines Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes (Nrn. 4025, 2158, 3822, 3984 der Drucksachen) 11806C Hoogen (CDU), Berichterstatter . 11806D Dr. Schäfer (FDP), (zur Geschäftsordnung) 11807D Abstimmung vertagt 11807D Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Art. 107 des Grundgesetzes (Nrn. 4026, 3769, 3950, 3985 der Drucksachen) 11806D, 11807D Dr. Spiecker, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen, Berichterstatter 11808D Beschlußfassung 11808C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 (Haushaltsgesetz 1953) (Nr. 4000 der Drucksachen) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1953 (Nr. 4006 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin (Nr. 4004 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz in den Rechnungsjahren 1953, 1954 und 1955 (Nr. 4005 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes (Nr. 4007 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der zweiten Beratung des von den Abg. Dr. Bertram, Hagge, Juncker u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Investitionshilfegesetzes (Nr. 3863 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 3923 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Erhöhung der Dienstbezüge um 20 v. H. (Nr. 3941 der Drucksachen) sowie mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage des Gesetzentwurfs über die Gewährung einer ruhegehaltfähigen Zulage an Richter (Nr. 3942 der Drucksachen) 11808C Neuburger (CDU) 11809A Dr. Gülich (SPD) . . . . 11812D, 11853A Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . 11820D Jaffé (DP) 11822C Freiherr von Aretin (FU) . . . 1182613 Renner (KPD) 11827C, 11854A Hoffmann (Lindlar) (FU) . . . . 11832A Funcke (FDP) 11833C Horn (CDU) 11835B Richter (Frankfurt) (SPD) . . . 11838D Storch, Bundesminister für Arbeit 11842A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 11843A Arndgen (CDU) 11845A Dr. Wuermeling (CDU) 11846C Loritz (Fraktionslos) 11850D Dr. Schellenberg (SPD) 11854D Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4000 der Drucksachen an den Haushaltsausschuß 11855B Überweisung der Gesetzentwürfe Nrn. 4006 und 4004 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und den Ausschuß für Berlin 11855C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4005 der Drucksachen an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 11855C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4007 der Drucksachen an den Ausschuß für Arbeit und an den Haushaltsausschuß 11855D Annahme des Antrags des 13. Ausschusses Nr. 3923 der Drucksachen und Ablehnung des Antrags Nr. 3863 der Drucksachen 11855D Überweisung der Anträge Nrn. 3941 und 3942 an den Beamtenrechts- und den Haushaltsausschuß 11855D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Grenzzwischenfall Schweigen (Nr. 3864 der Drucksachen) 11856A Jacobs (SPD), Anfragender . . . 11856A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 11857D Paul (Württemberg) (SPD) . . 11859A Eberhard (FDP) 11860B Becker (Pirmasens) (CDU) . . . 11861B Niebergall (KPD) 11863A Erste Beratung des von den Abg. Dr. Frey, Merten, Frühwald und Gen. einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung (Nr. 4022 der Drucksachen) . . . 11863D Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Haushaltsausschuß . . . 11863D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Bundesanstalt für Flugsicherung (Nr. 3696 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 4012 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Kreyssig, Marx, Seuffert, Wönner und Gen. betr. Werftbetrieb der „Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf" (Nr. 3957 [neu] der Drucksachen) . . 11863D Cramer (SPD), Berichterstatter . . 11864A Müller (Frankfurt) (KPD) . . . . 11864B Abstimmungen zum Antrag des 27. Aus- schusses (Nr. 4012 der Drucksachen) 11864D Überweisung des Antrags Nr. 3957 [neu] der Drucksachen an den Verkehrsausschuß 11865A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Auslieferungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich (Nr. 359,9 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 4008 der Drucksachen) 11865A Rückverweisung an den Rechtsausschuß 11865B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Nrn. 4009, 3790 der Drucksachen) 11865B Massoth (CDU), Berichterstatter 11865B Beschlußfassung 11865D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (32. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Frau Dr. Steinbiß u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzes zur Ordnung des Hebammenwesens (Nrn. 4011, 3777 der Drucksachen) 11865D Frau Heiler (CDU), Berichterstatterin 11866A Beschlußfassung 11866C Nächste Sitzung 11866C Die Sitzung wird um 13 Uhr 36 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Oscar Funcke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gülich hat bei den Darlegungen des Herrn Bundesfinanzministers vermißt, daß er sich nicht dazu entschlossen hat, all denen einen Dank auszusprechen, die vor ihm in den Gemeinden, in den Ländern, in den Zonenräten und dergleichen an der Wiederaufrichtung Deutschlands mitgewirkt haben. Nun, ich glaube, diesen Dank wird jeder vernünftige Mensch aussprechen müssen; aber ich habe die Befürchtung, daß die Ausführungen des Herrn Kollegen Gülich darauf ab- zielten, damit den Dank zu verkleinern,

    (Sehr richtig! bei der FDP)

    den wir der Bundesregierung für den Aufbau schuldig zu sein glauben, den sie in ihrer Verwaltung und ihren Ministerien seit dem Beginn ihrer Existenz durchgeführt hat.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Ich glaube auch, daß wir allen Grund haben, das zu unterstreichen, was der Herr Bundesfinanzminister über die außerordentlichen Schwierigkeiten, die diesem Aufbau entgegenstanden, ausgeführt hat, ohne daß wir nötig haben, diese Ausführungen nun unsererseits zu wiederholen.
    Ich möchte nun auf ein Wort des Herrn Bundesfinanzministers zurückkommen. Als er von der Verstädterung sprach, sagte er:
    Je enger die Menschen zusammenwohnen, desto mehr vermehren sich die gemeinschaftlichen Institutionen.
    Ich glaube, das ist gerade ein Charakteristikum der Zeit, in der wir leben, in der sich ja dieses engere Zusammenleben nicht allein durch die natürliche Vermehrung ergeben hat, sondern insbesondere durch den Zustrom der Vertriebenen, der Flüchtlinge und dergleichen. Aber nicht nur des-


    (Funcke)

    wegen ist diese Verengung eingetreten, weil es an sich mehr Menschen sind, sondern auch deshalb, weil sich die Beziehungen der Menschen untereinander in dem Problem der Arbeitsteilung und Arbeitsvereinigung immer weiter verdichten, so daß es eine naturgegebene Tatsache zu sein scheint, daß eine sich entwickelnde zivilisatorische Gesellschaft jetzt endlich zu einer größeren Regierung und Verwaltung kommen muß.
    Wenn ich jetzt zu dem Haushalt als solchem kurz Stellung nehmen soll, so ist formal zu bemerken, daß eine neue Form gewählt worden ist, die als eine Verbesserung anzusehen ist. Allerdings möchte ich schon nach einer kurzen Durchsicht sagen, daß die Durchorganisation dieser neuen Form noch nicht in allen Verwaltungen zu einer Gleichheit der Haushaltspläne geführt hat, insbesondere auch bezüglich der Erläuterungen, und daß die Erläuterungen in vielen Fällen nicht ausreichend sind. Ich bedauere also, feststellen zu müssen, daß wir im Haushaltsausschuß dazu noch sehr viele Fragen werden stellen müssen.
    Der Nachtrag 1952 ist als ein Verwaltungsnachtrag bezeichnet worden. Er 'hatte den Zweck, im wesentlichen den Ausbau der Verwaltung in ihrer Gliederung und in der richtigen Stellenbesetzung durchzuführen. Trotz des Willens zur Sparsamkeit haben wir uns im Haushaltsausschuß auch gegen manchen 'Kollegen aus der Koalition auf den Standpunkt gestellt, daß wir bereit sind, diese Komplettierung der Verwaltung durchzuführen und die Bewilligungen dazu auszusprechen. Der Haushalt 1953 zeigt infolgedessen auf den eigentlichen Verwaltungsgebieten keine so wesentliche Vermehrung mehr, wenn auch z. B. beim Statistischen Bundesamt und bei der Bundesschuldenverwaltung, auf die ich noch zurückkommen werde, und in einigen anderen Haushalten noch erhebliche Vermehrungen da sind, einige neue Verwaltungen geschaffen werden und Ausgliederungen stattfinden müssen. Wir hoffen, daß damit, immer abgesehen von neuen Aufgaben, der Aufbau der Verwaltung einen gewissen Abschluß gefunden hat. Wir hoffen, daß damit ein Vergleich der Haushaltsausgaben der einzelnen Jahre in Zukunft erleichtert wird, und wir hoffen, daß damit auch eine Verringerung der einmaligen Ausgaben insofern eintritt, als nunmehr gewisse Einrichtungen der Büros und der Verwaltungen geschaffen worden sind. Allerdings glauben wir, daß es auf der andern Seite voraussichtlich noch eine lange Zeit und die Aufwendung erheblicher Mittel bedingt, eine einwandfreie Unterbringung und damit einen reibungslosen Verlauf der Verwaltungen sicherzustellen, die Beamten umzusiedeln und dergleichen.
    Die Höhe des Gesamthaushaltsplans ist des öfteren hier erwähnt worden. Diese Höhe ist an sich erschreckend, und doch glaube ich, feststellen zu sollen und zu können, daß wir auf der andern Seite bei allen Verhandlungen im Haushaltsausschuß und an anderen Stellen immer wieder die Empfindung haben, daß gerade der Bundesfinanzminister einer Erhöhung der Kosten mit der allergrößten Strenge entgegentritt und daß er nur das zuläßt, was zum Funktionieren der Verwaltung unbedingt notwendig ist. Wenn wir uns in diesem Hause oft entschließen müssen, gewisse neue Bewilligungen auszusprechen oder aber Bewilligungen aller möglichen Art, insbesondere auch sozialer Art, durch Aufstockung zu erweitern, so kommt das natürlich zwangsweise in den Haushalt hinein.
    Nun hat Herr Kollege Gülich einige Positionen aus der Einnahmenseite herausgegriffen und hier angeführt. Er hat von den 740 Millionen gesprochen, die durch Abgabe von Schuldverschreibungen an die Rentenversicherungsanstalt und die Arbeitslosenversicherung aufgebracht werden, aber im ordentlichen Haushalt Verwendung finden sollen. 'Er hat weiter von 'den 250 Millionen gesprochen, die aus ¡den ERP-Mitteln ebenfalls in den ordentlichen Haushalt aufgenommen werden sollen. Dazu kommen dann noch 'die 950 Millionen aus der Ermäßigung der Einkommen- und Körperschaftsteuer, die nur 'angekündigt worden sind, und, was Herr Kollege Gülich wohl nicht 'berücksichtigt hat, die 1309 Millionen, die infolge Nichteinsetzung des Defizits aus 1951 im Haushalt fehlen. Das sind ganz gewaltige Summen, und wir werden uns von unserer Fraktion 'aus im Haushaltsausschuß mit diesen Fragen sehr eingehend beschäftigen, ohne daß wir 'dazu heute schon abschließend Stellung nehmen können. Aber auf der andern Seite möchten wir doch unserer Ansicht dahingehend Ausdruck geben, daß es in einer Zeit wie der jetzigen, in der die Finanznot so ganz besonders groß ist, Möglichkeiten geben muß, einen Teil der Lasten der Jetztzeit abzunehmen und sie auf spätere Generationen zu verteilen, die dann vielleicht durch Verringerung der Kriegsfolgelasten und infolge anderer Ersparnisse nicht mehr so mit Lasten bedacht sind, wie das bei uns augenblicklich der Fall ist.
    Ich darf aus dem Haushaltsplan noch ein paar Fragen anführen. So möchte ich zunächst auf die Bundesfinanzverwaltung — Zoll — zurückkommen, worin wir zur Zeit 39 332 Beamte, Hilfskräfte, Angestellte und solche im Vorbereitungsdienst vorfinden. Das entspricht mit ihren Angehörigen einer Stadt von 100 000 Einwohnern. Ich glaube, schon diese kurze Bemerkung bringt die ganz besondere Dringlichkeit des Problems zum Ausdruck, daß ein Land von der Größe der Bundesrepublik nicht mehr in der Lage ist, sich auf die Dauer dem Aufgehen in eine größere Gemeinschaft zu entziehen, wobei dann wenigstens ein Teil dieser immerhin beträchtlichen Mengen von Verwaltungsarbeit entfallen würde.
    Die Bundesvermögensverwaltung hat insgesamt eine Einnahme von 75 499 300 DM und eine Ausgabe von 76 987 400 DM außer den einmaligen Ausgaben, in deren 32 018 400 DM sicherlich auch ein ganz Teil Kosten stecken, die nicht als Vermögensvermehrung anzunehmen sind. Wir stehen auf dem Standpunkt, 'daß versucht werden muß, dort, wo die Bundesverwaltung Vermögensteile hat, die sie infolge ihrer hohen Verwaltungskosten nicht rentabel ausnutzen kann, derartige Vermögensteile in größerem Umfange wieder in die Privatwirtschaft zu überführen, wo sie rentabel verwendet werden können und Steuermittel einbringen, anstatt jetzt durch ihre Verwaltungskosten die Einnahmen aufzuzehren.
    Eine Sorge habe ich auch wegen des Verkehrsministeriums. Dort sind dankenswerterweise immerhin erhebliche Summen, für Binnenwasserstraßen von über 85 Millionen, Seewasserstraßen von 27 Millionen und Fernverkehrsstraßen von 155 Millionen DM, aufgewendet worden. Aber die Vorbehaltsbeträge sind da in einem enormen Maße angewachsen, bei den 'Binnenwasserstraßen auf 320 Millionen, also fast das Vierfache des normalen Haushalts, bei den Seewasserstraßen auf 114 Millionen, mehr als das Vierfache, und bei den Fern-


    (Funcke)

    verkehrsstraßen auf etwa das Eineinhalbfache, wobei allerdings die großen Posten ausgelassen worden sind. Es wird sich vielleicht empfehlen, auch im Haushaltsausschuß und im Verkehrsausschuß darüber zu beraten, ob es richtig ist, so viele Projekte auf einmal anzufangen — obgleich natürlich Binnenwasserstraßen und Seewasserstraßen in ihrem Ausbau immer erhebliche Zeiträume in Anspruch nehmen —, oder nicht besser, weniger davon anzufangen und diese schneller zu vollenden.
    Auf das Darlehen an die Bundesbahn ist mein Kollege Herr Dr. Blank schon zurückgekommen. Ich möchte da auf meine Ausführungen zu der ersten Lesung des Nachtragshaushalts 1952 verweisen.
    Bei dem Verteidigungshaushalt ist der Ansatz von 9 Milliarden DM begründet worden als drei mal 850 Millionen und neun mal 716 Millionen, mit also insgesamt zunächst 9 Milliarden. Das sind 1200 Millionen Mark weniger als die uns früher mitgeteilten 850 Millionen, in 12 Monaten angegeben mit 10 200 Millionen, außerdem die 910 Millionen nicht anrechnungsfähige Lasten. Da hier anrechnungsfähige Kosten nicht berücksichtigt sind, sondern die Begründung für die Ermäßigung von 850 Millionen auf 716 Millionen mit einer geringeren Leistungsfähigkeit Deutschlands gegeben worden ist, wird noch zu prüfen sein, ob es möglich sein wird, noch weitere anrechnungsfähige Kosten zu berücksichtigen. Jedoch werden darüber die Verhandlungen wahrscheinlich in der nächsten Zeit noch nicht abgeschlossen werden, auch nicht in der Zeit, bis zu der wir hoffen, den Haushaltsplan in die zweite und dritte Lesung bringen zu können.
    Die Völker seufzen unter den Steuerlasten, die, wie der Herr Bundesfinanzminister errechnet hat, in der Bundesrepublik 37 % des Sozialprodukts betragen. Daß sie aufgebracht werden können, wenn auch in vielen Wirtschaftszweigen im Augenblick noch auf Kosten der Substanz — worauf ich in der ersten Lesung des Nachtragshaushalts schon hingewiesen habe —, ist nur bei der weitgehenden Rationalisierung möglich, die es mit sich bringt, daß immer weniger Kräfte erforderlich sind, um den notwendigen Lebensbedarf — auch bei weiter Auslegung dieses Begriffes — herzustellen. An dem schnellen Fortschritt dieser Rationalisierung hängt die Erträglichkeit der Lasten. Der Bundesfinanzminister hat dem in seinem angekündigten Antrag auf Senkung der Einkommen- und Körperschaftsteuer Rechnung getragen.
    Wir werden in die Beratung des Haushaltsplans mit dem auf Erfahrung begründeten Vertrauen hineingehen, daß es gelingen wird. ihn zu erfüllen, um damit einen weiteren Schritt zum Aufbau der Bundesrepublik zu tun.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Horn.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Horn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es mir zunächst nicht versagen, doch wenigstens einen Satz an die Adresse des Kollegen Renner zu verschwenden. Es ist eine nachgerade fast unerträgliche Zumutung,

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien)

    daß man sich in diesem Hause derartige mit viel Temperament und im Hennecke-Stil abgelesene Reden immer wieder anhören muß.

    (Erneute Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Es kann einen dabei nur die zuversichtliche Hoffnung trösten, daß die Zeit, in der es den KPD-Abgeordneten möglich war oder ist, sich vor diesem Hause in dieser Weise auszutoben, bald vorüber ist.

    (Beifall in der Mitte und rechts. — Abg. Renner: Wie wollen Sie das erreichen? Er soll doch deutlicher werden! Wir haben schon so manches überstanden, auch einen Wahltag werden wir überstehen! — Gegenrufe von der Mitte und rechts.)

    Da nach mir noch ein anderer Fraktionskollege sich mit den Ausführungen des Herrn Kollegen Gülich beschäftigen wird, möchte ich mich mit Bezug auf diese Ausführungen nur auf einige wenige Punkte beschränken. Wenn ich mir ein Gesamturteil über diese Rede erlauben darf, dann muß ich sagen: insoweit echte Kritik, die auch wirklich fundiert und begründet ist, darin enthalten war, war sie nach meiner persönlichen Meinung recht mager.

    (Sehr richtig! bei der FDP. — Abg. Dr. Wuermeling: Das ist sehr höflich!)

    Ich möchte sogar glauben, daß man darin mittelbar auch so etwas wie eine Anerkennung der positiven Leistungen dieser Bundesregierung sehen kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Wellhausen: Das habe ich auch so verstanden! — Abg. Renner: Hört! Hört!)

    Auch ich möchte mit dem beginnen, mit dem mein Kollege Funcke vor mir begonnen hat. Auf der Suche nach möglicher Kritik oder nach möglichen Ansatzpunkten hat Herr Kollege Gülich sich auch daran gerieben, daß der Herr Bundesfinanzminister kein anerkennendes Wort für die Leistungen des bizonalen Wirtschaftsrates und seiner Bediensteten in Frankfurt gefunden hat. Da wir uns hier schon manchmal über Zusammenhänge mit dem Wirtschaftsrat unterhalten haben und ich, wie Sie wissen, diesem Parlament anzugehören Gelegenheit hatte,

    (Abg. Renner: Damit begann die Spaltung Deutschlands!)

    möchte ich auch meinerseits unterstreichen, daß die wirklich aktiven und positiven Leistungen dieses Vorparlaments immerhin von einer derartigen Bedeutung für die Fundamentierung der Arbeit hier in diesem Bundestag gewesen sind, daß sie auch in der geschichtlichen Betrachtung nicht vergessen werden sollen.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr richtig!)

    Aber daß nun der Kollege Gülich aus dem Umstand, daß der Herr Bundesfinanzminister nicht eine besondere Dankadresse an den vergangenen Wirtschaftsrat gerichtet hat, einen Grund zur Kritik herleitet, das vermag ich nicht einzusehen.

    (Abg. Dr. Gülich: Ich habe kritisiert, daß er so getan hat, als ob die Bundesrepublik nach dem Zusammenbruch begonnen habe!)

    — Der Herr Bundesfinanzminister hat sich und hatte sich gestern hier nur mit dem Zeitraum zu beschäftigen, für den die Bundesregierung als solche hier vor dem Hause Rechenschaft zu legen hat.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr richtig!)

    Er hatte infolgedessen nur davon zu reden, was
    in diesen vier Jahren aktiver Arbeit der Bundes-


    (Horn)

    regierung und dieses Parlaments getan und geleistet worden ist.

    (Abg. Dr. Gülich: Er hat so getan, als ob er unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Reiches begonnen habe!)

    — Er hat nicht so getan, als ob vor ihm nichts gewesen sei, sondern er hat an dem Ansatzpunkt. begonnen, der für ihn der einzig mögliche gewesen ist.

    (Abg. Dr. Gülich: Nachlesen!)

    Aber damit genug, meine Damen und Herren.
    Der Herr Kollege Gülich hat es auch für richtig befunden, im Namen seiner Fraktion hier eine Debatte gewissermaßen vorwegzunehmen, die im Haushaltsausschuß noch nicht zu Ende geführt worden ist. Er hat hier kritisch davon gesprochen, wie es um die Verfügungs- oder Dispositonsfonds steht, die in den einzelnen Haushalten, so in dem des Bundeskanzleramtes, des Bundesinnenministeriums, soweit es den Verfassungsschutz angeht, und schließlich des gesamtdeutschen Ministeriums, vorhanden sind.

    (Abg. Renner: Agentenfonds nennt man das!) Im Haushaltsausschuß sind wir bei der Beratung des Nachtragshaushalts 1952/53 so verblieben, daß wir die endgültige Debatte über diese Dinge zurückgestellt haben, sie also noch führen wollen.


    (Abg. Renner: Aber 200 Millionen! — Abg. Dr. Gülich: Um so besser!)

    Aber selbstverständlich sind diese Dinge ja auch im Haushalt 1953 enthalten. Es geht der sozialdemokratischen Fraktion auch im Haushaltsausschuß im besonderen darum — das ist ihr ganz besonderes Anliegen —, daß man die bisherige Bestimmung, wonach diese Fonds nur der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes unterliegen, beseitigt, sie zum mindesten wesentlich auflockert

    (Abg. Dr. Gülich: Ändert!)

    und in irgendeiner noch zu bestimmenden Form auch das Parlament an der Kontrolle dieser Fonds unmittelbar beteiligt.

    (Abg. Dr. Gülich: Genau so! — Zurufe von der KPD.)

    — Genau so?

    (Abg. Dr. Gülich: Genau so!)

    — Jawohl, meine verehrten Damen und Herren, das ist ein außerordentlich wichtiger Punkt; und weil er so wichtig ist, haben wir uns zuallererst mit unserem Fraktionsfreund und Kollegen in Verbindung gesetzt, der aus seiner langjährigen Erfahrung als Staatssekretär in der Reichskanzlei in der Wilhelmstraße in Berlin über diese Dinge ja nun genauestens im Bilde sein muß. Das ist unser verehrter Kollege Herr Dr. Pünder. Er hat uns dazu eine Stellungnahme gegeben, wie es damals mit diesen Verfügungsfonds gehandhabt worden ist.

    (Erneute Zurufe von der KPD.)

    Im Haushaltsausschuß ist gesagt worden, der Reichsschuldenausschuß sei dafür eingeschaltet gewesen. Das stimmt aber nur im begrenzten Umfang, und zwar nur insofern, als es sich seinerzeit um einen ähnlichen Fonds handelte, der beim Reichsaußenminister zur „Förderung des deutschen Nachrichtenwesens im Ausland und Inland" bestanden hat. In die Kontrolle dieses Fonds war der Reichsschuldenausschuß neben dem Präsidenten des Rechnungshofes eingeschaltet. Aber soweit es sich um den Verfügungsfonds des Herrn Reichskanzlers gehandelt hat, wurde es genau so gehandhabt, wie es heute in unseren Haushaltsvorschriften Rechtens ist.

    (Abg. Dr. Gülich: Dann müssen wir es heute besser machen!)

    — Auch der Herr Reichskanzler Hermann Müller, verehrter Herr Kollege Gülich, hätte wahrscheinlich nicht zugelassen, daß an diesem seinem Verfügungsfonds in der Richtung Ihres Verlangens irgend etwas geändert worden wäre.

    (Zuruf von der SPD: Woher wissen Sie das?)

    Wenn ich Ihnen heute hier namens meiner Freunde erkläre, daß wir nicht gesonnen sind, in eine Änderung dieser Bestimmungen im Haushaltsplan einzuwilligen, dann befinden wir uns dabei in guter sozialistischer Gesellschaft.

    (Abg. Renner: Ihr müßt ja auch die KaiserAgenten schützen! — Gegenrufe von der Mitte. — Abg. Renner: Sicher, das ist doch der Zweck der Übung!)

    Ich habe mich im Verlaufe dieses Nachmittags durch Erkundigung bei der hessischen Vertretung aus dem hessischen Haushaltsplan darüber unterrichten lassen, daß dort im Haushaltsplan des hessischen Innenministeriums unter Kapitel 871 ein zum gleichen Zweck, also zu Zwecken des Verfassungsschutzes, dem Herrn Landesminister des Innern persönlich zustehender Fonds im Betrage von 300 000 DM mit genau der gleichen Kontrollvorschrift eingebaut ist wie hier in unserem Haushalt.

    (Hört! Hört! in der Mitte und rechts.)

    In diesem hessischen Haushaltsplan heißt es zu diesem Artikel: „Unterliegt nur der Prüfung durch den Präsidenten des Rechnungshofes des Landes Hessen; ihm persönlich ist darüber auch Rechnung zu legen."

    (Abg. Dr. Wuermeling: Ausgezeichnet!)

    Ich weiß also nicht, meine verehrten Damen und Herren, warum wir uns über diese Dinge noch lange auseinandersetzen und zanken sollen.

    (Abg. Renner: Gleiche Brüder, gleiche Kappen!)

    Nun muß ich mich noch in einem anderen Punkte an die Adresse des Herrn Kollegen Gülich wenden, der erklärt hat, daß die Angaben, die der Herr Bundesfinanzminister über die sozialen Leistungen des Bundes gemacht hat, nicht unwidersprochen bleiben dürften,

    (Abg. Dr. Gülich: Sie sollen getrennt werden!)

    und zwar insofern nicht, als sie getrennt werden müßten nach Kriegsfolgelasten und nach Sozialversicherungsleistungen.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Ist ja im Haushalt geschehen!)

    Wenn wir uns die Mühe machen, in die Haushaltspläne zu schauen — und das müssen wir ja wohl tun —, dann finden wir, daß genau so verfahren ist, wie das hier von Herrn Kollegen Gülich gefordert wurde.

    (Abg. Dr. Gülich: Nicht in der Rede des Ministers!)

    — Aber, verehrter Herr Kollege, wenn man die Dinge in ihrer Gesamtheit als positive Leistung des Bundes herauszustellen hat, dann ist man sehr wohl berechtigt, als Gesamtsozialleistungen des Bundes sowohl die unmittelbaren Rentenleistun-


    (Horn)

    gen als auch die Leistungen der Kriegsfolgelasten in einer Summe dem Volk draußen deutlich zu machen, und es sollte nicht immer so dargestellt werden, daß die Sache dabei im Endeffekt auf eine Herabsetzung der positiven Leistungen des Bundes hinausläuft.

    (Beifall in der Mitte und rechts. — Abg. Dr. Gülich: Nein, das wird gar nicht bezweckt!)

    Bezüglich der Leistungen aus der Sozial- und Rentenversicherung ist es doch im übrigen auch nicht so, als ob an diesen Leistungen der kund nicht wesentlich und maßgeblich beteiligt sei. Das weiß auch Herr Kollege Gülich. Ich will, damit es die Öffentlichkeit noen einmal deutlich hort, wiederholen, was der Herr Bundesfinanzminister gestern zu dem Thema gesagt hat, ais er die Gesamtleistungen des Bundes von 1950 bis heute herausgesteilt hat. Er hat zunächst darauf hingewiesen, daß sich die Leistungen der Lancier im Jahre 1949 vor dem Auftreten des Bundes auf 4,2 Milliarden belaufen haben. Er hat dann erklart, daß sich die Gesamtsozialleistungen, also sowohl
    Kriegsfolgelasten als auch Rentenleistungen, von
    1950 ab in folgender Weise gestaltet hauen. Im Rechnungsjahr 1950 sind es 5,3 Milliarden DM, im Jahre 19,01 7,4 Milliarden DM, 1902 7,7 Milliarden DM gewesen; und für 1953 sind 8,4 Milliarden DM vorgesehen.

    (Abg. Renner: Und die durchlaufenden Leistungen?)

    Meine Damen und Herren, es wird immer davon gesprochen, daß der Bund nicht das Notwendige oder nicht das Mögliche getan habe, um die Sozialrenten entsprechend zu steigern. Demgegenüber darf man immerhin doch darauf hinweisen, daß es möglich gewesen ist, die Renten in der Invalidenversicherung, die vor dem 1. Juni 1949 im Durchschnitt 43,55 DM betragen haben, bis heute auf einen Betrag von 78,30 DM im Durchschnitt zu steigern.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD: Und die Steigerung der Preise? — Gegenruf des Abg. Dr. Wuermeling: Wir haben heute etwa die Preislage von Anfang 1949!)

    Die Steigerungen in diesem Maße, meine verehrten Damen und Herren, sind nur dadurch möglich gewesen, daß der Bund auch auf diesem Gebiet immer wieder mit zunehmenden Leistungen eingetreten ist. Ich darf Ihnen beispielsweise doch einmal sagen, daß der Bund heute bei der Invalidenversicherung hinsichtlich Zuschüssen und Erstattungen aus öffentlichen Mitteln immerhin mit 33,8 % an den Gesamtleistungen beteiligt ist

    (Abg. Dr. Schellenberg: 1932 waren es 37 %!)

    und daß diese Zuschüsse, Herr Dr. Schellenberg,
    im Jahre 1952 bei einer Gesamtrentensumme von
    rund 3 Milliarden DM 1,2 Milliarden DM betragen haben. In der Angestelltenversicherung liegen die Dinge so, daß sich die Zuschüsse und Erstattungen seit 1948, wo sie 9,9 % betragen hatten, bis zum Jahre 1952 auf 25,4 % gesteigert haben.
    Nun, meine Damen und Herren, wenn man wirklich objektiv und sachlich zu den Dingen Stellung nehmen will, ist es nicht richtig, immer wieder mit Haarspaltereien und mit tausend Wenn und Aber zu kommen und einzuwenden: „Ja, wie ist denn das und wie ist denn jenes?" Die Tatsache steht fest, daß diese Leistungen des Bundes auf sozialem Gebiet in einer Zeit erbracht worden sind,
    als er nach einem so furchtbaren, katastrophalen Zusammenbruch eine Liquidationsmasse in Ordnung bringen mußte, wie es vorher keinem aufgegeben gewesen ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Wuermeling: Das wird immer unterdrückt!)

    Mit der Vorlage dieses Haushalts sind zwei Gesetzentwürfe seitens der Regierung eingebracht worden. Es handelt sich um die Drucksachen Nrn. 4005 und 4007. Diese Sache ist hier schon angesprochen worden. Ich will auch ein paar Sätze dazu sagen, weil sich sowohl draußen von den Gewerkschaften als auch, glaube ich, hier in diesem Hause von der Opposition her sehr nachdrückliche Widerstände gegen diese Gesetzentwürfe geltend machen.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Von Ihnen nicht?)

    Was nun den ersten Gesetzentwurf über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz angeht, so sind meine Freunde und ich sehr wohl der Meinung, daß wir in eine sehr gewissenhafte Prüfung darüber eintreten müssen; ob die Realisierung dieser Vorlage in dem verlangten Umfang wirklich angebracht ist oder nicht.

    (Vizepräsident Dr. Schäfer übernimmt den Vorsitz.)

    Daß wir aber bereit sind, in dieser Beziehung der Bundesregierung zumindest ein Stück Weges zu folgen, das möchte ich hier ausdrücklich und offiziell erklären.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Das glauben wir!)

    Wir befinden uns mit dieser Erklärung auch durchaus in Übereinstimmung mit dem Standpunkt und der Stellungnahme des Verbandes der Rentenversicherungsträger,

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Das stimmt nicht!) der, glaube ich, in dieser Frage vernünftiger ist als manche Kritiker an diesem Entwurf.


    (Abg. Renner: Das ist ja gar nicht wahr! Das Ist die Hitlermethode, die zur Pleite geführt hat!)

    — Das ist sehr wohl wahr! Ich widerspreche dem Einwand, daß es sich bei diesem Gesetzentwurf um einen unzulässigen Eingriff oder Vorgriff auf die Rechte der kommenden Selbstverwaltung handelt. Bei den Rentenversicherungsträgern werden Beiträge und Leistungen durch Gesetz bestimmt. Der Bund ist in diesen vier Jahren in einem umfassenden Maße der Sozialversicherung zu Hilfe gekommen.

    (Abg. Renner: Hört! Hört!)

    Er hat seinerseits, durchaus begründet und berechtigt, sehr wesentliche Zuschüsse geleistet. Im ganzen gesehen, meine Damen und Herren, kann doch niemand bestreiten, daß der Bund sich in Finanznot befindet. Wenn nun bei dieser Tatsache sich auch der Verband der Rentenversicherungsträger bereit erklärt, hier in einem gewissen Umfang zu helfen, dann ist das, glaube ich, eine durchaus vernünftige Haltung.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Wo bleibt da Ihre Kapitaldeckung, Herr Horn?)

    — Sehen Sie, Herr Professor Schellenberg, das ist wiederum einer der üblichen unsachlichen Einwände bei diesen Dingen! —
    Ich brauche den Inhalt des Gesetzes hier nicht im einzelnen vor Ihnen darzulegen. Aber das es


    (Horn)

    sich hier um eine Hilfe handelt, die ordnungsgemäß eingetragen und ordnungsmäßig verzinst wird, das geht aus dem Gesetzentwurf ganz eindeutig hervor.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Und die Selbstverwaltung?)

    Wenn wir uns darüber einigen könnten, daß wir diese Hilfe zunächst einmal vielleicht für ein Jahr gewähren, dann wäre das schon immerhin ein nicht unwesentliches Stück Hilfe.
    Meine Damen und Herren! Ich muß noch einmal sagen: Bei der Gesamtsituation, in der sich der Bund befindet, dürfen wir auch vom Sektor der Sozialversicherung aus nicht nur dieses eine Stück sehen, sondern wir müssen bereit sein, an das Ganze zu denken. Wenn man die Verantwortung trägt, findet man zu dieser Bereitschaft vielleicht eher, als wenn man aus oppositioneller Haltung zu diesen Dingen grundsätzlich nein sagt.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Wir sind grundsätzlich durchaus bereit, uns in positivem Sinne mit diesem Gesetzentwurf auseinanderzusetzen. Ich folge auch nicht einer Kritik, die dahin geht, daß man hier deshalb widerstehen müsse, weil wir schon zweimal — einmal nach dem ersten Weltkrieg und dann wieder in und nach dem zweiten Weltkrieg — auch bei den Vermögen der Rentenversicherungsträger diese Katastrophe erlebt hätten.

    (Abg. Renner: Aha! Also doch!)

    Meine Damen und Herren! Die Dinge sind grundlegend anders.

    (Abg. Renner: Nein! Es wird genau so ausgehen wie damals!)

    Auch die Weimarer Republik hat damals bis zu dem Augenblick, in dem Hitler diese Dinge unmöglich gemacht hat, den Sozialversicherungsträgern und den Rentenversicherungsträgern jährlich Reichszuschüsse gewährt, um auf diese Weise peu à peu und nacheinander Wiedergutmachung zu leisten. Über diese Wiedergutmachung muß auch bei uns dann gesprochen werden, wenn es um die endgültige Debatte über die Regelung und die Korrekturen dieser Dinge geht. Aber zu dem Entwurf sage ich, daß wir ihm grundsätzlich positiv gegenüberstehen.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Das kann ich mir denken!)

    Dasselbe gilt auch für die Drucksache Nr, 4007, den Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes, der vorsieht, daß die Aufwendungen für die Arbeitslosenfürsorge der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom Bunde nicht voll erstattet werden, sondern daß ein Teilbetrag in Höhe von 12,5 % der Einnahmen aus der Arbeitslosenversicherung für die nächsten drei Jahre durch Schuldbuchforderungen abgedeckt wird. Es handelt sich hier schätzungsweise wohl um einen Jahresbetrag von 185 Millionen DM, so daß insgesamt eine Schätzung von 555 Millionen DM in Frage käme. In der Begründung wird darauf hingewiesen, daß die Bundesanstalt in den letzten Jahren beachtliche Einnahmeüberschüsse erzielt habe und daß ein Vermögen von 1,1 Milliarden DM vorhanden sei. Hierbei ist jedoch nicht berücksichtigt, daß dieses Vermögen nicht flüssig, sondern zum weit überwiegenden Teil lang- und mittelfristig angelegt ist. Unser Standpunkt: es wird deshalb notwendig sein, zunächst einmal eine eingehende Prüfung der Vermögenslage der Bundesanstalt vorzunehmen. Sobald das Ergebnis einer solchen Prüfung vorliegt, sind wir bereit, uns durchaus in positivem Sinne mit dieser Vorlage zu beschäftigen.
    Damit, meine Damen und Herren, möchte ich meine Ausführungen zu diesen Punkten schließen und am Ende nur noch einmal dem ganz allgemeinen Wunsche Ausdruck geben, daß man bei der Darlegung dieser Dinge auch draußen in der Öffentlichkeit sich doch bemühen und befleißigen möchte, etwas mehr Objektivität und auch Gerechtigkeit walten zu lassen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)