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ID0124801300

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    Vokabeln: 6
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    4. Herr: 1
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    6. Jaffe.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 248. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1953 11805 248. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1953. Geschäftliche Mitteilungen 11806B Begrüßung des neu in den Bundestag eingetretenen Abg. Paul Hans Jaeger (Essen) 11806C Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Neber 11806C Nächste Fragestunde, — Sperrfrist für eingehende Fragen 11806C Nachwahl des Abg. Dr. Schäfer zur Beratenden Versammlung des Europarats . 11806C Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Entwurf eines Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes (Nrn. 4025, 2158, 3822, 3984 der Drucksachen) 11806C Hoogen (CDU), Berichterstatter . 11806D Dr. Schäfer (FDP), (zur Geschäftsordnung) 11807D Abstimmung vertagt 11807D Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Art. 107 des Grundgesetzes (Nrn. 4026, 3769, 3950, 3985 der Drucksachen) 11806D, 11807D Dr. Spiecker, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen, Berichterstatter 11808D Beschlußfassung 11808C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 (Haushaltsgesetz 1953) (Nr. 4000 der Drucksachen) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1953 (Nr. 4006 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin (Nr. 4004 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz in den Rechnungsjahren 1953, 1954 und 1955 (Nr. 4005 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes (Nr. 4007 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der zweiten Beratung des von den Abg. Dr. Bertram, Hagge, Juncker u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Investitionshilfegesetzes (Nr. 3863 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 3923 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Erhöhung der Dienstbezüge um 20 v. H. (Nr. 3941 der Drucksachen) sowie mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage des Gesetzentwurfs über die Gewährung einer ruhegehaltfähigen Zulage an Richter (Nr. 3942 der Drucksachen) 11808C Neuburger (CDU) 11809A Dr. Gülich (SPD) . . . . 11812D, 11853A Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . 11820D Jaffé (DP) 11822C Freiherr von Aretin (FU) . . . 1182613 Renner (KPD) 11827C, 11854A Hoffmann (Lindlar) (FU) . . . . 11832A Funcke (FDP) 11833C Horn (CDU) 11835B Richter (Frankfurt) (SPD) . . . 11838D Storch, Bundesminister für Arbeit 11842A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 11843A Arndgen (CDU) 11845A Dr. Wuermeling (CDU) 11846C Loritz (Fraktionslos) 11850D Dr. Schellenberg (SPD) 11854D Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4000 der Drucksachen an den Haushaltsausschuß 11855B Überweisung der Gesetzentwürfe Nrn. 4006 und 4004 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und den Ausschuß für Berlin 11855C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4005 der Drucksachen an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 11855C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4007 der Drucksachen an den Ausschuß für Arbeit und an den Haushaltsausschuß 11855D Annahme des Antrags des 13. Ausschusses Nr. 3923 der Drucksachen und Ablehnung des Antrags Nr. 3863 der Drucksachen 11855D Überweisung der Anträge Nrn. 3941 und 3942 an den Beamtenrechts- und den Haushaltsausschuß 11855D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Grenzzwischenfall Schweigen (Nr. 3864 der Drucksachen) 11856A Jacobs (SPD), Anfragender . . . 11856A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 11857D Paul (Württemberg) (SPD) . . 11859A Eberhard (FDP) 11860B Becker (Pirmasens) (CDU) . . . 11861B Niebergall (KPD) 11863A Erste Beratung des von den Abg. Dr. Frey, Merten, Frühwald und Gen. einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung (Nr. 4022 der Drucksachen) . . . 11863D Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Haushaltsausschuß . . . 11863D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Bundesanstalt für Flugsicherung (Nr. 3696 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 4012 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Kreyssig, Marx, Seuffert, Wönner und Gen. betr. Werftbetrieb der „Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf" (Nr. 3957 [neu] der Drucksachen) . . 11863D Cramer (SPD), Berichterstatter . . 11864A Müller (Frankfurt) (KPD) . . . . 11864B Abstimmungen zum Antrag des 27. Aus- schusses (Nr. 4012 der Drucksachen) 11864D Überweisung des Antrags Nr. 3957 [neu] der Drucksachen an den Verkehrsausschuß 11865A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Auslieferungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich (Nr. 359,9 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 4008 der Drucksachen) 11865A Rückverweisung an den Rechtsausschuß 11865B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Nrn. 4009, 3790 der Drucksachen) 11865B Massoth (CDU), Berichterstatter 11865B Beschlußfassung 11865D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (32. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Frau Dr. Steinbiß u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzes zur Ordnung des Hebammenwesens (Nrn. 4011, 3777 der Drucksachen) 11865D Frau Heiler (CDU), Berichterstatterin 11866A Beschlußfassung 11866C Nächste Sitzung 11866C Die Sitzung wird um 13 Uhr 36 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Martin Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, man kann feststellen, daß wir dabei sind, auch in der Abhaltung von Haushaltsdebatten gewisse Fortschritte zu machen. Ich finde, das Haus ist schon beträchtlich gefüllter als im Dezember, und auch auf der Regierungsbank, besonders in der zweiten und dritten Linie, sitzen die verschiedenen Ressorts, die ja immerhin, wie der Herr Vorredner bewiesen hat, darauf gefaßt sein müssen, in irgendeiner Weise bei der ersten Lesung eines Haushalts angepiekt zu werden. Nun kann das natürlich bei uns nicht so schnell oder nach den jetzigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen überhaupt nicht so werden, wie das in England ist, wo bekanntlich am Tage vor der Bekanntgabe des neuen Hauhalts durch den Schatzkanzler eine unendliche Spannung herrscht. Das verbietet schon das Verfahren, das bei uns durch das Grundgesetz vorgeschrieben ist.

    (Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Immerhin habe ich doch vorgestern feststellen können, daß eine ganze Menge von Kollegen und sonstigen Leuten, die sich dafür interessieren, sich darüber unterhalten haben, was wir wohl gestern morgen hören würden. Dann haben einige Kollegen — wie wir inzwischen erfahren haben — die Rede schon am Abend vorher gehabt. Leider habe


    (Dr. Blank [Oberhausen)

    ich keinen von denen getroffen. Ich habe sie erst am nächsten Morgen — allerdings auch persönlich — bekommen. Ich bedanke mich dafür.
    Die Rede, die der Herr Bundesfinanzminister uns gehalten hat, war, wenn meine Erinnerung mich nicht trügt, die mit Abstand längste, die in diesem Hohen Hause seit 1949 gehalten worden ist. Sie hat außerordentlich viel für uns Wesentliches und Interessantes enthalten. Im ersten Teil hat der Herr Bundesfinanzminister uns einen Überblick über die Zeit seit dem Entstehen des Bundes gegeben, über die Bemühungen des Finanzministers, der Regierungskoalition und überhaupt der ganzen Bundesregierung, allmählich zum Normalen hinzukommen. Ich glaube, daß wir gemeinsam auf diese inzwischen verstrichene Zeit mit Genugtuung zurückblicken können. Ich muß gestehen, daß es mich geradezu mit Genugtuung erfüllt hat, eben von Herrn Professor Gülich zu hören, wie offensichtlich schwierig es ist, uns in dieser Beziehung etwas am Zeug zu flicken.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Wir, meine Freunde und ich, begrüßen es lebhaft, daß es, allen unleugbaren Schwierigkeiten zum Trotz, gelungen ist, den Haushaltsvoranschlag 1953 rechtzeitig, so wie das Grundgesetz es vorschreibt, unserem Parlament vorzulegen. Natürlich fällt — und insofern bin ich mit Herrn Professor Gülich durchaus einig — in diese Freude und Genugtuung ein Wermutstropfen, weil in dem Augenblick, in dem uns der Haushalt unterbreitet wird, er durch das, was wir aus dem Munde des Herrn Bundesfinanzministers selbst gehört haben, in ganz wesentlichen Punkten zweifellos schon überholt ist und weil -- das hat der Herr Bundesfinanzminister selbst gesagt, und das sehen wir beim Studium des Haushaltes — der bei Gott nicht ohne Mühe erreichte Haushaltsausgleich durch die neuen nunmehr angekündigten Maßnahmen wieder in Frage gestellt ist und weil neue Bemühungen um diesen Ausgleich einsetzen müssen. Dabei ist es sehr schade, daß wir nun nicht gleichzeitig mit der in diesem Punkt zweifellos überholten Drucksache Nr. 4000, dem Haushaltsvoranschlag 1953, auch schon sehen können, welche Maßnahmen auf dem Gebiet der Steuersenkung einerseits und des Haushaltsausgleichs andererseits die Bundesregierung uns vorschlägt. Persönlich möchte ich an dem im Grundgesetz verankerten Gedanken, daß der Haushalt ausgeglichen sein muß, durchaus festhalten. Es scheint zwar heute modern zu werden — es gibt da allerhand Broschüren, auch aus der letzten Zeit —, zu sagen, daß man sich aus konjunkturpolitischen oder anderen volkswirtschaftlichen Gründen darüber hinwegsetzen müßte. Wir können das nach meiner Überzeugung so lange nicht tun, als uns unsere Verfassung vorschreibt, daß der Ausgleich vorgenommen und durchgeführt werden muß. Ich halte die Zweifel, die Herr Professor Gülich in die Tatsächlichkeit des Ausgleichs nach der Drucksache Nr. 4000 setzt, für nicht so durchschlagend, daß man einfach behaupten könnte, der Haushalt sei nicht ausgeglichen.
    Jetzt scheint es mir sehr wichtig — ich sagte das schon —, daß wir sehr bald auch für die Beratungen im Haushaltsausschuß die Unterlagen erhalten, die uns für die nächste Zeit angekündigt sind. Dann wird sich der Haushaltsausschuß bemühen müssen — und ich kann für meine Freunde im Haushaltsausschuß, ich glaube aber, auch für einen sehr viel größeren Kreis sagen, daß wir auch unsererseits alles tun werden, wenn wir die Unterlagen erstmal vorliegen haben —, auch tatsächlich möglichst zu erreichen, daß wir noch vor Beginn des neuen Haushaltsjahres diesen Haushalt verabschieden. Ich habe gerade in diesem Punkt aus meinem Optimismus heraus schon öfter Wünsche geäußert und scheue mich nicht, es diesmal wieder zu tun. Die Mitarbeit, ich möchte beinahe sagen, die Vorarbeit, die die Opposition auf diesem Gebiet leisten will, wie Herr Professor Gülich gesagt hat, ist uns hoffentlich sicher. Dann sollte es uns eigentlich gelingen können, innerhalb der nächsten zwei Wochen die restlichen Beratungen über den Nachtragshaushalt 1952 durchzuführen. Bei gutem Willen müßte daß ohne weiteres möglich sein. Ich darf hinzufügen: daß dieser Nachtrag 1952 noch nicht verabschiedet ist, ist nicht die Schuld des Parlaments und seiner Ausschüsse. Darüber ist aber schon so oft gesprochen worden, daß das nicht weiter erörtert zu werden braucht.
    Wir erkennen jedenfalls durchaus an — und unsere Anerkennung soll in keiner Weise dadurch abgeschwächt werden, daß sich die Abwicklung des Nachtragshaushalts 1952 so langweilig gestaltet hat —, daß es eine große Leistung ist, den Haushaltsplan 1953 zu diesem Zeitpunkt vorzulegen. Dafür gebührt dem Herrn Bundesfinanzminister, insbesondere aber auch seinen Mitarbeitern, unser Dank; von ihrer Belastung und häufig auch Überlastung haben sicherlich viele von uns eine Vorstellung. Also auch den Mitarbeitern des Herrn Bundesministers gebührt unser Dank dafür, daß beim letzten Haushalt dieser Legislaturperiode der Termin gewahrt, also zunächst einmal die erste Voraussetzung erfüllt worden ist.
    Wir glauben, daß, obwohl nun diese Änderungen kommen werden, die Arbeit des Haushaltsausschusses, dem ja hoffentlich die Drucksache Nr. 4000 bei Abschluß dieser Debatte überwiesen wird, nicht stillzustehen braucht. Die Einzelpläne werden, besonders auf dem Gebiet der reinen Verwaltung, von diesen Änderungen, so groß sie auch sein mögen, nicht betroffen; sie können also auch beraten werden, sobald das Plenum die Einzelpläne dem Haushaltsausschuß überwiesen hat. Wir werden uns Mühe geben, keine Zeit zu versäumen.
    Ich möchte zum Haushaltsgesetz selbst einige Bemerkungen machen; es ist weder in der Rede des Herrn Ministers noch sonst bisher erwähnt worden. Die Änderung des Betrags von 30 000 DM auf 50 000 DM gemäß § 30 a der Reichshaushaltsordnung entspricht der Kaufkraftentwertung unseres Geldes und muß vorgenommen werden.
    Daß wieder so viele beamtenrechtliche Bestimmungen im Haushaltsgesetz stehen, finde ich grundsätzlich nicht sehr schön; aber es geht offenbar nicht anders. Meine Freunde, die von diesen Dingen besonders viel verstehen, sind mit dem, was da vorgeschlagen ist, einverstanden.
    Etwas anders sieht es mit dem § 10 aus, der die Bundespost verpflichtet, monatlich 15,4 Millionen DM an den Bundesfiskus abzuliefern. Nach den mir zugegangenen Mitteilungen scheint es mir nicht ganz sicher, daß die Post, wenn sie einen ordentlichen und modernen, fortschrittlichen Betrieb aufrechterhalten will, tatsächlich in der Lage sein wird, monatlich diesen Betrag abzuliefern. Zu diesem Punkt würden wir von der Bundesregierung — wir haben ja im Haushaltsplan eine Kabinettsvorlage vor uns — gern eine beruhigende Erklärung hören. Das gleiche gilt hinsichtlich der Verpflichtung, die das Gesetz der Bundesbahn und der


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    Bundespost mit Bezug auf die Ausgleichsforderungen auferlegt. Ich brauche hier nicht weiter darauf einzugehen.
    Eine ganz kleine Bemerkung möchte ich dagegen über die Bundesbahn machen. In der Rede des Herrn Bundesfinanzministers ist sie nur sehr am Rande erwähnt worden. Wir wissen, daß der Bundesbahn aus dem Bundeshaushalt ein Darlehen von 60 Millionen DM gegeben werden soll. Wir begrüßen das, sind aber andererseits der Meinung, daß man der Bundesregierung ans Herz legen sollte, sich dieses größten, wertvollsten geschlossenen Vermögensstücks des Bundesvermögens möglichst intensiv anzunehmen. Die beiden bisher durchgeführten Tariferhöhungen haben das erwünschte Ergebnis weder in Richtung auf den Ertrag noch auf den Umsatz gebracht, und hier muß unter Umständen weiter geholfen werden. Dabei wird von uns in keiner Weise bestritten, daß es wahrscheinlich notwendig sein wird, daß auch die Bundesbahn selbst sich um eine Steigerung und Verbesserung ihrer Erträge, vielleicht auch auf ganz neuen, bisher nicht beschrittenen Wegen, bemüht. Aber die besondere Fürsorge der Bundesregierung für dieses große Vermögensobjekt möchten wir doch erbitten.
    Zum Haushaltsgesetzentwurf möchte ich noch einen uns allerdings recht bedenklich erscheinenden Punkt erwähnen. Die Nichtanwendung des § 75 der Reichshaushaltsordnung für dieses Jahr ist ein Kniff, um den Haushaltsausgleich herbeizuführen. In schwierigen Zeiten wie den heutigen wird man vielleicht tatsächlich einmal diese aus sehr konservativen und gut überlegten Gründen in die Haushaltsordnung geschriebene Bestimmung, daß der Fehlbetrag eines Haushaltsjahres in das übernächste Jahr als Ausgabe eingesetzt werden muß, beiseite lassen können. Ich glaube aber, daß wir uns sehr vornehmen müssen — Bundesregierung und Parlament —, daß es nur einmal zu einer solchen Abweichung von der berechtigterweise vorhandenen Gesetzesbestimmung kommt; denn sollte sich das wiederholen oder gar zur Gewohnheit werden, würden daraus sehr schwere Gefahren abzuleiten sein.

    (Abg. Heiland: Normal sind Wahlen alle vier Jahre, Herr Kollege Blank!)

    — Na, eben! Aber wir wollen es, wenn es nach mir geht, überhaupt nicht wiederholen.
    Im § 14 erwartet die Bundesregierung, daß die Kreditermächtigung von drei Milliarden verlängert wird. Wenn man sich überlegt, in welchem Ausmaß bisher diese Ermächtigung in Anspruch genommen worden ist, kann man sich fragen, ob es notwendig ist, diese Ziffer so hoch zu belassen. Ich glaube, wir sollten darüber auch im Ausschuß noch einmal sprechen.
    Die Frage, daß der Herr Bundesfinanzminister den Kreditplafond bei der Bank deutscher Länder weiter von eineinhalb auf zweieinhalb Milliarden erhöht haben möchte, ist wohl eine Angelegenheit, die im Wege der Gesetzgebung im Gesetz über die Bank deutscher Länder erledigt werden muß. Man wird sich dabei fragen, ob es notwendig ist, so weit zu gehen, und ob es nicht vielleicht möglich sein wird, diese Bestimmung gleich in das Gesetz über die Bundesbank zu bringen, das wir hoffentlich bald werden verabschieden können.
    Es ist nicht meine Aufgabe, hier zu den Steuerfragen zu sprechen, die besonders vom Kollegen Neuburger so ausführlich behandelt worden sind; dazu wird sich ein anderer meiner Kollegen äußern. Generell möchten wir aber gern zum Ausdruck bringen, daß wir uns darüber freuen, daß die so dringlich notwendige Steuersenkung nun auch mit eigener Initiative vom Bundesfinanzministerium angepackt worden ist.

    (Zurufe von der SPD.)

    Wir wünschen, daß wir bald die Unterlagen im Parlament haben, damit wir uns auch mit diesen sehr entscheidenden Dingen befassen können. Im übrigen bittet meine Fraktion, nach Abschluß der Beratung die Drucksache Nr. 4000 dem Haushaltsausschuß zu überweisen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Jaffe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn mit der in der jungen Geschichte dieses Hohen Hauses erstmaligen Tatsache, daß der Haushaltsplan des kommenden Etatjahres dem Plenum des Parlaments vor Beginn des betreffenden Jahres vorliegt, ein gesetzlich vorgesehener Zustand erreicht ist, so begrüßen wir das nicht nur aus diesem Grunde. Die Einlösung des bekanntlich wiederholt darüber gegebenen Versprechens des Bundesfinanzministers war schon fast zu einer Prestigefrage geworden; und der Zustand der durch Überrollung, Wiederholung und umfangreichste Nachträge gekennzeichneten Behelfsmethode mit allen ihren Schattenseiten, die uns genügsam bekannt sind, mußte beendet werden. Das ist erfreulicherweise entgegen der gerade bei Ihnen, meine Damen und Herren von der Linken, immer wieder betonten Skepsis nunmehr zur Tatsache geworden, und wir erkennen diese außerordentliche Leistung des Bundesfinanzministers freimütig und rückhaltlos an.
    Der Ihnen vorliegende Bundeshaushalt für 1953 wird vor seiner Verabschiedung natürlich eingehender Beratung zu unterziehen sein. Heute in der ersten grundsätzlichen Aussprache sollte man mit der Kritik an Einzelheiten oder gar Einzelplänen etwas zurückhaltender sein, als es manchmal der Fall ist. Es stellt sich sonst nur allzuoft heraus, daß eine a priori vorgebrachte Kritik bei voller Kenntnis der Zusammenhänge, wie sie sich natürlich nur in den Ausschußberatungen ergeben kann, sachlich nicht mehr zu vertreten ist.

    (Abg. Dr. Gülich: Gilt das von einer meiner kritischen Einwendungen?)

    — Vielleicht einer einzigen; ich kann aber nachher darauf zurückkommen. — Das hat mit grundsätzlicher Kritik, zu der in jedem Lande und in jedem Jahre die Haushaltsdebatte bekanntlich Anlaß gibt, nichts zu tun. Im Gegenteil, es wäre nur allzu erwünscht, wenn die Haushaltsdebatten und damit die öffentliche Finanzpolitik weitesten Kreisen der Bevölkerung in Presse, Rundfunk und Reden im Lande draußen nähergebracht und das Interesse an diesem Gebiet der Innenpolitik weit mehr geweckt und gefördert würde, als das bisher leider gerade bei uns in der Bundesrepublik der Fall ist. Schon als Steuerzahler hat der Staatsbürger ein Anrecht darauf, informiert zu werden, und andererseits auch die Pflicht, von seinem Kontrollrecht Gebrauch zu machen. Ich glaube, gerade wir Abgeordneten sollten hier weit mehr als bisher dazu beitragen.
    Zur Beurteilung des auf 261/2 Milliarden DM gestiegenen Gesamtvolumens unseres Bundeshaus-


    (Jaffé)

    halts sollte man sich meiner Ansicht nach immer vor Augen halten, daß naturgemäß eine von Jahr zu Jahr gestiegene Größenordnung des öffentlichen Finanzbedarfs nicht in ihrer absoluten Höhe, sondern nur in ihrer Relation mit der Größe und dem Ansteigen des Volkseinkommens bzw. des Sozialprodukts als Maßstab der volkswirtschaftlichen Leistung und Prosperität gesehen werden muß. Die Steigerung des Gesamtumfangs des Bundeshaushalts — der Herr Bundesfinanzminister hat ja gestern die Zahlen genannt — von 16,3 Milliarden im Jahre 1950 über 21 Milliarden und 23,2 Milliarden bis auf 261/2 Milliarden jetzt im Jahre 1953 ist überhaupt nur dann im richtigen Lichte zu sehen und kritisch zu würdigen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß das Sozialprodukt — auch diese Zahlen sind gestern genannt worden — sich von 90,2 Milliarden DM im Jahre 1950 über 1131/2 Milliarden im Jahre 1951 auf etwa 120 Milliarden im Jahre 1952 erhöht hat und im Jahre 1953 aller Voraussicht nach etwa um 4 bis 5 % auf 125 Milliarden DM zu steigen im Begriff ist.
    Fürchten Sie bitte nicht, daß ich Sie weiter mit Zahlen langweilen werde. Sie werden von mir so gut wie keine Zahlen mehr zu hören bekommen.
    Daß steigender Finanzbedarf des Bundes wie der Länder und Gemeinden — man muß natürlich immer an den Gesamtumfang der Haushalte denken, und zwar einen Umfang, der überwiegend bisher aus laufenden Abgaben, d. h. praktisch aus Steuern, gedeckt worden ist — nur aus einem steigenden Volumen der ,Gesamtwirtschaft des Bundesgebietes gedeckt werden kann, wenn nicht die Gesamtwirtschaft unerträglichen Belastungen ausgesetzt werden soll, ist selbstverständlich. Entscheidend dabei ist aber, bei welcher Abschöpfung des Volkseinkommens durch den Staat der kritische Punkt und damit die Grenze erreicht ist, die Grenze nämlich, die ungestraft auf die Dauer kein Staat überschreiten kann, ohne die Volkswirtschaft in ihrer Ertragsfähigkeit zu 'gefährden. Steuern, insbesondere direkte, können auf die Dauer nur aus Einkommen und Gewinnen fließen. Das ist natürlich eine Binsenwahrheit; aber man sollte diese Wahrheit gerade in diesem Zusammenhang noch einmal aussprechen.
    Führt die übermäßige Besteuerung zur Wegnahme eines allzu großen Teils des Einkommens und zum Verschwinden der Gewinne, so bedeutet Idas natürlich einen Rückgang des Konsums einerseits und eine Schrumpfung des Gesamtvolumens der Wirtschaft auf der andern Seite, also auf die Dauer Rückgang der Steuereinnahmen und — damit ist der Kreislauf geschlossen — für Iden Staat die Unmöglichkeit, seinen Aufgaben welter voll gerecht zu werden. Dieser kritische Punkt — das ist meine feste Überzeugung — ist seit einiger Zeit nicht nur erreicht, sondern überschritten. Ich darf dabei auf meine Ausführungen anläßlich der ersten Beratung des Nachtragshaushalts 1952 verweisen, in der ich die Situation — also bereits vor einiger Zeit — so zu charakterisieren mir erlaubt habe, daß einmal die dem Steuerzahler auferlegte Gesamtbelastung nicht mehr tragbar sei und daß der geeignete Teil der Ausgaben des Bundeshaushalts in anderer Form, d. h. in der Form von fundierten Schulden abzufangen sei.
    Beides finden Sie, glaube ich, heute bestätigt, wenn Sie den Haushalt im Zusammenhang mit der wohl in greifbare Nähe gerückten Steuerreform — leider nur der sogenannten kleinen — sehen. ,Gerade der Herr Kollege Schoettle, dessen Abwesenheit ich auch aus persönlichen Gründen heute ganz besonders bedauere, hat in seiner letzten Haushaltsrede zum Nachtrag 1952 darüber sehr interessante Bemerkungen gemacht. Er hat nämlich u. a. gesagt — an uns, die Regierungskoalition, gewandt —, wir sollten hierzu Farbe bekennen. Nun, ich glaube, wir bekennen Farbe! Wir haben einen Initiativgesetzentwurf vorgelegt, und wir begrüßen, ich glaube, mit Ihnen zusammen, daß wir damit den Anstoß gegeben haben zu dem Entschluß der Bundesregierung, die Dinge so anzupacken, daß nicht nur eine fühlbare Senkung der Steuern, sondern auch eine weitgehende Vereinfachung der Steuergesetze vorgesehen wird.
    Angesichts der Schwierigkeiten, unseren Haushalt an sich schon auszugleichen, ist die Frage durchaus berechtigt, ob es zu verantworten ist, diesen Schritt jetzt zu tun. Daß er erforderlich ist, darüber kann wohl kein Zweifel herrschen. Ob er zu verantworten ist, hängt — jedenfalls von der Seite des Finanzministers gesehen — davon ab, ob die Steuersenkung auf die Dauer zu einem kleineren oder zu einem größeren Gesamtaufkommen führt. Wir von der Regierungskoalition sind mit dem Finanzminister der Ansicht, daß tragbare Steuersätze auf lange Sicht gesehen — und nur so darf man bekanntlich Finanzpolitik betreiben, man darf sie nicht auf den Augenblick abstellen — ein nachhaltig gesichertes ausreichendes Steueraufkommen gewährleisten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Sie fördern das Gesamtvolumen der Wirtschaft, das bei einer die Substanz immer mehr angreifenden Gesamtbelastung zwangsläufig absinken müßte, und sie bringen den nicht selbständigen Einkommenbeziehern die dringend notwendige Entlastung. Wir halten es für höchste Zeit, hier einzugreifen, und sind gewillt, das Risiko, das in einer solchen Steuersenkung nun einmal liegen muß, auf uns zu nehmen. Daß wir dabei eine „Durststrecke" zu durchlaufen haben, läßt sich nicht vermeiden, und es müssen daher über die bereits vorgesehenen Maßnahmen zur Abgleichung des Haushalts hinaus vorübergehend Kassenkredite in Anspruch genommen und alle Anleihemöglichkeiten ausgeschöpft werden. Eine gesunde Volkswirtschaft wird — das ist jedenfalls unsere Auffassung — auch hiermit fertig werden. Wir glauben, die Bundesrepublik mit der bisher von der Regierung und den hinter ihr stehenden Parteien verfolgten Politik einer Gesundung der Wirtschafts- und Finanzsituation entgegengeführt zu haben und in der Lage zu sein, diese auch weiterhin gesund zu erhalten.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Entweder, meine Damen und Herren, hat man Vertrauen zu dem System, das man als richtig erkannt hat und zur Anwendung zu bringen in 'der Lage ist, oder man hat es nicht, und wir — das betone ich an dieser Stelle — wir haben dieses Vertrauen.

    (Sehr gut! in der ,Mitte.)

    Eins ist dabei natürlich unvermeidbar. Wir sollten unter allen Umständen — auch darauf hat der Herr Finanzminister gestern schon hingewiesen — unterlassen, durch Beschlüsse des Bundestags — und seien die Anträge, die diesen Beschlüssen zugrunde liegen, noch so gut gemeint — zu den im Haushalt bereits vorgesehenen Ausgaben noch neue hinzuzufügen, ohne an anderer Stelle dafür die nötigen Beträge einzusparen. Wir bringen sonst


    (Jaffé)

    das Gleichgewicht der ohnehin aufs äußerste angespannten Finanzlage des Bundes ins Wanken und gefährden letzten Endes die Stabilität der Währung, die als vordringlichste Voraussetzung einer gesicherten Wirtschafts- und Finanzpolitik schlechthin uns allen in diesem Hause oberstes Gebot ist.

    (Sehr gut! in der Mitte und rechts.)

    Eine grundsätzliche Betrachtung des Bundeshaushalts sollte sich, um zu einer Würdigung seiner Struktur und seines Umfangs zu kommen, naturgemäß in erster Linie auf die Ausgaben erstrecken. Hier möchte ich bitten, den gesamten Ausgabenkomplex einmal unter dem großen Gesichtspunkt zu betrachten, der überhaupt die Grundlage für die Finanzpolitik des Bundes ist. Dabei möchte ich das, was der Herr Bundesfinanzminister gestern hierüber gesagt hat, besonders unterstreichen und in einigem ergänzen.
    Das Schwergewicht der Bundesausgaben gründet sich — das ist bei der Struktur unserer Bundesrepublik nur natürlich — auf die übergebietliche staatswirtschaftliche Funktion, die dem Haushalt des Oberverbandes in einem Bundesstaat eigentümlich ist. Dies trifft für etwa 90 % der Ausgaben zu, Ausgaben, die als große gesamtstaatliche Ausgaben sich nicht unmittelbar aus der Existenz und Organisation des Bundes als Gebietskörperschaft ergeben. Der Bund trägt hier die Aufgaben gewissermaßen an Stelle der Länder, weil ihre überregionale Bedeutung und unterschiedliche regionale Streuung ihre Zusammenfassung im Haushalt des Oberverbandes und damit ihre Finanzierung aus zentralen Mitteln erforderlich macht. Hätten wir nicht den staatsrechtlichen Zusammenschluß der Länder zu einem Bund — bitte, denken Sie daran, meine Damen und Herren —, so fielen diese Aufgaben den einzelnen Ländern zur Last, in deren Bereich sie zufällig anfallen, und sie wären aus den Einnahmen zu decken, die diesen Ländern zufällig zur Verfügung stehen. Der Bundeshaushalt ist mit der Übernahme dieser Lasten daher zum Gemeinschaftshaushalt aller Länder geworden.
    Dies wird besonders deutlich, wenn Sie damit den Zustand von 1945 bis 1949 vergleichen, der noch allen in Erinnerung sein dürfte, und sich erinnern, zu welchen Spannungen unter den Ländern die regionale Streuung der Lasten und Deckungsmittel geführt hat. Einige Länder vermochten dabei hohe Haushaltsüberschüsse zu erzielen, andere konnten aus Mangel an Mitteln ihren Aufgaben kaum gerecht werden, und zwar gerade die Länder, die von den gesamtstaatlichen Lasten — denken Sie z. B. an das Flüchtlingsproblem als das hervorspringendste — am stärksten betroffen waren. Hier zeigt sich im staatswirtschaftlichen Zusammenleben der Länder die entscheidende Bedeutung der Existenz des Bundes, der mit der Übernahme der Lasten von überregionaler Bedeutung — ich erlaubte mir, es eben schon zu betonen — und ihrer Finanzierung aus den von der gesamten Volkswirtschaft aufgebrachten Steuermitteln eine unentbehrliche Ausgleichsfunktion übernommen hat. Diese Funktion also ist es, die für den weitaus überwiegenden Teil der Ausgaben im Bundeshaushalt bestimmend ist.
    Der Mehrbedarf im Haushalt 1953/54 gründet sich im wesentlichen nicht auf Mehrbedürfnisse der eigentlichen Bundesverwaltung. Letztere beansprucht bekanntlich bisher nur einen geringen Bruchteil der Mittel. Der Mehrbedarf entsteht fast ausschließlich aus der stärkeren Beanspruchung im
    Bereich der übergebietlichen Aufgaben. Daß der Bund zur Erfüllung dieser Ausgleichsaufgabe auf eine Beteiligung an dem Aufkommen der Einkommen- und Körperschaftsteuer angewiesen ist, liegt auf der Hand, und damit bei steigender Beanspruchung dieser Funktion auch in erhöhtem Maße. Sonst würde die Intensität der eben skizzierten überregionalen Aufgaben geschwächt werden. Gerade die schwächeren Gebietsteile würden betroffen werden. In ihrem Interesse liegt es somit ganz besonders, meine Damen und Herren, dem Bund einen angemessenen Anteil an dem genannten Aufkommen nicht zu verweigern, denn gerade in die finanzschwächeren Länder fließt weit mehr durch die Ausgleichsfunktion des Bundes zurück, als sie dem Bund geben, und es liegt in ihrem wohlverstandenen eigenen Interesse, statt zu einer Schwächung zu einer Intensivierung dieser Funktion beizutragen.
    Ich darf — der Herr Bundesfinanzminister hat, glaube ich, diese Zahlen gestern genannt — auf mein eigenes Heimatland Niedersachsen hinweisen. Durch die Ausgleichsfunktion erhält Niedersachsen allein aus den durch Steuern und Abgaben aufgebrachten Mitteln im ordentlichen Haushalt über 550 Millionen DM mehr zurück, als es praktisch durch Abgaben und Steuern, die im Lande aufgekommen sind, an den Bund abliefert. Nehmen Sie dazu noch die weiteren großen Vermögensstöcke, die auch aus den Ländern gespeist werden: den Lastenausgleich, die Sozialversicherung, so beläuft sich diese Summe auf über 830 Millionen DM. Das sind Zahlen, die uns gewiß zu dieser Betrachtung rechtfertigen.
    Für die finanzstarken Länder erscheint die vorgesehene Erhöhung des Bundesanteils auf 40 % im Hinblick auf die Gesamtsituation unserer Auffassung nach zumutbar. Die gegenwärtige Unausgeglichenheit der Wirtschafts- und Sozialstruktur des Bundesgebiets, deren allmähliche Milderung bekanntlich eine vordringliche Aufgabe der Ausgleichsfunktionen des Bundes ist, erfordert von den Finanzstarken Opfer zugunsten der Schwachen. Mit dem horizontalen Finanzausgleich allein läßt sich dieser übergebietliche Ausgleich nicht durchführen. Wir sind dabei der Meinung, daß die Minderung oder vielmehr der Verzicht auf das weitere Ansteigen der Steuereinnahmen, den der Bund durch die geplante Steuersenkung vorübergehend auf sich zu nehmen bereit ist, auch von den Ländern anteilig in Kauf genommen werden sollte, um im Interesse der Gesamtheit des Bundesgebiets auf lange Sicht eine gesunde Finanzpolitik sicherzustellen. Wir bedauern — ich bedaure besonders, daß ich es hier zur Sprache bringen muß — hier die Stellungnahme des Bundesrats, der es sich mit der, ich muß schon sagen: äußerst dürftigen Begründung seiner Ablehnung der höheren Beteiligung der Länder an der Einkommen- und Körperschaftsteuer nur allzuleicht gemacht hat.

    (Sehr richtig! bei der FDP. — Abg. Dr. Wellhausen: Besonders schön, daß Sie das sagen!)

    — Jawohl, — trotzdem sind wir Föderalisten, Herr Wellhausen!

    (Abg. Dr. Wellhausen: Das müssen Sie natürlich dabei sagen!)

    Der größte Ausgabenposten des Haushalts sollte auch angesichts seiner politischen Bedeutung nicht unerwähnt bleiben, nämlich die Verteidigungslasten mit 9,9 Milliarden DM. Meine Damen und Herren, wie sehr gerade meine Freunde von der


    (Jaffé)

    Deutschen Partei angestrebt haben, durch schnellstes Inkraftsetzen der außenpolitischen Verträge die bisherigen Besatzungskosten — denn um die handelt es sich ja überwiegend noch - in den Verteidigungsbeitrag zu überführen, dürfte bekannt sein. Es ist entscheidend wichtig, baldigst den Zustand der einseitigen Festsetzung eines so großen Milliardenbetrags im Haushalt auf Grund des Besatzungsstatuts zu beenden,

    (Sehr richtig! bei der DP)

    um in Zukunft sowohl bei der Ermittlung und Festlegung der Höhe des Beitrags wie bei seiner Verausgabung maßgebend mitwirken zu können.

    (Sehr gut! bei der DP.)

    Meine Fraktion ist von Anfang an wie keine andere bestrebt gewesen, eine schnelle Ratifizierung auch aus diesem Grunde mit herbeizuführen. Sie bedauert, daß der Weg durch den Dschungel der Verfassungsfragen nur schrittweise gebahnt werden kann.

    (Abg. Dr. Schäfer: Bravo!)

    Der hohe Kostenanteil für Berlin muß, so sehr er auch den Haushalt belastet, unter allen Umständen beibehalten werden. Gerade in der augenblicklich verschärften Situation, die uns täglich aufs neue vor Augen geführt wird, ist eine Einschränkung dieser Mittel indiskutabel. Dabei stellen wir erfreulicherweise fest, daß das uns wohlgesinnte Ausland immer klarer zu sehen beginnt, daß hier eine Aufgabe gestellt ist, die die ganze freie Welt angeht.
    Das soziale Problem Nr. 1, der Wohnungsbau, erscheint in seiner gesamten Größenordnung nur zum Teil im Bundeshaushalt. Herr Professor Gülich hat vorhin sehr richtig darauf hingewiesen, daß seine Finanzierung aus einer ganzen Reihe verschiedener Quellen erfolgt. Mit besonderer Genugtuung stellen wir rückblickend fest, daß die Zahl der mit Unterstützung öffentlicher Mittel errichteten Wohnungen nicht nur von Jahr zu Jahr gestiegen ist, sondern daß die Bundesrepublik auf diesem Gebiet vor allen anderen europäischen Ländern weitaus an der Spitze marschiert, wahrlich eine einmalig dastehende Leistung. Es erscheint uns aber auf die Dauer nicht vertretbar, Steuermittel in dem bisherigen Umfang für den Wohnungsbau aufzuwenden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Finanzierung dieser echten Investitionen muß einmal auf die echte Form der langfristigen Kapitalanlage zurückgeführt weiden.

    (Sehr gut! rechts.)

    Hier muß im Gegensatz zum Kollektiv der Eigentumsgedanke in unverwässerter Form die Grundlage bleiben.

    (Abg. Lücke: Sehr gut!)

    Dabei schweben uns nicht überwiegend Normwohnungen mit großenteils unzureichender Wohnfläche als Ideal vor, sondern familiengerechte, individuell ausgestaltete Wohnungen zu erschwinglichen Mieten.

    (Sehr gut! rechts.)

    Die Schaffung und Erhaltung von Eigentum überhaupt ist für meine Freunde und mich eine grundlegende Maxime jeder Wirtschafts- und Finanzpolitik.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr erfreulich!)

    An dieser Stelle möchte ich, wie schon oft — ich bin nun einmal der Apostel dieser Dinge —, betonen, daß hierzu die Kapitalbildung, insbesondere die private, in jeder Weise gefördert werden und die sich noch zeigenden kapitalfeindlichen Tendenzen — ich erinnere an die vorhin erwähnte Doppelbesteuerung — endgültig beseitigt werden müssen. Wir erkennen gerne an, daß von seiten der Bundesregierung gerade in letzter Zeit auf diesem Gebiet viel erreicht worden ist.

    (Zurufe von der KPD.)

    Nicht der Staatskapitalismus führt hier zum Ziel, sondern die Bildung von Privateigentum mit weitester Streuung.

    (Sehr gut! rechts.)

    Auf die für die Förderung und Stützung der Landwirtschaft aufgewendeten Mittel werden wir zunächst nicht verzichten können.

    (Zuruf von der KPD: Demnächst doch?) Subventionen scheinen uns dabei nicht das Ideal zu sein. Sie durch ein allmähliches Hineinwachsen in eine für die Rentabilität der Landwirtschaft ausreichende natürliche Preisrelation für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu ersetzen, müßte unser Ziel sein. Wir stellen mit Befriedigung fest, daß im Sinne einer konstruktiven Mittelstandspolitik in diesem Haushalt eine wesentliche Verstärkung der hierfür bestimmten Mittel vorgesehen ist. Alle Wünsche der mittelständischen Wirtschaft, insbesondere des Handwerks, scheinen allerdings noch nicht erfüllt.

    Das weite Gebiet der Sozialpolitik möchte leb in diesem Zusammenhang nur erwähnen. Es liegt uns ganz besonders am Herzen, und wir werden in der zweiten Beratung dieser Frage einen sehr breiten Raum widmen.
    Die Inanspruchnahme des weitaus größten Teils der Haushaltsmittel für die vordringlichsten Aufgaben der Verteidigung, der Kriegsfolge- und Soziallasten und andere aus der Not der Zeit geborene Probleme hat es mit sich gebracht, daß das Gebiet der wissenschaftlichen und kulturellen Aufgaben, insbesondere auch das der Forschung — ich bedaure, daß Herr Professor Gülich gerade nicht anwesend ist; denn ich stimme da in vielem mit ihm überein — nur ganz unzureichend versorgt werden konnte. Es ist wahrlich ein trostloser Zustand, daß wir, deren wissenschaftliche und kulturelle Leistung einmal in der Welt an erster Stelle der Rangliste stand, über die täglichen Nöte hinaus einfach bisher nicht die Mittel haben aufbringen können, die hier im Interesse der Wiedererlangung der Weltgeltung deutschen Geistes- und Kulturgutes eingesetzt werden müßten. Geradezu beschämend — auch das möchte ich hier klar zum Ausdruck bringen — empfinden wir dabei, daß Gelehrte von internationalem Ruf als Vertriebene in kärglichsten Verhältnissen bei uns ihr Dasein fristen müssen.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Ich möchte einen dringenden Appell an alle damit
    befaßten Stellen richten, hier Abhilfe zu schaffen.
    Ähnlicher verstärkter Hilfe bedürfen auch die Opfer des Nationalsozialismus, für die angemessen zu sorgen eine Ehrenpflicht jeder Regierung sein sollte.

    (Zuruf des Abg. Ritzel.)

    Wenn Mittel bis zur grundsätzlichen Besoldungsneuordnung für die Beamten — leider kaum noch in dieser Legislaturperiode durchzuführen — einschließlich solcher für die Novelle zum Gesetz gemäß Art. 131, das Dritte Besoldungsänderungsgesetz und die Anforderungen, die das neue Bundesbeamtengesetz bekanntlich stellen wird, vom


    (Jaffé)

    Finanzminister bereitgestellt werden, so begrüßen wir das ganz besonders.
    Haushaltspolitik, meine Damen und Herren, ist ihrem Sinne nach überwiegend Innenpolitik. Angesichts der im Werden begriffenen europäischen politischen Gemeinschaft, an der ja sehr viele unserer Kollegen ständig intensiv mitarbeiten, gewinnt aber die Haushaltspolitik der Bundesregierung in starkem Maße auch einen außenpolitischen Aspekt; müssen doch im Rahmen dieser Gemeinschaft Vereinbarungen über die Verpflichtung zur Beachtung gemeinsamer Grundsätze der Wirtschaftspolitik getroffen werden. Diese Grundsätze, die jede inflationistische Politik ausschließen und die Grundfragen der Kapitalbildung und Investitionspolitik mit dem Ziel der Erhöhung des Lebensstandards durch Produktionssteigerung regeln sollen, spiegeln sich im Wirtschafts-, Finanz- und Sozialprogramm der Bundesregierung bereits weitgehend wider. Sie dürften damit maßgeblich auch auf diesen Gebieten zur baldigen Verwirklichung dieser europäischen Gemeinschaft beitragen.
    Abschließend möchte ich feststellen: Der vorliegende Haushalt erscheint uns als technisch wie strukturell, nach Inhalt wie Umfang abgerundetes Ergebnis einer, ich darf mir erlauben, zu sagen: vorbildlichen Arbeit der Ressorts, insbesondere des Bundesfinanzministers. Ihnen, Herr Bundesfinanzminister, auch an dieser Stelle zu danken, erscheint mir als eine Pflicht, der ich mich gern unterziehe. Wir aber, meine Damen und Herren, die mit dem Sommer dieses Jahres unsere Arbeit an den zweiten Deutschen Bundestag übergeben, dürfen mit dem alten Bibelwort sagen: Wir haben unser Haus bestellt.

    (Beifall bei der DP. — Abg. Renner: Dann laßt euch man begraben!—Gegenrufe rechts. — Abg. Renner: Na ja, wer sein Haus bestellt hat, kann sich ja ruhig begraben lassen!)