Rede von
Herbert
Kriedemann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da mich der Herr Kollege Horlacher ausdrücklich darum gefragt hat, möchte ich ihn doch daran erinnern, daß wir uns dem Gedanken der Marktordnung niemals verschlossen haben. Abgesehen davon, daß das, was man hier in. diesem Hause freie Wirtschaft nennt, nicht unsere Erfindung ist, haben wir an den Marktordnungsgesetzen — das wissen Sie j a — gutwillig und nützlich mitgearbeitet, und wir haben die Verantwortung für diese Gesetze mit übernommen, damit auch für die Einrichtung der Einfuhr- und Vorratsstellen usw. Der Appell ist also überflüssig. Aber unsere Mitarbeit, unsere Zustimmung bezieht sich immer nur auf echte Marktordnung und nicht nur auf einen Teil der Marktordnung, etwa auf die Preisstützung. Man sollte es mit aller Deutlichkeit und mit aller möglichen Lautstärke sagen, daß, wenn hier von Preisen geredet werden muß, die ins Rutschen gekommen sind, es sich immer nur um die Erzeugerpreise handelt. Hausfrauen, die zufällig einer solchen Diskussion zuhören sollten, würden vielleicht daran denken, daß wir in einem merkwürdigen Lande leben, denn die Preise, für die sie sich interessieren müssen, rutschen j a nicht.
Ich bin sehr froh darüber, daß in diesem Antrag das Problem der Verbraucherpreise einmal so deutlich angesprochen worden ist, wie es bisher noch nie geschehen ist, wenigstens nicht von Ihrer Seite. Ich meine, daß, wenn die Verbraucherpreise den Preisen auf den Erzeugermärkten folgen würden, vom Verbrauch her durch die gestiegene Nachfrage auch eine Korrektur an den hier und da zu verzeichnenden Preiseinbrüchen erfolgt wäre. Daß dort an einer bestimmten Stelle, die wir hier aus Freundschaftlichkeit heute abend nicht ausdrücklich beim Namen nennen wollen, das hängen bleibt, was sowohl den Erzeugern wie den Verbrauchern fehlt, und daß da mindestens in der Mitte lukrative Geschäfte gemacht werden, das sollte deutlich gesagt werden. Ich bin nur gespannt, wie weit dann bei Ihnen die Konsequenz gehen wird, wenn es sich um Maßnahmen handelt, mit diesem Zustande, mit dem, was da im Zwischenraum passiert, endlich einmal wirksam aufzuräumen. Davon kann sich niemand beschwert fühlen, der im Rahmen des Notwendigen Handel treibt, und die sich davon be-
schwert fühlen könnten, haben hoffentlich in diesem Hause keinen Vertreter.
Herr Horlacher, ich möchte nicht hoffen, daß Ihre Bemerkung an den Finanzminister etwa den Eindruck erweckt hat, als ob es in der Landwirtschaft, von der manche Leute annehmen, sie mache keine Buchführung, eine doppelte Buchführung gäbe, etwa eine Buchführung, in der die Unterlagen für die Beschränkung der Einfuhr zusammengebracht werden, und eine andere Buchführung, nach der dann die Steuern berechnet werden. Die Rinder, soweit sie für die eine oder die andere Seite in Betracht kommen, müssen ja mindestens der Zahl nach immer auf dasselbe hinauslaufen. Nehmen wir also an, daß es hier nichts zu korrigieren gibt.
Noch eines zum Thema Einfuhr- und Vorratsstellen. Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, daß diese Einrichtungen nicht ausreichend funktioniert haben, vielleicht überhaupt nicht richtig funktioniert haben, weil es ihnen an den notwendigen Mitteln fehlt, um nun das zu tun, was ihnen das Gesetz als Aufgabe gestellt hat. Aber, verehrter Herr Kollege Horlacher, ein bißchen liegt das auch daran, daß man sich nicht auf der genügenden Breite um eine richtige Ausgestaltung der Einfuhr- und Voratsstellen bemüht hat. Wir haben manchmal doch hier auch in diesem Haus gehört, daß es im Grunde nur um das Geld geht, das gebraucht wird, um nun gerade die Rinder aus dem Markt zu nehmen, die im Augenblick auf diesem Markt in Überzahl vorhanden sind, und man aber gar nicht so viel Geld in Anspruch nehmen wollte, um so viel Rinder in die Einfuhr- und Vorratsstellen hineinzunehmen, wie man braucht, um mit Sicherheit über das ganze Jahr hindurch aus dem Vorrat einen vernünftigen Preis für den Verbraucher halten zu können. Von Marktordnung kann wirklich nur geredet werden, wenn tatsächlich mit gleichem Maße nach beiden Seiten gemessen wird. Ich hoffe, Herr Horlacher, daß wir uns auch darüber einig sind und daß wir das gemeinsam hinbringen werden, wenn wir uns im Ausschuß mit Ihrem Antrag zu befassen haben.
Ich bedauere — lassen Sie mich das zum Schluß noch sagen —, daß es die Umstände, insbesondere die starke Inanspruchnahme des Hauses und seiner Mitglieder bisher nicht möglich gemacht haben, den Auftrag zu erfüllen, den der Außenhandelsausschuß und der Ernährungsausschuß von diesem Hause bekommen haben, sich nämlich einmal mit dem ganzen Komplex der Einfuhr- und Vorratsstellen zu befassen, um festzustellen, wie denn das, was durch die Marktordnungsgesetze in Wirksamkeit gebracht worden ist, nun tatsächlich funktioniert. Ich hoffe, daß wir trotz der Schwierigkeiten, die im wesentlichen zeitliche Schwierigkeiten sind, und trotz der Tatsache, daß vielleicht das eine oder andere gesagt werden muß, was vor den Wahlen nicht überall gern gehört wird, uns doch noch wieder zusammenfinden, um diese Arbeit zu machen, die im Interesse des Funktionierens, des dauernden soliden Funktionierens der Marktordnung absolut notwendig ist. Denn auch in diesem Bereich ist, wenn man etwas anderes will, als im Gesetz drinsteht, wenn man vor allen Dingen mehr will, als eigentlich beabsichtigt war, die Gefahr ganz besonders groß, daß darüber alles verlorengeht.