Rede von
Dr.
Adolf
Arndt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Präsident hat bereits darauf hingewiesen, daß nach der Geschäftsordnung die Berichte schriftlich zu erstatten sind und es sich hier im Plenum nur um mündliche Ergänzungen des Schriftlichen Berichts handeln kann. Auch ich als Mitberichterstatter muß daher grundsätzlich auf den im großen Bericht abgedruckten Doppelbericht*), den ich erstattet habe, Bezug nehmen. Ich habe nicht die Absicht und auch nicht die Befugnis, diesen Bericht hier ganz oder teilweise zu verlesen. Es kann auch nicht meine Aufgabe in diesem Mitbericht sein, die Grundfragen oder gar die Einzelfragen ausführlich zu erörtern; denn dazu würden mehrere Stunden erforderlich sein. Ich muß mich beschränken auf gewisse mündliche Ergänzungen und namentlich Ergänzungen zu dem, was Herr Kollege Wahl hier soeben vorgetragen hat, wobei ich es allerdings für notwendig halte, als Berichterstatter zu berichten, was im Ausschuß vorgekommen ist. Herr Kollege Wahl, wir haben im Ausschuß über das Gutachten von Herrn Professor Dr. Karl Löwenstein meines Wissens überhaupt nicht gesprochen. Es war gar nicht Gegenstand unserer Beratungen, so daß ich es nicht für ganz statthaft halte, auf dieses Gutachten hier einzugehen.
Ich müßte es sonst auch meinerseits in extenso vortragen.
Ich muß mich daher auf einige Hauptpunkte beschränken, in Ergänzung dessen, was soeben der Herr Hauptberichterstatter gesagt hat. Wir haben im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht ja nicht formell abgestimmt. Das entspricht nicht dem Stil unserer Beratungen, weil wir uns immerhin bemühen, gegenseitig Rechtsüberzeugungen zu äußern und zu begründen, und über Rechtsüberzeugungen läßt sich im allgemeinen kaum durch Abstimmung entscheiden. Daher sind wir stillschweigend nach dem Verlauf der Diskussion davon ausgegangen, daß sich für gewisse Auffassungen eine Mehrheit und eine Minderheit gebildet hat.
Nun als erster Punkt ergänzend zur Frage: Hat die Bundesrepublik Deutschland in ihrem westlichen Teil hier, den wir im Rechtsausschuß und in der Gesetzessprache als den Geltungsbereich des Grundgesetzes zu bezeichnen pflegen, eine Wehrgewalt, oder hat sie diese Wehrgewalt nicht? Wir waren im Rechtsausschuß einhellig darüber einig, daß nach Wegfall des Besatzungsstatuts eine äußere Wehrhoheit besteht, das heißt, daß das deutsche Volk selbstverständlich so wie jedes andere Volk der Welt nach Wegfall des Besatzungsstatuts die völkerrechtliche Befugnis oder Freiheit hat, zu bestimmen, ob und wie es sich verteidigen will; eine Frage, die völlig unabhängig ist von der verfassungsrechtlichen Frage, welche Voraussetzungen dann nach der eigenen nationalen Verfassung zu erfüllen sind, um zu einer Konstituierung und Ausübung der Wehrgewalt zu kommen. Darüber waren wir dann allerdings uneinig, und da hat sich die Minderheit von vornherein auf den Standpunkt
*) Vgl. Anlage zur 240. Sitzung, Seiten 11201 D, 11211 C
gestellt, daß nach den Verhandlungen im Parlamentarischen Rat und nach dem Ausdruck, den diese Verhandlungen als Niederschlag im Grundgesetz gefunden haben, eine Wehrgewalt hier im Geltungsbereich des Grundgesetzes noch nicht konstituiert werden sollte. Als Motiv — als eines der Motive, aber als ein Hauptmotiv — ist seitens der Minderheit nicht erst in der letzten Sitzung, Herr Wahl, sondern doch von vornherein, von der ersten Stunde an — und ich selbst bin es doch gewesen, der es zunächst vorgetragen hat — gesagt worden: Das erklärt sich daraus, daß diese Verfassung ja leider Gottes nicht für ganz Deutschland gegeben werden konnte, sondern bewußtermaßen nur für ein Teilgebiet, und man im Parlamentarischen Rat die erklärte Sorge hatte, bedenkliche Rückwirkungen auf die deutsche Einheit in Freiheit heraufzubeschwören, wenn man hier im Westgebiet dazu käme, eine Wehrgewalt zu errichten und militärische Maßnahmen irgendwelcher Art zu treffen.
Das ist auch im Parlamentarischen Rat zum Ausdruck gekommen, worauf auch im Ausschuß hingewiesen worden ist. Ich trage jetzt ja immer nur vor, worüber wir im Ausschuß gesprochen haben. Denn im. Ausschuß ist sehr eindringlich darauf verwiesen worden, daß Herr Schönfelder als Mitglied des Parlamentarischen Rates und als Mitglied des zuständigen Ausschusses gesagt hat: Wir wollen hier nichts sehen, was - und jetzt zitiere ich wörtlich — „mit ,militärischen Angelegenheiten' zu tun hat; denn was wir machen, soll doch ein ,Provisorium' sein."
„Provisorium" war ja eines der Hauptworte, die man als Vokabeln gebrauchte, um den Gedanken der Unantastbarkeit der deutschen Einheit auszudrücken, einen Gedanken, der sich wie ein roter Faden durch die gesamten Verhandlungen des Parlamentarischen Rates zog; und hat schon von Anfang an dann in unserer Ausschußberatung Herr Kollege Greve auch als ehemaliges Mitglied des Parlamentarischen Rates darauf hingewiesen, daß eben das gesamtdeutsche Motiv einer der entscheidenden Beweggründe war, um von einer selbständigen Wehrgewalt hier im Westen Abstand zu nehmen. Das ist ja in den Stenogrammen ausführlich niedergelegt. Herr Kollege Wagner hat dann später gesagt, nach diesen ausführlichen Darlegungen habe er es nicht für richtig gehalten, seinerseits auch diesen Gesichtspunkt nochmals zu betonen, sondern er habe nur ergänzende Ausführungen gemacht. Erst als in Ihrem Bericht Herr Wagner gewissermaßen als ein Kronzeuge dafür erschien, daß es andere Gesichtspunkte mehr gewesen seien — eine Sorge vor einem Militarismus oder ähnliches —, da hat er gefordert, daß Ihr Bericht zur Diskussion gestellt werde, und hat mit aller Eindeutigkeit auch seinerseits noch einmal diese Angelegenheit klargestellt.
Aber ich glaube, daß Sie — leider muß ich das sagen, Herr Wahl — auch jetzt diese abschließende Verhandlung hier doch nicht ganz zutreffend wiedergegeben haben, insbesondere hinsichtlich der Bemerkung des Herrn Vorsitzenden, daß die Sache nicht auf die Spitze getrieben worden sei. Sie haben daraus schließen wollen, man wußte, daß Richtungsgegensätze beständen, und habe sich damit abgefunden, und deshalb müßten die Auslegungsgrundsätze für Kompromißgesetze Anwendung finden. Nein, das ist nicht der Fall, und Herr Wagner, Herr Greve und Herr Fritz Maier haben das doch
schließlich mit aller Eindeutigkeit in unseren Ausschußverhandlungen bekundet.
Die Frage der Wehrgewalt ist im Parlamentarischen Rat zweimal besonders eindeutig und eindringlich behandelt worden, einmal bei Art. 4 und zum andern bei Art. 73 Ziffer 1 des Grundgesetzes. Als aus Motiven, auf die wir jetzt hier nicht besonders einzugehen brauchen — das wird wohl nachher noch Gegenstand unserer polemischen Diskussion sein —, die sozialdemokratische Fraktion im Parlamentarischen Rat unter den Grundrechten eine Ergänzung der Glaubens- und Gewissensfreiheit dahin forderte, daß die Gewissen auch nicht für einen Kriegsdienst gefordert werden dürften, hat sich damals der Abgeordnete des Parlamentarischen Rates, Herr Professor Heuss, gegen diese Vorschrift mit der Begründung gewandt, sie würde einer allgemeinen Wehrpflicht entgegenstehen, und hat beantragt, diese Bestimmung aus dem Grundgesetz wieder zu streichen. Der Antrag Heuss ist nach einer eingehenden Diskussion abgelehnt worden, weil die Mehrheit damit klar zum Ausdruck bringen wollte, daß sie nicht zu dem Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht stehe und daß sie es in Kauf nehme, durch Art. 4 Abs. 3 unter Umständen sogar die Möglichkeit einer allgemeinen Wehrpflicht auszuschließen. Da ist also die Sache zur Entscheidung gekommen. Sie ist auch bei Art. 73 Ziffer 1 des Grundgesetzes entschieden worden, als der Abgeordnete Dr. Walter Strauß den Antrag einbrachte, zu sagen, der Bund sei nicht nur für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig, sondern darüber hinaus auch für den Schutz des Bundes nach außen oder für die Sicherheit des Bundes. Herr Strauß hat diesem Antrag erst eine etwas harmlose Begründung zu geben versucht, wie wir ja in unseren Ausschußberatungen klargestellt haben; dann aber wurde der Pferdefuß sehr deutlich sichtbar, daß es sich hierbei um einen Anknüpfungspunkt für das handeln sollte, was die Bundesregierung jetzt nach der amerikanischen Theorie der implied powers für sich in Anspruch zu nehmen wünscht. Und gerade Herr Kollege Wagner war es, der uns das im Ausschuß zweimal ganz ausführlich und eindringlich geschildert hat. Als das sichtbar wurde, da habe ich eine Nacht nicht schlafen können
und habe am nächsten Morgen gesagt: Meine Damen und Herren, die Sache ist ernst, sie muß auf die Fraktionsebene gebracht werden, denn hier kommt ein Punkt, bei dem wir uns unter Umständen sonst nicht mehr imstande sehen werden, sei es, die gemeinsame Arbeit fortzusetzen, sei es — sinngemäß — dem Grundsatz zuzustimmen Darum ist diese Frage, ob eine solche Schutz- oder Sicherungsgewalt des Bundes begründet werden sollte, ungewöhnlich ausführlich erörtert, ungewöhnlich häufig abgestimmt und dann aus den Gründen, die uns Herr Kollege Wagner, aber auch Herr Greve und Herr Fritz Maier als Teilnehmer an diesen Beratungen geschildert haben, mit Mehrheit verneint worden. Wenn dann in unseren Beratungen das Wort fiel, es sei nicht zur Ablehnung des Grundgesetzes durch die Sozialdemokratie gekommen und man habe die Sache nicht auf die Spitze getrieben, so hatte das doch nicht etwa den Sinn, daß die beiden Gruppen nun sagten: Wir wollen das machen, was man in der Weimarer Verfassung gemacht hat, unter einem Kompromiß verbergen, daß man sich uneins war, oder sozusagen nur zu wollen, nicht zu wollen. Sondern die Äußerung, die zunächst seitens des Herrn Vorsitzenden fiel und dann von Herrn Kollegen Wagner aufgenommen wurde, besagte doch nur, daß die andere Seite es nicht auf die Spitze getrieben, d. h. davon Abstand genommen habe, weiter diese Ziele zu verfolgen, und dadurch sahen sich allerdings die sozialdemokratischen Mitglieder des Ausschusses nicht vor die Entscheidung gestellt, im Falle eines Überstimmtwerdens in diesem Punkt die Konsequenzen zu ziehen.
So allein waren unsere Ausschußberatungen zu verstehen. Von einem Kompromiß kann also keine Rede sein, und Herr Kollege Greve hat im Ausschuß, ich glaube, nicht einmal, sondern mindestens dreimal unter genauen Zahlenangaben ausgeführt, daß, wenn die andere Seite, d. h. Ihre Seite, es auf die Spitze getrieben hätte, er und seine politischen Freunde das Grundgesetz nicht angenommen hätten. Das Grundgesetz hätte dann auch keine Aussicht auf Annahme gehabt, weil ja die Mehrheitsverhältnisse im Parlamentarischen Rat so gelagert waren, daß eine Annahme des Grundgesetzes ohne Zustimmung der sozialdemokratischen Fraktion nicht in Betracht gekommen wäre. Ich glaube, dieses als Mitberichterstatter aus unseren Ausschußverhandlungen klarzustellen, war ein gewisses Erfordernis.
Dann komme ich zu einem zweiten Punkt, den Sie, Herr Kollege Wahl, hier berührt haben: Art. 24 und das System der kollektiven Sicherheit. Ich will mich nicht auf die Frage einlassen, ob die Minderheit Auffassungen aus dem Jahre 1900 vertreten habe. Es ist nicht die Aufgabe eines Berichterstatters, solche Polemik zu machen, so daß ich mich deshalb auch nicht im Bericht dazu äußern kann, ob wir im Rechtsausschuß die „nihilistische Theorie des Mittelalters" nach Herrn von Merkatz entdeckt haben. Sie haben zu Art. 24, den ich nicht im einzelnen behandeln kann und soll, da das in dem gedruckten schriftlichen Bericht geschehen ist, insbesondere auf das System der kollektiven Sicherheit hingewiesen und geltend gemacht, die Satzung der Vereinten Nationen gehe so weit, daß sie dem Sicherheitsrat die Entscheidung über Krieg und Frieden anvertraue, infolgedessen die Verträge sich bewußt dem Gesamtsystem der Vereinten Nationen einordneten.
Nun, auch da sehe ich die Notwendigkeit, als Mitberichterstatter ergänzend gewisse Auffassungen der Minderheit vorzutragen. Es entspricht nicht der Satzung der Vereinten Nationen, was Sie aus ihr herauslesen. Der Sicherheitsrat ist nicht befugt, auch nur eines seiner Mitglieder für in einen Krieg eingetreten zu erklären, geschweige denn, wie Sie im Ausschuß behauptet haben, einem Nichtmitglied die Pflicht aufzuerlegen, im Kriege zu sein.
Aber vor allen Dingen ist es doch erforderlich, zur Frage der kollektiven Sicherheit die Dinge hier etwas deutlicher herauszustellen. Der Art. 24 des Grundgesetzes besagt doch nicht — was man jetzt geradezu unter Umkehrung seines Sinnes in ihn hineindeuten will —, daß der Bund befugt sei, verfassunggebende Gewalt auf europäischer Ebene auszuüben, oder daß der Bund befugt sein, Macht, Wehrgewalt auf supranationaler Ebene neu zu begründen und zu entfalten, also sich durch einfaches Gesetz auszudehnen und auszuweiten, sondern der Art. 24 sagt insoweit in seinem zweiten Absatz genau das Gegenteil. Er sagt, der Bund kann seine Hoheitsrechte beschränken, wenn es nötig ist, um
sich einem System der kollektiven Sicherheit einzuordnen.
— Einzuordnen! Jawohl, das sagt der Art. 24, und zwar genau entsprechend seinen Vorbildern in der französischen und in der italienischen Verfassung. Was man sich darunter vorgestellt hat, das hat uns als noch leibhaft lebender Zeuge der Herr Professor Carlo Schmid im Ausschuß eindeutig dargestellt. Er hat nämlich ausgeführt, daß man unter einem kollektiven Sicherheitssystem nicht das verstand, was Sie jetzt daraus machen wollen, nämlich eine Gruppe der Selbstverteidigung, eine kollektive Selbstverteidigung, eine Gruppe, die sich gegen die von einem Dritten drohende Gefahr zusammenschließt, sondern Herr Professor Carlo Schmid hat im Anschluß an das, was im Völkerrecht entwickelt war und was er den klassischen Begriff genannt hat, und die Genfer Trilogie, insbesondere im Anschluß an die Arbeiten von Maurice Bourquin und die Verhandlungen des Instituts für internationale Angelegenheiten in London dargelegt, daß ein System der kollektiven Sicherheit nur ein System ist, welches alle an einer Gefahr beteiligten Staaten, d. h. nicht notwendig mondial, nicht notwendig alle in der Welt, aber alle an einer gewissen Gefahr beteiligten Staaten, gerade einschließlich eines möglichen Angreifers, umschließt, daß diese Vereinigung also keine Entscheidung gegen einen Dritten ist, sondern ein Zusammenschluß aller in Betracht Kommenden untereinander, damit auch von vornherein nur auf diese Weise festgestellt werden kann, wer denn unter Umständen der Angreifer sei.
Sie haben dann im Ausschuß und auch hier vorgetragen, daß sich aber in der Welt der Begriff der kollektiven Sicherheit gewandelt habe und heute anders aufgefaßt werde. Der Regierungsvertreter Herr Professor Greve hat dabei namentlich auf den jetzt in Amerika lebenden Staats- und Völkerrechtler Hans Kelsen hingewiesen. Nun, wir siiid Ihren Ausführungen bereits im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht entgegengetreten und haben Ihre Auffassungen nicht akzeptiert. Wir sind auch nicht bei dem Jahre 1900 stehengeblieben, sondern sind jedenfalls bis 1951 vorgeschritten. Und, sehen Sie, 1951 hat gerade Hans Kelsen das umfangreiche und international anerkannte Werk über das System der Vereinten Nationen, das atlantische Verteidigungssystem und das System der kollektiven Sicherheit geschrieben. Das Werk heißt: ,,Recent Trends in the Law of the United Nations" und ist in London im Jahre 1951 erschienen. Gerade in diesem Werk sagt Hans Kelsen, daß das atlantische Verteidigungssystem kein System der kollektiven Sicherheit sei, sondern es sei ein nach der Satzung der Vereinten Nationen erlaubtes System der Selbstverteidigung; aber das sei gerade der Gegensatz an Sich zum System der kollektiven Sicherheit. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten einen Satz aus diesem Buch zitieren. Auf Seite 922 — Sie sehen bereits aus der Seitenzahl, daß es sich um ein ungeheuer umfangreiches wissenschaftliches Werk handelt — führt Herr Kelsen gerade hinsichtlich dieses Begriffspaares kollektive Sicherheit und kollektive Selbstverteidigung aus — ich zitiere es deutsch —:
Die Gestalter der UNO-Satzung . . . beabsichtigten sicherlich nicht kollektive Selbstverteidigung als einen Ersatz für kollektive Sicherheit.
Sie sehen, wie er das als zwei voneinander ganz verschiedene Begriffe gegenüberstellt und sogar sagt, eigentlich hätten die Verfasser der UNSatzung das überhaupt nicht zulassen wollen, aber gewisse veränderte Weltzustände müßten die UNSatzung so auslegen lassen, daß kollektive Selbstverteidigung zulässig wäre; aber ein System der kollektiven Sicherheit wird sie dadurch nie. Sie behaupten ja selbst nicht, daß das, was hier an Vertragswerken geschaffen ist, in dem klassischen Sinn, wie ihn das Grundgesetz vorausgesetzt hat, ein System der kollektiven Sicherheit sei. Sie wollen ja nur geltend machen, die Auffassungen hätten sich gewandelt. Nun, bei einem der maßgebendsten Staats- und Völkerrechtler hatten sie sich jedenfalls im Jahre 1951 noch nicht gewandelt, und nach Auffassung der Minderheit besteht deshalb keinerlei Möglichkeit, die vorliegenden Vertragswerke mit dem Art. 24 des Grundgesetzes in Einklang zu bringen. Nach unserer Auffassung ist es in allen Fragen — und es gibt ja zahlreiche Fragen, wo diese Vertragswerke unserer Meinung nach mit dem Grundgesetz in Widerspruch geraten — nicht möglich, sie mit dem Grundgesetz
zu vereinbaren. Aber des habe ich in meinem Schriftlichen Bericht dargestellt, und es wird sich hier noch Gelegenheit finden, es polemisch untereinander zu erörtern, so daß ich mehr Zeit für den mündlichen Ergänzungsbericht nicht in Anspruch zu nehmen brauche.