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    Deutscher Bundestag — 239. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1952 11005 239. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. November 1952. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 11007D, 11036B Zur Tagesordnung 11007D, 11072D, 11074A, B, 11082C zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend deutschniederländische Vereinbarungen vom 19. Mai 1952 über Fragen der Restitution und vom 13./20. Juni 1952 über Freigabe von deutschen Reichsmark-Wertpapieren (Nr. 3832 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 3903 der Drucksachen) 11008A Beratung abgesetzt 11008A Zur Geschäftsordnung, — Termin für die zweite und dritte Beratung der Verträge mit den Alliierten: Dr. Krone (CDU) 11008B Dr. Arndt (SPD) 11008C, 11016A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 11011B Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 11011D Renner (KPD) 11012C Loritz (Fraktionslos) 11013C Freudenberg (FDP-Gast) 11014B Dr. Schäfer (FDP) 11014C Dr. von Merkatz (DP) 11015A von Thadden (Fraktionslos) . . . 11015B Dr. Tillmanns (CDU) 11016D Abstimmung 11017B Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes (Nr. 3894 der Drucksachen) . . 11017C Dr. Atzenroth (FDP) (Erklärung zur Abstimmung 11017C Beschlußfassung 11017D Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952 (Nachtragshaushaltsgesetz 1952) (Nr. 3800 der Drucksachen) in Verbindung mit der Fortsetzung der Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Lausen u. Gen. betr. Förderungsmaßnahmen der Wasserversorgung der Länder und Gemeinden (Nrn. 3874, 2368 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Horlacher, Dr. Meitinger, Dannemann, Tobaben, Kriedemann u. Gen. betr. Erhaltung des deutschen Flachs- und Hanfanbaues (Nrn . 3875, 3718 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU (BP-Z) betr. Kredite für Wiederherstellungsarbeiten an denkmalspflegerisch wertvollen Gebäuden (Nr. 3816 der Drucksachen) . . . . 11008A, 11018A, 11083D Schoettle (SPD) 11018A Dr. Wuermeling (CDU) 11026B Bausch (CDU) 11032C Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . 11036B Jaffé (DP) 11037D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 11040D Hoffmann (Lindlar) (FU) 11041B Dr. Decker (FU), Antragsteller . 11042C Hennig (SPD) 11043A 0 Renner (KPD) 11043B Arndgen (CDU) 11046D Kalbfell (SPD) 11048A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 11048D Funcke (FDP) 11049D Gengler (CDU), Berichterstatter . 11051A Kriedemann (SPD) 11051C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 3800 der Drucksachen an den Haushaltsausschuß und des Antrags Nr. 3816 der Drucksachen an den Haushaltsausschuß und den Ausschuß für Kulturpolitik 11052A Beschlußfassung über die Ausschußanträge Nrn. 3874 und 3875 der Drucksachen 11052A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und über die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts (Familienrechtsgesetz) (Nr. 3802 der Drucksachen) . . 11052B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 11052C Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . . 11055D Frau Dr. Rehling (CDU) 11058A Frau Meyer-Laule (SPD) 11059D Frau Nadig (SPD) 11061B Dr. Meitinger (FU) 11063A Frau Dr. Ilk (FDP) 11063D Frau Wessel (Fraktionslos) . . . 11065D Ewers (DP) 11066C Frau Strohbach (KPD) 11067D Dr. Menzel (SPD) 11069B Frau Dr. Weber (Essen) (CDU) . 11071B Überweisung an den Rechtsausschuß . 11072C Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Auftragslenkung für Berlin (Nr. 3833 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Förderung des wirtschaftlichen Aufbaus und der sozialen Sicherheit Berlins (Nr. 3834 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 11072D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Behrisch (Nr. 3723 der Drucksachen) . . 11073A Ewers (DP), Berichterstatter . . 11073A Beschlußfassung 11074C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Langer (Nr. 3724 der Drucksachen) . 11074B Gengler (CDU), Berichterstatter 11074B, C Beschlußfassung 11074C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Lampl (Nr. 3748 der Drucksachen) 11074D Dr. Mücke (SPD), Berichterstatter 11074D Beschlußfassung 11075A Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses (2. Ausschuß) über die Feststellung des Erlöschens des Bundestagsmandats des Abg. Dr. Doris (Nr. 3870 der Drucksachen, Umdruck Nr. 707) 11075A, 11077A Dr. Schneider (FDP), Berichterstatter 11077A Renner (KPD) 11077D Dr. von Merkatz (DP) 11078C Beschlußfassung vertagt 11079A Erste Beratung des Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes (Neufassung des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetzes) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erstattung von Gebühren für im Armenrecht beigeordnete Vertreter in Patent- und Gebrauchsmustersachen (Nr. 3801 der Drucksachen) . . 11075B Überweisung an den Ausschuß für Pa tentrecht 11075B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (Nr. 3819 der Drucksachen) 11075B Überweisung an den Rechtsausschuß . 11075C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen (Nr. 3820 der Drucksachen) 11075C Überweisung an den Rechtsausschuß 11075C Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hessischen Gesetzes zur Einführung der Rechtsanwaltsordnung (Nr. 3667 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 3854 der Drucksachen) 11075C Beschlußfassung 11075D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vereinbarung zur Ergänzung des Allgemeinen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die Soziale Sicherheit vom 10. Juli 1950 und das Zusatzprotokoll zur Vierten Zusatzvereinbarung zum Allgemeinen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die Soziale Sicherheit vom 10. Juli 1950 (Nr. 3843 der Drucksachen) 11075D Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 11075D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Gleichstellung der Kriegsgeschädigten (Nrn. 3731, 124, 1934, 2177 der Drucksachen) 11076A Schüttler (CDU), Berichterstatter 11076A Beschlußfassung 11076D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Entschädigung an ehemalige Kriegsgefangene und Zivilinternierte für in der Kriegsgefangenschaft geleistete Arbeit und den Antrag der Fraktion der FDP betr. Entschädigungsgesetz für Arbeitsleistungen ehemaliger Kriegsgefangener und den Antrag der Fraktion der CDU/ CSU betr. Vorlage eines Zweiten Ergänzungsgesetzes zum Heimkehrergesetz (Nrn. 3855, 3674, 3693, 3703 der Drucksachen) 11079B Frau Dr. Probst (CDU), Berichterstatterin 11079C Beschlußfassung 11080C Beratung des Antrags der Fraktion der FU (BP-Z) betr. Deutsche Kriegsgefangene und Zivilinternierte (Nr. 3807 der Drucksachen) 11080C Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß 11080D Beratung des Antrags der Fraktion der FU (BP-Z) betr. Regelung zur Rückgabe der Gebäude und Grundstücke des deutschen Auswärtigen Dienstes im Ausland (Nr. 3808 der Drucksachen) 11080D Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß 11080D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Wohnraummangelgesetzes (Nr. 2158 der Drucksachen) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) (Nr. 3822 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 708, 710) 11080D Kalbfell (SPD), Berichterstatter (schriftlicher Bericht) 11085 Paul (Düsseldorf) (KPD) . . . . 11081A ,D Lücke (CDU) 11081B Abstimmungen 11081B, 11082A Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens (Emissionsgesetz) (Nr. 3734 der Drucksachen) 11082C Beschlußfassung 11082D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Nrn. 3818, zu 3818 der Drucksachen) 11082D Überweisung an den Rechtsausschuß . 11082D Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP-DPB, FU (BP-Z) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Lastenausgleich (Nr. 3844 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Kather, Wackerzapp, Dr. von Golitschek u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Ausgleichsleistungen an Sowjetzonenflüchtlinge (Nr. 3835 der Drucksachen), mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Kather, Wackerzapp, Dr. von Golitschek u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener (Nr. 3836 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU (BP-Z) betr. einmalige Zuwendung an Empfänger von Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (Nr. 3823 der Drucksachen) 11083A Überweisung an den Ausschuß für den Lastenausgleich 11083A Zur Geschäftsordnung, betr. Ausschußüberweisung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Nr. 3860 der Drucksachen) 11074A, B, 11083B, C Frau Kalinke (DP) 11083B Weiterberatung vertagt 11083B Nächste Sitzung 11079A, 11083D Feststellung des Präsidenten zu Ausführungen des Abg. Dr. Wuermeling und zu Zwischenrufen des Abg. Renner 11083D Anlage 1: Erklärung des Abg. Dr. Atzenroth gemäß § 59 der Geschäftsordnung zum Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes (Nr. 3494 der Drucksachen) 11084 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Entwurf eines Wohnraummangelgesetzes (Nrn. 3822, 2158 der Drucksachen) . . . 11085 Anlage 3: Begründung zum Interfraktionellen Änderungsantrag zum Entwurf eines Wohnraummangelgesetzes (Umdruck Nr. 710) 11097 Die Sitzung wird um 13 Uhr 35 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 239. Sitzung Erklärung des Abgeordneten Dr. Atzenroth (FDP) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur „Verlängerung des Wirtschafts-Strafgesetzes" (Nr. 3 494 der Drucksachen) Ich habe dem Gesetz zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes, Drucksache 3894, meine Zustimmung gegeben, um die Gefahr eines gesetzlosen Zustandes zu beseitigen. Ich halte aber das Gesetz für änderungsbedürftig und behalte mir vor, Anträge auf Änderung dieses Gesetzes vor dem jetzt beschlossenen Ablauf zu stellen. Dr. Atzenroth Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 239. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Entwurf eines Wohnraummangelgesetzes (Nrn. 3822, 2158 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Kalbfell I. Behandlung des Gesetzentwurfs im Bundestag Mit Schreiben vom 13. April 1951 hat die Bundesregierung dem Bundestag den Entwurf eines Wohnraummangelgesetzes zugeleitet und zugleich zu der Äußerung des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen (Bundestagsdrucksache Nr. 2158). Die erste Lesung dieses Gesetzentwurfes fand am 26. April 1951 statt. Er wurde ohne Debatte dem Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen überwiesen. Nach einer Grundsatzdebatte im Ausschuß wurde ein Unterausschuß „Wohnraummangelgesetz" eingesetzt, der sich mit dem Gesetzentwurf zunachst in sechs Sitzungen befaßte. Die Beratungen erfuhren durch die Parlamentsferien 1951 eine Unterbrechung, konnten jedoch auch nach Schluß der Ferien noch nicht fortgesetzt werden, da sich der Ausschuß inzwischen mit Gesetzen zu beschäftigen hatte, die als dringlicher angesehen werden mußten. Es handelte sich dabei um Maßnahmen zur Erleichterung und Förderung des Wohnungsneubaues, durch den allein die Wohnungsnot entscheidend beseitigt werden kann. Erst im Jahre 1952 konnten die unterbrochenen Beratungen wieder aufgenommen werden; jedoch wurde zur Beschleunigung von einer Beratung im Unterausschuß abgesehen und der 18. Ausschuß selbst befaßte sich mit dem Gesetzentwurf. Die Beratungen waren im Hinblick auf die sehr vielfältigen Tatbestande und die wegen der Verzahnung von öffentlichem und privatem Recht schwierige Materie sehr eingehend. Eine große Zahl von Anregungen, die von beteiligten und sachverständigen Stellen und Verbänden eingegangen waren, wurde berücksichtigt; es wurden auch Sachverständige aus der Praxis gehört. Auch Vertreter der Länder, denen die Durchführung der Wohnraumbewirtschaftung obliegt, und des Bundesrates nahmen an den Sitzungen fast ständig teil. In insgesamt sechs Sitzungen des Unterausschusses und 18 Sitzungen des Ausschusses konnte volle Übereinstimmung über den Gesetzentwurf erzielt werden. II. Allgemeiner Inhalt und Aufbau des Gesetzentwurfs Der Ausschuß hat der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zugestimmt. Der Gesetzentwurf bezweckt, das Kontrollratsgesetz Nr. 18 (Wohnungsgesetz) abzulosen und das Gebiet der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung auf eine neue deutsche, den gegenwärtigen Verhältnissen angepaßte Rechtsgrundlage zu stellen. Die Rechtslage ist auf diesem Gebiet durch Änderung des Kontrollratsgesetzes selbst und eine Reihe von deutschen Vorschriften zum Teil unübersichtlich geworden. Auch sind einzelne Vorschriften des Kontrollratsgesetzes Nr. 18 durch die Änderung der staatsrechtlichen Verhältnisse infolge des Grundgesetzes und des Besatzungsstatuts überholt. Das Kontrollratsgesetz enthält auch Lücken für die Rechtsanwendung, und vor allem haben sich die Verhältnisse seit dem Erlaß des Gesetzes wesentlich verändert und auch gefestigt. Bei der Neufassung des Rechts der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung soll daher insbesondere auch eine Lockerung der Bewirtschaftungsvorschriften vorgenommen werden. Das Recht der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung stellt, wie allgemein anerkannt ist, Wohnungsnotrecht dar. Es ist zwar wegen des Wohnungsmangels noch nicht entbehrlich, aber die Bewirtschaftung darf nicht Selbstzweck werden; entscheidend kann die Wohnungsnot nur durch Neubau beseitigt werden. Die Bewirtschaftungsmaßnahmen bewirken weitgehende und unerfreuliche Eingriffe in den privaten Bereich. Sie dürfen also nicht stärker sein, als nach der Zielsetzung der Bewirtschaftung unerläßlich ist, und sollen, soweit angängig, gelockert werden. „Befehlsmaßnahmen" der Wohnungsbehörden sollen also durch „Lenkungsmaßnahmen" ersetzt werden, wenn mit ihnen der gleiche Erfolg erzielt werden kann; es soll zunächst auch versucht werden, auf freiwilliger Grundlage ohne staatlichen Zwang zum Ziel zu gelangen. So- weit Eingriffe der Wohnungsbehörden erforderlich sind und weiter zugelassen werden müssen, müssen sie entsprechend rechtsstaatlichen Anforderungen gestaltet werden. Das Verfahren muß beschleunigt werden. Verwaltungsmäßiger Leerlauf ist mit dem Ziel eines Abbaues auch der Wohnungsbehörden, zu vermeiden. Der Gesetzentwurf hat bei den Ausschußberatungen die Bezeichnung „Wohnraumbewirtschaftungsgesetz" erhalten. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß diese Bezeichnung seinen Inhalt besser zum Ausdruck bringt als die etwas farblose Bezeichnung „Wohnraummangelgesetz", die an das alte Wohnungsmangelgesetz der Zwangswirtschaft zwischen den beiden Weltkriegen anknüpft. Der Entwurf ist in gewissem Umfang nur ein Rahmengesetz, d. h. der Bundesgesetzgeber trifft teilweise keine abschließende Regelung, sondern läßt noch einen gewissen Spielraum zur Ausfüllung des Rahmens für die Gesetzgebung der Länder. So enthält der Gesetzentwurf z. B. auch keine Vorschriften über das Rechtsmittelverfahren. Dieses richtet sich vielmehr zunächst noch wie bisher nach den in den einzelnen Ländern geltenden, voneinander teilweise abweichenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Eine insoweit bundesrechtlich einheitliche Regelung zu treffen, muß besonderer Gesetzgebung vorbehalten bleiben; es erschien nicht angängig, sie für ein einzelnes Gebiet wie das der Wohnraumbewirtschaftung vorwegzunehmen. Aus Zweckmäßigkeitsgründen sind nach dem Entwurf die Länderregierungen zu einzelnen Fragen auch zum Erlaß von Durchführungsvorschriften ermächtigt worden. Der Gesetzentwurf ist der Übersichtlichkeit halber in Abschnitte aufgeteilt. Aus dem gleichen Grunde tragen die Paragraphen Überschriften. Der erste Abschnitt bringt allgemeine Vorschriften und setzt sich mit wesentlichen Begriffen der Wohnraumbewirtschaftung auseinander. Der zweite Abschnitt befaßt sich mit der Feststellung des Wohnraumbestandes und der Wohnungsuchenden, also den vorbereitenden Maßnahmen für die wichtigste Tätigkeit der Wohnungsbehörden, die Zuteilung von Wohnraum, die im dritten Abschnitt geregelt ist. Der vierte Abschnitt enthält Vorschriften über die Zweckentfremdung von Wohnraum, während der fünfte Abschnitt sich auf Maßnahmen bezieht, die zur Erhaltung, Verbesserung und Vermehrung von Wohnraum und zur Erleichterung des Städtebaues dienen. Der sechste Abschnitt bringt ergänzende Vorschriften, die insbesondere auch Fragen des Mieterschutzes und des Vollstreckungsschutzes betreffen, deren Ausgestaltung auch in starkem Maße die öffentliche Wohnraumbewirtschaftung berührt. III. Erläuterung des Entwurfs im einzelnen Zu § 1: Hier wird der Grundsatz aufgestellt, daß Wohnraum im Hinblick auf den Wohnungsmangel der öffentlichen Bewirtschaftung unterliegt. Hierin kommt zum Ausdruck, daß es sich um eine Notmaßnahme handelt, die es rechtfertigt und erforderlich macht, das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 des Grundgesetzes insoweit vorübergehend einzuschränken. Es wird weiter festgelegt, daß die Wohnraumbewirtschaftung eine staatliche Aufgabe ist, d. h. keine echte Gemeindeangelegenheit, sondern eine Auftragsangelegenheit oder Pflichtaufgabe der Gemeinden, wenn diesen die Wohnraumbewirtschaftung nach Landesrecht übertragen wird. Ob und inwieweit das (entsprechend dem bisherigen Recht) geschieht, richtet sich lediglich nach Landesrecht. Daß die Wohnraumbewirtschaftung eine staatliche Aufgabe sein muß, ergibt sich im wesentlichen schon daraus, daß bei ihrer Handhabung auch in weitem Umfange überortliche Gesichtspunkte eine entscheidende Rolle spielen müssen. Zu 2: Der in § 1 zuerst erwähnte Begriff „Wohnraum" wird als Oberbegriff für Wohnungen und einzelne Wohnräume im § 2, der den Gegenstand der Wohnraumbewirtschaftung behandelt, dahin erläutert, daß es sich um Raum handeln muß, der zu Wohnzwecken geeignet und bestimmt ist. Unter der Voraussetzung der Eignung zu Wohnzwecken kann demnach auch durch eine Änderung der Zweckbestimmung Wohnraum entstehen. Dagegen ist es zur Erhaltung des Wohnraumbestandes grundsätzlich nicht zulässig, Wohnraum anderen als Wohnzwecken zuzuführen, wie sich aus § 21 ergibt. Die Wohnraumbewirtschaftung kann sich, wenn sie sinnvoll sein soll, nicht auf die eigentlichen Wohnräume beschränken. Wie zu einer selbständigen Wohnung auch Küche und Nebenräume gehören, wobei die Nebenräume nicht immer nur hinter dem Wohnungsabschluß zu liegen brauchen (z. B. Kellerräume und Mansarden), so gehören auch sonstige Flächen, Einrichtungen und Anlagen vielfach zu einer Wohnung. Auch hierauf muß sich die Wohnraumbewirtschaftung erstrecken, sei es, daß diese Räume und Gegenstände zu einer Wohnung tatsächlich gehören oder zu ihrer Benutzung erforderlich sind, wie sich näher aus § 9 Abs. 2 ergibt. Da es leider nicht möglich ist, allen Wohnungsuchenden abgeschlossene und selbständige Wohnungen zu geben, ein großer Teil der Bevölkerung vielmehr in Teilen solcher Wohnungen in der Rechtsform eines Untermietverhältnisses zu leben genötigt ist, muß das gleiche auch für solche Teile von Wohnungen gelten, die im Sinne des Gesetzes als Wohnungen behandelt werden. Das ist dadurch ausgedrückt, daß nach § 2 Abs. 3 die eben behandelten Vorschriften wie allgemein die Vorschriften dieses Gesetzes über Wohnungen entsprechende Anwendung auf einen einzelnen Wohnraum oder mehrere Wohnräume finden, wenn darin eine Person oder mehrere Personen gemeinschaftlich ihr häusliches Leben führen oder führen sollen. Der Ausschuß hat sich eingehend mit der weiteren Frage befaßt, ob entsprechend der Regierungsvorlage in gewissen Ausnahmefällen auch andere als Wohnräume (und die genannten Nebenräume und sonstige der Wohnraumbewirtschaftung unterliegende Gegenstände) in die Bewirtschaftung einbezogen und zur Unterbringung von Wohnungsuchenden nutzbar gemacht werden sollen. Er hat jedoch geglaubt, hiervon Abstand nehmen zu müssen. Einmal ist eine vorübergehende Inanspruchnahme solcher Räume (wie übrigens auch echter Wohnräume) im Wege eines besonderen bundes- oder landesrechtlichen Notstandsrechtes ohnehin nicht ausgeschlossen (§ 2 Abs. 4). Weiter kommen Räume dieser Art für eine Dauerunterbringung auf Grund von privaten Rechtsverhältnissen nur in beschränktem Umfang in Betracht. Ihre Abgrenzung und die Frage der Prüfung, ob sie bei Berucksich- tigung ihrer andersartigen Zweckbestimmung, insbesondere für gewerbliche Zwecke, für Wohnzwecke entbehrlich sind. würden nach Auffassung des Ausschusses in der Praxis solche Schwierigkeiten machen, daß eine Erstreckung der Wohnraumbewirtschaftung auf diese Räume nicht als ein nennenswerter Gewinn angesehen werden könnte. Sie ginge auch über das bisherige Recht hinaus. Zu § 3: Die in § 3 geregelten Ausnahmen von der Wohnraumbewirtschaftung knüpfen an das Erste Wohnungsbaugesetz an, das steuerbegünstigte und frei finanzierte Wohnungen im Sinne seines § 23 von der Erfassung und Zuteilung durch die Wohnungsbehörden freigestellt hat. Dabei war es in der Praxis streitig geworden, ob die sonstigen Vorschriften der Wohnraumbewirtschaftung, zum Beispiel Meldepflichten des Grundstückseigentümers, anwendbar geblieben waren. § 3 stellt nunmehr klar, daß sämtliche Vorschriften des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes mit Ausnahme der in § 11 behandelten Vorschriften über Doppelwohnungen auf steuerbegünstigte und frei finanzierte Wohnungen keine Anwendung mehr finden. Die gleiche Ausnahme von der Wohnraumbewirtschaftung wie für frei finanzierte und steuerbequnstigte Wohnungen im Sinne des Ersten Wohnungsbaugesetzes ist für den ohne öffentliche Darlehen oder Zuschüsse geschaffenen Wohnraum vorgesehen, der in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis zum 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden ist. Damit haben die Wohnungen, die von der Wohnraumbewirtschaftung freigestellt sind, über das Erste Wohnungsbaugesetz hinaus eine echte Erweiterung er- fahren. Diese ist zweckmäßig und erforderlich geworden, nachdem Wohnungen dieser Art durch die Verordnung PR Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 29. November 1951 (BGBl. I Seite 920) und durch die Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. November 1951 (BGBl. I Seite 926) von Preisbindung und vom Mieterschutz grundsätzlich ausgenommen worden sind. Unter diesen Umständen wäre eine Bewirtschaftung praktisch wenig sinnvoll gewesen. Unter dem bisherigen Recht getroffene Bewirtschaftungsmaßnahmen werden damit aber nicht rechtsunwirksam. Die gleichen Gesichtspunkte gelten für Wohnraum, der wegen seines räumlichen Zusammenhangs mit Geschäftsraum zugleich ,mit diesem vermietet oder verpachtet ist oder in sonstiger Weise, z. B. durch den Eigentümer selbst, genutzt wird, insbesondere sogenannte Ladenwohnungen. Sofern bei Wohnraum dieser Art nach § 5 Abs. 3 des Geschäftsraummietengesetzes Mieterschutz nicht besteht oder im Falle der Vermietung nicht bestehen würde, unterliegt er auch nicht mehr der Wohnraumbewirtschaftung. Dagegen konnte unter sonst gleichen Voraussetzungen für Wohnraum, der nur wegen seines wirtschaftlichen Zusammenhangs zugleich mit Geschäftsraum vermietet worden ist oder der als Geschäftsraum im Sinne des Geschäftsraummietengesetzes nur deshalb behandelt wird, weil mehr als die Hälfte der Wohnfläche einer Wohnung zu anderen als Wohnzwecken dient, die gleiche Befreiung nicht vorgesehen werden. Der wirtschaftliche Zusammenhang ist hier nur ein subjektiver; er braucht bei einem anderen Mieter nicht gegeben zu sein, und der Wohncharakter einer Wohnung geht durch eine vorübergehende Zweckentfremdung der Räume nicht verloren. Zu § 4: Dem Charakter der Wohnraumbewirtschaftungsvorschriften als einer anerkanntermaßen durch den Wohnungsmangel bedingten Ausnahmegesetzgebung entspricht die Zielsetzung des Gesetzentwurfs, die Bewirtschaftung zu lockern oder aufzuheben, wenn und soweit es vertretbar ist. Da das Gesetz selbst voraussichtlich eine Reihe von Jahren wird Geltung haben müssen, ist die Befugnis zu einem wenigstens teilweisen Abbau im Gesetz selbst vorgesehen. Die Bundesregierung soll im Rahmen des § 4 die Ermächtigung erhalten, die Wohnraumbewirtschaftung in bestimmten, eng umschriebenen Grenzen durch Rechtsverordnung, die nach dem Grundgesetz der Zustimmung des Bundesrats bedarf, zu lockern oder aufzuheben. Diese Möglichkeit soll einmal gegeben sein, wenn die Wohnraumbewirtschaftung sich wegen der Höhe des preisrechtlich zulässigen Mietzinses oder der Zweckbestimmung des Raumes auch unter Berücksichtigung der Umsiedlung von Heimatvertriebenen und der Rückführung der Evakuierten erübrigt oder nicht mehr angezeigt ist. Dieser Weg zum Abbau der Bewirtschaftung entspricht der Erfahrung und der Praxis des Abbaues der Wohnraumbewirtschaftung nach dem ersten Weltkrieg; ie nach der Lage der örtlichen und gebietlichen Wohnungsverhältnisse waren damals Erleichterungen ebenfalls in erster Linie bei den teureren Wohnungen eingetreten, für die eine Nachfrage nicht mehr bestand. Da die Wohnungsverhältnisse in den Ländern verschieden sein oder sich verschieden entwickeln können, ist für eine Verordnung der Bundesregierung jedoch bestimmt, daß erforderlichenfalls besonderen Verhältnissen einzelner Länder Rechnung getragen werden muß. Eine 'Lockerung der Bewirtschaftung, die auch in verfahrensmäßigen Erleichterungen bestehen kann, oder eine Aufhebung kann weiter in Betracht kommen, wenn sie der Schaffung neuen Wohnraums dient. Dies erscheint zweckmäßig, weil das Erste Wohnungsbaugesetz die gegebenen Möglichkeiten nicht in vollem Umfange ausgeschöpft hat und namentlich auch eine Reihe von Zweifeln bei den dort geregelten Fragen entstanden sind. Wegen der örtlichen und ländermäßigen Verschiedenheiten ist die gleiche Befugnis zu Lockerungen der Wohnraumbewirtschaftung auch für die Landesregierungen vorgesehen. Eine weitere Delegation dieser Befugnis soll ebenfalls nicht ausgeschlossen sein, da dies mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse auch innerhalb der Länder zweckmäßig ist. Auch bisher sind gewisse Lockerungen der Wohnraumbewirtschaftung schon örtlich vorgenommen worden. Das Verhältnis von Verordnungen der Bundesregierung zu solchen der Landesregierungen auf diesem Gebiet wird dasselbe sein wie das zwischen Bundesgesetzen und Landesgesetzen auf dem Gebiete der konkurrierenden Gesetzgebung. Wenn etwaige Lockerungsvorschriften der Bundesregierung nicht eine abschließende Kodifikation und damit eine Sperre für weitere Lockerungen enthalten, würden die Landesregierungen über Lockerungsvorschriften der Bundesregierung hinausgehen können. Zu § 5: Das Gebiet der Wohnraumbewirtschaftung ist -im Wohnraumbewirtschaftungsgesetz nicht abschließend geregelt. Ergänzende Sondervorschriften für bestimmte Arten von Wohnungen enthalten vielmehr insbesondere das Erste Wohnungsbaugesetz und das Gesetz zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues. Es erschien nicht angängig, die entsprechenden Vorschriften dieser Gesetze unter Änderung dieser Gesetze in das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz zu übernehmen. Die andersartige Systematik dieser Gesetze und die teilweise Bezugnahme in den zu übernehmenden Vorschriften auf Begriffe aus diesen Gesetzen hätte den Rahmen des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes weitgehend gesprengt. Das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz hat sich daher darauf beschränken müssen, auf diese Vorschriften zu verweisen und zum Ausdruck zu bringen, daß sie unberührt bleiben. Für die öffentlich geförderten Wohnungen im Sinne des Ersten Wohnungsbaugesetzes gelten also ebenfalls die Vorschriften des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes und ergänzend die einzeln bezeichneten Sondervorschriften. Zu § 6: Diese Vorschrift bestimmt den wesentlichen Inhalt der Wohnraumbewirtschaftung, nachdem die übrigen Paragraphen des ersten Abschnitts mit den allgemeinen Vorschriften den Grundsatz der Wohnraumbewirtschaftung, ihren Gegenstand, Ausnahmen von der Wohnraumbewirtschaftung und die Abgrenzung der Vorschriften des Entwurfs zu Sondervorschriften gebracht haben, indem sie die Aufgaben der Wohnungsbehörden umreißt. Damit gibt sie zugleich eine Art Überblick über die einzelnen Maßnahmen der Wohnungsbehörden, die in den weiteren Abschnitten des Gesetzes näher behandelt werden. Zu § 7: Um Wohnraum ordnungsgemäß bewirtschaften zu können, d. h. die Besetzung freien Wohnraums unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Wohls zu lenken oder zu bestimmen, ist bei den Wohnungsbehörden eine Übersicht über den vorhandenen der Bewirtschaftung unterliegenden Wohnraumbestand und eine laufende Listenführung erforderlich; auch die Wohnungsuchenden müssen aufgezeichnet werden. § 7 schreibt daher vor, daß Unterlagen über den Wohnraumbestand anzulegen und auf dem laufenden zu halten sind, während § 8 die Wohnungsbehörden verpflichtet, Vormerklisten für Wohnungsuchende zu führen. Nähere Vorschriften über diese Listenführung zu erlassen, ist Sache der Länder; jedoch soll das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz natürlich nicht dazu führen, neue Unterlagen auch da nochmals anzulegen, wo sie, wie wohl in der Regel, bereits vorhanden sind. Um den Wohnungsbehörden die Möglichkeit zur Führung der erforderlichen Listen zu geben, haben die Verfügungsberechtigten, Rauminhaber und ihre Beauftragten die erforderlichen Auskunfte zu erteilen und müssen die Räume nach näherer Bestimmung des Gesetzentwurfs oder weiterer Rechtsverordnungen der Landesregierungen besichtigen lassen. Auch eine Verpflichtung, die Besichtigung durch Wohnungsuchende zur Vorbereitung der Zuteilung zuzulassen, ist vorgesehen. Weiter ist es notwendig, den Wohnungsbehorden durch eine Anzeige vom Freiwerden von Wohnraum, von einem Wohnungstausch oder einer Verringerung der Belegung von Wohnraum Mitteilung zu machen. Der Grundstückseigentümer ist zu einer Anzeige nur verpflichtet, wenn ein anderer Verfügungsberechtigter nicht vorhanden ist. Für Veränderungen in den Räumen des Hauptmieters ist dieser also anzeigepflichtig. Ein Verstoß gegen die vorgesehenen Verpflichtungen wird nach § 35 als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu höchstens 150,— DM geahndet. Zu § 8: Für die Liste der Wohnungsuchenden ist in dem Entwurf lediglich vorgesehen, daß diese auf Antrag einzutragen sind und hierüber eine Bescheinigung beanspruchen können. In welcher Form diese Liste Befuhrt wird, ist Sache des Landesrechts. In die Liste sind sämtliche Wohnungsuchende einzutragen, insbesondere also auch auswärtige oder solche, die bereits im Besitz einer Wohnung sind. Eine Beschrankung der Liste und die Möglichkeit, Eintragungen abzulehnen, würde die Möglichkeit von zahlreichen verwaltungsgerichtlichen Verf ah-ren eröffnen. Diese sollen vermieden werden, zumal solche unter Umständen schon bei einer konkreten Wohnungszuteilung von Bewerbern anhängig gemacht werden, die nicht berücksichtigt worden sind. Ob und inwieweit die eingetragenen Wohnungsuchenden bei einer Wohnungszuteilung berücksichtigt werden, hängt im wesentlichen von der Dringlichkeit ab. Die fur die Dringlichkeit entscheidenden Umstände werden daher ebenfalls in geeigneter Weise in der Liste der Wohnungsuchenden oder in besonderen Dringlichkeitslisten zu vermerken sein. Zu § 9: Dem in § 2 bezeichneten und in den Bemerkungen hierzu näher erläuterten Gegenstand der Wohnraumbewirtschaftung entspricht der Gegenstand der Zuteilung in § 9. Die Zuteilung von Wohnraum an Wohnungsuchende ist der Kernpunkt der Wohnraumbewirtschaftung. Hierfür bestimmt § 9, daß die Wohnungsbehörden freien Wohnraum und die zu einer Wohnung gehörenden Nebenraume, Flachen, Einrichtungen und Anlagen zuzuteilen haben. Welcher Wohnraum als frei anzusehen ist, ergibt sich aus den §§ 10 und 11. Während in Abs. 1 des § 9 der in § 2 Abs. 2 über den Gegenstand der Wohnraumbewirtschaftung zum Ausdruck gekommene Grundsatz für die Zuteilung dahin ergänzt wird, daß nur freier Wohnraum zuzuteilen ist, erläutert Absatz 2 die zweite Alternative des § 2 Abs. 2, daß sich die Wohnraumbewirtschaftung auch auf die zur Benutzung einer Wohnung erforderlichen Nebenräume, Flächen, Einrichtungen und Anlagen erstreckt. Fehlen diese Gegenstande einer Wohnung, so können sie unter der Voraussetzung des § 9 Abs. 2 nämlich auch von einer anderen Wohnung zur Benutzung oder Mitbenutzung zugeteilt werden, die an sich nicht frei, sondern von einem Berechtigten bewohnt und voll ausgelastet ist. Hierfür sind mit Rücksicht auf den besonders einschneidenden Charakter einer solchen Maßnahme aber zwei Voraussetzungen erforderlich. Der Eingriff muß dem Verfugungsberechtigten der anderen Wohnung ohne unbillige Harte zugemutet werden können, und in dem praktisch wichtigsten Fall des Fehlens von sanitären Einrichtungen und Versorgungsanlagen muß es nicht möglich sein, diese nach § 23 zu schaffen. § 23 sieht die Neuschaffung dieser Einrichtungen und Versorgungsanlagen durch bauliche Maßnahmen auf Kosten der Wohnungsbehörden vor. Zu § 10: Wohnraum gilt als frei, wenn er nicht benutzt wird oder wenn der Inhaber nach privatem oder öffentlichem Recht nicht zum Besitz berechtigt ist. Bei Nichtbenutzung wird Wohnraum meist auch leer stehen, d. h. von Möbeln und Einrichtungsgegenstanden entblößt sein; unbedingt erforderlich ist das aber nicht. Die fehlende Besitzrechtsbefugnis, die es rechtfertigt, über Wohnraum durch die Wohnungsbehörden verfügen zu lassen, wird im allgemeinen eine solche des öffentlichen Rechts sein. Fehlt jedoch schon eine privatrechtliche Besitzbefugnis, so muß Wohnraum ebenfalls an Wohnungsuchende zugeteilt werden. Daß überschüssiger Wohnraum bei der gegenwärtigen Wohnungsnot wie schon nach bisherigem Recht ebenfalls als frei angesehen werden muß, dürfte keiner weiteren Begründung bedurfen. Die Problematik dieser Frage liegt nur in der Abgrenzung des Begriffes der Überschüssigkeit. Entsprechend der Vorlage der Bundesregierung ist von einem schematischen Belegungsmaßstab abgesehen worden. Ein solcher ist wegen der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse kaum möglich. Die Entscheidung der Frage, was einem Wohnungsinhaber an Wohnraum zu belassen ist, kann regelmäßig nur im Einzelfalle einigermaßen richtig getroffen werden. Dabei sind die persönlichen, familiären und beruflichen Bedürfnisse zu berücksichtigen, aber es ist auch ein objektiver Gesichtspunkt zu beachten, nämlich die Wohndichte in der Gemeinde, also d, s Verhältnis zwischen den in der Gemeinde vorhandenen Wohnungsbenutzern und Wohnräumen. Um etwa besonders günstige Wohnverhältnisse bei einzelnen Gemeinden nicht erstarren zu lassen, insbesondere auch mit Rücksicht auf die Umsiedlung von Heimatvertriebenen und die Rückführung von Evakuierten, kann an die Stelle der Wohndichte der Gemeinde auf Grund einer Rechtsverordnung der Landesregierung aber auch die Wohndichte eines kleineren oder größeren Gebietes oder des Landes treten, oder es kann eine höhere Verhältniszahl zwischen Wohnraum und Wohnungsbenutzern für die Feststellung überschüssiger Räume berücksichtigt werden. In einzelnen Ländern ist bisher ein bestimmter Belegungsmaßstab für die Ermittlung überschüssiger Räume für das ganze Gebiet des Landes oder für Teilgebiete vorgeschrieben worden. Um diese Möglichkeit nicht auszuschließen,. soweit sie sich bewährt hat, hat der Entwurf von einer abschließenden Regelung der Frage durch den Bundesgesetzgeber Abstand genommen und einen entsprechenden Vorbehalt für die Landesgesetzgebung gemacht. Diese kann also auch bestimmen, daß bei der Ermittlung überschüssiger Räume zunächst von einer bestimmten Verhältniszahl zwischen Wohnräumen und Wohnungsbenutzern auszugehen ist und alsdann die übrigen besonderen Gesichtspunkte der Bundesregelung berücksichtigt werden. Die Bestimmung, welcher von mehreren etwa in Frage kommenden Räumen als überschüssig anzusehen ist, muß durch einen besonderen Konkretisierungsakt vorgenommen werden. Das kann durch die Wohnungsbehörde in der Bereitstellungsverfügung (§ 19) oder in der Zuweisung (§ 15) geschehen, durch den Verfügungsberechtigten in dem Antrag auf Benutzungsgenehmigung, sofern die Wohnungsbehörde diesem zustimmt. Dabei ist auf die Vorschläge und Bedürfnisse des Verfügungsberechtigten Rücksicht zu nehmen, soweit nicht besonders dringende Gründe der Wohnraumbewirtschaftung entgegenstehen und die Zuteilung eines anderen Raumes als des vorgeschlagenen geboten erscheinen lassen. Ein besonderes formelles Vorschlaasverfahren ist im Interesse der Verfahrensvereinfachung nicht vorgesehen. Zu § 11: Der Besitz von mehreren Wohnungen ist bei der gegenwärtigen Wohnungsnot grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Wenn der Verfügungsberechtigte nicht ein dringendes berechtigtes Interesse an mehreren Wohnungen hat, gelten sie daher alle bis auf eine von ihm selbst ausgewählte Wohnung als frei. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Doppelwohnraum ist auch bei den mit unter Umständen sehr erheblichen Vergünstigungen steuerlicher Art geschaffenen Wohnungen vorgesehen, die sonst der Wohnraumbewirtschaftung nicht unterliegen (§ 3). Hier muß sich der Wohnungsinhaber entschließen, die nach seiner Wahl als frei geltende Wohnung an Wohnungsuchende nach eigener Wahl abzugeben. Das grundsätzliche Wahlrecht des Verfügungsberechtigten bei Doppelwohnungen kann bei einem Sondertatbestand durch Verordnung der Landesregierungen ausgeschlossen werden. Es kann bestimmt werden, daß im Falle einer von der Besatzungsmacht veranlaßten Inanspruchnahme von Wohnraum der hierfür zugeteilte Ersatzwohnraum als frei gilt, wenn die Inanspruchnahme aufgehoben wird und dem Verfügungsberechtigten die Rückkehr zugemutet werden kann. Dieser Tatbestand kann dort in Frage kommen, wo Besatzungsverdrängte auf Anweisung der Besatzungsmacht in Wohnraum von solchen Wohnungsinhabern untergebracht worden sind, die ihrerseits auf Veranlassung der Besatzungsmacht weichen mußten, unzureichend untergebracht sind und nunmehr Anspruch auf ihren bisherigen Wohnraum erheben. Zu § 12: Die Wohnraumbewirtschaftung könnte nicht durchgeführt werden, wenn über Wohnraum frei verfügt werden könnte und die Wohnungsbehörden vor vollendete Tatsachen gestellt werden würden. Die Einschränkung der freien Verfügung ist daher neben der Zuteilung von Wohnraum durch die Wohnungsbehörden der Kern der Wohnraumbewirtschaftung. Als einfachste Maßnahme zur Kontrolle der Wohnungsbehörden ist daher allgemein bestimmt worden, daß Wohnraum nur auf Grund einer Zuteilung oder mit Genehmigung der Wohnungsbehörden in Benutzung genommen oder zur Benutzung überlassen werden darf. Die Genehmigung bezieht sich lediglich auf. den tatsächlichen Vorgang und läßt ein über die Benutzung abgeschlossenes Rechtsverhältnis unberührt. Lediglich in dem Fall, daß Wohnungsbenutzern die Rechtsstellung eines Hauptmieters eingeräumt wird, bedarf auch dieser Vertrag der Genehmigung der Wohnungsbehörde (§ 13). Eine Zuwiderhandlung gegen die Bestimmung, daß Wohnraum nur auf Grund einer Zuteilung oder mit Genehmigung der Wohnungsbehörden in Benutzung genommen oder zur Benutzung überlassen werden darf, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße geahndet werden (§ 35). Der unrechtmäßige Wohnungsinhaber kann im Wege des Verwaltungszwanges aus der Wohnung gesetzt werden (§ 27), seine Möbel können auf Grund einer Bereitstellungsverfügung (§ 19) durch Verwaltungszwang entfernt werden und die Wohnung kann, sofern die Voraussetzungen vorliegen, als frei einem Wohnungsuchenden zugeteilt werden. Die Einschränkung der Verfügungsbefugnis über Wohnraum bezieht sich auch auf überschüssigen Wohnraum, der von der Wohnungsbehörde nicht in Anspruch genommen werden könnte. Das läßt sich schwer ausschließen, da die Entscheidung, wann eine Wohnung unterbelegt oder voll ausgelastet ist, in Ermangelung ganz eindeutiger Richtlinien nur im Einzelfalle durch die Wohnungsbehörden entschieden werden kann. In einem solchen Falle einer ausgelasteten Wohnung bedarf es also ebenfalls einer Genehmigung zur Abgabe von Räumen, die allerdings in der Regel ohne weiteres zu erteilen sein wird. Im Falle der Mitbenutzung, d. h. wenn Wohnraum einem anderen nicht zur ausschließlichen Benutzung überlassen wird, soll es aber wenigstens zur Verwaltungsvereinfachung keiner Genehmigung bedürfen. Nur wenn bereits eine Bereitstellungsverfügung ergangen und demgemäß die Überschüssigkeit von Wohnraum bejaht ist, wird auch die Mitbenutzung genehmigungspflichtig, weil durch weitere Mitbenutzer die Überschüssigkeit unter Umständen entfallen könnte. Eine wichtige Ausnahme von dem Erfordernis der Genehmigung hat der Ausschuß ferner im Falle eines Tausches von Wohnraum beschlossen. Hierfür waren Gründe der Verwaltungsvereinfachung und der Wunsch auf Abbau überflüssiger Funktionen der Wohnungsbehörden maßgebend. Durch einen Tausch geht Wohnraum der Bewirtschaftung keineswegs verloren, überschüssiger Wohnraum kann vielmehr nach wie vor verwertet werden. Umgekehrt wird durch eine Versagung der Genehmigung ein wohnungswirtschaftlicher Erfolg ebenfalls nicht erzielt, da sich dann an den Verhältnissen nichts ändert. Das gleiche gilt auch beim Tausch von Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert und zugunsten eines bestimmten Personenkreises gebunden sind. Diese Bindung kann mit Mitteln des Privatrechts durchgesetzt werden. Zu § 13: Hierzu kann auf die Ausführungen zu § 12 verwiesen werden. Zu § 14: Entsprechend der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzentwurfs soll die Zuteilung von freiem Wohnraum in erster Linie (vgl. hierzu auch die Ausführungen zu § 15) auf Grund einer Benutzungsgenehmigung erfolgen, d. h. der Verfugungsberechtigte soll selbst in der Lage sein, die Initiative zur Vermietung freien Wohnraums zu ergreifen und der Wohnungsbehörde einen von ihm selbst bezeichneten Wohnungsuchenden vorzuschlagen. Der Vorschlag muß sich aber im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wohnraumbewirtschaftung halten, wenn ihm entsprochen werden soll. Es darf also nicht ein Wohnungsuchender vorgeschlagen werden, dessen Wohnungsbedarf nicht als besonders dringend angesehen werden kann, jedenfalls, wenn viel dringendere, ebenfalls geeignete Wohnungsuchende vorhanden sind. Der Kreis derjenigen, die von dem Verfugungsberechtigten vorgeschlagen werden können, soll aber auch nicht zu eng gehalten werden. Der Gesetzentwurf bestimmt daher, daß die Benutzungsgenehmigung entsprechend dem Antrag des Verfügungsberechtigten zu erteilen ist, wenn Wohnraum nicht aus gewichtigen Gründen der Wohnraumbewirtschaftung einem anderen als dem vorgeschlagenen Wohnungsuchenden zuzuteilen ist. Eine nähere Erläuterung dieser gewichtigen Gründe entzieht sich einer gesetzlichen Festlegung oder ist wenigstens mit Rücksicht auf die Vielfältigkeit der Verhältnisse auch nicht zweckmäßig. Hierüber zu entscheiden, ist Sache der Wohnungsbehörden im Einzelfalle. Ihre Entscheidungen unterliegen bei Versagung der Genehmigung verwaltungsgerichtlicher Nachprüfung. Eine um nur ein geringes niedrigere Punktzahl eines vorgeschlagenen Wohnungsuchenden als bei sonstigen gleich geeigneten Wohnungsuchenden, sofern z. B. in einzelnen Ländern oder Gemeinden ein schematisches Punktsystem zur Bewertung der Dringlichkeit eingeführt ist, würde eine solche Versagung kaum rechtfertigen können. Der in der Praxis häufige Fall des sogenannten Anwachsens untervermieteter Teile einer Wohnung bei Freiwerden dieser Raume ist in § 14 Abs. 2 geregelt. Hierbei ist die Frage zu entscheiden, ob die frei gewordenen Untermieträume wieder dem Wohnungsinhaber zu überlassen sind oder einem anderen Wohnungsuchenden zugeteilt werden dürfen. In Übereinstimmung mit der überwiegenden Verwaltungsgerichtspraxis ist bestimmt, daß die Genehmigung zugunsten des Verfügungsberechtigten, also des Wohnungsinhabers, zu erteilen ist, soweit die Raume fur ihn nicht überschüssig sind. Er hat ein stärkeres Recht auf diese Räume als Dritte und darf vor allem nicht schlechter gestellt werden als in dem Fall, daß die Raume bisher nicht vermietet gewesen sind, denn auch in diesem Falle könnte auf vollausgelastete Räume nicht zurückgegriffen werden. Bei der Prüfung der Frage, ob die Raume überschüssig sind, bleiben aber ohne Genehmigung der Wohnungsbehörden in die Wohnung aufgenommene Personen außer Betracht, da sonst die mit der Genehmigungspflicht nach § 12 verfolgte Zielsetzung vereitelt werden wurde. Aus Billigkeits- und Zweckmaßigkeitsgrunden sind jedoch Ehegatter, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie und Arbeitnehmer, die üblicherweise zum Hausstand des Verfügungsberechtigten gehoren, ausgenommen; diese sind also bei der Prüfung der Überschüssigkeit von Räumen im Falle des Anwachsens auf jeden Fall als Wohnungsbenutzer mitzuberücksichtigen. Um eine Verwertung von Wohnraum zu ermöglichen, der nur eine beschränkte Zeit frei ist, ist vorgesehen, daß die Benutzungsgenehmigung ebenso wie die Zuweisung aus besonderen Gründen unter einer auflösenden Bedingung oder befristet ausgesprochen werden darf. In Fällen dieser Art erlischt ein über die Benutzung abgeschlossenes Rechtsverhältnis mit dem Eintritt der Bedingung oder dem Ablauf der Frist, und es besteht über diesen Zeitpunkt hinaus kein Mieterschutz. Zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens ist weiter bestimmt, daß die Benutzungsgenehmigung als erteilt gilt, wenn dem Verfügungsberechtigten nicht binnen drei Wochen nach Eingang seines Antrages ein ablehnender Bescheid zugegangen ist. Da er im Streitfalle beweispflichtig ist, wird es angebracht sein, solche Anträge an die Wohnungsbehörde in Form eines eingeschriebenen Briefes oder gegen Empfangsbescheinigung zu richten. Zu§ 15: Die Zuweisung von Wohnungsuchenden an den Verfügungsberechtigten stellte nach bisherigem Recht den Normalfall des Zuteilungsverfahrens dar. Hierbei wird von der Wohnungsbehörde der Abschluß eines Mietvertrages mit einem bestimmten Wohnungsuchenden verlangt. Die Rechtsfigur als solche ist aufrechterhalten, jedoch mit dem erheblichen Unterschied, daß grundsätzlich nach dem Vorbild des Ersten Wohnungsbaugesetzes dem Verfügungsberechtigten ein Auswahlrecht unter mindestens 5 Wohnungsuchenden, in Städten unter 100 000 Einwohnern mindestens drei Wohnungsuchenden, eingeräumt wird. Hierfür sind ähnliche Erwägungen maßgebend gewesen wie für die Einfuhrung der Benutzungsgenehmigung. Daß die Wohnungsuchenden nur zugewiesen werden dürfen, wenn die Wohnungsbehörden nach vorangegangener Prüfung annehmen können, die' Zugewiesenen seien in der Lage, die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, insbesondere den preisrechtlich zulässigen Mietzins zu zahlen, gilt bereits jetzt in einzelnen Ländern ausdrucklich oder ist doch ein auch in der Rechtsprechung anerkannter Grundsatz; eine Verletzung dieser Prüfungspflicht kann die Wohnungsbehörde unter Umständen zu Schadensersatz verpflichten. Auch daß bei selbständigen Wohnungen der Abschluß eines Hauptmietvertrages verlangt wird, während bei unselbständigen Räumen einer Wohnung in der Regel ein Untermietvertrag abgeschlossen werden soll, ist geltende, bewährte Rechtspraxis. Besondere Vorschriften sind zur Bestimmung des Verhältnisses einer Benutzungsgenehmigung und der Zuweisung erforderlich geworden, wie bereits zu § 14 ausgeführt ist. Der Verfügungsberechtigte soll in erster Linie das Recht haben, für freien Wohnraum einen Wohnungsuchenden nach eigener Wahl vorzuschlagen. Ein solcher Antrag kann wahrend einer Zeit von zwei Wochen nach der Anmeldung des Freiwerdens von Wohnraum gestellt werden, und erst wenn diese Frist verstrichen oder ein fristgemäß gestellter Antrag abgelehnt ist, ist die Zuweisung von Wohnungsuchenden durch die Wohnungsbehörde zulässig. Auch wenn der Verfügungsberechtigte die Anzeige über das Freiwerden von Wohnraum unterlassen hat, was als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden kann, soll er die Befugnis, eine Benutzungsgenehmigung zu beantragen, nicht verlieren; der Verlust einer solchen Möglichkeit schien dem Ausschuß nicht vertretbar. In einem solchen Falle hat die Wohnungsbehörde vielmehr durch besondere Verfügung erst die Anfangsfrist für das Genehmigungsverfahren in Lauf zu setzen. Die Wohnungsbehörde selbst muß eine Zuweisung innerhalb einer weiteren Woche vornehmen, nachdem das Recht, eine Benutzungsgenehmigung zu verlangen, erloschen ist. Diese Frist erschien dem Ausschuß zur Beschleunigung der Tätigkeit der Wohnungsbehörden erforderlich, aber auch ausreichend, zumal die vorherigen zwei Wochen nach Eingang der Anzeige vom Freiwerden von Wohnraum vorsorglich zur Vorbereitung eines Zuweisungsverfahrens Verwendung finden können. Um Wohnungsuchende ohne allzu großen Zeitverlust unterbringen zu können und Vermieter vor vermeidbaren Verlusten durch Leerstehen von Wohnraum zu schützen, ist weiter bestimmt, daß bei nichtfristgemäßer Zuweisung, also nach drei Wochen seit Eingang der Anzeige vom Freiwerden von Wohnraum, die Überlassung von Wohnraum an den vom Verfügungsberechtigten benannten Wohnungsuchenden als genehmigt gilt. Im Gegensatz zur Benutzungsgenehmigung sind alsdann Einwendungen der Wohnbehörde ausgeschlossen, da hierfur das Zuweisungsverfahren Gelegenheit geboten hätte, und es verbleibt ihr lediglich die Befugnis, etwa nicht ausgelasteten Wohnraum in Anspruch zu nehmen. Die Zuweisung von mehreren Wohnungsuchenden zur Auswahl wird möglicherweise nicht zum Ziele fuhren, wenn es sich um Fälle handelt, die man als Sofortfälle bezeichnen kann und bei denen eine Unterbringung ganz besonders vordringlich, bei Zugrundelegung des Auswahlrechts aber nicht sichergestellt ist. Für diese Fälle besteht zwar vielfach auch eine provisorische Unterbringungsmöglichkeit im Wege der Obdachlosenfürsorge, aber besondere Befugnisse der Wohnungsbehörden für eine endgültige Unterbringung im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wohnraumbewirtschaftung durch Abschluß privater Mietverträge werden nicht versagt werden dürfen. Sie mussen zur Vermeidung von Übergriffen durch Einschränkung des Auswahlrechts über das gebotene Maß aber auf wirkliche Ausnahmen beschränkt werden. In Fällen dieser Art kann demnach auch ein Genehmigungsverfahren nicht Platz greifen. Die Voraussetzungen für die Versagung des Genehmigungsverfahrens und des Auswahlrechts bei der Zuweisung sind nach § 15 Abs. 6 „außergewöhnliche Umstande im Einzelfall". Was darunter zu verstehen ist, wird von der Praxis und Rechtsprechung zu entwickeln sein. Zu denken ist an die Unterbringung von Wohnungsuchenden in einsturzgefährdeten Häusern, Fälle schwerer Erkrankungen (TBC) oder unter Umständen auch die Unterbringung von kinderreichen Familien in besonders ungünstigen Wohnverhältnissen, wenn ihre Unterbringung sich auf dem Wege des Abs. 1 als vergeblich erwiesen hat. Die beste und richtigste Abhilfe ist aber auch in diesen Fällen nach Auffassung des Ausschusses der Neubau von entsprechenden Wohnungen mit Hilfe von öffentlichen Mitteln. Mit Rücksicht auf die Versagung des Auswahlrechts für den Verfügungsberechtigten in Fällen dieser Art darf die Zuteilung nur befristet erfolgen. Zu § 16: Die Vorschriften über die Mietverfügung (Zwangsmietvertrag) sind weitgehend dem bisherigen Recht und der Rechtsprechung nachgebildet worden. Ihre Ausgestaltung, insbesondere auch die Einfuhrung einer vorläufigen Mietverfügung bei Fällen besonders dringender Unterbringung richtet sich nach Bedürfnissen der Praxis. Die Vorschriften ermöglichen, eine Zuweisung gegen den Willen des Verfügungsberechtigten durchzusetzen. Auf Grund einer Mietverfügung, welche die Wirkung eines privaten Mietvertrages hat, kann eine Besitzeinweisung nach § 20 vorgenommen werden. Zu § 17: Entsprechend der Regierungsvorlage und der dazu gegebenen Begründung hat der Ausschuß davon abgesehen, einen Dringlichkeitskatalog der Wohnungsuchenden aufzustellen und besonders bevorzugte Personengruppen für- die Zuteilung freien Wohnraums zu schaffen. Er ist dabei davon ausgegangen, daß auf diese Weise allseitig befriedigende Lösungen nicht erzielt werden könnten, daß vielmehr wegen der Vielfältigkeit der Lebenstat- bestände grundsätzlich die Dringlichkeit im Einzelfalle entscheidend sein müsse. Nur gewisse Gesichtspunkte zur Beurteilung der Dringlichkeit sind festgesetzt. Diese können überwiegend in den Verhältnissen des Wohnungsuchenden begründet sein oder mehr im öffentlichen Interesse liegen. Einen Rechtsanspruch auf freien Wohnraum im eigenen Hause hat der Grundstückseigentümer. Ob bewohnter Wohnraum, der nicht als frei gilt, dem Eigentümer zufällt, bestimmt jedoch nicht die Wohnungsbehörde; ein solcher Anspruch muß vielmehr notfalls durch eine Mietaufhebungsklage auf Grund des Mieterschutzgesetzes geltend gemacht werden. Maßgebend für das Vorrecht des Eigentümers bei freiem Wohnraum im eigenen Hause war, daß der besonderen Stellung des dinglichen Eigentumsrechts Rechnung getragen und die regelmäßig im öffentlichen Interesse liegende Bewirtschaftung des Hauses durch den Eigentümer selbst an Ort und Stelle erleichtert werden sollte. Die Vorschriften über die Berücksichtigung der Wohnungsuchenden bei der Zuteilung Bemaß der Dringlichkeit im Einzelfalle stellen keine bundesrechtlich abschließende Regelung dar. Es ist vielmehr nicht ausgeschlossen, im Wege der Landesgesetzgebung gewisse Dringlichkeitsstufen festzulegen. Eine solche Möglichkeit auszuschließen, erschien dem Ausschuß mit Rücksicht auf die noch nicht abzusehende Entwicklung nicht als zweckmäßig. Zu § 18: Bei der Vergebung von zweckbestimmtem Wohnraum rechtfertigt es sich, die Mitwirkung der Wohnungsbehörden noch schwächer zu gestalten als in den sonstigen Fällen, weil die Verwirklichung der Zweckbestimmung nicht nur dem Interesse des Verfugungsberechtigten entspricht, sondern in weitem Umfange auch dem öffentlichen Interesse. Es wird daher der Grundsatz aufgestellt, daß zweckbestimmter Wohnraum seiner Zweckbestimmung entsprechend zuzuteilen ist, und es wird daher dem Verfugungsberechtigen ein die Wohnungsbehörden bindendes, über § 14 weit hinausgehendes Vorschlagsrecht gewährt. Das gilt auch, wenn der Vorgeschlagene die Raume etwa nicht auslasten würde, jedoch bleibt in solchen Fällen die Befugnis der Wohnungsbehörden zur Inanspruchnahme der überschüssigen Räume unberührt. Was als zweckbestimmter Wohnraum anzusehen ist, wird ohne abschließende Erläuterung, die nicht zweckmaßig erscheint, durch beispielhafte Aufzählung der wichtigsten Fälle klargestellt. Um die Ausdehnung von zweckbestimmtem Wohnraum zu Lasten der hierfür nicht in Frage kommenden Wohnungsuchenden nicht unbillig auszuweiten, ist die nachträgliche Widmung zu zweckbestimmtem Wohnraum durch die hierzu erforderliche Mitwirkung der Wohnungsbehörden eingeschränkt. Zur Vereinfachung des Zuteilungsverfahrens ist folgendes bestimmt: Die Verfügungsberechtigten können von den Wohnungsbehörden verlangen, daß Wohnraum als zweckbestimmt anerkannt wird, sofern es sich nicht um eine nachträgliche Widmung handelt, deren Bestätigung im Ermessen der Wohnungsbehörden liegt. Ist Wohnraum als zweckbestimmt anerkannt oder bestätigt worden, so gilt die Zuteilung zugunsten des vorgeschlagenen Wohnungsuchenden als_ erteilt, wenn sie von der Wohnungsbehörde nicht binnen zwei Wochen nach Eingang des Antrags versagt wird. Die Versagung ist aber nur zulässig, wenn der Vorgeschlagene die Voraussetzungen für den zweckbestimmten Wohnraum nicht erfüllt. Der Ausschuß hat es ferner für richtig gehalten, die Einliegerwohnungen in öffentlich geförderten Kleinsiedlungen, die in rechtlicher Hinsicht zwar nicht als zweckbestimmt angesehen werden können, dem zweckbestimmten Wohnraum entsprechend zu behandeln. Das ist geschehen unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse bei der Kleinsiedlung, um auch auf diese Weise die Kleinsiedlung zu fördern. Zu § 19: Im Gegensatz zu dem bisherigen Recht ist in dem Entwurf nicht vor jeder Zuteilung von Wohnraum eine Einzelbeschlagnahme (Erfassung) vorgesehen. Eine solche erschien entbehrlich, da es bereits allgemein verboten ist, Wohnraum ohne Genehmigung in Benutzung zu nehmen oder in Benutzung zu überlassen (§ 12). Zur Feststellung, ob Wohnraum frei ist, namentlich also bei überschüssigem Wohnraum, kann aber ein besonderes Vorverfahren zweckmäßig sein. Das soll auf Grund einer Verfügung geschehen, auf Grund deren die Wohnungsbehörde verlangt, daß der Verfügungsberechtigte und Rauminhaber zuteilbaren Wohnraum und sonstige Gegenstände der Zuteilung zur Benutzung (Mitbenutzung) durch Wohnungsuchende bereitstellt (Bereitstellungsverfügung). Eine solche Verfügung schafft zugleich den öffentlich-rechtlichen Titel dafür, mit dem neben einer Besitzeinweisung (8 20) auch die Räumung von Einrichtungsgegenständen herbeigeführt werden kann. Er wird demgemäß im Bedarfsfalle auch noch nach der Zuweisung möglich sein. Da die Bereitstellungsverfügung nicht Vorbedingung für die Zuteilung ist, hat sie in dem Gesetzentwurf auch erst ihren Platz hinter den Vorschriften über Benutzungsgenehmigung und Zuweisung gefunden. Die Wohnraumbewirtschaftung bezieht sich nur auf Raum als solchen, also nicht auf etwaige Einrichtungsgegenstande in den Räumen. Die Entfernung aller oder einzelner Einrichtungsgegenstande darf von den Wohnungsbehörden aber nicht verlangt werden, wenn die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Verfügungsberechtigten dadurch erheblich beeinträchtigt werden würde. Wie auch bisher schon die Verwaltungsgerichte vielfach entschieden haben, ist ein solcher Eingriff nicht vertretbar, wenn Wohnungsinhaber auf die Mehreinnahmen aus möblierter Vermietung in entscheidendem Maße angewiesen sind. Der in § 19 zum Ausdruck gekommene Grundsatz muß auch für die Zuweisung gelten, wenn eine Bereitstellungsverfügung nicht vorgenommen wird. In Fällen dieser Art müssen also solche Wohnungsuchende zugewiesen werden, die bereit sind, auch die Möbel mit zu mieten. Die Frage der Teilkündigung von Möbeln nach Abschluß eines Mietvertrages über möblierte Räume wird — unabhängig von einem wohnungsbehördlichen Zuteilungsverfahren — in dem neuen § 24 a des Mieterschutzgesetzes geregelt (vgl. § 28 Nr. 4 des Gesetzentwurfs). Zu § 20: Obwohl die Mietverfügung (Zwangsmietvertrag) die Natur eines gewöhnlichen Mietvertrages hat, der sich von einem freiwillig abgeschlossenen nur durch die Art seines Zustandekommens unterscheidet, hat der Gesetzentwurf entsprechend bisherigem Recht noch eine weitere Rechtsfolge an die Mietverfügung geknüpft. Auf Grund der Mietverfügung kann nicht nur privatrechtlich gegen den Vermieter auf Besitzeinräumung bezüglich des Mietgegenstandes geklagt werden, sondern es kann auch eine Besitzeinweisung durch die Wohnungsbehörden vorgenommen und im Wege des Verwaltungszwanges durchgesetzt werden, da die alsbaldige Unterbringung im öffentlichen Interesse liegt. Der Verwaltungszwang richtet sich nach Landesrecht (vgl. hierzu die Bemerkungen zu § 27). Zu § 21: Um den für die wohnliche Unterbringung zur Verfügung stehenden Bestand an Wohnraum zu erhalten, ist die Zweckentfremdung von Wohnraum grundsätzlich verboten und unzulässig. Eine Zweckentfremdung liegt dann vor, wenn Wohnraum ausschließlich zu anderem als Wohnzwecken verwendet wird, also nicht, wenn er nur zu beruflichen Zwecken mitverwendet wird; eine solche Verwendung beseitigt den Charakter als Wohnraum nicht. Eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot der Zweckentfremdung ist als Ordnungswidrigkeit strafbar (§ 35). Von dem Verbot der Zweckentfremdung kann die Wohnungsbehörde Ausnahmen zugestehen. Ihre Erteilung liegt im pflichtmäßigen Ermessen der Wohnungsbehörde, wobei die Zielsetzung des Gesetzes zu beachten ist. Die Genehmigung kann befristet, bedingt oder unter Auflagen erteilt werden. Zu den Auflagen gehören in erster Linie die Stellung von Ersatzwohnraum oder die Zahlung von Geldbeträgen zur Schaffung von Ersatzwohnraum. In Fällen dieser Art, in denen sich der Gesamtwohnungsbestand nicht verringert, wird auch eine endgültige Änderung der Zweckbestimmung als Wohnraum mit Genehmigung der Wohnungsbehörden nicht auszuschließen sein. Von dem Verbot der Zweckentfremdung besteht insoweit eine Ausnahme, als es sich um nichtüberschüssige Räume handelt. Insoweit besteht nach Auffassung des Ausschusses kein Bedürfnis, die Entscheidung des Verfügungsberechtigten über die Verwendung seiner Raume öffentlich-rechtlich einzuschränken (eine privatrechtliche auf Grund des Mietvertrages etwa erforderliche Genehmigung des Vermieters zur Änderung der Benutzungsart bleibt unberührt). Wenn jemand sich innerhalb der ihm zustehenden Räume freiwillig einschränkt und Wohnraum zweckentfremdet, so muß das möglich sein, weil die Wohnungsbehörden auf diese Räume doch nicht zurückgreifen können. Aus einer solchen freiwilligen Einschränkung wird der Wohnungsinhaber aber selbstverständlich keine Ansprüche auf mehr Wohnraum herleiten dürfen. Überschüssige zweckentfremdete Wohnräume können ohne weiteres als freier Wohnraum nach § 10 Abs. 2 an Wohnungsuchende zugeteilt werden. Sofern Wohnraum ohne Genehmigung an einen anderen überlassen ist, der ihn zweckentfremdet hat, gilt das gleiche nach § 10 Abs. 1 Buchstabe b. Der Ausschuß hat auch die Frage geprüft, ob entsprechend der Regierungsvorlage und dem bisherigen Recht den Wohnungsbehörden die Befugnis gegeben werden sollte, zu verlangen, daß eine frühere Zweckentfremdung von Wohnraum rückgängig gemacht werden soll. Er hat hiervon jedoch abgesehen, da von einer solchen Befugnis auch seit Inkrafttreten des Kontrollratsgesetzes Nr. 18 nur in ziemlich geringem Umfange Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausschuß war der Auffassung, daß Maßnahmen dieser Art, da es sich bei ihnen z. T. um die Beurteilung von nicht einfachen Verhältnissen des Geschäftslebens handelt, für die Wohnungsbehörden verhältnismäßig wesensfremd sind. Es erschien auch nicht erwünscht, den Wohnungsbehörden mehr Befugnisse zuzubilligen, als unbedingt erforderlich ist. Mit dem Bestreben auf Abbau der Wohnungszwangswirtschaft wäre die Aktivierung solcher Maßnahmen, deren Erfolg ohnehin zweifelhaft ist, nur schwer vereinbar. Zu § 22: Dem Bestreben auf Erhaltung des Wohnraumbestandes nach § 21 entspricht die Vorschrift des § 22, die verhindern soll, daß durch bauliche Maßnahmen die Brauchbarkeit für Wohnzwecke, d. h. die wohnungswirtschaftliche Verwertbarkeit, wesentlich beeinträchtigt wird. Ausnahmen sind bei überwiegendem Interesse des Verfügungsberechtigten nicht ausgeschlossen. Zuwiderhandlungen sind nach § 34 unter Strafe gestellt. Auch kann die Wiederherstellung des früheren Zustandes erzwungen werden. Zu § 23: Von Eingriffsmöglichkeiten der Wohnungsbehörden in die bauliche Substanz einer Wohnung oder von Wohngebäuden, die das gegenwärtige Recht noch kennt und die auch die Regierungsvorlage, wenn auch nur in sehr beschränktem Umfange, vorgesehen hatte, hat der Ausschuß grundsätzlich abgesehen. Einmal handelt es sich hierbei um eine den Wohnungsbehörden wesensfremde Aufgabe und andererseits kann die wohnungswirtschaftliche Bedeutung solcher Maßnahmen, die vom Standpunkte des Hauseigentümers einen schweren Einbruch in seine Rechte darstellen, nur als gering veranschlagt werden. Eine besondere Rolle hat bei diesen Überlegungen der Dachgeschoßausbau gespielt. Da die Zweckmäßigkeit des Dachgeschoßausbaues ohnehin nicht einheitlich beurteilt werden kann, soll er, soweit er überhaupt fördernswert ist, nach Auffassung des Ausschusses höchstens durch geeignete Maßnahmen gefördert werden, die einen Anreiz zu freiwilligem Ausbau bewirken. Dagegen ist der Einbau von Versorgungsanlagen und sanitaren Einrichtungen zur Verbesserung der Wohnverhaltnisse und zur besseren Ausnutzbarkeit von Wohnraum von nicht ganz geringer Bedeutung. Es gibt Räume, die nur bei Herstellung solcher Anlagen für die Wohnraumbewirtschaftung nutzbar gemacht werden können. Wenn es dem Verfügungsberechtigten zugemutet werden kann, soll er daher zur Duldung des Einbaues verpflichtet sein. Da mit dem Einbau regelmäßig eine Wertverbesserung des Gebäudes verbunden sein dürfte, wird die Duldungspflicht im allgemeinen zu bejahen sein, zumal eine Erstattung der verhältnismäßig geringfügigen Kosten nicht stattfindet. Um größeren Verwaltungsaufwand, der mit der Einziehung solcher Kosten durch die Wohnungsbehörden bei Tilgung in Raten verbunden wäre, zu vermeiden, ist die Erstattungspflicht gegenüber den Wohnungsbehörden, welche die Arbeiten ausführen oder ausführen lassen, ausgeschlossen worden. Zu § 24: Hier wird bestimmt, daß auch Dritte, welche durch die in §§ 22 und 23 bezeichneten Baumaßnahmen (Wiederherstellung der Brauchbarkeit einer Wohnung nach vorheriger unerlaubter Veränderung oder der Einbau von sanitären Einrichtungen und Versorgungsanlagen) beeinträchtigt werden, diese zu dulden haben, soweit es ihnen zugemutet werden kann. Zu § 25: § 25 läßt in Erweiterung der in § 24 bezeichneten Maßnahmen auch eine vorubergehende Raumung von Wohnraum zu, soweit sie erforderlich und zumutbar ist. Seine Hauptbedeutung besteht jedoch darin, daß eine vorubergehende Raumung oder sogar ein endgültiger Wohnungswechsel mit der Folge des Verlustes des alten Wohnrechts in anderen Fallen möglich ist. Von der Beibehaltung eines allgemeinen Zwangswohnungstausches, wie er dem gegenwärtigen Recht der Wohnraumbewirtschaftung entspricht, ist aber im übrigen abgesehen worden, da ein solcher Eingriff nicht mehr vertretbar erschien. Auch bisher ist die praktische Bedeutung eines solchen Zwangseingriffs nicht sehr groß gewesen. Ein zwangsweiser Wohnungswechsel soll nunmehr noch möglich sein im Falle des Wiederaufbaues eines zerstörten oder der Wiederherstellung eines beschadigten Gebäudes oder zur Errichtung eines für die Dauer bestimmten Gebaudes an Stelle behelfsmäßigen Raumes. Da es sich bei diesen Maßnahmen aber um eine Enteignung des Wohnrechts handelt, dürfen sie nur vorgenommen werden, wenn sie zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich sind, insbesondere aus stadtebaulichen Gründen. Die Entschädigung erfolgt in Gestalt angemessenen Ersatzwohnraums; außerdem wird für die Erstattung der Umzugskosten Sorge getragen. Diese Maßnahmen der Wohnungsbehörden gehören zwar nicht zum engeren Aufgabenbereich der Wohnraumbewirtschaftung. Wenn sie aber entsprechend dem neuen Mietaufhebungstatbestand in § 4 b des Mieterschutzgesetzes (vgl. § 28 Nr. 1 dieses Gesetzentwurfs) ein Vorgehen der Wohnungsbehorde ermöglichen, so geschieht das, weil die Wohnungsbehörden doch jedenfalls als berufen angesehen werden müssen, mit den ihnen zustehenden Mitteln der Wohnraumbewirtschaftung auch ihrerseits zur Erleichterung des Wiederaufbaues und zur Förderung von Baumaßnahmen zum öffentlichen Wohl beizutragen. Zu § 26: Die Schriftform für Verfügungen der Wohnungsbehörden ist im Interesse der Rechtssicherheit und mit Rücksicht auf die einschneidende Wirkung wohnungsbehordlicher Maßnahmen zweckmäßig. Zu § 27: Die Vorschrift über die Vollziehbarkeit wohnungsbehördlicher Verfügungen im Wege des Verwaltungszwanges entspricht der gegenwärtigen Rechtslage. Eine ausdrückliche Bestimmung hieruber dient der Beseitigung von Zweifeln. Das Verwaltungszwangsverfahren selbst richtet sich nach Landesrecht. Ein Verwaltungszwang kommt nur bei gesetzlich zulässigen Verfügungen in Frage, die ihrer Natur nach vollziehbar sind, wie z. B. die Bereitstellungsverfügung (§ 19) und die Besitzeinweisung (§ 20). Zu § 28: Die in den §§ 28 bis 31 vorgesehenen Änderungen des Mieterschutz- und des Vollstreckungsrechts behandeln Fragen, die nicht unmittelbar zu dem Gebiet der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung gehören. Sie enthalten aber doch sehr starke Berührungspunkte hiermit. Insbesondere ergibt sich eine Reihe von Fragen bezüglich des Verhältnisses der Wohnungsbehörden zu den Gerichten, die der Regelung bedürfen. Es erschien dem Ausschuß daher zweckmäßig, der Anregung des Bundesrats, die auch von der Bundesregierung aufgegriffen war, zu folgen, diese Fragen schon im Rahmen des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes zu regeln und sie nicht einer künftigen Neuordnung des Mieterschutzrechts vorzubehalten. § 28 Nr. 1 und 3. Von besonderer Bedeutung ist die Abgrenzung der Befugnisse der Gerichte und der Wohnungsbehörden bei Mietaufhebungsklagen nach § 4 des Mieterschutzgesetzes. Das vorgesehene Verfahren soll dem verschiedenen Aufgabengebiet beider Behörden Rechnung tragen und zugleich zu einem praktisch brauchbaren Ergebnis führen. Im Rahmen einer Mietaufhebungsklage nach § 4 des Mieterschutzgesetzes findet nur eine Interessenabwägung zwischen dem Vermieter und dem Mieter statt. Es wird aber u. U. nicht genügend berücksichtigt, ob dem Vermieter im Rahmen der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung überhaupt Raumansprüche in dem Umfange des Klageanspruchs zustehen und vor allem. ob im Falle eines obsiegenden Urteils nach durchgeführter Zwangvollstrekkung gerade der Kläger die freien Räume überhaupt beziehen darf. Um diese unerwünschte Folge zu vermeiden, soll als weitere materielle Voraussetzung für eine Eigenbedarfsklage bei bewirtschafteten Räumen eine Bescheinigung der Wohnungsbehörde vorgelegt werden, daß die Wohnungsbehörde dem Kläger die Räume im Falle des Freiwerdens zuteilen werde. Bisher ist es in der Rechtsprechung strittig gewesen, ob eine Beteiligung der Wohnungsbehörden im Mietaufhebungsprozeß überhaupt erforderlich war, und bejahendenfalls, welche Bedeutung sie hatte Diese Zweifel werden nunmehr behoben. Die Wohnungsbehörden werden verpflichtet, über die zukünftige Zuteilung im Falle des Freiwerdens eine Bescheinigung auszustellen (§ 32) ; ihre Versagung kann gegebenenfalls im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angefochten werden. Die Frage der Ersatzraumstellung ist für die Bescheinigung unerheblich; die Vollstreckung des Urteils ist eine Sache für sich, und die Vorschriften über Vollstreckungsschutz berücksichtigen die tatsächlichen Schwierigkeiten und die Lage der Wohnungsbehörden. Durch die Einschaltung der Wohnungsbehörden werden die Gerichte der Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 4 des Mieterschutzgesetzes im übrigen vorliegen, nicht enthoben. Sie müssen vielmehr zwischen den Parteien eine Abwägung der Interessen vornehmen. Ergeht ein Urteil nach Antrag und kann es auch vollstreckt werden, weil der nach § 30 des Entwurfs vorgeschriebene Ersatzwohnraum vorhanden ist, so ist der Wohnraum entsprechend dem Urteil und der Bescheinigung, wenn sich die Verhältnisse nicht nachträglich wesentlich geändert haben, dem Kläger zuzuteilen (§ 33 Abs. 1). Das gleiche gilt bei der Mietaufhebung gemäß den §§ 22 bis 23 b im Falle von Werk- und Betriebswohnungen, die an Betriebsangehörige überlassen werden sollen. In beiden Fällen ist eine Bescheinigung der Wohnungsbehörde jedoch entbehrlich, wenn der Vermieter als angemessenen Ersatzwohnraum für den Mieter eine steuerbegünstigte oder frei finanzierte Wohnung nach dem Ersten Wohnungsbaugesetz• schafft oder schaffen läßt, die der Wohnraumbewirtschaftung nicht unterliegt. Der neue § 4 b des Mieterschutzgesetzes schafft eine Mietaufhebungsklage zur Erleichterung des Wiederaufbaues und Neubaues, erleichtert also unmittelbar auch die Wohnraumbewirtschaftung. Die Voraussetzungen für den neuen Mietaufhebungstatbestand sind einem wohnungsbehördlich verfügten Wohnungswechsel gemäß § 25 des Entwurfs nachgebildet. § 28 Nr. 2. Der neue Absatz 2 des § 23 des Mieterschutzgesetzes dient der Klarstellung einer Zweifelsfrage, die sich aus § 20 des Ersten Wohnungsbaugesetzes ergibt. Er läßt nunmehr auch eine Mietaufhebungsklage wegen Betriebsbedarfs bei einer Betriebswohnung zu, wenn das Mietverhältnis von dem Bestehen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses unabhängig geworden ist; hierdurch werden gewisse Hemmungen gegen die Errichtung solcher Wohnungen beseitigt, ohne daß praktisch die schutzwürdigen Belange ehemaliger Betriebsangehöriger beeinträchtigt werden, weil auch die Vollstreckung von solchen Mietaufhebungsurteilen von angemessenem Ersatzwohnraum abhängig gemacht ist (§ 30 Abs. 1). § 28 Nr. 4. Der neue § 24 a des Mieterschutzgesetzes soll die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen widerstreitenden Interessen von Vermietern und Mietern möblierter Wohnräume ermöglichen. Die in der Gerichtspraxis bisher verschieden beurteilte Rechtsfrage, ob eine Teilkündigung eines Mietvertrages bezüglich der mitvermieteten Einrichtungsgegenstände zulässig ist, wird klargestellt. Eine solche Teilkündigung soll in Zukunft möglich sein, wenn sie dem anderen Teil zugemutet werden kann. Die Frage ist von besonderer Wichtigkeit für Vertriebene und Kriegssachgeschädigte, die bisher möbliert wohnten, inzwischen aber insbesondere durch Hilfsmaßnahmen der öffentlichen Hand in die Lage versetzt sind, sich eigene Einrichtungsgegenstände anzuschaffen, und sie anschaffen wollen. Umgekehrt können auch Vermieter möblierter Räume in die Lage kommen, ihre Möbel anderweitig verwenden zu wollen. Zu § 29: Die Wiedereinführung der Mietaufhebungsklage wegen Eigenbedarfs im Lande Hessen, wo sie durch eine vorläufige Sonderregelung im Jahre 1946 beseitigt war, entspricht einem dringenden sachlichen Bedürfnis und ist aus Gründen der Rechtseinheit geboten. Zu § 30 Durch die §§ 30, 31 ist versucht, die bisherige Rechtsgrundlage des Vollstreckungsschutzes bei Mietaufhebungs- und Räumungsurteilen in Artikel 6 der Schutzverordnung vom 4. Dezember 1943 in Anlehnung an die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze neu zu ordnen. Dabei sollte eine Lösung gefunden werden, die praktischen Bedürfnissen entspricht und einen billigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Beteiligten darstellt. Maßnahmen der Wohnungsbehörde, die dem Sinn eines gerichtlichen Urteils, also auch einem Räumungsurteil zuwiderlaufen, sind unzulässig (§ 33 Abs. 1), an der Vollstreckung gerichtlicher Urteile besteht vielmehr auch ein rechtsstaatliches Interesse; daher sind Räumungsschuldner im Rahmen des § 17 bevorzugt unterzubringen. Trotz dieses Interesses erscheint es für die Betroffenen in allen Fällen, in denen ein Mietverhältnis ohne ihr Verschulden aufgehoben wird, also bei Eigen- und Betriebsbedarf, billig, das Vorhandensein angemessenen Ersatzraumes als Voraussetzung für die Vollstreckung zu fordern. Im übrigen ist auf eine anderweitige Unterbringung Rücksicht zu nehmen. Bei der Frage der Angemessenheit des Ersatzraums spielen die verschiedensten Umstände eine Rolle; zu berücksichtigen sind z. B. Art, Lane und Größe der Wohnung, aber auch der Mietpreis. Für die Höhe des Mietpreises ist in Absatz 2 der Grundsatz herausgestellt, daß Ersatzraum nicht als unangemessen oder unzumutbar angesehen werden darf, wenn die Miete den für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau geltenden Richtsätzen entspricht oder, sofern das Jahreseinkommen des Schuldners die Jahresverdienstgrenze der Angestellten-Versicherung überschreitet, die Kostenmiete im Sinne des § 27 Abs. 1 des Ersten Wohnungsbaugesetzes nicht überschreitet. Nur ausnahmsweise kann bei besonders dringendem Bedarf auch eine nicht unter allen Umständen angemessene, aber doch eine zumutbare ausreichende Unterbringung als Ersatzraum anerkannt werden. Diese Voraussetzungen können auch gegeben sein, wenn die Vollstreckung sich wegen fehlenden angemessenen Ersatzraumes lange Zeit hinauszögert. In den anderen Fällen (außer dem des in § 31 geregelten Zahlungsverzugs), also namentlich bei Mietaufhebung wegen Belästigung, Nichtanerkennung preisrechtlich zulässiger Mieterhöhung, aber auch, wenn Mieterschutz überhaupt nicht besteht, kann die Gewährung von Vollstreckungsschutz von nur ausreichendem Ersatzraum abhängig gemacht werden. Bei unzumutbarer Härte für den Gläubiger, z. B. wenn die Mieter durch schwerste Belästigungen ein besonderes asoziales Verhalten an den Tag gelegt haben, ist von der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung ganz abzusehen. In solchen Fällen ist es Sache der Obdachlosenfürsorge, ein Obdach sicherzustellen. Zu § 31: Im Falle der Aufhebung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs gilt eine Sonderregelung. Sie beruht auf der Erwägung, daß Vollstreckungsschutz bei schuldhaft säumigen Mietern, für welche die Fürsorgebehörde nicht eingetreten ist, bei weiterer Nichtzahlung der Miete den Vermietern nicht zugemutet werden kann; er käme praktisch einer Enteignung gleich. Der Vermieter übernähme damit Aufgaben, welche die Allgemeinheit zu tragen hätte. In Fällen dieser Art, in denen der Mieter schon eine ganze Zeit mit der Miete im Rückstand geblieben ist, bevor eine Mietaufhebungsklage zulässig ist, und in denen meist eine weitere Reihe von Monaten bis zur Rechtskraft eines Mietaufhebungsurteils vergeht, darf Vollstreckungsschutz nur noch ganz kurzfristig zugelassen werden. Er ist daher auf zwei Wochen seit der Rechtskraft des Urteils beschränkt. Nur wenn die Zahlung der seit der Mietaufhebung geschuldeten Nutzungsentschädigung gewährleistet ist, insbesondere auch, wenn die Fürsorgebehörde sich insoweit zur Befriedigung des Gläubigers bereiterklärt hat, kann Vollstreckungsschutz über diese Frist hinaus gewährt werden. Ist das nicht der Fall, so muß es möglich sein, das Urteil zu vollstrecken, und es ist notfalls Sache der für die Obdachlosenfürsorge zuständigen Behörde, den ausgeklagten Mieter unter- zubringen und dafür die Kosten zu übernehmen. Dabei genügt nach den landesrechtlichen Bestimmungen auch eine notdürftige Unterkunft. Der Ausschuß hat sich dem andersartigen Lösungsversuch der Bundesregierung nicht angeschlossen. Es erschien ihm nicht angemessen, auch in diesen Fällen eine ausreichende Ersatzunterkunft vorzuschreiben und die Körperschaft, der die Wohnungsbehörde zugehört, subsidiär für den Mietausfall haften zu lassen. Durch eine solche Regelung wäre wegen des Mangels an ausreichendem Ersatzraum eine nichtvertretbare Belastung der öffentlichen Hand entstanden, und es wäre vor allem eine noch stärkere Verschlechterung der Zahlungsmoral bei diesem Personenkreis und damit eine Gefährdung der allgemeinen Zahlungsmoral eingetreten. Da vielfach selbst ein Obdachlosenquartier nicht gleich zur Verfügung steht, muß erfahrungsgemäß die für die Obdachlosenfürsorge zuständige Behörde vorübergehend auf die alte Wohnung des ausgeklagten Mieters oder einen Teil derselben im Wege der Obdachlosenunterbringung zurückgreifen. Um in solchen Fällen eine Räumung durch den Gerichtsvollzieher und eine sofortige Wiedereinweisung als Maßnahme der Obdachlosenfürsorge zu vermeiden, soll zur Verfahrensvereinfachung die Vollstreckung als erfolgt gelten, wenn die Obdachlosenfürsorgebehörde diese Inanspruchnahme der Räume dem Vollstreckungsgericht erklärt und dieses die Erklärung dem Gläubiger zugestellt hat. Nach Aufhebung der Inanspruchnahme der Räume durch die Obdachlosenfürsorgebehörde ist dann auch diese Behörde für die Räumung verantwortlich. Sie kann sie gegenüber dem Schuldner im Wege des Verwaltungszwanges durchsetzen, und sie kann hierzu von dem Gläubiger notfalls im Wege verwaltungsgerichtlichen Verfahrens angehalten werden. Zu §§ 32 und 33: Hierzu wird auf die Bemerkungen zu § 28 verwiesen. Zu § 34: Die vorsätzliche wesentliche Beeinträchtigung der Brauchbarkeit von Wohnraum stellt strafrechtlich ein Vergehen dar. Zu § 35: Die Höhe der Geldbuße in den in § 35 näher gekennzeichneten Fällen einer Ordnungswidrigkeit richtet sich nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 25. März 1952 (BGBl. I S. 177). Zu § 36: Um den Wohnungsbehörden genügend Zeit für die Umstellung ihrer Tätigkeit auf die neuen Vorschriften und insbesondere auch auf das geänderte Verfahren zu geben, soll das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz erst drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft treten. Zum gleichen Zeitpunkt soll das Kontrollratsgesetz Nr. 18 durch ein Gesetz der Alliierten Hohen Kommission außer Kraft gesetzt werden, was grundsätzlich bereits zugesagt ist. Da das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz teilweise nur ein Rahmengesetz darstellt und das Rechtsgebiet in die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes fällt, sollen die auf Grund des Kontrollratsgesetzes von Ländern und Gemeinden erlassenen Vorschriften, die geeignet sind, diesen Rahmen auszufüllen, auch nach Aufhebung des Kontrollratsgesetz selbst noch vorübergehend bestehen bleiben, soweit sie dem Wohnraumbewirtschaftungsgesetz nicht widersprechen. Sie sollen dann aber zur Klarstellung der Rechtslage entweder durch neue Landesgesetze ersetzt werden oder erlöschen. Zu § 37: Das Gesetz soll auch in Berlin Anwendung finden. Bonn , den 31. Oktober 1952 Kalbfell Berichterstatter Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 239. Sitzung Begründung zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU (BP-Z) zur Dritten Beratung des Entwurfs eines Wohnraummangelgesetzes (Umdruck Nr. 710) Berichterstatter: Abgeordneter Kalbfell Zu § 8: Durch den dem § 7 entsprechenden Zusatz soll erreicht werden, daß aus den Vormerklisten Personen ausgeschieden werden, die als Wohnungsuchende nicht mehr in Betracht kommen. Zu § 14: Bei öffentlich geförderten Kleinsiedlungen haben Einliegerwohnungen, d. h. Wohnungen, die im Verhältnis zu der Siedlerwohnung von untergeordneter Bedeutung sind, nach dem Sinn der Kleinsiedlung vielfach nur vorübergehend den Charakter einer selbständigen Wohnung. Bei entsprechendem Wohnbedarf muß dem Kleinsiedler die Möglichkeit gegeben werden, ganz oder teilweise auf die Einliegerwohnung zurückzugreifen. Zur Beseitigung entstandener Zweifelsfragen rechtfertigt es sich daher, dem Kleinsiedler entsprechende Rechtsansprüche gegenüber der Wohnungsbehörde zuzubilligen, wie sie im Falle des Freiwerdens von Teilen einer Wohnung den Verfügungsberechtigten nach § 14 Abs. 2 zustehen würden. Zu § 18: Es handelt sich um eine Klarstellung der Fassung, insbesondere soll das Verhältnis zu § 22 Abs. 4 des Ersten Wohnungsbaugesetzes ausdrücklich geklärt werden. Zu § 30: Durch die Zusätze soll einem vom Lande Hessen geäußerten Wunsche entsprechend dem Umstand Rechnung getragen werden, daß gegenwärtig im Lande Hessen noch an Stelle der §§ 2 bis 3 a des Mieterschutzgesetzes die entsprechenden Vorschriften der Hessischen Verordnung über die einstweilige Regelung von Mietstreitigkeiten vom 23. 11. 1946 (GVBl. S. 222) gelten. Zu § 31: Die Streichung im Abs. 1 dient dem Ziele, die Erwähnung der bereits zu § 30 bezeichneten hessischen Vorschriften überflüssig zu machen. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Vorschrift des § 3 des Mieterschutzgesetzes ist entbehrlich, weil der Aufhebungsgrund durch das Wort „Zahlungsverzug" mit hinreichender Deutlichkeit umschrieben ist. Der Zusatz zu Abs. 2 berücksichtigt den Fall, daß gegen den Mieter außer dem Aufhebungsgrund wegen Zahlungsverzuges auch noch Umstände vorliegen, die eine Aufhebung wegen erheblicher Belästigung (§ 2 des Mieterschutzgesetzes) gerechtfertigt hätten oder rechtfertigen würden. In diesem Falle soll nach der durch den Zusatz vorgesehenen Regelung der Richter regelmäßig von der Gewährung von Vollstreckungsschutz oder einer Räumungsfrist auch dann absehen, wenn die Fortzahlung der Miete gewährleistet erscheint. Durch Einfügung der Worte „auf ihre Kosten" in Abs. 3 Satz 1 soll in Übereinstimmung mit dem Ausschußbericht zum Ausdruck gebracht werden, daß die Behörde, die den Vollstreckungsschuldner aus Gründen der Obdachlosenunterbringung in die bisherigen Räume einweist, die Kosten der Unterbringung zu tragen hat. Der dem Abs. 3 hinzugefügte Satz 4 entspricht dem Zusatz zu Abs. 2. Er soll die Durchführung der Räumung entsprechend der in § 30 Abs. 4 getroffenen Regelung ermöglichen, wenn gegen den Mieter außer dem Aufhebungsgrund wegen Zahlungsverzuges auch noch Gründe vorliegen, die eine Aufhebung nach § 2 des Mieterschutzgesetzes gerechtfertigt hätten oder rechtfertigen würden. Die Änderung in Abs. 4 dient lediglich der Klarstellung.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schoettle hat in seinen Ausführungen zu den gestrigen Darlegungen des Herrn Bundesfinanzministers erklärt, der Herr Bundesfinanzminister habe seinem Nachtragshaushalt eine „etwas magere Begründung gegeben".

    (Zuruf von der SPD: Sehr mager! — Abg. Schoettle: Das haben Ihre Freunde selber bestätigt!)

    Ich habe aus der Aufnahme, die diese Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers in der Presse ganz allgemein gefunden hat, nicht den Eindruck bekommen, als wäre diese Begründung unserer Presse „mager" erschienen. Sie hat sie im Gegenteil für sehr bedeutsam und für sehr wichtig gehalten und hat sie an maßgeblicher Stelle herausgestellt.
    Nun, meine Damen -und Herren, wenn wir einmal ein grundsätzliches Wort über die Handhabung der Dinge zwischen Opposition einerseits und Regierung und Regierungsparteien andererseits sprechen dürfen, so möchte ich hier gleich zu Beginn meiner Ausführungen den Gedanken in den Vordergrund stellen: Es ist furchtbar einfach für die Opposition, immer und immer wieder festzustellen, daß diese oder jene Dinge unbefriedigend sind, Besserungswünsche geltend zu machen, Forderungen zu stellen, die in die Hunderte von Millionen, ja in die Milliarden gehen, aber für die Deckungsfrage keinerlei Verantwortung zu empfinden.

    (Zuruf von der SPD: Das gilt für Sie auch und für Ihre Beamtenfragen!)

    Sie haben gestern, Herr Kollege, beanstandet, daß ich Forderungen für die Beamten geltend gemacht habe, ohne sie genau zu präzisieren.

    (Zuruf von der SPD: Drei Stunden lang!)

    Ich habe das aus Verantwortungsbewußtsein so getan,

    (Lachen und Oho-Rufe bei der SPD)

    weil ich grundsätzlich keine Forderungen hier im Hause stelle, für die mir eine Deckung nicht gegeben erscheint.

    (Zurufe von der SPD.)

    Sie haben aber aus der Antwort des Herrn Finanzministers gehört, welches Ergebnis unsere Verhandlungen mit dem Finanzminister um die Deckung in I den letzten Tagen und Wochen gehabt haben und daß wir dabei doch immerhin einen gewissen Erfolg erzielt haben.

    (Zurufe von der SPD. — Abg. Schoettle: Wir haben keine Gelegenheit, mit Herrn Schäffer hinter den Kulissen zu verhandeln!)

    — Ich glaube, Herr Kollege Schoettle, wenn Sie bei dem Herrn Finanzminister den Wunsch äußern, einmal mit ihm persönlich über die Frage zu sprechen, wie diese oder jene Forderung gedeckt werden könne, dann wird der Herr Finanzminister Ihnen außerordentlich dankbar sein, wenn Sie ihm bei seiner Suche nach Deckungsmitteln hilfreich zur Hand gehen.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wenn der Herr Finanzminister seine Begründung gestern nicht sehr lange ausgedehnt hat, so scheint mir ein Satz in seinen Darlegungen von solcher Bedeutung zu sein, daß ich ihn nochmals herausheben möchte. Der Herr Finanzminister sagte:
    Trotz all der Schwierigkeiten, trotz des sprunghaften Steigens der Ausgaben ist es bisher gelungen, die Ordnung in den Finanzen des Bundes aufrechtzuerhalten. Diese Ordnung der Finanzen ist eine Lebensfrage für die junge Bundesrepublik.
    Wenn der Herr Finanzminister zur Begründung seines Nachtragshaushalts eine solche Erklärung abgeben kann, dann ist uns diese Erklärung wichtiger und bedeutsamer als alle möglichen sonstigen Reden um die Dinge herum.

    (Abg. Dr. Arndt: Und das Volk kann nach Ihrer Meinung ruhig schlafen!)



    (Dr. Wuermeling)

    Im übrigen noch ein weiteres Wort zum Thema: Opposition und Deckungsfrage. Ich erinnere mich, daß wir im Jahre 1951 bei der Behandlung des Rentenzulagengesetzes, bei der durchschnittlichen Erhöhung der Invalidenrenten um 25 % — sprich: eine Milliarde DM — eine sehr, sehr unpopuläre und unangenehme Deckungsmaßnahme haben beschließen müssen, nämlich die Erhöhung der Umsatzsteuer um 1%. Als damals die Erhöhung der Renten behandelt wurde, hatte die Opposition die Erhöhung der Umsatzsteuer um 1%, also die Deckungsmilliarde, abgelehnt. Sie hat sich aber nicht gescheut, gleichzeitig Anträge zu stellen, die nach den Erklärungen des Herrn Arbeitsministers nicht nur eine Milliarde, sondern eine zweite Milliarde DM als Deckung erfordert hätte, nachdem sie, wie gesagt, die erste Milliarde schon abgelehnt hatte.
    Ich bin nun einmal mit allen Kollegen aus den Regierungsparteien der Meinung, daß man so keine Opposition machen kann; denn das ist nichts als Agitation im Lande und Verantwortungslosigkeit. dazu.

    (Beifall bei der CDU. — Abg. Arnholz: Die Verantwortungslosigkeit liegt bei Ihnen! — Abg. Müller [Hessen] : Ausgerechnet Sie sagen das!)

    Im übrigen haben wir ja um diese Frage im Zusammenhang mit § 96 der Geschäftsordnung im Februar dieses Jahres eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erlebt, über die sich die Opposition damals außerordentlich gefreut hat. Aber diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts enthält einen Satz, den ich in diesem Zusammenhang einmal zitieren möchte. Er lautet:
    Die Geschäftsordnung des Parlaments setzt voraus, daß die von ihr zur Wahrnehmung bestimmter Funktionen berufenen Organe diese in vernünftigen Grenzen ausüben und nicht mißbrauchen. Soll eine Bestimmung der Geschäftsordnung an der Verfassung gemessen werden, so muß mithin ihre faire und loyale Anwendung durch die dazu berufenen Organe vorausgesetzt werden.
    Das heißt mit kurzen Worten: Parlamentarische Demokratie setzt Demokraten voraus

    (Zuruf von der SPD: Allerdings!)

    und keine Abgeordneten, die hemmungslos Agitationsanträge stellen.

    (Zuruf von der SPD: So, wie Sie sie stellen!)

    Das Antragsrecht im Parlament ist kein Freibrief für hemmungslose Agitationsanträge. Wenn man das Antragsrecht so ausnutzte, dann wäre das ein parteipolitischer Mißbrauch demokratischer Institutionen, der letzten Endes die demokratische Ordnung gefährdet, an deren Sicherung und Erhaltung uns doch allen gelegen ist.

    (Abg. Arnholz: Na, na!)

    Meine Herren von der Opposition, Sie klagten damals über das Verhalten der Regierung gegenüber dem Parlament und warfen der Regierung angebliche Bevormundung des Parlaments vor. Andererseits stellen Sie immer und immer wieder Anträge, deren Annahme die Regierung zwingen würde, die Ausführung von Bundestagsbeschlüssen nach Art. 113 des Grundgesetzes zu verweigern, weil eine haushaltsmäßige Deckung nicht vorhanden ist. Sie sollten nicht einerseits über parlamentarische Sicherheitspolizei, wie Sie es seinerzeit nannten,
    schimpfen und sich gleichzeitig um die Herbeirufung dieser parlamentarischen Sicherheitspolizei bemühen. Auf lange Sicht diente doch auch die Opposition dem gemeinsamen demokratischen Anliegen, das wir alle haben, besser — übrigens auch ihrer eigenen politischen Sache —, wenn sie sich bemühte, sich in dem sachlichen Rahmen zu bewegen und vor allem nicht in der Bevölkerung durch Agitationsanträge Hoffnungen zu erwecken, deren naturnotwendige Zerstörung immer wieder zu einer Untergrabung des Vertrauens zum Parlament zu führen droht.

    (Abg. Arnholz: Haltet den Dieb!)

    Und noch eines gerade zu der Debatte gestern. Es wird manchmal von der Opposition gesagt: das ist ja gar nicht wahr, daß wir uns um die Deckung keine Sorge machten. Gestern bei der Beamtenbesoldungsdebatte hatte ich gegenüber dem Kollegen Arnholz den Zuruf gemacht: „Außerdem haben wir über die Deckung verhandelt, mein Herr! Das haben Sie nicht getan! Das ist aber die Hauptsache!" Darauf erwiderte Herr Kollege Arnholz: „Ach so, j a, aber der Herr Bundesfinanzminister ist doch der für alle diese Dinge Verantwortliche."

    (Abg. Arnholz: Wir gehören nicht zu Ihrem Kaffeekränzchen!)

    Ich unterstreiche hier nochmals den Satz, den ich daraufhin zurückrief: „Für die Deckung ist das Parlament verantwortlich!" Jedes Mitglied des Parlaments hat die gleiche Verantwortung für den Ausgleich des Haushalts wie der Bundesfinanzminister.

    (Abg. Arnholz: Fälschen Sie doch nicht! Lesen Sie auch die nächsten Sätze!)

    Das gilt auch für die Opposition.
    Zum Haushaltsplan möchte ich einige wenige Haushaltsziffern anführen, die mir von beachtlichem Interesse zu sein scheinen. Wenn wir das Aufkommen an Bundessteuern im Laufe der letzten Jahre betrachten, dann stellen wir fest, daß dieses nach den amtlich bekanntgegebenen Unterlagen
    im Jahre 1949 8,5 Milliarden, im Jahre 1950 9,8 Milliarden,
    im Jahre 1951 15,6 Milliarden und im Jahre 1952 19,6 Milliarden DM
    beträgt. Diese Steigerung ist im wesentlichen durch die konjunkturelle Steigerung der Steuereingänge bedingt, die durch den Aufstieg unserer Wirtschaft unter der sozialen Marktwirtschaft verursacht sind, gegen die Sie immer glauben ankämpfen zu müssen.

    (Zuruf von der SPD: Auf Kosten der Arbeiter!)

    - Machen Sie doch nicht so lächerliche Bemerkungen wie: „Auf Kosten der Arbeiter!" Der Lebensstandard der deutschen Industriearbeiterschaft hat sich seit 1948 und außerdem nochmals von 1950 auf 1952 entscheidend gebessert.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    - Meine Herren, wenn Ihnen diese Wahrheit nicht paßt, weil nämlich Ihre ganze politische Konzeption mit dieser Tatsache in sich zusammenbricht, dann werden wir sie erst recht in der Öffentlichkeit immer und immer wieder vertreten;

    (Zuruf von der SPD: Einhämmern!)

    denn wir haben keinen Anlaß, die Wahrheit zu


    (Dr. Wuermeling)

    verschweigen oder zuzulasen. daß Sie die Dinge verdunkeln.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Renner: Das muß man den Arbeitern in den Betrieben erzählen, was Sie hier sagen! — Abg. Wehner: Erzwungener Konsumverzicht!)

    — Ich bitte um Ruhe bei der „trojanischen Kavallerie"!

    (Abg. Renner: Dazu sind Sie nicht kühn genug!)

    — Herr Renner, bei dem Truppenteil der „trojanischen Kavallerie" werden Sie es allenfalls mal bis zum „Küchenbullen" bringen.

    (Große Heiterkeit. — Abg. Renner: Sie haben mehr Angst, als gut ist!)

    — Herr Renner, wissen Sie eigentlich, was ein
    trojanisches Pferd ist? Das trojanische Pferd war
    ein harmloses Pony gegen das „Riesenroß", das da
    meint, Sie seien kein trojanisches Pferd!
    - (Erneute große Heiterkeit. — Abg. Renner: Wenn ich Sie ansehe, habe ich einen Riesenesel vor mir! — Große Unruhe. — Abg. Dr. Greve: Von der trojanischen Kavallerie hat schon ein anderer in diesem Hause gesprochen; aus Ihrem Mund klingt das viel schlechter als aus dem Mund desjenigen, der es zuerst gesagt hat! — Abg. Renner: Er freut sich über seine eigene Dämlichkeit!)

    Also, meine Damen und Herren, ich darf fortfahren. Die Ausgaben für die Verteidigung bzw. zunächst für die Besatzungskosten haben sich entwickelt von 4,6 Milliarden in 1949 und 1950 auf 7,6 Milliarden in 1951 und 8,8 Milliarden in dem uns jetzt vorliegenden Haushaltsplan 1952. Die Sozialausgaben, die mit Recht ganz besonderes Interesse finden, haben sich wie folgt entwickelt.
    1949 4,5 Milliarden DM, 1950 6,2 Milliarden DM, 1951 8,6 Milliarden DM und 1952 9,1 Milliarden DM,
    so daß also seit 1949 mehr als eine Verdoppelung der gesamten Sozialausgaben eingetreten ist, und zwar Kriegsfolgenhilfe, Umsiedlung, Kriegsopferversorgung, Arbeitslosenhilfe, Sozialversicherungszuschüsse, sozialer Wohnungsbau, Art. 131 und Subventionen für Lebensmittel.
    Wenn Herr Kollege Schoettle vorher beanstanden zu müssen glaubte, daß im Haushaltsplan keine Scheidung der Sozialausgaben nach den Kriegsfolgelasten und nach den sonstigen Ausgaben stattfände, --

    (Abg. Schoettle: Keine Verdrehungen, Herr Dr. Wuermeling! Es ist nicht davon die Rede! Ich habe nicht vom Haushaltsplan gesprochen, sondern von den globalen Angaben, die in der Regel gemacht werden! Das müßten Sie auch gehört haben! — Zuruf von der SPD: Das versteht er doch nicht!)

    — Ich habe Sie so verstanden, als hätten Sie gesagt: im Haushaltsplan.

    (Abg. Schoettle: So genau wie Sie habe ich den Haushaltsplan auch gelesen!)

    — Dann wollen wir also jetzt gern diese Aufgliederung geben: die sozialen Kriegsfolgelasten betragen
    4,8 Milliarden DM, die sonstigen Soziallasten 2,8 Milliarden DM, die Subventionen 624 Millionen DM und die Wohnungsbau- und Siedlungsausgaben rund 600 Millionen DM. Neben all dem steht dann noch — eigentlich auch noch den Sozialaufwendungen zuzuzählen — der Zuschuß zum Haushalt Berlins mit 600 Millionen DM, der ja letzten Endes aus sozialen Gründen gegeben wird.

    (Abg. Renner: Ich denke, das ist der Kriegshaushalt, Berlin?)

    Nun, wenn wir diese gewaltige Steigerung erst einmal der Sozialausgaben insgesamt und zweitens auch der leider unvermeidbaren Besatzungslasten bzw. Verteidigungslasten in diesem Ausmaß haben steuerlich aufbringen können, so ist das, um es noch einmal zu sagen, die Auswirkung im wesentlichen konjunktureller Steuermehreinnahmen. Wir haben lediglich den Einkommensteueranteil dies Bundes zwischenzeitlich etwas erhöht. Wir haben die Umsatzsteuer, wie ich vorher sagte, einmal um 1 % erhöht, im übrigen aber durch die Einkommensteuerreform von 1950 bekanntlich eine ganz erhebliche Minderung der Steuersätze bei der Einkommensteuer beschlossen und durchgeführt.
    Nun etwas anderes. Die Mittel, die im Sozialhaushalt zur Verfügung stehen, stehen ja nicht nur zur Verfügung für die sozialen Zwecke im engeren Sinn. Wir haben auch Aufgaben, die sozialer Art sind und über diesen Sozialhaushalt im engeren Sinn hinausgehen. Ich denke dabei an Aufwendungen, die jetzt mehr denn je gemacht werden zur Förderung und zum Schutz unserer Jugend. Es war damals beim Schmutz- und Schundgesetz so die Rede davon, als wenn in der Bundesrepublik in positiver Hinsicht zum Schutz und zur Förderung der Jugend überhaupt nichts geschähe. Ich darf in diesem Zusammenhang einmal darauf hinweisen, daß wir im Rahmen des ersten und zweiten Bundesjugendplans in der Zeit von Januar 1951 bis Juni 1952 folgende Beträge zur Verfügung gestellt haben:
    1. Kredite für den Bau von Lehrwerkstätten 15 Millionen DM,
    2. Kredite für den Bau von Werklehrlingsheimen 5 Millionen DM,
    3. Zuschüsse für den Bau von Jugendwohnheimen 18,7 Millionen DM,
    4. Zuschüsse für Einrichtung von Grundausbildungslehrgängen und Jugendgemeinschaftswerken
    5 Millionen DM,
    5. Zuschüsse für die Förderung der Jugendpflege in Notstandsgebieten
    4 Millionen DM,
    6. Zuschüsse zur Förderung der Jugendverbände 7,2 Millionen DM,
    7. Zuschüsse zur Förderung des Jugendherbergswerks
    450 000 DM,
    8. Zuschüsse zur Förderung des Jugendschrifttums 2,25 Millionen DM,
    9. zur Förderung der Jugendfürsorgeverbände 1,1 Millionen DM,
    10. Zuschüsse zur Förderung der Jugendarbeit in Berlin
    3,2 Millionen DM,
    11. Zuschüsse zur Förderung der Jugendarbeit in Watenstedt-Salzgitter
    1 Million DM,


    (Dr. Wuermeling)

    12. für laufende Kosten in Jugendwohnheimen, Grundausbildungslehrgängen und Jugendgemeinschaftswerken
    43 Millionen DM und
    13. für sonstige Einzelmaßnahmen
    2,3 Millionen DM,
    insgesamt 108,2 Millionen DM zur positiven Jugendförderung im Rahmen des Bundeshaushalts. Wir täten sehr gern noch mehr. Aber es geht nicht an, daß in solchen Debatten wie der über das Schmutz- und Schundgesetz von der Opposition erklärt wird, diese negativen Maßnahmen wären alle völlig überflüssig, weil man angeblich keine positiven Maßnahmen trifft. Positive Maßnahmen treffen wir im Rahmen des irgend Möglichen.
    Nun hat sich Herr Kollege Schoettle mit der Frage der Besoldungsreform befaßt und hat nach konkreten Leistungen in dieser Richtung gefragt. Wir brauchen nicht die Debatte von gestern hier nochmals zu wiederholen. Ich gebe noch einmal den Hinweis, daß diese konkreten Leistungen, die als Ergebnis unserer Verhandlungen mit den Ministerien gestern hier bekanntgegeben worden sind, in dem Rahmen erfolgen, in dem eine Deckung bereitgestellt werden kann.
    Dann hat Herr Kollege Schoettle sich wiederum mit der Tatsache befaßt, daß die Vorlage des Nachtragshaushaltsplanes erst jetzt erfolgt. Wir haben uns bei den letzten Haushaltsdebatten über diese Frage schon so eingehend unterhalten, daß ich dieses Thema jetzt nicht nochmals vertiefen möchte, sondern mit der Feststellung abschließen kann: Das Bundeskabinett wird in den nächsten Tagen den Haushaltsplan 1953/54 verabschieden und dem Bundesrat zuleiten, so daß wir Gott sei Dank durch die intensiven Bemühungen der Bundesregierung zu dem Ziel gekommen sind, den nächsten Haushaltsplan rechtzeitig vor Beginn des neuen Rechnungsjahres verabschieden zu können. Ich hoffe, daß alle Kollegen im Haushaltsausschuß — ich betone: alle Kollegen — sich intensivst bemühen, dieses Ziel auch wirklich zu erreichen, und nicht immer gleich Opposition machen, wenn einmal ein Antrag gestellt wird, daß man vielleicht zu Beginn der Ferien noch drei Tage nachsitzen soll,

    (Abg. Schoettle: Sie sind wirklich mehr als bescheiden!)

    um die Arbeiten möglichst schnell und rechtzeitig zu Ende zu führen.
    Was die Frage der Personalanforderungen im neuen Haushaltsplan 'angeht, so sind auch wir der Auffassung, daß der Neuaufbau der Behörden der Bundesregierung und überhaupt der Bundesrepublik nunmehr grundsätzlich beendet ist und auch beendet sein muß. Alle Neuanforderungen von Stellen werden wir jetzt mit größter Vorsicht und Zurückhaltung entgegennehmen und dabei das Ziel verfolgen, etwa nötigen neuen Stellen nur dann zuzustimmen, wenn bei anderen Positionen entsprechende Stellen wieder eingespart werden, um dadurch eine weitere Ausweitung der Verwaltung und des Verwaltungsapparates zu verhindern. Wir haben diesen Grundsatz in einem speziellen Fall gerade seitens der CDU/CSU mit der Bundesregierung bereits praktiziert.
    Wenn von den neuen Stellen für das Amt Blank die Rede ist, so ist es selbstverständlich, daß bei der verschiedenen politischen Haltung der Opposition und der Regierungparteien zu den Verträgen hier eine gegensätzliche Einstellung vorhanden ist. Aber
    man wird doch den Regierungsparteien, wenn sie das Ziel verfolgen, die Verträge durchzuführen, nicht verübeln können, wenn sie auch sicherstellen, daß der Apparat für die Durchführung dieser Dinge rechtzeitig vorhanden ist.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Noch ein Wort zu den Verwaltungsausgaben. Es ist ganz wissenswert und vielleicht notwendig, es wieder einmal in der Öffentlichkeit zu sagen, daß die gesamten Verwaltungsausgaben des Bundes, nicht nur der Zentralbehörden, sondern aller Bundesbehörden einschließlich Grenzschutz usw. usw. 3,7 % des gesamten Haushaltsplanes ausmachen. Die obersten Bundesbehörden kosten mit Personal und Sachkosten ganze 0,5 % des gesamten Haushaltsplanes. Es ist also durchaus richtig, was Herr Kollege Schoettle vorhin sagte, daß Ersparnisse an Verwaltungskosten irgendwelche fühlbare Erleichterung des Bundeshaushalts nicht herbeiführen können. Natürlich hindert uns dieser Tatbestand nicht daran, die Verwaltungskosten so niedrig zu halten, wie es nur irgend möglich ist.
    Es war dann von dem beabsichtigten Neubau für das Bundeskanzleramt die Rede. Meine Damen und Herren, ich höre von dieser Absicht erst aus dem Etat.

    (Lachen links.)

    Wir werden die Frage, ob ein solcher Neubau nötig ist, sehr, sehr gründlich zu prüfen haben. Wir können aber nicht jetzt von hier aus, ohne die Dinge genau geprüft zu haben, die Erklärung abgeben, daß wir ihn für überflüssig halten.

    (Abg. Schoettle: Aber im Außerordentlichen Haushaltsplan des Nachtrags steht es!)

    Der Herr Kollege Schoettle hat vorhin gesagt, man solle sich darüber klar sein, daß mit Verwaltungsausgabenersparnissen, weil der Verwaltungskostenanteil so geringfügig ist, leider keine Hilfsmaßnahmen für die Notleidenden finanziert werden können.

    (Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Er ist mit dieser seiner eigenen Äußerung meines Erachtens in Widerspruch geraten, als er erklärte, man solle, anstatt das Bundeskanzleramt zu bauen, lieber den Kriegsopfern helfen. Herr Schoettle weiß genau so gut wie jeder andere im Hause, daß wir mit dem kleinen Betrag, den der etwaige Neubau kosten würde, die Hunderte von Millionen, um die es bei der Hilfe für die Kriegsopfer geht, nicht beschaffen könnten. Das ist es ja, wogegen wir uns immer und immer wieder wehren müssen, daß in tendenziöser Weise Dinge nebeneinandergestellt werden, die keine Relation zueinander haben. So etwas ist nichts anderes wie Hetze.

    (Zurufe links.)

    Sodann sprach Herr Kollege Schoettle von den „stillen Reserven", die im Haushaltsplan, vor allen Dingen im Sozialhaushalt, wie er meinte, vorhanden seien.

    (Zuruf des Abg. Renner. Abg. Schoettle: Stellen Sie doch nicht wieder alles auf den Kopf!)

    Ich habe schon durch einen Zwischenruf zur Kenntnis gebracht, daß die bisherigen Haushaltspläne des Herrn Bundesfinanzministers offenbar nicht diese stillen Reserven enthalten haben; sonst hätten wir bisher nicht jeden Haushaltsplan mit einem, wenn


    (Dr. Wuermeling)

    auch nicht sehr bedeutenden Fehlbetrag abgeschlossen. Aus der Vergangenheit hat sich also erwiesen, daß es ganz gut ist, wenn wir uns den Schätzungen und Mutmaßungen des Bundesfinanzministers anschließen. Aber wir sind der Opposition ganz außerordentlich dankbar, wenn sie uns hilft, falls an irgendeiner Stelle des Sozialhaushalts oder sonstwo im Haushaltsplan stille Reserven vorhanden sein sollten, solche Polsterstellen zu finden, damit wir dann in der Lage sind, die sich daraus ergebenden Beträge zusätzlich für soziale Zwecke verfügbar zu machen.

    (Abg. Schoettle: Wir werden Sie daran erinnern! — Abg. Pohle: Ja, die Botschaft hör' ich wohl!)

    Noch ein genereller Punkt! Der Herr Kollege Schoettle hat ja auch einige allgemeine Fragen bezüglich der Wahlkampfmethoden, die sich beim letzten Kommunalwahlkampf gezeigt haben, berührt.

    (Abg. Schoettle: Jetzt kommt Ihre berühmte Frage!)

    — Jawohl, die Frage wird ja demnächst beantwortet werden; aber ich möchte sie hier auch einmal kurz berühren, wie es im Landtag von Rheinland-Pfalz schon geschehen ist. Ich habe am Abend vor den Gemeindewahlen in meinem Wahlkreis in dem Ort Mich bei Neuwied eine Versammlung abgehalten, in die der sozialdemokratische Ortsbürgermeister Hammel mit einer größeren Anzahl von politischen Freunden oder noch weiter links stehenden Leuten mit mehr oder weniger Geräusch eingedrungen ist

    (Zurufe links)

    und in der er, ohne daß ihm das Wort gegeben worden ist, die Führung der Versammlung von sich aus in die Hand genommen hat.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, das schienen uns Methoden zu sein, die mit demokratischer Ordnung nichts mehr zu tun haben. Vom Versammlungsleiter ist dem Herrn Hammel sofort ganz klar dazwischengerufen worden: „Sie bekommen nachher das Wort, sobald wir unsere Referate gehalten haben; aber wir haben hier die Versammlungsgewalt und nicht Sie!"

    (Zurufe links und rechts.)

    Daraufhin hat sich dieser sozialdemokratische Ortsbürgermeister — ich appelliere an die SPD, hier in
    ihren Reihen einmal etwas nach Ordnung zu sehen
    — veranlaßt gesehen, in dieser Versammlung eine längere Rede zu halten, die wir beim' besten Willen einfach nicht verhindern konnten, es sei denn mit Gewalt, und die pflegen wir nicht anzuwenden.

    (Erneute Zurufe links und rechts.)

    Während meiner späteren Ausführungen hat dieser
    sozialdemokratische Ortsbürgermeister nochmals —
    ganz abseits von dem von mir behandelten Thema
    — zu einer längeren Rede angesetzt und sie auch gehalten. In der Nacht zuvor war der CDU-Vorsitzende von Irlich von dem sozialdemokratischen Ortsbürgermeister und einigen herangepfiffenen Komplizen beim Kleben von antikommunistischen Wahlplakaten überfallen worden. Diese Plakate sind ihm weggenommen worden. Meine Herren von der SPD, wenn Sie hier die Erklärung abzugeben bereit sind, daß Sie gegenüber diesem Herrn Hammel die erforderlichen Schritte zu unternehmen bereit sind, dann bin ich meinerseits bereit, die Anfrage für die Fragestunde zurückzuziehen.

    (Abg. Müller [Hessen]: Dann werden wir eine Gegenliste aufmachen, Herr Wuermeling! Sie sind auch kein Engel, wenn Sie noch so schwarz sind!)

    — Kommen Sie ruhig mit der Gegenliste, ich habe diesbezüglich nicht die mindeste Sorge.

    (Zuruf von der DP: In Frankfurt haben sie diese Methode!)

    im übrigen ist im Lande Rheinland-Pfalz bei den Kommunalwahlen ein Flugblatt verbreitet worden, das ich nur durch Verlesung einiger weniger Zeilen niedriger hängen möchte, um auch hier die SPD einmal zu fragen, ob sie sich mit derartigen Wahlkampfmethoden wirklich einverstanden erklärt. In diesem Flugblatt heißt es:
    Adenauer sieht in einem für ihn günstigen Wahlausgang einen Vertrauensbeweis für seine Remilitarisierungspläne. Jeder Wähler hat die moralische und heilige Verpflichtung, mit dazu beizutragen, daß der Friede erhalten bleibt.
    Also wieder die tolle These: „Wer Adenauer wählt,
    wählt den Krieg!" Es heißt weiter:
    Den Frieden kann man nicht erhalten, indem man für den Krieg rüstet!
    Mütter! Euch geht es ganz besonders an, wenn eure Söhne wieder zur „Fahne" gerufen werden und für internationale Kriegsgewinnler verbluten müssen. Und wie gewiß der Dank des Vaterlandes ist, das habt ihr doch wohl zur Genüge erfahren. Denkt an die Rentner, die Witwen und Waisen und an die Kriegsbeschädigten, deren Renten durch die CDU gekürzt wurden und deren Politik wieder in dasselbe Elend und dasselbe Leid führt . . .
    Sorgt dafür, daß ihr in einigen Jahren nicht wieder an einem dritten Kriegerdenkmal steht und eure Söhne beweint.

    (Unruhe. — Zuruf von der SPD: Das könnte genau von uns abgeschrieben sein!)

    Ich höre mit großem Bedauern auch aus den Reihen der SPD Zustimmung, obschon ich des Glaubens war, daß diese für unser Volk so schwerwiegende Entscheidung unter anderen Gesichtspunkten gesehen würde als unter dem Gesichtspunkt einer so demagogischen Hetze.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Schließlich hat Herr Kollege Schoettle sich in seinen Ausführungen noch auf ein Gebiet vorgewagt, auf dem er sich bisher immer wieder geweigert hat, sich mir zu stellen. Ich erinnere Sie daran, Herr Kollege Schoettle, daß ich Sie nach unserer Etatsdebatte im Juli immer wieder schriftlich und mündlich gebeten habe, sich mit mir einmal vor dem Südwestdeutschen Rundfunk zusammenzufinden, um die Ergebnisse der sozialen Marktwirtschaft und das, was ich damals gesagt habe, zu erörtern. Sie haben bisher immer nur ausweichende Antworten gefunden. Ich möchte aber hoffen, daß es nicht zu einer endgültigen Ablehnung kommt, so daß wir uns über diese Dinge noch näher werden aussprechen können.
    Deswegen darf ich mich im Augenblick — um auch meinen Kollegen der Fraktion noch entsprechende Redezeit zu lassen — darauf beschränken, auf das einzugehen, was Sie vorhin zur Frage der Preise und zur Teuerung ausgeführt haben. Nachdem wir durch verschiedene wahrheitsgemäße Flugblätter der Bevölkerung klargelegt haben, daß der Verbrauch in den breiten Massen der Bundes, republik wesentlich gestiegen ist und daß die


    (Dr. Wuermeling)

    Reallöhne sich gegenüber 1948 nicht unwesentlich erhöht haben, versucht nun die SPD, durch Herausgreifen von kleinen Einzeltatbeständen, die im Gesamtbild nur kleine Mosaiksteinchen sind, das hierdurch geschaffene Bild zu verwischen. So ist man auf den herrlichen Gedanken gekommen, festzustellen, daß die Arbeitszeit des Industriearbeiters für das Pfund Brot, für das Pfund Rindfleisch, für das Pfund Schweinefleisch und für das Pfund Butter in England wesentlich geringer ist als die Arbeitszeit des Industriearbeiters in der Bundesrepublik, daß es also in dem sozial fortschrittlichen, früher von Labour regierten England um die Arbeitnehmerschaft wesentlich besser bestellt ist als bei uns. Hierbei werden natürlich Zusammenhänge, die miterwähnt werden müssen, einfach verschwiegen, nämlich zunächst einmal die Tatsache, daß diese ganz wenigen von der SPD herausgegriffenen Lebensmittel solche sind, die in ganz erheblichem Ausmaß auf Kosten des Steuerzahlers subventioniert werden und zudem sehr knapp rationiert sind. Das ist bei uns in viel geringerem Umfang, lediglich beim Brot, der Fall.
    Ich möchte Ihnen nun einmal das vollständige Bild geben, wie es sich in den benachbarten europäischen Staaten darbietet. Da ist es gar nicht so, daß die Bundesrepublik etwa an der obersten Grenze der Arbeitszeit, die im einzelnen erforderlich ist, steht; vielmehr kann sie sich durchaus im Kreise der anderen sehen lassen. Die von einem Industriearbeiter aufzuwendende Arbeitszeit ist folgende: 25 Minuten für das Kilogramm Brot in Westdeutschland, allerdings 5 in Dänemark und 13 in Großbritannien — das sind die beiden großen Ausnahmen —, aber 22 in Holland, 19 in Belgien, 23 in Frankreich, 14 in der Schweiz, 25 in Osterreich, 35 in Italien; Durchschnitt: 20. Danach liegt also Westdeutschland beim Brot etwas darüber. Bei Kartoffeln sieht es allerdings schon ganz anders aus: Bundesrepublik 6 Minuten, Dänemark 9, England 7, Holland 9, Belgien 6, Frankreich 19, Schweiz 11, Österreich 9, Italien 17; Durchschnitt: 10. Die Bundesrepublik also mit 6 Minuten erheblich unter dem Durchschnitt. Bei Rindfleisch liegen die Zahlen wie folgt: Bundesrepublik 150, nur Dänemark und Großbritannien sehr niedrig mit 116 und 74 — eben wegen der großen Subventionen —, Holland 228, Belgien 273, Frankreich 154, Schweiz — etwas unter uns — 143, Österreich 188, Italien 315; Durchschnitt: 182, bei 150 in der Bundesrepublik. Ahnlich ist es beim Schweinefleisch, beim Speck und bei der Butter. Bei der Margarine liegen wir sogar ausnehmend niedrig.
    Meine Damen und Herren, es hat eben keinen Sinn, einzelne Mosaiksteinchen aus dem Gesamtbild herauszubrechen und dann zu sagen: Das ist typisch für das Ganze! Genau das ist falsch, für die letzten Monate ausgerechnet das Mosaiksteinchen Butterpreis herauszubrechen und so zu tun, als seien auf anderen Gebieten der Versorgung inzwischen nicht — ausweislich des Index — Minderungen der Preise eingetreten.
    Im übrigen zu all diesen Dingen eines. Ich habe hier ein Zitat aus dem Sozialdemokratischen Pressedienst vom 5. September 1952, in dem das Wirken der sozialdemokratischen Regierung des Hamburger Stadtstaates lobend herausgehoben wird. Dieses Zitat, das ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten kurz verlesen darf, sollte sich die Opposition auch einmal vor Augen führen, wenn es sich um die Belange und die Situation in der ganzen Bundesrepublik handelt. Da heißt es nämlich:
    Unabwendbare und oft sehr schmerzliche Tatsachen, mit denen sich jede Regierung in einer so völlig zerstörten Stadt nun einmal auseinandersetzen muß, werden unter völliger Verdrehung der Gegebenheiten und absichtlicher Verkennung der Möglichkeiten so gehässig ausgeschlachtet, daß der seufzende Steuerzahler nur allzuleicht sturmreif gemacht werden kann. So etwas ist nicht gerade originell, verspricht aber immer wieder eine gewisse Wirkung.

    (Abg. Hilbert: Ausgezeichnet!)

    Meine Damen und Herren, das paßt ohne viel „mutatis mutandis" haargenau auf das Verhalten der Opposition gegenüber der Politik der Bundesregierung.
    In diesem Zusammenhang noch ein anderes Zitat. Die Opposition hat immer das Gefühl, sie müsse hinsichtlich der künftigen Entwicklung den Teufel an die Wand malen, und erklärt, es gehe alles abwärts, es werde immer schlimmer, die soziale Not werde immer größer usw. Herr Professor Nölting, der große Wirtschaftssachverständige der SPD,

    (Abg. Kunze: Ist er nicht mehr!)

    hat am 9. Februar 1950 von dieser Tribüne erklärt: Am Horizont der Wirtschaft steht die Arbeitslosigkeit wie ein gespensterhaftes Wetterleuchten. Der Arbeitslosenpegel steigt buchstäblich von Stunde zu Stunde. Wir halten an der 2Millionen-Grenze. Jedenfalls war seit dem Krieg die Lage noch niemals so alarmierend wie in der gegenwärtigen Zeit.
    Die Arbeitslosenziffer betrug damals annähernd 2 Millionen. Heute sind wir nach „Abblasen" dieses Alarms doch immerhin auf eine Million heruntergekommen. Trotz eines gewaltigen Zustroms an Arbeitskräfte-Potential aus verschiedensten Quellen ist die Arbeitslosigkeit auf diese Summe von gut 1 Million jetzt gesunken. Wir haben augenblicklich mit 15 1/2 Millionen Menschen die allerhöchste Beschäftigtenziffer in der Bundesrepublik gegenüber 131/2 Millionen noch vor drei Jahren erreicht.
    Meine Damen und Herren von der Opposition! Es wäre wirklich einmal ganz gut, wenn Sie wenigstens den Mut hätten, diese Tatsache Ihren Wählern in Ihren Versammlungen einmal nachrichtlich vor Augen zu führen, ohne immer nur zu erklären, die Bundesrepublik tue nichts für die Arbeitsbeschaffung. Sie wissen genau so gut wie ich, daß sich in dieser Zahl von zusätzlichen 2 Millionen Arbeitsplätzen der Zugang in der Wirtschaft noch nicht erschöpft, sondern daß wir 3/4 Million Arbeitsplätze in Landwirtschaft und Behörden weniger haben, so daß effektiv in der gesamten Wirtschaft 2 3/4 Millionen Arbeitsplätze in diesen drei Jahren neu haben geschaffen werden können. Das nennen wir allerdings Arbeitsbeschaffungspolitik mit einigermaßen Erfolg.

    (Abg. Marx: Daran sind Sie aber weniger schuld!)

    — Ja, Herr Kollege, wenn wir nun zu den Regierungsparteien gehören, dürfen wir immerhin beanspruchen, daß wir an dieser Entwicklung etwas mehr schuld sind als diejenigen, die gegen alles, was wir dafür getan haben, immer nur Opposition aufgebracht haben.

    (Abg. Marx: Die Ursachen sind sehr bedauerlich!)

    — Die Ursachen sind in keiner Weise bedauerlich! Denn wenn der Produktionsindex der Wirtschaft


    (Dr. Wuermeling)

    jetzt annähernd das Dreifache von 1948 erreicht hat und wenn wir aus einem stark zunehmenden Einfuhrbedarf jetzt gerade wieder im Oktober neuestens ersehen haben, daß die Wirtschaft weiter im Aufstieg und in stärkerer Beschäftigung begriffen ist, dann sollten Sie doch zugeben, daß das Ihrer Theorie von der Vollbeschäftigungspolitik entspricht, die wir allerdings nicht mit bürokratischen Methoden, sondern mit den Methoden der sozialen Marktwirtschaft herbeizuführen uns bemühen.

    (Abg. Marx: Wenn Sie noch immer nicht die Ursachen für sehr bedauerlich halten, dann bedaure ich Sie!)

    Meine Damen und Herren, ich möchte nicht all-zulange meinerseits die Redezeit in Anspruch nehmen; nur noch ein ganz kurzes Wort zu der immer wieder umstrittenen Frage des Lebenshaltungsindex in der Bundesrepublik. Das Statistische Bundesamt stellt diesen Lebenshaltungsindex allmonatlich fest, und zwar nach Grundlagen, die vor längerer Zeit, wie jedermann weiß, mit dem Wirtschaftswissenschaftlichen Institut des DGB abgestimmt worden sind. Nun wollen wir uns jetzt nicht darüber streiten, ob sich zwischenzeitlich hinsichtlich der Richtigkeit dieser Grundlagen vielleicht dieses oder jenes in dem Sinn verändert hat, daß man den Anteil der Nahrungsmittelausgaben vielleicht etwas erhöhen und andere Anteile etwas herabsetzen muß. Alle diese Dinge können allenfalls Verschiebungen um 1, 2, 3, 4 oder, wenn Sie wollen, auch 5 % zur Folge haben. Hierüber wollen wir gar nicht streiten. Fest steht aber doch ganz einwandfrei, daß die Grundlinie dieses Lebenshaltungsindex richtig ist, zumal wenn Sie im einzelnen den Lebenshaltungsindexziffern einmal auf den Grund gehen. Es sind j a doch nicht nur die Kosten für die Ernährung, für Bekleidung und Genußmittel, die besonders hoch liegen, darin enthalten, sondern auch die Kosten für sonstigen Lebensbedarf, die erheblich unter diesem durchschnittlichen Lebenshaltungsindex liegen. Das sieht bei dem letzten Index für Oktober 1952 wie folgt aus.
    Der Gesamtindex liegt bei 167, also bereits wieder sechs Punkte niedriger als im Mai dieses Jahres. Der Lebenshaltungsindex für Genußmittel liegt bei 280. Aber der Lebenshaltungsindex für Wohnung liegt bei 106 und der für Heizung und Beleuchtung bei 140. Für Bekleidung beträgt der Index 184, für Reinigung und Körperpflege 159, für Bildung und Unterhaltung 153, für Hausrat wieder 191 und für Verkehrsmittel 160.
    Aus diesem Gesamtdurchschnitt, wobei jeder Faktor entsprechend seiner Bedeutung berücksichtigt ist, ergibt sich der Durchschnittsindex, wobei ich nochmals sage, daß es gar nicht wichtig ist, sich um zwei oder vier Punkte zu streiten, sondern daß niemand im Ernst bestreiten kann, daß diese Indexerrechnungen letzten Endes ihre Richtigkeit haben.
    Meine Damen und Herren, es obliegt mir am Schluß nur noch die Aufgabe, vor allem auch an diejenigen ein dankbares Wort zu richten, die entscheidend verantwortlich dafür sind, daß unsere Haushaltsverhältnisse trotz all der ungeheuren Schwierigkeiten, die sich immer wieder auftürmen, heute so geordnet sind, wie sie sind, nämlich an die Herren des Finanzministeriums.

    (Bravo! bei der CDU.)

    In diesem Sinne möchte ich — bei allen Schwierigkeiten, die jede Gruppe des Hauses immer wieder
    mit unserem Bundesfinanzminister naturgemäß haben muß — ein Wort besonders herzlichen Dankes an Herrn Finanzminister Schäffer richten als den Hüter und Wahrer der deutschen Währung und ihres Ansehens im Ausland.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Bausch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Paul Bausch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich an ein Wort anknüpfen, daß Herr Kollege Schoettle vorhin gesprochen hat. Er sagte, Demokratie sei eine stets neu zu lösende Aufgabe. Ich stimme ihm in dieser Feststellung durchaus zu. Ich glaube, daß auch die Gelegenheit einer solchen Haushaltsaussprache eine gute Möglichkeit bietet, die Aufgabe der Demokratie angesichts der heute gegebenen Lage neu zu lösen. Diese Aufgabe kann nur dann sinnvoll und fruchtbar gelöst werden, wenn wir immer wieder neu überlegen, welchen Eindruck die Auseinandersetzungen, die wir miteinander führen, welchen Eindruck auch die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition nach außen hin, auf den Staatsbürger, auf den einfachen Mann im Volke machen. Wenn Demokratie nur ein Zustand ist, in dem zwei Parteigruppen miteinander streiten, sich gegenseitig auf das heftigste kritisieren und sich gegenseitig schlechtmachen, dann wird unsere Demokratie auf den Staatsbürger draußen im Volk nicht den Eindruck machen, an dem wir alle ein Interesse haben. Wir müssen die Auseinandersetzungen stets so führen, daß wir uns nicht des Trennenden — das können wir nicht aus der Welt schaffen—, sondern auch des Gemeinsamen bewußt sind; das uns miteinander verbindet. Wir sollten deshalb solche Gespräche, wie wir sie heute führen, gewissermaßen als Menschen am runden Tisch führen. Wir sollten versuchen, aufeinander zu hören, und wir sollten auch versuchen, nicht nur das zu sagen, was uns voneinander trennt, sondern auch das, was uns zusammenführt.
    Ich habe in letzter Zeit in meinem Wahlkreis eine öffentliche Aussprache mit einem Angehörigen der SPD-Fraktion dieses Hohen Hauses gehabt. Ich habe vorgeschlagen, wir sollten nicht nur gewissermaßen hinten herum irgend etwas übereinander sagen, sondern wir sollten Auge in Auge, vor der versammelten Wählerschaft, vor den Staatsbürgern des Kreises stehend, vom gleichen Podium aus, über die Probleme der Bundespolitik miteinander sprechen. Dieser Versuch war ein sehr gewagter Versuch, das darf ich wohl sagen; ich wußte nicht von vornherein, wie er ausgehen würde. Aber ich darf auch sagen, daß dieser Versuch trotz aller Verschiedenheiten der Meinungen, die dabei in Erscheinung traten, von den anwesenden Staatsbürgern sehr positiv und dankbar aufgenommen wurde.
    Ich hätte mich deshalb sehr gefreut, Herr Kollege Schoettle, wenn Sie auch heute wieder einer Gewohnheit gefolgt wären, von der wir je und dann in früheren Debatten, an denen Sie beteiligt waren, Proben vorgefunden haben, wenn Sie also — um konkret zu werden — auch heute die Gelegenheit benutzt hätten, nicht nur etwas Kritisches, sondern vielleicht auch etwas Positives über die Regierung zu sagen.

    (Zuruf von der SPD: Dazu läßt sich wenig sagen! — Abg. Schoettle: Dazu seid ihr doch da!)



    (Bausch)

    — Nein, nein! Sie scheinen Ihre guten Gewohnheiten verleugnen zu wollen. Ich habe es dankbar begrüßt, daß Sie einmal von hier aus dem Bundesfinanzminister Schäffer bei einer Debatte über die Außenpolitik gesagt haben, Sie müßten ihm das Kompliment machen, die Anerkennung dafür aussprechen, daß er die Interessen des deutschen Volkes bei den außenpolitischen Verhandlungen mit einer unerhörten Hartnäckigkeit vertreten und daß diese Hartnäckigkeit gute Früchte gezeitigt habe. Sehen Sie, so etwas, auf den Sektor der Innenpolitik übertragen, hätte sich nach meinem Gefühl heute sehr gut gemacht.

    (Zurufe von der SPD.)

    Vielleicht besinnen Sie sich einmal auf solche Dinge, die man von der positiven Seite her anbringen könnte, und vielleicht sagen Sie diese Dinge auch einmal. Ich weiß, daß Ihnen das schwerfällt. Aber es wird sich bezahlt machen, wenn wir versuchen, uns auch solche Dinge zu sagen, die uns nicht so leicht von der Zunge gehen., die aber doch irgendwie ein Beitrag zur Darlegung der Wahrheit und zur Darlegung der Wirklichkeit sein werden, in der wir leben.
    Lassen Sie mich nun einige Bemerkungen zu dem machen, was Sie im einzelnen gesagt haben. Mein Freund Wuermeling hat darüber schon sehr vieles gesagt.

    (Abg. Schoettle: Wir reden zum Haushaltsplan!)

    — Ja, ich will jetzt vom Haushaltsplan sprechen, und es liegt mir sehr am Herzen, Ihnen noch einiges zu sagen. Sie haben eine Reihe von kritischen Bemerkungen über die Haushaltsgebarung der Bundesregierung gemacht. Wir haben diese kritischen Bemerkungen schon öfters gehört. Wenn die Weingärtner unseres Landes einen guten Wein geerntet haben, dann legen sie ihn durch Jahre hindurch in den Keller. Sie sind gewiß, daß dieser Wein, je mehr Zeit darüber hingeht, um so besser werden wird. Verehrter Herr Schoettle, mit Ihren Argumenten gegen die Haushaltsgebarung der Bundesrepublik geht es nicht so wie mit unserem schwäbischen Wein. Je öfter Sie diese bringen, desto leichter werden sie, desto weniger wiegen sie.

    (Abg. Schoettle: Darüber können wir uns im Haushaltsausschuß unterhalten!)

    — Wir wollen uns auch hier darüber unterhalten
    — Sie haben es ja auch getan —, und deshalb muß ich gerade zu diesem bei Ihnen so beliebten Thema sehr deutlich etwas sagen. Sie haben auch jetzt wieder von der Ausschaltung des Parlaments gesprochen, ein Argument, das Sie immer wiederholt haben, um darzulegen, daß nach Ihrer Auffassung die Bundesregierung sich bemühe, das Parlament von den Entscheidungen über den Haushalt auszuschalten, was in anderen Ländern völlig unmöglich sei. Nun, ich habe vor einiger Zeit eine Nachricht in die Hand bekommen, die eine treffliche Dekoration zu diesem Thema und zu Ihren immer wiederholten Feststellungen abgibt, daß es in anderen Ländern selbstverständlich sei, keine finanzpolitische Entscheidung zu fällen, ohne vorher das Parlament zu hören. Der englische Premierminister Churchill hat vor .eitriger Zeit vor dem englischen Unterhaus eine Erklärung über die Maßnahmen Englands zur Herstellung der Atombombe abgegeben. In der „Neuen Zürcher Zeitung" wird darüber folgendermaßen berichtet:
    Churchill unterließ es nicht, sich auch vor der
    Labour-Opposition zu verbeugen und aufs
    neue zu betonen, daß die Labour-Regierung die britische Atomforschung weit vorangetrieben habe. Es sei für einen alten Parlamentarier wie für ihn aber erstaunlich gewesen, bei der Regierungsablösung zu entdecken, daß seine Vorgänger im Amt 100 Millionen Pfund
    — das sind nach meiner Rechnung doch immerhin rund eine Milliarde DM —

    (Zuruf von der Mitte: 1,2 Milliarden!)

    für Atomforschung ausgesetzt hatten, ohne das Parlament auch nur zu orientieren. Churchill gab unter allgemeinem Gelächter zu verstehen, daß er seinem Vorgänger an Heimlichkeit nicht nachzustehen gedenke.

    (Heiterkeit.)

    Dies ist also gegenüber der Mutter der Parlamente,
    gegenüber der uns ungezählte Male hier als Vorbild hingestellten Mutter der Parlamente geschehen!
    Diesem Musterparlament ist dies zugefügt worden! Und von wem? Von einer sozialdemokratischen Regierung, von der englischen Labour-Party.

    (Abg. Hilbert: Wenn das am grünen Holze geschieht!)

    Demgegenüber muß ich doch mit allem Nachdruck sagen, daß in diesem Parlament und von dieser Bundesregierung noch keine Mark verausgabt worden ist, ohne daß das zuständige Organ des Parlaments dazu gehört worden ist.

    (Oho-Rufe und Lachen bei der SPD.)

    Wir haben wohl im Haushaltsausschuß Vorwegbewilligungen beschlossen; aber, meine Herren von der Opposition, Sie werden doch nicht im Ernst bestreiten wollen, daß dieser Ausschuß dazu legitimiert war, daß er dazu die Ermächtigung besaß. Daß der Haushaltsausschuß die Ermächtigung von diesem Parlament bekommen hat, war zwar eine Notmaßnahme. Aber es war eine rechtlich saubere, politisch wohlbegründete Maßnahme. Denn sonst Herr Vorsitzender des Haushaltsausschusses, hätten Sie sicher nicht Verhandlungen des Haushaltsausschusses geleitet, in denen solche Dinge beschlossen worden sind. Zu etwas Ungesetzlichem hätten Sie sich ja sicher nicht hergegeben.

    (Abg. Schoettle: Wogegen polemisieren Sie eigentlich, Herr Bausch? Sie rennen ja offene Türen ein!)

    Ich stelle wiederum fest — und das ist meine Pflicht —: was in bezug auf die Haushaltsgebarung geschehen ist, ist nicht unter Ausschaltung des Parlaments geschehen, sondern mit Ermächtigung des Parlaments. Solche gewagte Maßnahmen, wie sie von Ihren Parteifreunden in England durchgeführt worden sind, haben wir in Deutschland nie getroffen.

    (Abg. Schoettle: Seien. Sie froh, daß Sie keine Atomforschung treiben müssen!)

    Nun zu dem anderen Vorwurf, der immer wieder gemacht wird und auch heute wieder gemacht wurde, wir hätten die haushaltsrechtlichen Entscheidungen verzögert. Herr Schoettle, nun muß ich noch einmal einen Satz aus einer Zeitung verlesen.

    (Abg. Schoettle: Zitieren Sie doch meine Rede! Nehmen Sie doch das Protokoll! Reden Sie doch nicht darum herum!)

    Ein kluger Journalist hat in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" geschrieben:
    Wenn nicht alles täuscht, wird die Bundesrepublik also in das nächste Rechnungsjahr mit


    (Bausch)

    einem vorher verabschiedeten Haushaltsplan
    gehen und damit erstmals den vom Grundgesetz vorgeschriebenen. Zustand erreichen. Es
    wäre ungerecht, den Fortschritt, der darin
    liegt, zu übersehen, und das Bemühen des Bundesfinanzministers, aus dem Zustand der Etatprovisorien herauszukommen, zu verkennen. Weshalb sage ich das? Ich sage das deshalb, weil es meine feste Überzeugung ist, daß wir, wenn wir nicht mit diesem Mittel gearbeitet hätten, das hier als Etatprovisorium bezeichnet wird, wenn wir nicht unter dem Druck der Not ein System von Aushilfen erfunden hätten, heute wohl niemals so weit wären, nun zuverlässig damit rechnen zu könnten, daß anfangs des Kalenderjahres 1953 dem Parlament der Haushalt für das Rechnungsjahr 1953 vorliegen wird.

    (Abg. Schoettle: Wer hat denn daran mitgearbeitet, Herr Bausch?)

    - Gut!

    (Abg. Schoettle: Na also, reden Sie doch nicht auf offene Türen ein!)

    — Ich wehre mich nur gegen den uns immer wieder gemachten Vorwurf, wir hätten die Entscheidungen über 'den Haushalt hinausgezögert und der Haushalt sei verspätet vorgelegt worden.

    (Abg. Schoettle: Kein Satz davon steht in meiner Rede!)

    Wir haben das nicht getan, sondern wir haben unter dem Druck der Not Zwischenlösungen schaffen müssen. Jetzt aber sind wir so weit, endlich den verfassungsmäßig geforderten Zustand herstellen zu können. Es hat mich mit tiefster Befriedigung erfüllt, zu sehen, daß unsere Notmaßnahmen schließlich doch eine gute Frucht und einen sichtbaren Erfolg gezeitigt haben.
    Nun noch einige Bemerkungen zu anderen Fragen, die Herr Schoettle angeschnitten hat. Er hat gesagt, der Vorlage dieses Nachtragshaushalts fehle die dramatische Spannung, die in anderen Parlamenten über der Verhandlung über einen von der Regierung vorgelegten Haushaltsplan lagere. Gewiß, die dramatische Spannung, die immer da sein wird, wenn ein Parlament über die Gestaltung seiner Finanzen frei verfügen kann, fehlt bei uns. Sie fehlt einfach deshalb, weil auf 'unserem ganzen Finanzvolumen die ungeheure Hypothek des verlorenen Krieges lastet, die wegzuschaffen wir nicht die Möglichkeit haben. Deshalb ist das, was man den manövrierfreien Raum nennt, so gering. Deshalb kann die Vorlage eines solchen Haushalts keine sehr großen Überraschungen bringen. Das ist leider so; aber ich glaube nicht, daß Sie mir ein Rezept dafür angeben können, wie man diese hypothekarische Vorwegbelastung des Haushaltsvolumens von heute auf morgen aus der Welt schaffen kann.
    Was die Verantwortlichkeit der Regierungskoalition dafür anlangt, daß der Haushalt in Ordnung gehalten wird, so muß ich erwidern, daß wir diese Verantwortlichkeit sehr schwer empfinden. Wir werden jede Maßnahme, die entweder von den Parteien dieses Hauses oder von der Regierung an uns herangetragen wird, sehr sorgfältig prüfen. Aber die Dinge werden nie so liegen können — bei der Auffassung von parlamentarischer Verantwortlichkeit, die wir von der Regierungskoalition haben —, daß wir alles, was die Regierung vorschlägt, von vorneweg für gut halten werden. So verstehen wir parlamentarische Verantwortlichkeit nicht. Wir haben gestern eine Rede des Finanzministers zu
    Beamtenbesoldungsfragen gehört. Die Freien Demokraten haben ja gesagt. Wir haben nein gesagt, weil wir uns auch, verehrter Herr Kollege Dr. Blank, als freie Demokraten fühlen.

    (Abg. Dr. Blank [Oberhausen]: Ja, sicher! — Abg. Dr. Wuermeling: Aber in einem anderen Sinne! — Abg. Kunze: Nein, nein! — Abg. Schoettle: Etwas gemäßigte freie Demokraten!)

    — Gemäßigte freie, nun ja, die Freiheit hat immer irgendwo eine Grenze! — Aber Sie sehen daraus, daß wir alle Maßnahmen sehr sorgfältig prüfen und uns dabei über unsere Verantwortlichkeit für unser Volk und auch über die Verantwortlichkeit für die Gestaltung unserer Bundesfinanzen völlig klar sind.
    Herr Schoettle hat dann kritisiert, daß die Stellenpläne, die jetzt den Mitgliedern des Haushaltsausschusses zugegangen sind, erst jetzt gekommen und nicht schon früher den Abgeordneten zugeleitet worden seien. Darauf ist einfach zu sagen, daß diese Stellenpläne die Unterlage für die Beratung im Haushaltsausschuß darstellen und daß es völlig überflüssig gewesen wäre, sie den Mitgliedern des Haushaltsausschusses schon früher zuzuleiten, weil diese doch nichts damit hätten anfangen können, ehe die Beratungen begannen. Hier liegt also ein völlig korrektes Verhalten der Regierung vor.
    Was die Personalpolitik und den personellen Ausbau der Bundesverwaltung anlangt, so möchte ich nur darauf hinweisen, daß wir — Kollege Wuermeling hat das schon angedeutet — eine Stellenanforderung der Bundesregierung, die sich auf etwa 1000 zusätzliche Beamtenstellen bezogen hat, im Haushaltsausschuß rundweg zurückgewiesen haben, während die Herren von der Opposition 'damals bereit waren, dieser Anforderung zuzustimmen.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wir sind der Meinung — und ich wiederhole das nochmals —, daß der personelle Aufbau der Bundesverwaltung jetzt im wesentlichen als abgeschlossen zu betrachten ist. Wir werden jede neue Stellenanforderung, die in Zukunft etwa an uns herantreten sollte, sehr sorgfältig prüfen.
    Was die Dienststelle Blank anbelangt, so muß folgendes festgestellt werden. Nehmen Sie einmal an, wir hätten es im Haushaltsausschuß abgelehnt, dem Amt Blank die beantragte sehr sparsame Stellenvermehrung zuzugestehen. Nehmen Sie einmal weiter an, wir würden in diesem Parlament dazu kommen, wie wir das annehmen möchten, das Vertragswerk der Bundesregierung zu ratifizieren, und es träte dann, nachdem auch andere Parlamente das getan haben, die Europäische Verteidigungsgemeinschaft in Kraft. Nun überlegen Sie bitte einmal, was es bedeuten würde, wenn in diesem Fall das Amt Blank noch mit demselben Personal ausgestattet wäre, mit dem es ursprünglich seine Tätigkeit begonnen hat. Das würde bedeuten, daß wir die ganzen umfassenden Maßnahmen zum Aufbau einer Verteidigung völlig unvorbereitet über uns ergehen lassen müßten. Ichglaube, es wird niemanden geben, der bereit ware, im vollen Bewußtsein ihrer Tragweite eine solche Verantwortung zu übernehmen. Wir haben deshalb die Verantwortung für die Ausweitung der Dienststelle Blank mit gutem Gewissen übernommen. Wir glauben, daß das bescheidene Personal, das wir der Dienststelle Blank zugestanden haben, sehr wohl am Platze ist. Ich habe eher den Eindruck, daß die Personalausstat-


    (Bausch)

    tung des Amts Blank auch heute noch sehr, sehr sparsam, vielleicht zu sparsam ,erfolgt ist.
    Herr Schoettle hat dann der Bundesregierung vorgeworfen, sie habe sich entschlossen, Maßnahmen vorzubereiten, um die Tätigkeit und die Leistungen der Bundesregierung vor der Öffentlichkeit ins helle Licht zu stellen. Hier liege ein Mißbrauch von Steuergeldern für parteipolitische Propaganda vor. Da ist zum einen zu sagen, daß ich es nicht nur für das Recht, sondern auch für die Pflicht jeder Regierung halte, ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Ich würde es auch jeder politisch anders gerichteten Regierung durchaus zugestehen, daß sie sich bemüht, dasjenige vor der Öffentlichkeit bekanntzugeben, was durch ihre Tätigkeit an echten positiven Leistungen für das Volk erzielt wurde. Die Bundesregierung aber hat in dieser Hinsicht ganz sicher eher zuwenig als zuviel getan.

    (Abg. Kunze: Viel zu wenig!)

    Nun aber ein zweites. Wenn man schon von parteipolitischem Mißbrauch von Steuergeldern spricht, dann erinnere ich mich, daß sich in meinem Heimatland, dem guten Lande — gestatten Sie mir, daß ich das „guten" unterstreiche — Württemberg-Baden, kürzlich Dinge ereignet haben, die wohl eher die Kritik verdient hätten, die Herr Schoettle hier ausgesprochen hat. Die Regierung hat dort ein von ihr aufgestelltes Programm, das starke, ja ausgesprochen parteipolitische Züge trägt, in vielen Hunderten und Tausenden von Exemplaren auf Kosten des Steuersäckels nicht nur ¡drucken, sondern als Postwurfsendung an alle Staatsbürger vertreiben lassen.

    (Abg. Kunze: Das hätte sie nicht tun dürfen!)

    - Nein, das hätte sie nicht tun dürfen.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Hamburg hat auch 50 000 Mark dafür ausgegeben!)

    Wenn Herr Schoettle die Maßstäbe, die er hier aufgestellt hat, an die Tätigkeit der Regierung angelegt hätte, für die er eine besondere Verantwortung trägt, weil er der Erste Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei in Württemberg ist und weil die dortige Regierung weit überwiegend sozialdemokratisch gelenkt und beherrscht ist,

    (Sehr gut! bei der CDU)

    dann hätte das dazu geführt, daß diese Regierung auf das schärfste wegen der Praxis gerügt worden wäre, auf die ich eben hingewiesen habe.
    ,(Zuruf von der SPD: Kann man sich auf Sie verlassen? — Abg. Dr. Wuermeling: ' Das ist eben zweierlei Regierung!)

    Aber nicht nur das. Zur Zeit bereitet die Regierung eine ähnliche Postwurfsendung vor, durch die das ebenfalls stark parteipolitisch gefärbte Programm für die Gestaltung der Verfassung wiederum auf Kosten der Steuerzahler im Lande verbreitet werden soll.

    (Abg. Hilbert: Eine Broschüre für 200 000 DM!)

    - Das kostet wahrscheinlich noch viel mehr. Ich glaube, hier wird man gut daran tun, vor der eigenen Tür zu kehren. Dabei würde ich der Regierung von Württemberg-Baden durchaus zugestehen, daß sie echte staatspolitische Leistungen für
    ihr Land der Wählerschaft und der Staatsbürgerschaft des Landes bekanntgibt.

    (Abg. Hilbert: Das waren ja Vorschußlorbeeren! — Abg. Dr. Wuermeling: Die muß erst noch was leisten; die hat erst angefangen!)

    Es ist sodann sehr scharfe Kritik an dem Herrn Innenminister Dr. Lehr wegen seines Auftretens in der Sache des BDJ geübt worden. Auch hier stand Herr Schoettle in einer gefährlichen Kurve. Inzwischen hat es sich nämlich herausgestellt, daß die Aussagen eines anderen Mannes, der in diesem Hause in derselben Angelegenheit aufgetreten ist, nämlich diejenigen des Herrn Ministerpräsidenten Zinn von Hessen, von einem Gericht der Bundesrepublik als durchaus unbestätigt und sachlich unrichtig erklärt worden sind.

    (Hört! Hört! in der Mitte. — Zuruf von der SPD: So, so, warten Sie nur ab!)

    Das ist von dem Gericht bereits festgestellt warden. Das Gericht hat festgestellt, daß die Behauptung des Herrn Zinn, es hätten in jenen berühmten oder berüchtigten Listen auch die Namen von Sozialdemokraten gestanden, vollkommen unzutreffend sei.

    (Abg. Ritzel: Warten Sie das Weißbuch ab! — Abg. Dr. Wuermeling: Man soll mit politischen Sachen nicht an das Gericht gehen!)

    Sodann ist die Frage aufgeworfen worden, inwieweit die Bundesrepublik Versorgungsbezüge an ihre erklärten Feinde zahlen soll. Dies ist nun ein Punkt, zu dem ich ganz freimütig erklären möchte, daß ich die Frage des Herrn Kollegen Schoettle für durchaus begründet halte. Ich sehe sie als eine Anregung an, über die wir ernsthafte Überlegungen anstellen sollten. Ich glaube, wir sollten wirklich ernsthaft prüfen, ob es _richtig und rechtlich und politisch vertretbar ist, wenn wir solchen Persönlichkeiten, die Feinde des demokratischen Staates sind - ich denke etwa an den General Renter oder an einen Mann wie Ramcke —,

    (Abg. Hilbert: Remer kriegt ja nichts!)

    von der Bundesrepublik Pensionen bezahlen. Es dreht sich hier um Pensionen von Persönlichkeiten, die im öffentlichen Dienst standen und die deshalb Pensionen bekommen, weil sie Beamte des ehemaligen Deutschen Reichs waren. Eine Beamtenstellung innezuhaben bedeutet aber immer, daß man eine besondere Verantwortlichkeit für den Staat hat, dem man dient. Wenn ein Beamter sich einseitig von dieser Verantwortlichkeit für den Staat losspricht, dann sehe ich nicht ein, weshalb nun der Staat seinerseits unentwegt solchen Leuten Pensionen bezahlen soll.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ich glaube, es wäre gut, wenn wir diese Sache einmal gemeinsam überprüften.

    (Abg. Ritzel: Mit Vergnügen!)

    Bei dieser Stellungnahme zu den von dem Kollegen Schoettle aufgeworfenen Punkten will ich es bewenden lassen. Ich möchte aber abschließend folgendes sagen. Ich bin sehr, sehr dankbar dafür, daß es der Bundesregierung jetzt in dieser bedrohten Zeit — wir leben eben in einer bedrohten Zeit, wir sind durchaus nicht über den Berg, die schwersten Proben und Krisen stehen diesem neugeschaffenen Staate nach meiner festen Überzeugung noch bevor — möglich war, den ungeheuer gesteigerten


    (Bausch)

    öffentlichen Aufwand bisher abzudecken, und zwar so, daß die Bundesregierung auch die sozialen Bedürfnisse befriedigen und die Verpflichtungen nach außen weithin erfüllen konnte, daß unsere Währung, die doch im Anfang sehr gefährdet war, nicht nur auf dem damaligen Stand gehalten, sondern wesentlich verbessert werden konnte. Die deutsche Währung zählt heute mit zu den härtesten Währungen der Welt, und dies ist, wie ich glaube, ein Anlaß, der uns alle mit Dank und mit Befriedigung erfüllen muß.
    Wir haben es gar nicht in der Hand, daß nicht irgendwie eine Stockung im Wirtschaftsgefüge und im Wirtschaftsablauf eintritt. Wir haben es gar nicht in der Hand, daß nicht eines Tages eine Wirtschaftskrise kommt. Wir müssen deshalb dafür dankbar sein, daß wir davor bewahrt worden sind und daß es trotz größter Schwierigkeiten möglich war, bisher unsere Verpflichtungen nach innen und nach außen so zu erfüllen, daß wir als ehrliche und redliche deutsche Staatsbürger vor ,dem In- und Ausland bestehen konnten unid daß sich der Kredit und das Ansehen Deutschlands in der Welt in so außerordentlichem Maße gesteigert hat. Deshalb kann ich — nachdem mir eine besondere Verantwortung für die Arbeit meiner Fraktion im Haushaltsausschuß auferlegt worden ist —, nur erklären, daß ich die Finanzpolitik der Bundesregierung aus guter und ehrlicher Überzeugung vor diesem Hause und vor der Öffentlichkeit vertrete, daß wir von der CDU-Fraktion uns selbstverständlich die sorgfältigste Prüfung der einzelnen Positionen dieses Haushaltsplans vorbehalten, daß wir aber mit gutem Gewissen und gegenüber jedermann zu den Grundsätzen der Finanzpolitik dieser Regierung ja sagen können.

    (Beifall in der Mitte.)