Es darf auch nicht übersehen werden, daß die Erhöhung der Verteidigungskosten über den Betrag von 600 Millionen DM hinaus auf 850 Millionen DM, voll in das zweite Halbjahr 1952/53 entfällt.
Die gesamten Einnahmen auf der andern Seite sind in den ersten Monaten um 699,5, also um rund 700 Millionen DM hinter dem Soll zurückgeblieben. Damit ergibt sich in den ersten sechs Monaten des Rechnungsjahres ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben von äußerlich 1634,8 Millionen, von denen der Unterschied zwischen den Ausgaben und Einnahmen des außerordentlichen Haushalts mit 201 Millionen abzuziehen ist, so daß sich in dem ordentlichen und in dem außerordentlichen Haushalt zusammen in den ersten sechs Monaten des Rechnungsjahres ein Überschuß von 1433 Millionen ergibt. Dieser Überschuß beträgt aber bedeutend weniger, als allein die noch nicht abgerufenen, unter Umständen aber jeden Tag abrufbaren Besatzungskosten für das erste Halbjahr ausmachen.
Das entspricht auch dem Bild der kurzfristigen Verschuldung. Die kurzfristige Verschuldung des Bundes hat in der jüngsten Zeit — Stichtag 21. November 1952 — betragen: Schatzwechsel und U-Schätze 1058 Millionen. Der Bund hat daneben ganz gewiß ein Bankguthaben. Dieses Bankguthaben ist aber um rund 500 Millionen geringer als die Besatzungskosten, Mit deren Abruf unter Umständen jeden Tag gerechnet werden muß, so daß die schwebende Schuld tatsächlich bereits über 1500 bis 1600 'Millionen DM in diesem Jahr beträgt.
Dabei gilt die alte Erfahrungstatsache, daß — ganz abgesehen von den Besatzungskosten — die Ausgaben des Haushalts immer in den ersten sechs Monaten wesentlich geringer sind als in den letzten sechs Monaten. Dieser Erfahrungssatz gilt von den Ausgaben, er gilt nicht in demselben Maße von den Einnahmen. Das ist die besondere Sorge, die heute vor uns steht; denn die Steuereinnahmen des Bundes in den ersten sechs Monaten sind allein um 530 Millionen DM hinter dem Soll zurückgeblieben. Die genauen Berechnungen für die künftige Entwicklung der Einnahmen, die in meinem Hause angestellt worden sind, lassen erwarten, daß die Steuereinnahmen des Bundes in diesem Jahr um etwa 3 % hinter der Schätzung zurückbleiben. Nachdem aber die Gesamtsumme der Schätzungen rund 19 Milliarden beträgt, bedeuten die 3 % eine Mindereinnahme, einen Ausfall von rund einer halben Millarde. Das hängt damit zusammen, daß das Bundesfinanzministerium bei dem Ringen zwischen Bund und Ländern um die Höhe des Bundesanteils gezwungen gewesen ist, in der Schätzung der Einnahmen an die oberste Grenze des einigermaßen Wahrscheinlichen zu gehen;
denn die Länder bestimmen ja mit bei der Festsetzung des Haushalts.
Ich möchte daran erinnern, daß es besser ist, auch bei den Einnahmen eine nüchterne Schätzung vorzunehmen, als nach den Wünschen zu gehen, die die Einnahmen gerne optimistischer gesehen haben wollen, als sie sich später in der Wirklichkeit zeigen.
Ich habe unter diesen Umständen die verschiedenen Verwaltungszweige im Bunde bereits darauf aufmerksam machen müssen, daß auch die Haushaltslage des Jahres 1952/53 ernst ist und daß äußerste Sparsamkeit geübt werden muß; auch habe ich Ihnen schon mitgeteilt, es könne nicht damit gerechnet werden, daß die im Haushaltsgesetz vorgesehene Sperre der restlichen 10 % der Ausgaben in diesem Jahre aufgehoben wird.
Ich möchte nur zur Vervollständigung bemerken, daß sich auch auf der Ausgabenseite eine Einsparung im wesentlichen bestimmt nicht ergeben wird. Voraussichtlich treten neue Aufgaben und Lasten an den Bund heran, die dem Hohen Hause bereits bekannt und in den Haushalten nicht aufgenommen sind, weil eine Deckung für sie bisher nicht gefunden werden konnte.
Diese besondere Lage des Haushalts 1952 wird durch die Gesamtsituation, in der sich der Bun-
deshaushalt befindet, unterstrichen. Sie sehen ja aus den Schaubildern über die Ausgaben des Bundes ohne weiteres, daß die beiden großen Ausgabeposten, Besatzungskosten und Verteidigungslasten einerseits, Sozialleistungen einschließlich Wohnungsbau und Subventionen andererseits, allein schon mehr als 80 % der gesamten Ausgaben ausmachen und mehr als 80 % der gesamten Einnahmen verschlingen. Diese Posten sind im wesentlichen fest und der Einwirkung der Bundesregierung entzogen. Zusammengenommen mit der Finanzhilfe Berlin, der Verwaltungsentschädigung für die Länder, dem Schuldendienst und dem abzudeckenden Fehlbetrag 1952 umfassen die unbeweglichen, dem Sparsamkeitswillen der Bundesregierung entzogenen Ausgaben des Bundeshaushalts 89,2 %. Das sind genau so viel, wie die gesamten Einnahmen des Bundes an Steuern, Zöllen und Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ausmachen. Auch der kleine Rest von Ausgaben — die 10,8 % — enthält Beträge, bei denen auch bei alleräußerster Anstrengung nur relativ geringe Bruchteile eingespart werden können. Der Globalabstrich, der in diesem Haushalt vorgenommen worden ist, stellt meiner Überzeugung nach schon das Äußerste von dem dar, was an Einsparung überhaupt erwartet werden kann.
Meine Damen und Herren, trotz all der Schwierigkeiten, trotz des sprunghaften Steigens der Ausgaben ist es bisher gelungen, die Ordnung in den Finanzen des Bundes aufrechtzuerhalten.
Diese Ordnung der Finanzen ist eine Lebensfrage für die junge Bundesrepublik.
Damit hängt nicht nur das Vertrauen, das der inländische Sparer der Währung und dem ganzen Staat entgegenbringt, sondern hängt auch das Ansehen und die Geltung zusammen, die die junge Bundesrepublik dem Ausland gegenüber genießt. Ich habe vor einigen Tagen mit Überlegung gesagt, daß der Kredit des Staates gleichzeitig ein Kredit der Wirtschaft in diesem Staate ist und daß der deutsche Kaufmann im Ausland nur so lange Kredit haben wird, als auch der deutsche Staat im Ausland Kredit hat.
Wenn ich es infolgedessen in diesem Jahre wagen kann, mit einer langfristigen Bundesanleihe an die Öffentlichkeit heranzutreten, so darf ich sagen, daß auch hier die Arbeit der vergangenen Jahre Früchte zu tragen beginnt.
Ich hoffe, daß die Bundesanleihe auch die Bewährungsprobe besteht und daß damit das deutsche Volk und die deutsche Wirtschaft ihr Vertrauen in die Dauerhaftigkeit unserer finanziellen Verhältnisse beweisen.
Die Bundesregierung hat zunächst mit der Vorlage des Haushalts 1952/53 für dieses Haushaltsjahr ihre Aufgabe, diese Ordnung der Finanzen aufrechtzuerhalten und den Haushalt nach der Verfassung abgeglichen vorzulegen, erfüllt. Mit dem Tage, an dem der Haushalt diesem Hohen Hause vorgelegt wird, geht die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Ordnung der Finanzen und der Abgeglichenheit in Einnahmen und Ausgaben in erster Reihe auf dieses Hohe Haus über.
Ich darf den Wunsch aussprechen, daß Bundesregierung und Bundestag in der Erfüllung dieser Aufgabe Verbündete sind um des deutschen Volkes willen.