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ID0123514400

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    Deutscher Bundestag — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Oktober 1952 10783 235. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Oktober 1952. Geschäftliche Mitteilungen 10785A Verteilung der Entschließung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland 10785B Kleine Anfrage Nr. 296 der Fraktion der FDP betr. Rückgabe deutscher Vermögenswerte (Nrn. 3728, 3787 der Drucksachen) 10785B Kleine Anfrage Nr. 298 der Fraktion der SPD betr. Hamburger Filmproduzent Walter Koppel (Nrn. 3742, 3788 der Drucksachen) 10785B Kleine Anfrage Nr. 290 der Fraktion der SPD betr. Werbungskosten (Nrn. 3678, 3798 der Drucksachen) 10785C Umstellung von Punkten der Tagesordnung 10785C Fragestunde (Nr. 3770 der Drucksachen): 1. betr. Parken von Kraftwagen in engen Straßen auf nur einer Straßenseite: Dr. Mommer (SPD), Anfragender 10785C, D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10785C, D 2. betr. Äußerung des Bundesverkehrsministers Dr. Seebohm am Abend des Unglücks beim Autorennen auf dem Grenzlandring am 31. August 1952: Renner (KPD), Anfragender 10785D, 10786B, C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10786A, B 3. betr. Bundesmittel für Errichtung von Neubauten für Besatzungsgeschädigte bzw. Rückgabe der Häuser oder Wohnungen: Euler (FDP), Anfragender . . . 10786C, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10786C 4. betr. Verwendung des Gebäudes des ehemaligen Generalkommandos in Kassel: Euler (FDP), Anfragender . . . 10787A, B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10787A 5. betr. Verluste an Grunderwerbsteuer durch Angabe zu niedriger Kaufpreise bei Grundstücksveräußerungen bzw. Aufhebung der Preisstoppbestimmungen: Euler (FDP), Anfragender 10787B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10787C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 10787C 6. betr. Bericht über den Fall „Real-Film/ Koppel Hamburg": Rademacher (FDP), Anfragender 10787D, 10788A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10788A 7. betr. Aktion der „Bunkerentschrottung" im Gebiet des früheren Westwalls: Niebergall (KPD), Anfragender 10788B, C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10788B, C 8. betr. Entlassungen im Eisenbahnbetriebswerk Hermeskeil: Niebergall (KPD), Anfragender . . 10788C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10788C 9. betr. Rechtsgültigkeit der Verordnung des ehemaligen Reichsforstamts vom 1. April 1936 über die Ausformung, Messung und Sortenbildung des Holzes in den deutschen Forsten: Dr. Atzenroth (FDP), Anfragender 10788D Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 10788D 10. betr. Aufnahme von Sowjetzonenflüchtlingen in Nordrhein-Westfalen bzw. Beihilfe für die Errichtung von Flüchtlingswohnungen: Dr. Henn (FDP), Anfragender . . 10789A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10789B 11. betr. Leistungen aus dem Härtefonds gemäß § 301 des Lastenausgleichsgesetzes an Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone: Dr. Henn (FDP), Anfragender . . 10789D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10789D 12. betr. Unterbringung heimatvertriebener und kriegssachgeschädigter Werksangehöriger der Bayerischen Motorenwerke Allach in der Siedlung für heimatlose Ausländer in Ludwigsfeld bei München: Reitzner (SPD), Anfragender 10789D, 10790A, B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10790A, B, C 13. betr. Entschädigung bzw. Übergangsbeihilfe an ehemalige Siedler auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Hohenfels: Kohl (Stuttgart) (KPD), Anfragender 10790C, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10790C, D 14. betr. gesetzliche Vorarbeiten für die Regelung der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen: Dr. Schellenberg (SPD), Anfragender 10791A Storch, Bundesminister für Arbeit . 10791A 15. betr. Dauer der Entscheidung über Klagen bei den Landesverwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten: Jahn (SPD), Anfragender 10791A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10791B 16. betr. Verspätungen von D- und FZügen: Dr. Mende (FDP), Anfragender . . . 10791C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10791C 17. betr. Entfernung der Schuttmassen zerstörter bundeseigener Bunker: Morgenthaler (CDU), Anfragender . 10792A Schäffer, Bundesminister- der Finanzen 10792A 18. betr. Freigabe des Predigtstuhlhotels in Bad Reichenhall: Parzinger (FU), Anfragender . . 10792B, C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10792C 19. betr. Mißbräuche bei der Subventionierung für das Konsumbrot: Dr. Mende (FDP), Anfragender . . 10792C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 10792D 20. betr. Aufbringung der Mehraufwendungen der Rentenversicherung zur Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz: Dr. Schellenberg (SPD), Anfragender 10792D, 10793A Storch, Bundesminister für Arbeit . 10793A 21. betr. Förderung der Durchführung der Investitionsvorhaben des Bergbaus und der Eisen- und Stahlindustrie durch steuerliche Maßnahmen: Willenberg (FU), Anfragender . . 10793A, C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 10793B, C 22. betr. Erhöhung der Renten in der Sozialversicherung und Kriegsopferversorgung: Willenberg (FU), Anfragender . . . 10793C Storch, Bundesminister für Arbeit . 10793C 23. betr. Maßnahmen zur Besserung der Verkehrssicherheit des Straßenzustandes: Dr. Reismann (FU),* Anfragender 10793D, 10794A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10793D 24. betr. Unfälle auf der Bundesstraße 55 bei Ehreshofen (Rhein-Bergischer Kreis) infolge Beseitigung der Bahnschranken: Hoffmann (Lindlar) (FU), Anfragender 10794B, C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10794B, C 25. betr. Erlaß der Ausführungsbestimmungen zum Lastenausgleichsgesetz und 26. betr. Übergangslösung für die Schaffung von Wohnraum nach dem Auslaufen des Soforthilfegesetzes: Dr. Keller (Fraktionslos), Anfragender 10794C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 10794D 27. betr. Abzug der Teuerungszulage zur Unterhaltshilfe durch das Soforthilfeamt Hamburg: Renner (KPD), Anfragender 10794D, 10795A Storch, Bundesminister für Arbeit 10795A, B 28. betr. Pläne für die Errichtung eines sogenannten „Rhein-Walls" bzw. für die Evakuierung der Bevölkerung von Rheinland-Pfalz nach Südfrankreich: Niebergall (KPD), Anfragender . 10795B, C Schäffer, Bundesminister der. Finanzen 10795B, C 29. betr. Räumung bzw. Verwendung des ehemaligen Heereszeugamts in Glinde, Kreis Stormarn (Schleswig-Holstein) und 30. betr. Räumung und Wiederverwendung der Werksanlagen der Firma Krupp in Glinde, Kreis Stormarn (Schleswig-Holstein) : Wegen Fristablaufs der Fragestunde abgesetzt 10795C Nächste Fragestunde, Frist zur Einreichung der Fragen 10795C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über den Betrieb gewisser Rundfunkanlagen innerhalb der Bundesrepublik vom 11. Juni 1952 (Nr. 3726 der Drucksachen) 10795D Frau Strohbach (KPD) 10795D Blachstein (SPD) 10796C Dr. Vogel (CDU) 10798A Dr. Mende (FDP) 10798D von Thadden (Fraktionslos) . . . 10799B Ausschußüberweisung 10799D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Geheimorganisation „Technischer Dienst des BDJ" in Hessen (Nr. 3745 der Drucksachen) 10799D Dr. Menzel (SPD), Anfragender . 10800A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10804A, 10828B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 10810B Zinn, Ministerpräsident des Landes Hessen 10811A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 10815B Fisch (KPD) 10817B Dr. Schäfer (FDP) 10818D Birkelbach (SPD) 10820D Dr. Friedensburg (CDU) 10823A Mellies (SPD) 10824C Freiherr von Aretin (FU) . . . 10826C Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 10827C Ewers (DP) 10828D Renner (KPD) 10829C Euler (FDP) 10830D von Thadden (Fraktionslos) . . . 10831D Meitmann (SPD) 10832B Beschlußfassung 10834D Zweite und dritte Beratung des von den Abg. Gibbert, Schmitt (Mainz), Junglas, Kemper, Dr. Weber (Koblenz), Jacobs, , Dr. Preusker, Dr. Atzenroth, Dr. Mühlenfeld, Freiherr von Aretin u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Steuer auf Schaum- wein (Schaumweinsteuergesetz) Nr. 3593 [neu] der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 3727 [neu] der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 679) 10834D Dr. Gülich (SPD), Berichterstatter 10835D Dr. Bertram (FU) 10838A Abstimmungen 10838A, 10839B Nächste Sitzung 10839D Die Sitzung wird um 13 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Ferdinand Friedensburg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir liegt zunächst am Her» zen, festzustellen, daß die Angelegenheit unserer Ansicht nach eine Angelegenheit des gesamten Hauses ist, daß sie von allen anständigen und demokratischen Kräften unseres Volkes gemeinsam getragen werden muß. Wir werden alle zusammenstehen, um das, was hier heute zutage getreten ist, gemeinsam und auf vertrauensvoller gemeinschaftlicher Basis zu bekämpfen. Um so mehr, Herr Kollege Menzel, muß ich bedauern, daß die Art, in der die Angelegenheit hier aufgezogen worden ist, diesem gemeinschaftlichen Charakter des Anliegens nicht Rechnung trägt.

    (Abg. Dr. Menzel: Warum hat denn die Regierung geschwiegen?)

    — Ich will das im einzelnen nicht untersuchen. (Zuruf von der SPD: Ja, ja, dann wird's klar! — Abg. Dr. Arndt: Untersuchen Sie nur ruhig! — Abg. Dr. Greve: Sie müssen
    begründen, was Sie sagen!)
    Ich will die Differenzen nicht vertiefen. Herr Kollege Menzel, es kann doch gar keine Rede davon sein, daß es sich hier etwa um eine besondere sozialdemokratische Beschwerde gegenüber der Bundesregierung handelt. Nach meiner Kenntnis des Grundgesetzes ist die Polizeihoheit und die Gerichtshoheit zunächst Ländersache. Soweit ich weiß, ist in Hessen sowohl die Polizei wie das Gerichtswesen in sozialdemokratischen Händen. Also ist gar kein Anlaß dafür gegeben, — —

    (Zuruf von der SPD: Ist jetzt nur in Hessen was passiert, Herr Friedensburg? — Abg. Dr. Greve: Warum ist der Oberbundesanwalt mit der Sache befaßt worden, Herr Friedensburg? Oder haben Sie das noch nicht mitgekriegt?)


    (Zuruf von der SPD: Na also!)

    Der Oberbundesanwalt würde pflichtwidrig handeln, wenn er das nicht täte. — Zunächst nur wollen wir uns darüber klar sein, daß es sich um eine Angelegenheit des Landes Hessen handelt. Wir haben auch heute nach den Ausführungen des Herrn hessischen Ministerpräsidenten die beruhigende Gewißheit, daß er sich des Falles mit der nötigen Eindringlichkeit annimmt.

    (Zuruf von der SPD: Na also!)

    Ich würde es aber nicht für glücklich halten — und ich glaube, die ganze Behandlung des Falles zeigt uns das auch —, wenn wir künstlich versuchten, durch Herausgreifen irgendeines mehr oder weniger vermeintlich schwachen Punktes Gegensätze und Differenzen herauszuholen, die in Wirklichkeit keineswegs bestehen. Es ist gar nicht richtig — und alles, was wir heute gehört haben, gibt uns die beruhigende Gewißheit —, daß die Bundesorgane bisher in irgendeinem Punkte versagt hätten.

    (Abg. Dr. Greve: Dann hat uns Herr Lehr etwas anderes gesagt, als er gedacht hat! — Abg. Dr. Arndt: Ist Herr Lehr kein Bundesorgan?)

    Es kann, meine Herren Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, Meinungsverschiedenheiten darüber geben, ob der Zeitpunkt zur Veröffentlichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale und zu einer öffentlichen parlamentarischen Diskussion gegenwärtig schon gegeben ist. Wenn das zweifelhaft sein kann, so kann ich Ihnen gestehen, Herr Kollege Menzel, hätte ich es vorgezogen, wir hätten unter Ihrer sachverständigen Leitung die Dinge im Ausschuß für Verfassungsschutz zunächst einmal in camera behandelt, anstatt in unfertigem Zustand, wo wir allerlei Erklärungen gegeneinander haben, die wir gar nicht miteinander abwägen können, nun eine öffentliche Debatte vor den Ohren des deutschen Volkes und vor den Ohren der Welt führen zu müssen.

    (Abg. Dr. Menzel: Da ist Herr Lehr ja auch nicht hingekommen! — Weiterer Zuruf von der SPD: Die Vollversammlung ist wichtiger als der Ausschuß; das wissen Sie doch!)

    ich kann auch insofern keine Berechtigung zu dieser zugespitzten und etwas einseitigen Behandlung der Angelegenheit erblicken, als wir doch heute die beruhigende Gewißheit bekommen haben, daß es sich nicht um einen Kampf gegen Sie gehandelt hat, sondern um einen Kampf gegen die Radikalen von rechts und links.

    (Abg. Dr. Arndt: Sie schlafen! — Zuruf von der SPD: Sie fallen uns ja in den Rücken!)

    Was auch herausgekommen ist: dieser Verdacht — es mag sein, daß er sich noch bestätigen wird — scheint mir im Augenblick nicht bewiesen. Ich muß sagen, das ist für mich, und ich glaube, auch für alle Freunde in meiner Fraktion, eine durchaus beruhigende Gewißheit.

    (Abg. Arnholz: So hat man 1919 und 1920 auch argumentiert! — Weiterer Zuruf von der SPD: Wenn die Menschen am Galgen hängen, ist es zu spät!)



    (Dr. Friedensburg)

    Nun noch einige Worte zur Sache selber. Es scheint mir zweckmäßig, wie es auch von Herrn Kollegen Schäfer bereits geschehen ist, die beiden Tatbestände deutlich voneinander zu trennen. Auch wenn wir alles, was wir gehört haben, von gewissen, unter den gegebenen Umständen sehr begreiflichen sensationellen Übertreibungen entkleiden, sind wir uns — Sie und ich — völlig einig, daß ein Rest zu tragen peinlich bleibt; es bleibt genug übrig, um uns zu ernstem Nachdenken und unter Umständen auch ernstem Handeln zu zwingen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    — Schön, dann sind wir erfreulicherweise einig!
    — Dieser Rest oder dieser Kern bezieht sich vor allen Dingen auf das Bestehen einer Geheimorganisation auf deutschem Boden, aufgezogen, finanziert und auch gedeckt durch eine ausländische Besatzungsmacht.

    (Abg. Dr. Greve: Und von zwei Bundesministerien!)

    — Zu diesem Vorwurf ist auch nicht ein Schatten der Berechtigung gegeben.

    (Abg. Dr. Greve: Das hat Herr Lehr doch selbst gesagt: 100 000 Mark von Jakob Kaiser und 100 000 Mark von ihm selbst!)

    Ich möchte einmal untersuchen, wieweit etwa auch das Pfingsttreffen des BDJ von hessischer Seite direkt oder indirekt unterstützt wurde. Darüber jetzt nachträglich etwas zu sagen, ist, glaube ich, sehr billig.

    (Abg. Dr. Greve: Nun kommen Sie gleich vom Finanzieren aufs Unterstützen! — Zuruf von der SPD: Woher wissen Sie das?)

    Nun, meine verehrten Herren Kollegen, wir sind uns ja wohl einig,

    (Abg. Dr. Arndt: Nein!)

    daß das bei einer solchen Organisation, gegründet, finanziert, unterstützt und jetzt auch gedeckt durch eine ausländische Besatzungsmacht, auf die Dauer unerträglich ist. Ich erinnere an das, was wir, auch übrigens in voller Übereinstimmung, zum Fall Kemritz festgestellt haben, ich habe es ja an dieser Stelle ausgesprochen. Das Wirken der Geheimdienste entwickelt sich in allen Ländern und besonders auch in unserem unglücklichen Lande auf die Dauer zu einer tödlichen Gefahr für den Frieden und die Sicherheit der beteiligten Völker.
    Es ist sehr wahrscheinlich — ich halte es für durchaus gegeben —, daß die leitenden, verantwortlichen Stellen der amerikanischen Besatzungsmacht keine Ahnung von diesen Dingen gehabt haben und nicht wußten, daß es sich um wichtigtuerische, mit reichlichen Geldmitteln ausgestattete Geheimdienste gehandelt hat, die glaubten, damit irgend etwas Wichtiges im Sinne ihrer Aufträge und Auftraggeber tun zu können. Das darf auf deutschem Boden nicht mehr sein, und insofern möchte ich dem Herrn Bundesinnenminister doch auch etwas ans Herz legen: Wir haben hier einmal ein Zipfelchen erwischt, ein Zipfelchen von einem Netz von Organisationen, Institutionen und Bestrebungen, die meiner. Überzeugung und teilweise auch meiner Kenntnis nach einen unendlich viel größeren Raum in Deutschland tatsächlich einnehmen. Es liegt in unser aller Interesse, daß wir nicht nur in diesem Falle beruhigende Zusicherungen von der zuständigen Besatzungsmacht erhalten, sondern wir würden bitten — ich glaube, auch da mich mit allen Kollegen hier einig zu wissen —,
    uns beruhigende Gewißheit geben zu lassen hinsichtlich des Bestehens aller derartigen Organisationen und dafür, daß das nicht nur jetzt, für die Gegenwart gilt, für die Aufklärung, für eine Beseitigung und meiner Ansicht nach auch für eine Bestrafung im vorliegenden Falle, der hier zur Erörterung steht, nämlich des BDJ, sondern wir müßten auch eine gewisse Bürgschaft dafür bekommen, daß es mit allen solchen Tätigkeiten auf deutschem Boden nunmehr endlich ein Ende hat.
    Meine Damen und Herren — ich glaube, damit schließen zu können —, in diesem Wunsch sind wir uns wohl alle einig. Wenn diese Angelegenheit — ich halte die Behandlung bisher nicht für sehr glücklich — einen Nutzen hat, so den, die Aufmerksamkeit der Bundesregierung, der deutschen Öffentlichkeit und vielleicht sogar im gewissen Umfang die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf einen Zustand zu richten, der für ein freies, anständiges Volk auf die Dauer unerträglich ist und dessen Beseitigung und Bekämpfung unser aller gemeinsame Pflicht sein sollte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Mellies.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wilhelm Mellies


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Zunächst eine Bemerkung zu dem Verhalten und zu den Darlegungen der kommunistischen Gruppe dieses Hauses. Herr Fisch hat seine Ausführungen mit den Worten geschlossen: Wir wollen keine Fememorde wieder! Er hat vergessen, etwas hinzuzufügen: Wir wollen in Deutschland auch kein totalitäres System, das keine Achtung vor Menschenleben und Menschenwürde hat.

    (Beifall von der SPD bis zur DP.)

    Die Verfechter eines Systems, das in Rußland Hunderttausende von Menschen in Kriegsgefangenenlagern umkommen ließ, haben gar keine Veranlassung, hier moralische oder politische Entrüstung zu spielen.

    (Erneuter Beifall der SPD und bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren! Es ist hier verschiedentlich beklagt worden, daß jetzt noch nicht der geeignete Zeitpunkt sei, diese Dinge zu erörtern. Es ist unverständlich, daß in einer parlamentarischen Demokratie von der Tribüne des Parlaments überhaupt so etwas gesagt werden kann.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es gehört sich, daß die Regierung aus besonderen Anlässen vor das Parlament tritt und sagt: das und das ist vorgefallen, und die und die Maßnahmen werden jetzt ergriffen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Meine Herren Minister, wenn Sie sich einmal etwas mehr daran gewöhnen möchten, daß zum Parlament ein anderes Verhältnis notwendig ist, dann werden sehr viele Schwierigkeiten nicht auftauchen. Was hinderte den Herrn Innenminister daran, bereits gestern an das Pult zu gehen und zu sagen, daß das vorgekommen ist? Sie sagten, man solle nicht vorher darüber reden. Aber in Hamburg oder sonstwo können Sie darüber reden und versuchen, die Sache zu verniedlichen. Damit schaden Sie erst recht der ganzen Angelegenheit.
    Sie sagten, eine zu frühe Erörterung könne dem deutschen Ansehen schädlich sein. Sie haben diese Wendung zwei- oder dreimal gebraucht. Herr Minister, ich möchte Ihnen mal in aller Offenheit et-


    (Mellies)

    was sagen. Ein Bundesminister, der glaubte, aus Anlaß der Unterzeichnung der Verträge hier einen Fackelzug veranstalten zu müssen und sich nachher belehren lassen mußte, daß das politisch wohl nicht gut möglich sei, sollte sich nicht an dieses Pult stellen und von deutschem Ansehen und deutscher Würde sprechen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ein weiteres Wort zu den verschiedenen Versuchen — der Herr Bundeskanzler hat das unternommen, der Herr Vizepräsident Schäfer hat es getan, und so etwas hat das auch bei Herrn Friedensburg angeklungen —, die Dinge in Verbindung zu bringen mit den Verträgen und so zu tun, als wenn mit der Verabschiedung der Vertragswerke so etwas nicht wieder vorkäme. Meine Damen und Herren, kennen Sie denn den Inhalt des Vertragswerkes so wenig, daß Sie es wagen, sich auf die Tribüne dieses Hauses zu stellen und so etwas zu behaupten?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Sie sollten doch etwas vorsichtig sein!
    Das Verhalten der Bundesregierung erklärt sich natürlich aus der Schwierigkeit, in der sie sich angesichts dieser Lage befand. Der BDJ war ihr lieb Kind. Man wollte diesen BDJ vor allen Dingen im kommenden Wahlkampf benutzen, um Propaganda für die Bundesregierung zu machen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Greve. — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Das war ja letzten Endes auch der Grund dafür, daß man dieser Vereinigung das Geld gegeben hat. Herr Lehr hat dann am Schluß die ganze Geschichte damit etwas abzubiegen versucht, daß er auf die
    große kommunistische Gefahr hinwies und sagte, man müsse alle Kräfte unterstützen, die sich im Kampf gegen diese kommunistische Gefahr einsetzten. Es scheint danach so, Herr Innenminister, als wenn der BDJ auch trotz der Dinge, die vorgekommen sind, bei Ihnen immer noch das liebe Kind bleiben solle.

    (Lebhafte Zurufe links.)

    Aber sehen Sie, es gibt j a Menschen, die aus der Vergangenheit wenig lernen. Ich fürchte beinahe, Sie gehören auch zu diesen. Vor 1933 sind Sie mit ihren politischen Freunden doch deshalb in die Habsburger Front gegangen, weil die Nationalsozialisten sagten: Jetzt vernichten wir den Marxismus,

    (Zustimmung bei der SPD)

    und erst nachher mußten Sie feststellen, daß Sie dabei selber mit vernichtet wurden. Ein Mann, der in seinem Leben einen solchen politischen Irrtum einmal ausgekostet hat, sollte nicht wieder darauf hereinfallen, wenn jetzt eine Organisation kommt und sagt: wir helfen euch im Kampf gegen den Kommunismus, und er sollte diesen Leuten kein Geld geben, ohne genauestens überprüft zu haben, was denn hinter einer solchen Organisation tatsächlich steckt.

    (Zuruf links: Hei lewet ja noch!)

    Meine Damen und Herren, die Darlegungen des Herrn Ministers waren wirklich weiter nichts als der Bericht — entschuldigen Sie den Ausdruck — eines kleinen Beamten, der sorgfältig eins ans andere reiht, um zu zeigen, daß verwaltungsmäßig nichts verpatzt worden ist. Herr Innenminister — auch Ihnen, Herr Justizminister, muß ich das sagen —, mit dieser verwaltungsmäßigen Betrachtung und Darstellung der Dinge kommen Sie weiß ' Gott in dieser ganzen Angelegenheit doch nicht weiter.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Der Herr Innenminister hat uns erklärt, es bestehe ein Unterschied zwischen BDJ und dem Technischen Dienst. Ich hoffe, daß Sie sich in dieses Material sehr vertiefen werden. Bis jetzt haben Sie es offenbar nicht getan, Herr Innenminister; sonst hätten Sie diese Behauptung nicht aufgestellt.
    Der Herr Minister hat weiter gesagt, beim Pfingsttreffen 1952 habe man deshalb Geld gegeben, weil im Jahre 1951 mal in Hessen vom Amt für Verfassungsschutz gesagt worden sei: Der BDJ ist bis jetzt wenigstens eine verfassungsmäßige oder verfassungstreue Organisation. Herr Bundesinnenminister, inzwischen ist immerhin ein Jahr verflossen. Ich glaube, da hätte wohl Veranlassung bestanden, wieder mal nachzufragen. Außerdem haben Sie in Ihrem Haus so etwas wie das Kuratorium für den Bundesjugendplan. Schließlich hätten Sie, Herr Minister, da doch auch mal anfragen können. Sie hätten dann festgestellt, daß sich dieses Kuratorium für den Bundesjugendplan immer entschieden dagegen gewehrt hat, daß der BDJ irgendwelche Gelder bekommt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie scheinen in Ihrem eigenen Hause nicht sehr viel Bescheid zu wissen.

    (Zurufe links.)

    Denn wenn das Kuratorium diese Stellung einnimmt, können Sie doch nicht einen solchen Betrag für das Pfingsttreffen zur Verfügung stellen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Der Herr Minister sagte weiter: ja, die Waffen, die gefunden wurden, waren alles amerikanische Waffen, also es hatte keine deutsche Stelle etwas damit zu tun. Herr Minister, ist Ihnen aus der Zeit der schwarzen Reichswehr nicht bekannt, daß die damals bestehenden Waffenlager auch alle Lager der Reichswehr waren und — von Ihrem Standpunkt aus gesehen — die Waffen alle legale Waffen waren? Sie wissen ja, was damit beabsichtigt war und welcher Schaden durch diese Dinge entstanden ist. Behandeln Sie bitte das Parlament nicht wie kleine Jungen, die nicht wissen, was im politischen Leben los ist, wenn Sie solche Behauptungen hier aufstellen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Genau so ist es, wenn Sie sich hinstellen und sagen: ja, der Peters ist ja aus dem BDJ ausgeschieden. Auch da sollten Sie die Zusammenhänge wissen und sollten begreifen, daß die Verhältnisse ganz anders liegen. Es tut mir leid, in dieser Schärfe hier sprechen zu müssen; aber es ist notwendig, wenn von der Bundesregierung aus das Parlament in dieser Weise behandelt und ihm zugemutet wird, derartige Darlegungen entgegenzunehmen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Nun, meine Damen und Herren, noch ein paar Worte zu den Darlegungen von Herrn Justizminister Dehler. Sowohl der Herr Innenminister wie der Herr Justizminister haben von den Proskriptionslisten gesprochen und haben das auch so etwas verniedlicht, obwohl es vielleicht eine besondere Geschmacksache ist, wenn man einige Frauen herausgreift und in der Öffentlichkeit mitteilt, was von denen in den Listen steht.

    (Zuruf von der SPD: Taktlos!)



    (Mellies)

    Aber, Herr Justizminister, Ihnen ist ja doch bekannt, daß diese Listen und diese Karteien laufend ergänzt wurden und dann ergänzt wurden, wenn man besondere politische Feststellungen über einzelne Persönlichkeiten gemacht hatte. Oder muß ich Ihnen noch einmal besonders sagen, wie z. B. die Karteikarte und das, was später dazu geschrieben wurde, bei meinem Parteifreund Wehner gelaufen ist? Ich glaube, nachdem Sie das wissen, hätten Sie das hier nicht mehr in dieser Form darstellen sollen.
    Dann ist das Verhalten des Oberbundesanwalts vom Herrn Justizminister als vollkommen korrekt hingestellt worden, und es ist der Ausdruck gefallen, bei der Bundesanwaltschaft seien objektive Beamte. Daran zweifelt von uns niemand, Herr Bundesjustizminister.

    (Abg. Dr. Greve: Das reicht aber nicht aus!)

    Aber mit der Korrektheit ist nicht das erste Mal ein Reich zugrunde gegangen, und mit dieser Korrektheit könnte auch diese Bundesrepublik unter Umständen wieder zugrunde gehen. Wir brauchen nicht bei der Oberbundesanwaltschaft Beamte, die rein verwaltungsmäßig die Dinge ansehen, sondern wir brauchen in dem Oberbundesanwalt einen Beamten, der von heißer Leidenschaft für die Demokratie und für die Bundesrepublik erfüllt ist und der dann sofort hart und entschieden eingreift, wenn auch nur Anzeichen für eine Gefährdung vorhanden sind. Es mag Ihnen vielleicht lächerlich vorkommen.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Was berechtigt Sie zu gegenteiliger Vermutung?)

    — Es ist hier nur von einem objektiven Beamten gesprochen worden, Herr Schröder.

    (Abg. Dr. Greve: Die Behandlung dieses Falles durch den Oberbundesanwalt, Herr Schröder!)

    Wir haben festgestellt, daß es nicht genügt, an dieser Stelle und an dem Platz, an dem ein Oberbundesanwalt steht, ein objektiver Beamter zu sein,

    (Beifall von der SPD)

    ebensowenig wie es genügt, daß die Herren Minister, ob es nun der Herr Innenminister oder der Herr Justizminister ist, mit rein sachlichen Darstellungen ihre Angelegenheiten bearbeiten und verwalten. Meine Herren Minister, ein Minister in der Demokratie und in der Bundesrepublik, der nicht bereit ist, in einem solchen Augenblick, in dem eine Gefährdung sichtbar wird, unter Umständen über den Rahmen der zunächst einmal rein verwaltungsmäßig gezogenen Befugnisse hinauszugehen, selbst auf die Gefahr hin,

    (Zuruf von der Mitte: Na, na!)

    Herr Justizminister Dehler, wenn nachträglich festgestellt werden müßte, daß das Parlament diese Maßnahme nicht billigen kann, ein solcher Minister muß seinen Platz verlassen.

    (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.)

    Es kommt zunächst einmal darauf an, daß hier durchgegriffen wird und festgestellt wird: es geschieht etwas. Wenn man von dem rein Verwaltungsmäßigen aus die Dinge betrachten und verwalten will, ist es in der Regel zu spät. Ich weiß ja, daß Ihnen das sehr unangenehm ist, weil Sie immer noch im stillen, wie es auch bei dem Herrn Bundesinnenminister der Fall ist, glauben, daß solche Organisationen in politischer Hinsicht eine
    Unterstützung für Sie sein könnten. Aber täuschen Sie sich nicht; das Beispiel von 1933 sollte Sie alle genügend belehrt haben.

    (Beifall bei der SPD.)