Rede von
Dr.
Ferdinand
Friedensburg
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir liegt zunächst am Her» zen, festzustellen, daß die Angelegenheit unserer Ansicht nach eine Angelegenheit des gesamten Hauses ist, daß sie von allen anständigen und demokratischen Kräften unseres Volkes gemeinsam getragen werden muß. Wir werden alle zusammenstehen, um das, was hier heute zutage getreten ist, gemeinsam und auf vertrauensvoller gemeinschaftlicher Basis zu bekämpfen. Um so mehr, Herr Kollege Menzel, muß ich bedauern, daß die Art, in der die Angelegenheit hier aufgezogen worden ist, diesem gemeinschaftlichen Charakter des Anliegens nicht Rechnung trägt.
— Ich will das im einzelnen nicht untersuchen. (Zuruf von der SPD: Ja, ja, dann wird's klar! — Abg. Dr. Arndt: Untersuchen Sie nur ruhig! — Abg. Dr. Greve: Sie müssen
begründen, was Sie sagen!)
Ich will die Differenzen nicht vertiefen. Herr Kollege Menzel, es kann doch gar keine Rede davon sein, daß es sich hier etwa um eine besondere sozialdemokratische Beschwerde gegenüber der Bundesregierung handelt. Nach meiner Kenntnis des Grundgesetzes ist die Polizeihoheit und die Gerichtshoheit zunächst Ländersache. Soweit ich weiß, ist in Hessen sowohl die Polizei wie das Gerichtswesen in sozialdemokratischen Händen. Also ist gar kein Anlaß dafür gegeben, — —
Der Oberbundesanwalt würde pflichtwidrig handeln, wenn er das nicht täte. — Zunächst nur wollen wir uns darüber klar sein, daß es sich um eine Angelegenheit des Landes Hessen handelt. Wir haben auch heute nach den Ausführungen des Herrn hessischen Ministerpräsidenten die beruhigende Gewißheit, daß er sich des Falles mit der nötigen Eindringlichkeit annimmt.
Ich würde es aber nicht für glücklich halten — und ich glaube, die ganze Behandlung des Falles zeigt uns das auch —, wenn wir künstlich versuchten, durch Herausgreifen irgendeines mehr oder weniger vermeintlich schwachen Punktes Gegensätze und Differenzen herauszuholen, die in Wirklichkeit keineswegs bestehen. Es ist gar nicht richtig — und alles, was wir heute gehört haben, gibt uns die beruhigende Gewißheit —, daß die Bundesorgane bisher in irgendeinem Punkte versagt hätten.
Es kann, meine Herren Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, Meinungsverschiedenheiten darüber geben, ob der Zeitpunkt zur Veröffentlichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale und zu einer öffentlichen parlamentarischen Diskussion gegenwärtig schon gegeben ist. Wenn das zweifelhaft sein kann, so kann ich Ihnen gestehen, Herr Kollege Menzel, hätte ich es vorgezogen, wir hätten unter Ihrer sachverständigen Leitung die Dinge im Ausschuß für Verfassungsschutz zunächst einmal in camera behandelt, anstatt in unfertigem Zustand, wo wir allerlei Erklärungen gegeneinander haben, die wir gar nicht miteinander abwägen können, nun eine öffentliche Debatte vor den Ohren des deutschen Volkes und vor den Ohren der Welt führen zu müssen.
ich kann auch insofern keine Berechtigung zu dieser zugespitzten und etwas einseitigen Behandlung der Angelegenheit erblicken, als wir doch heute die beruhigende Gewißheit bekommen haben, daß es sich nicht um einen Kampf gegen Sie gehandelt hat, sondern um einen Kampf gegen die Radikalen von rechts und links.
Was auch herausgekommen ist: dieser Verdacht — es mag sein, daß er sich noch bestätigen wird — scheint mir im Augenblick nicht bewiesen. Ich muß sagen, das ist für mich, und ich glaube, auch für alle Freunde in meiner Fraktion, eine durchaus beruhigende Gewißheit.
Nun noch einige Worte zur Sache selber. Es scheint mir zweckmäßig, wie es auch von Herrn Kollegen Schäfer bereits geschehen ist, die beiden Tatbestände deutlich voneinander zu trennen. Auch wenn wir alles, was wir gehört haben, von gewissen, unter den gegebenen Umständen sehr begreiflichen sensationellen Übertreibungen entkleiden, sind wir uns — Sie und ich — völlig einig, daß ein Rest zu tragen peinlich bleibt; es bleibt genug übrig, um uns zu ernstem Nachdenken und unter Umständen auch ernstem Handeln zu zwingen.
— Schön, dann sind wir erfreulicherweise einig!
— Dieser Rest oder dieser Kern bezieht sich vor allen Dingen auf das Bestehen einer Geheimorganisation auf deutschem Boden, aufgezogen, finanziert und auch gedeckt durch eine ausländische Besatzungsmacht.
— Zu diesem Vorwurf ist auch nicht ein Schatten der Berechtigung gegeben.
Ich möchte einmal untersuchen, wieweit etwa auch das Pfingsttreffen des BDJ von hessischer Seite direkt oder indirekt unterstützt wurde. Darüber jetzt nachträglich etwas zu sagen, ist, glaube ich, sehr billig.
Nun, meine verehrten Herren Kollegen, wir sind uns ja wohl einig,
daß das bei einer solchen Organisation, gegründet, finanziert, unterstützt und jetzt auch gedeckt durch eine ausländische Besatzungsmacht, auf die Dauer unerträglich ist. Ich erinnere an das, was wir, auch übrigens in voller Übereinstimmung, zum Fall Kemritz festgestellt haben, ich habe es ja an dieser Stelle ausgesprochen. Das Wirken der Geheimdienste entwickelt sich in allen Ländern und besonders auch in unserem unglücklichen Lande auf die Dauer zu einer tödlichen Gefahr für den Frieden und die Sicherheit der beteiligten Völker.
Es ist sehr wahrscheinlich — ich halte es für durchaus gegeben —, daß die leitenden, verantwortlichen Stellen der amerikanischen Besatzungsmacht keine Ahnung von diesen Dingen gehabt haben und nicht wußten, daß es sich um wichtigtuerische, mit reichlichen Geldmitteln ausgestattete Geheimdienste gehandelt hat, die glaubten, damit irgend etwas Wichtiges im Sinne ihrer Aufträge und Auftraggeber tun zu können. Das darf auf deutschem Boden nicht mehr sein, und insofern möchte ich dem Herrn Bundesinnenminister doch auch etwas ans Herz legen: Wir haben hier einmal ein Zipfelchen erwischt, ein Zipfelchen von einem Netz von Organisationen, Institutionen und Bestrebungen, die meiner. Überzeugung und teilweise auch meiner Kenntnis nach einen unendlich viel größeren Raum in Deutschland tatsächlich einnehmen. Es liegt in unser aller Interesse, daß wir nicht nur in diesem Falle beruhigende Zusicherungen von der zuständigen Besatzungsmacht erhalten, sondern wir würden bitten — ich glaube, auch da mich mit allen Kollegen hier einig zu wissen —,
uns beruhigende Gewißheit geben zu lassen hinsichtlich des Bestehens aller derartigen Organisationen und dafür, daß das nicht nur jetzt, für die Gegenwart gilt, für die Aufklärung, für eine Beseitigung und meiner Ansicht nach auch für eine Bestrafung im vorliegenden Falle, der hier zur Erörterung steht, nämlich des BDJ, sondern wir müßten auch eine gewisse Bürgschaft dafür bekommen, daß es mit allen solchen Tätigkeiten auf deutschem Boden nunmehr endlich ein Ende hat.
Meine Damen und Herren — ich glaube, damit schließen zu können —, in diesem Wunsch sind wir uns wohl alle einig. Wenn diese Angelegenheit — ich halte die Behandlung bisher nicht für sehr glücklich — einen Nutzen hat, so den, die Aufmerksamkeit der Bundesregierung, der deutschen Öffentlichkeit und vielleicht sogar im gewissen Umfang die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf einen Zustand zu richten, der für ein freies, anständiges Volk auf die Dauer unerträglich ist und dessen Beseitigung und Bekämpfung unser aller gemeinsame Pflicht sein sollte.