Rede von
Heinrich
Hohl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch die lange Trokkenheit in diesem Sommer, die die Dürreschäden mit sich brachte, sind Gott sei Dank nicht alle Gebiete unserer Bundesrepublik stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Aber zu den Gebieten, die hiervon stark betroffen sind, gehört leider auch ein großer Teil von Hessen und Rheinland-Pfalz. Es war die CDU-Fraktion des hessischen Landtags, die dort schon vor einiger Zeit einen Antrag eingebracht hat — ungefähr gleichlautend mit dem, den wir heute hier behandeln —, um dieses Problem zu beraten und zu besprechen, die Mittel und Wege zu suchen, wie der Landwirtschaft in den betroffenen Gebieten geholfen werden könnte.
Es sind auch schon Ermittlungen angestellt worden, um festzustellen, wie hoch ungefähr die Schäden in den betroffenen Gebieten sind. Sie sind ja — das wurde hier schon betont — sehr unterschiedlich und sehr stark gerade in den Gebieten, die ungünstige Bodenverhältnisse haben, die gewissermaßen eine schwache Ackerkrume haben, wo sich immer eine Trockenheit, wenn sie lange dauert, sehr verhängnisvoll auswirkt. Die Erhebungen in Hessen und Rheinland-Pfalz haben z. B. zu der Feststellung geführt, daß ein Ausfall bei Getreide von 15 bis 20 %, bei Futtermitteln von 50 bis 60 %, bei Kartoffeln von 30 %, bei Tabak von 66 %, bei Wein von 50 % und bei Rauhfutter von 50 bis 80 % eingetreten ist. Bei Weiden ergab sich ein Ausfall von 35 %. Dieser Ausfall hat schon im Sommer die Milcherzeugung wesentlich beeinflußt, aber hier wird sich der Hauptschaden erst im Winter einstellen, wenn das Rauhfutter, das nun einmal für die Winterfütterung notwendig ist, einfach nicht da ist und auch sehr schwer oder kaum wird herbeigeschafft werden können.
Die betroffenen Landwirte in den Gebieten sind natürlich durch die Mindereinnahmen sehr geschädigt. Mancher Landwirt hat im Frühjahr, als er den sehr guten Stand der Saaten draußen sah, bereitwillig seine Unterschrift zu einem Kauf von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten gegeben, und heute sieht er sich sehr schwer in der Lage, die fälligen Raten zu begleichen. Es müssen daher Mittel und Wege gesucht werden, um unter allen Umständen Hilfe zu bringen.
Wie sich diese Dürreschäden bei den kleinen Landwirten auswirken, dafür nur ein einziges Beispiel. In Rheinland-Pfalz ist der Tabakbau noch ziemlich mit vorherrschend. Im vorigen Jahr 1951 war die Gesamteinnahme im Tabakbau dort 17 Millionen DM; sie wird heute infolge der Trockenheit auf 5 Millionen geschätzt. Ein Beweis dafür, welch starken Ausfall gerade die kleinen Landwirte zu verzeichnen haben.
In Hessen hat man Erhebungen darüber angestellt, inwieweit man die Rindviehbestände wird abschaffen müssen, wenn nicht das notwendige Futter herbeigeschafft oder Unterstützung beim Kauf dieses Futters gewährt werden kann. Insbesondere kommt es darauf an, daß wir alles tun, um die Milchviehbestände nicht zu reduzieren. Erhebungen, die in Hessen von den beiden Landwirtschaftskammern Kassel und Frankfurt angestellt worden sind, haben ergeben, daß in den neun betroffenen Kreisen mindestens 38 000 Milchkühe überplanmäßig dem Schlachtviehmarkt zugeführt werden müssen, wenn nicht für das notwendige Futter gesorgt wird. Dieses Rauhfutter wird auf dem Markt nur sehr schwer beschafft werden können, wenn es überhaupt zur Verfügung steht. Soll es z. B. aus dem Raum Schleswig-Holstein nach Rheinland-Pfalz oder nach Hessen geschafft werden, wird allein ein Frachtsatz von mindestens 3,50 DM in Frage kommen. Bei den derzeitigen Preisen für Rauhfutter ist das eine Belastung, die die betroffenen Landwirte allein nicht tragen können. Deshalb müssen Mittel und Wege gesucht werden, um eine Subvention für diese Futtermittel herbeizuführen, die unbedingt notwendig sind, um den Bestand an Milchvieh, überhaupt den Viehbestand in den Bauernhöfen der betroffenen Gebiete sicherzustellen.
In Hessen hat man sich mit dieser Notlage schon eingehender befaßt. Bei den Beratungen ist man zu dem Ergebnis gekommen, daß mindestens ein Subventionsbetrag von 50 DM pro Kuh in Frage kommt, um die Futtermittel zu verbilligen. Hinzu muß natürlich noch eine Frachtermäßigung kommen, denn wie ich schon ausführte, können die betroffenen Landwirte, kleine Bauern insbesondere, diese Unkosten unter keinen Umständen allein tragen.
Bei dieser Situation der Landwirtschaft in jenen Gebieten haben wir wiederum, wie so oft schon, festzustellen, daß unsere Einfuhr- und Vorratsstelle leider nicht so funktioniert hat, wie sie eigentlich funktionieren müßte, um wirklich der Regulator zum Ausgleich von Schwankungen zu sein. Auf eine telefonische Anfrage wurde mir heute aus Hessen gesagt, die Einfuhr- und Vorratsstelle nehme nur A-Vieh aus den betroffenen Gebieten ab. Wir wissen alle, daß gerade die Landwirte aus den Gebieten A-Vieh kaum oder überhaupt nicht anzubieten haben, schon infolge des verminderten Futteranfalls dieses Sommers. Es ist doch dringend notwendig, Herr Staatssekretär, die Einfuhr- und Vorratsstelle anzuweisen, darüber hinaus auch die minderen Qualitäten von Vieh, die gerade aus diesen Gebieten angeboten werden, abzunehmen, damit dieser Landwirtschaft wirklich eine Hilfe zuteil werden kann.
Um die Hilfeleistung in die Wege zu leiten, hat man in Hessen den Weg beschritten, daß die Landwirtschaftskammern, der Bauernverband und die Kreislandwirte Ermittlungskommissionen zusammensetzen. Verehrter Herr Kollege Höhne, es ist nicht so, daß der Bauernverband allein die Ermittlungen anstellt. Es kann und darf meines Erachtens aber auch nicht so sein, daß man den Bauernverband dabei ganz ausschaltet. Wir haben es bisher immer erlebt: wenn die Arbeiterschaft betreffende soziale oder sonstige Fragen behandelt werden sollen, verlangt man mit Recht, daß die Gewerkschaften mit zugezogen werden. In einer solchen Frage, die die Landwirtschaft betrifft, soll man deshalb unter allen Umständen auch den Bauernverband als die berufsständische Organisation mit hinzuziehen. Das hat sich bisher immer als nützlich erwiesen.