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ID0123302500

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    Vokabeln: 6
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    6. Müller.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 233. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Oktober 1952 10667 233. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Oktober 1952. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 10669A, 10670A Anteilnahme des Deutschen Bundestags an dem Eisenbahnunglück bei London . . . 10669A Eintritt des Abg. Eberhard in den Bundestag 10669B Glückwünsche zum 66. Geburtstag des Abg. Gengler 10669B Kleine Anfrage Nr. 291 der Fraktion der DP betr. früheres Luftwaffenlazarett Westerland (Nr. 3681 der Drucksachen) 10669B Schreiben des Stellvertreters des Bundeskanzlers betr. Ermäßigung für Schülerfahrkarten (Nr. 3741 der Drucksachen) 10669B Änderungen der Tagesordnung . . 10669C, 10699A Zweite Beratung des von den Abg. Gibbert, Schmitt (Mainz), Junglas, Kemper, Dr. Weber (Koblenz), Jacobs, Dr. Preusker, Dr. Atzenroth, Dr. Mühlenfeld, Freiherr von Aretin u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Steuer auf Schaumwein (Schaumweinsteuergesetz) (Nr. 3593 [neu] der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 3727 der Drucksachen): Absetzung von der Tagesordnung . . . . 10669C Beratung des Zweiten Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD und den Änderungsantrag der Fraktion der FU betr. Preise für Butter und Kartoffeln (Nrn. 3698, 3664 der Drucksachen, Umdruck Nr. 651) 10669D Kuhlemann (DP) (zur Tagesordnung) 10669D Absetzung von der Tagesordnung . . . 10670A Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/DPB, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über den Kapitalverkehr (Nr. 3714 [neu] der Drucksachen 10670A Beschlußfassung 10670B Erste Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes (Nr. 3733 der Drucksachen) 10669C, 10670B, 10680A Ausschußüberweisung 10670B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Protokoll vom 26. Juli 1952 über die Erstreckung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Streitigkeiten aus dem am 26. Mai 1952 in Bonn unterzeichneten Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (Nr. 3700 der Drucksachen) 10670C Ausschußüberweisung 10670C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Festsetzung einer Betriebsgrenze für ostwärts der deutsch-niederländischen Landesgrenze liegende Steinkohlenfelder vom 18. Januar 1952 (Nr. 3710 der Drucksachen) 10670C Ausschußüberweisung 10670D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung (Nr. 3597 der Drucksachen; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 3729 der Drucksachen) 10670D Horn (CDU), Berichterstatter . . . . 10670D Beschlußfassung 10671D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über Sozialversicherung (Nr. 3376 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 3707 der Drucksachen) 10671D Meyer (Hagen) (SPD), Berichterstatter 10672A Beschlußfassung 10672C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Entschädigung an ehemalige Kriegsgefangene und Zivilinternierte für in der Kriegsgefangenschaft geleistete Arbeit (Nr. 3674 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Frau Hütter, Dr. Schäfer und Fraktion der FDP betr. Entschädigungsgesetz für Arbeitsleistungen ehemaliger Kriegsgefangener (Nr. 3693 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Abg. Frau Hütter, Dr. Schäfer und Fraktion der FDP betr. Kriegsgefangenen-Gedenkwoche (Nr. 3694 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Zweiten Ergänzungsgesetzes zum Heimkehrergesetz (Nr. 3703 der Drucksachen) . . 10672C Pohle (SPD), Antragsteller 10672D Frau Hütter (FDP), Antragstellerin 10674B, 10676A, 10683B Höfler (CDU), Antragsteller . . . 10676C Maerkl (FU) 10677C Frau Dr. Probst (CSU) 10678A Tobaben (DP) 10679C Merten (SPD) 10680B Müller (Frankfurt) (KPD) . . . . 10682C Ausschußüberweisungen 10683C Beschlußfassung zum Antrag Drucksache Nr. 3694 10683C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Bundesanstalt für Flugsicherung (Nr. 3696 der Drucksachen) . 10683D Ausschußüberweisung 10683D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst (Nr. 3505 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 3716 der Drucksachen) 10683D Walter (DP), Berichterstatter 10683D, 10684C Dr. Solleder (CSU) . 10684A Abstimmungen 10684B, D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Untersuchung der Rheinschiffe und -flöße und über die Beförderung brennbarer Flüssigkeiten auf Binnenwasserstraßen (Nr. 3506 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 3717 der Drucksachen) 10685A Sander (SPD), Berichterstatter . . 10685A Beschlußfassung 10685C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten (Milch- und Fettgesetz) (Nr. 2964 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 3607, der Drucksachen; Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 673, 674, 675) . 10685C Struve (CDU): als Berichterstatter 10685D als Abgeordneter 10696A Kriedemann (SPD) 10687B, 10689B, 10690D, 10692D, 10693B, 10694D, 10695C Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) 10688D, 10691C, 10692B, 10693A Dr. Horlacher (CSU) . . . 10690A, 10694A Dannemann (FDP) . . . . . 10691A, 10696C Dr. Bertram (Soest) (FU) 10691C Niebergall (KPD) 10692C, 10695B Revenstorff (FDP) 10694C Eichner (FU) 10695A Abstimmungen 10691B, D, 10692B, D, 10693A, D, 10695B, 10696D Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn) u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zuckersteuergesetzes (Nr. 3736 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn) u. Gen. betr. Preise für Zuckerrüben und Zucker (Nr. 3744 der Drucksachen) 10669C, 10697A Ausschußüberweisungen 1069'7A, B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FU betr. Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche, über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Beschaffung von Bekämpfungsmitteln gegen die Maul- und Klauenseuche aus der DDR, über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Bereitstellung von Bundesmitteln zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche und über den Antrag der Abg. Dr. Horlacher u. Gen. betr. Schädlings- und Seuchenbekämpfung (Nrn. 3709, 2988, 2991, 2992, 2989 der Drucksachen) . . . 10697B Happe (SPD), Berichterstatter . . 10697B Niebergall (KPD) 10698B Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 10698D Beschlußfassung 10699A Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Juni 1949 (Nr. 2889 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung (5. Ausschuß) (Nr. 3715 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 672) 10699A Maier (Freiburg) (SPD), Berichterstatter 10699B Gundelach (KPD) 10700A, B Abstimmungen 10700A, B Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Dürrekatastrophe im südlichen Teil des Bundesgebiets (Nr 3701 der Drucksachen) 10700C Dr. Horlacher (CSU), Antragsteller 10700D Höhne (SPD) 10702A Schill (CDU) 10702D Hohl (CDU) 10704A Ritzel (SPD) . 10705A Wartner (FU) 10705C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 10706A Frühwald (FDP) 10706B Niebergall (KPD) 10707A Ausschußüberweisung 10707B Beratung des Antrag.; der Abg. Dr. Horlacher, Dr. Meitinger, Dannemann, Tobaben, Kriedemann u. Gen. betr. Erhaltung des deutschen Flachs- und Hanfanbaues (Nr. 3718 der Drucksachen) 10669C, 10707B Ausschußüberweisung 10707B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kraftloserklärung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen in besonderen Fällen (Nr. 3708 der Drucksachen) 10707B Ausschußüberweisung 10707B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Ott gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 21. Juli 1952 (Nr. 3705 der Drucksachen) . . . . 10707C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 10707C Beschlußfassung 10708A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Löfflad gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 10. Juni 1952 (Nr. 3706 der Drucksachen) . . . . 10708A Dr. Meitinger (FU), Berichterstatter 10708A Beschlußfassung 10708D Nächste Sitzung 10708D Die Sitzung wird um 13 Uhr 37 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Hans Merten


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    (Sehr gut! bei der SPD.) Das wollen wir eben mit unserem Antrag vermeiden.


    (Sehr gut! bei der SPD.)


    (Erneute Zustimmung bei der SPD.)


    (Merten)

    Meine Fraktion gibt der Hoffnung Ausdruck, daß derartige Verhandlungen möglichst bald beginnen und vor allen Dingen die Weißbücher über die einzelnen Gewahrsamsländer bald veröffentlicht werden. Schon das Friedensbüro beim Länderrat in Stuttgart hatte die Vorbereitungen hierfür getroffen. Aber seit 1949 ist nicht mehr weitergearbeitet worden. Ich habe Mittel dafür im Haushalt des Bundes auch nicht entdecken können.
    Wir fordern nicht nur die Anerkennung der Leistungen der Kriegsgefangenen durch die Gesetzgebung des Bundes, sondern wünschen, daß sich die Bundesregierung gegenüber den Gewahrsamsstaaten stärker als bisher für die Wahrung der Rechte der Kriegsgefangenen einsetzt. Das ist mit Ziffer 2 unseres Antrags gemeint, worin die Anerkennung dieser Arbeit auch durch die Gewahrsamsstaaten gefordert wird.
    Meine Damen und Herren, sehr viele werden sich die Frage vorgelegt haben: Ja, wieviel Heimkehrer sind es denn nun eigentlich, die durch diese Gesetze erfaßt werden sollen? Und da müssen einige sehr unangenehme Feststellungen getroffen werden. Es weiß z. B. heute noch kein Mensch, wieviel Kriegsgefangene in den Jahren 1945 oder 1946 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden sind. Die Ausrottung des Militarismus in Deutschland durch die Besatzungsmächte wurde damals derartig gründlich betrieben, daß es sogar den deutschen Behörden verboten war, die entlassenen Kriegsgefangenen auch nur zu zählen, geschweige denn zu registrieren. Die chaotischen Zustände, die durch die völlig unsystematische Entlassung, durch die völlig unsystematische Demobilisierung entstanden sind, haben uns bis zum heutigen Tage in ihren Folgen noch zu beschäftigen. Von einer geordneten Demobilisierung der Millionenmassen der deutschen Soldaten konnte gar keine Rede sein, und ein großer Teil der Heimkehrernot von heute hat seine Ursachen in den chaotischen Zuständen von damals.
    Erst im Jahre 1947 ist es möglich gewesen, einmal halbwegs vernünftige Heimkehrerzahlen zu erhalten und eine Kontrolle über diesen Strom auszuüben. Es kehrten 1947 ins Bundesgebiet zurück 219 000 Kriegsgefangene, 1948 470 000, 1949 300 000, 1950 48 000 und 1951 4 000. Damit sind rund eine Million registriert. Aber in den Jahren 1945 und 1946 sind mindestens 4 bis 5 Millionen vollkommen unkontrolliert in das Bundesgebiet eingeströmt.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Denken Sie bitte daran, daß allein aus innerfranzösischen Lagern rund 150 000 Kriegsgefangene entflohen sind, davon die Hälfte glücklicherweise mit Erfolg. Die Zahl der Kriegsgefangenen aus amerikanischen Lagern, die auf dem Wege der Selbstentlassung verschwunden sind, liegt ebenfalls weit über 100 000. Sehr viele haben keinerlei Papiere. Die Bundesregierung kennt diese Tatsache. Sie ist auf sie hingewiesen worden, ebenso wie sie bereits vor über einem Jahr durch den Bundestag auf diese Angelegenheit der Entschädigung hingewiesen worden ist. Es ist jedoch nichts geschehen, was Anspruch auf die Bezeichnung „umfassende Regelung" erheben könnte, und gut gemeinte Absichten einzelner Ressorts sind einfach im Streit über die Zuständigkeit steckengeblieben.

    (Abg. Dr. Mende: Hört! Hört!)

    Der Antrag der CDU, um noch einmal kurz auf ihn zurückzukommen, will diese ganze Angelegenheit als Ergänzung des Heimkehrergesetzes geregelt haben. Ich könnte in diesem Zusammenhang, insbesondere was die Existenzaufbauhilfen anbetrifft, ebendieselbe Fraktion fragen, warum sie denn nicht bei der Behandlung des Lastenausgleichsgesetzes dafür gesorgt hat, daß die Heimkehrer in die Überleitungsvorschriften mit hineingekommen und den politisch Verfolgten gleichgestellt worden sind. Es lagen gut ausgearbeitete Anträge darüber vor, und die Gewährung der Existenzaufbauhilfe nach dem Soforthilfegesetz hätte auch in Zukunft stattfinden können. Es wäre damals viel einfacher gewesen, das im Rahmen des Lastenausgleichsgesetzes zu regeln, als es jetzt in ein Heimkehrergesetz hineinzunehmen, wo es auf keinen Fall hineingehört, da dieses einen völlig anderen Charakter hat. Nach der Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes ist es jetzt viel komplizierter, eine befriedigende Lösung zu finden.


    (Merten)

    Das Anliegen, das wir haben und das auch im Antrag der FDP zum Ausdruck kommt, kann man nicht einfach durch eine Novelle regeln. Denn es geht ja hier gar nicht um Hilfsmaßnahmen für in Not befindliche Heimkehrer oder um die Behebung besonderer Notstände, sondern es geht um die Regelung einer Frage, die nun einmal alle ehemaligen Kriegsgefangenen angeht, ganz einerlei, ob sie im Augenblick hilfsbedürftig sind oder nicht. Es geht um die Regelung von Leistungen und Rechtsansprüchen, die jeder Kriegsgefangene hat und die nicht von irgendeinem Grad der Hilfsbedürftigkeit abhängig gemacht werden dürfen.
    Ich will auf die völkerrechtlichen Zusammenhänge dieser Frage nicht näher eingehen. Sie sind hier bereits von meinem Freund Pohle kurz angedeutet worden. Im übrigen wird sich ja der Ausschuß noch mit dieser Frage zu beschäftigen haben. Es steht fest, daß die völkerrechtlich vorgesehenen Wehrsoldzahlungen an die Offiziere durchweg nicht erfolgt sind. Es steht weiterhin fest, daß die völkerrechtlich vorgesehenen Lohnzahlungen an diejenigen Kriegsgefangenen, die gearbeitet haben, nur in außerordentlich seltenen Fällen erfolgt sind. Von diesen Ausnahmefällen, die ich eben erwähnte, sind geregelt die Fälle, die aus den Fonds von 76 Millionen DM befriedigt worden sind, die nach der Währungsreform von den Besatzungsmächten den westdeutschen Ländern zur Verfügung gestellt worden sind. Das geschah damals deshalb, weil es keine zentrale Regierungsgewalt in Deutschland gab; aber nach der Bildung der Bundesbehörden und nach der Schaffung des Grundgesetzes ging ja die Zuständigkeit für die Kriegsgefangenen an den Bund über. Trotzdem aber weigern sich die Länder bis zum heutigen Tage, dem Bund darüber Auskunft zu geben, was mit diesem Geld geschehen ist. Ohne Zweifel ist diese Summe von 76 Millionen Mark nicht verausgabt worden. Es muß daher noch ein Rest vorhanden sein, und dieser Rest könnte ohne weiteres für die Zwecke verfügbar gemacht werden, die mit den drei vorliegenden Anträgen verfolgt werden.
    Ich könnte dem Herrn Bundesfinanzminister vielleicht einen guten Tip geben, wenn ich ihm sage, daß es unter Umständen recht lohnend für ihn wäre. sich einmal nach dieser Angelegenheit zu erkundigen. Ich sage ihm aber gleich dazu, daß er damit seinen bayerischen Freunden einen großen Schmerz zufügen wird; denn die Bayern sind natürlich eines der beiden Länder, die jede Auskunft auf die Frage nach den 76 Millionen bis zum heutigen Tage verweigert haben.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich darf der Hoffnung Ausdruck geben, daß der 26. Ausschuß diese Dinge schnell bearbeitet, damit auch die Bundesregierung schnell zu einer Regelung und einer Vorlage kommt; denn doppelt hilft, wer schnell hilft. Ich beantrage im Namen meiner Fraktion, daß diese drei Vorlagen dem Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen zugeleitet werden. Ich möchte jedoch bitten, die Zuleitung an den Haushaltsausschuß abzulehnen. Die Befassung des Haushaltsausschusses mit dieser Angelegenheit hat meiner Ansicht nach erst dann einen Sinn, wenn der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorliegt und behandelt werden kann. Ich bitte ferner, die Vorlage Nr. 3694 betreffend Kriegsgefangenen-Gedenkwoche nicht dem Kriegsopferausschuß zuzuleiten, sondern dieser Vorlage
    gleich jetzt zuzustimmen, damit die Bundesregierung die erforderlichen Maßnahmen treffen kann.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort bat der Abgeordnete Müller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Oskar Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Aus den Ausführungen von Frau Dr. Probst und von Frau Hütter hat man nicht den Eindruck, daß sich die Atmosphäre der Konferenz von Toronto, die sich bemüht hat, es in der Frage, die auch hier angesprochen worden ist, in sachlicher Weise zu einer gemeinsamen Übereinstimmung zu bringen, auch auf dieses Haus und die maßgebenden Fraktionen übertragen hat.

    (Abg. Dr. Mende: So gut war die Stimmung in Toronto auch wieder nicht!)

    Ich glaube, die Tatsache, daß man nach wie vor versucht, die Frage der Kriegsgefangenen in der Verzerrung, der Hetze und einer Zweckpropaganda zu belassen,

    (Abg. Dr. Mende: Ist doch hier nicht geschehen, Herr Müller!)

    ist zweifellos nicht geeignet, eine Atmosphäre zu schaffen, die der Sache selbst dient. Und wenn wir uns in Erinnerung zurückrufen, wie man insbesondere die Frage der ehemaligen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion immer und immer wieder als Gegenstand einer Zweckpropaganda benutzt hat, trotz der nicht zu leugnenden Tatsache, daß die Erklärung der Regierung der Sowjetunion besagt, daß mit Ausnahme der wegen Verbrechens verurteilten Kriegsgefangenen alle übrigen zurückgekehrt sind,

    (Abg. Dr. Mende: Das wagen Sie zu behaupten!)

    dann kann dies ganz offensichtlich nur in der Linie
    liegen, in dieser Frage eine Zweckpropaganda zu
    betreiben, die als Methode als das Verwerflichste
    angesprochen werden muß, was es überhaupt gibt.

    (Zuruf rechts: Die Methoden kennen wir!)

    Um das nur noch einmal von der positiven Seite zu illustrieren: In der „Deutschen Wirtschaftszeitung" — und zwar in der Nummer vom 8. Oktober — wird hinsichtlich der noch auf Grund von Verurteilungen in sowjetischer Kriegsgefangenschaft Befindlichen festgestellt, daß der Post- und Paketverkehr völlig reibungslos vor sich geht und daß der Vertreter der Inneren Mission in einer Sitzung des Wohlfahrtsausschusses des Rates der Stadt Essen das gleiche bestätigen mußte. Ich glaube, solche Tatsachen müßten doch dazu angetan sein, endlich in dieser Frage eine Wendung zu machen, von den Propagandamethoden abzukehren und vielmehr die Frage aufzuwerfen, was geschehen müßte, und zwar einmütig geschehen müßte, um die von den westlichen Ländern zurückbehaltenen Kriegsgefangenen aus ihrem Einsatz in den Kämpfen in Indonesien usw. gegen die um ihre Freiheit ringenden Völker zurückzubekommen.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    In den Anträgen wird die Frage der Entschädidung für geleistete Arbeit angesprochen. Wir werden dieser Frage sachlich nähertreten. Ich möchte nur bemerken, daß auch z. B. in der Sowjetunion für geleistete Arbeit eine Entschädigung gezahlt worden ist. Ich darf Sie aber an die Forderungen von Zehntausenden von ehemaligen in den Ver-


    (Müller [Frankfurt])

    einigten Staaten in Kriegsgefangenschaft gewesenen Soldaten erinnern, die heute noch um die Auszahlung der ihnen zugesagten Entschädigung für die geleistete Arbeit kämpfen.
    In Ziffer 2 des Antrages der sozialdemokratischen Fraktion wird die Anerkennung der Arbeit der Kriegsgefangenen und Zivilinternierten als Reparationsleistung gefordert. Ich weiß nicht, Herr Kollege Merten, ob diese Frage in Ihren Kreisen von allen Seiten beleuchtet und nach allen Seiten hin überprüft worden ist. Ich möchte Sie nur daran erinnern, wenn dieses Prinzip generell durchgeführt würde, würden dieselben Ansprüche berechtigterweise gegenüber Deutschland erhoben werden, und zwar auf Grund der Tatsache, daß unter der nationalsozialistischen Herrschaft nicht nur die Millionen von Kriegsgefangenen der anderen Staaten, sondern ebenso Zivilpersonen, Zwangsarbeiter, Fremdarbeiter, Ostarbeiter und -arbeiterinnen Arbeit geleistet haben.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Deren Ansprüche müßten ebenso auf Reparationskonto gesetzt werden. Ich glaube, Herr Kollege Merten, die Frage, wer dabei im Nachteil wäre, würde wohl eindeutig zuungunsten Deutschlands ausgehen.

    (Abg. Dr. Mende: Wir zahlen doch schon seit 1945 Reparationen!)

    Eine weitere Frage: In einem Antrag wird — und das konnte j a von keiner anderen Seite als von der FDP, der Fraktion des Herrn Euler, kommen — die Forderung auf Einführung einer Kriegsgefangenengedenkwoche gestellt. Ich möchte mit aller Deutlichkeit sagen, was man mit diesem Antrag bezweckt, ist nichts anderes als ein Ablenken von einem Vorgehen und einer Entwicklung, die zu einer erneuten Kriegsgefangenschaft führen sollen, von der Politik der Vorbereitung des Krieges.

    (Aha-Rufe in der Mitte!)

    Meine Damen und Herren, sorgen Sie lieber dafür, daß die Kriegsopfer und die Heimkehrer anständig Arbeit und Wohnung bekommen. Damit ist ihnen mehr gedient als mit einer solchen Gedenkwoche. Sie haben la durch Ihre Regierung erst vor wenigen Tagen gegenüber den Kriegsopferorganisationen zu erkennen gegeben, daß Sie für deren Forderungen auf Erhöhung der Renten und Zuwendungen nur die kalte Schulter übrig haben.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Die Bevölkerung draußen wird nur mit Empörung von einem solchen Antrag Kenntnis nehmen. Ich glaube, es wird vielmehr Aufgabe sein, den Heimkehrern und den Kriegsopfern zu helfen und dafür zu sorgen, daß es nicht noch einmal Kriegsgefangene und Kriegsopfer gibt.

    (Beifall bei der KPD.)