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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Deutscher Bundestag - 233. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Oktober 1952 10667 233. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Oktober 1952. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 10669A, 10670A Anteilnahme des Deutschen Bundestags an dem Eisenbahnunglück bei London . . . 10669A Eintritt des Abg. Eberhard in den Bundestag 10669B Glückwünsche zum 66. Geburtstag des Abg. Gengler 10669B Kleine Anfrage Nr. 291 der Fraktion der DP betr. früheres Luftwaffenlazarett Westerland (Nr. 3681 der Drucksachen) 10669B Schreiben des Stellvertreters des Bundeskanzlers betr. Ermäßigung für Schülerfahrkarten (Nr. 3741 der Drucksachen) 10669B Änderungen der Tagesordnung . . 10669C, 10699A Zweite Beratung des von den Abg. Gibbert, Schmitt (Mainz), Junglas, Kemper, Dr. Weber (Koblenz), Jacobs, Dr. Preusker, Dr. Atzenroth, Dr. Mühlenfeld, Freiherr von Aretin u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Steuer auf Schaumwein (Schaumweinsteuergesetz) (Nr. 3593 [neu] der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 3727 der Drucksachen): Absetzung von der Tagesordnung . . . . 10669C Beratung des Zweiten Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD und den Änderungsantrag der Fraktion der FU betr. Preise für Butter und Kartoffeln (Nrn. 3698, 3664 der Drucksachen, Umdruck Nr. 651) 10669D Kuhlemann (DP) (zur Tagesordnung) 10669D Absetzung von der Tagesordnung . . . 10670A Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/DPB, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über den Kapitalverkehr (Nr. 3714 [neu] der Drucksachen 10670A Beschlußfassung 10670B Erste Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes (Nr. 3733 der Drucksachen) 10669C, 10670B, 10680A Ausschußüberweisung 10670B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Protokoll vom 26. Juli 1952 über die Erstreckung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Streitigkeiten aus dem am 26. Mai 1952 in Bonn unterzeichneten Abkommen über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (Nr. 3700 der Drucksachen) 10670C Ausschußüberweisung 10670C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Festsetzung einer Betriebsgrenze für ostwärts der deutsch-niederländischen Landesgrenze liegende Steinkohlenfelder vom 18. Januar 1952 (Nr. 3710 der Drucksachen) 10670C Ausschußüberweisung 10670D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung (Nr. 3597 der Drucksachen; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 3729 der Drucksachen) 10670D Horn (CDU), Berichterstatter . . . . 10670D Beschlußfassung 10671D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über Sozialversicherung (Nr. 3376 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 3707 der Drucksachen) 10671D Meyer (Hagen) (SPD), Berichterstatter 10672A Beschlußfassung 10672C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Entschädigung an ehemalige Kriegsgefangene und Zivilinternierte für in der Kriegsgefangenschaft geleistete Arbeit (Nr. 3674 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Frau Hütter, Dr. Schäfer und Fraktion der FDP betr. Entschädigungsgesetz für Arbeitsleistungen ehemaliger Kriegsgefangener (Nr. 3693 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Abg. Frau Hütter, Dr. Schäfer und Fraktion der FDP betr. Kriegsgefangenen-Gedenkwoche (Nr. 3694 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Zweiten Ergänzungsgesetzes zum Heimkehrergesetz (Nr. 3703 der Drucksachen) . . 10672C Pohle (SPD), Antragsteller 10672D Frau Hütter (FDP), Antragstellerin 10674B, 10676A, 10683B Höfler (CDU), Antragsteller . . . 10676C Maerkl (FU) 10677C Frau Dr. Probst (CSU) 10678A Tobaben (DP) 10679C Merten (SPD) 10680B Müller (Frankfurt) (KPD) . . . . 10682C Ausschußüberweisungen 10683C Beschlußfassung zum Antrag Drucksache Nr. 3694 10683C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Bundesanstalt für Flugsicherung (Nr. 3696 der Drucksachen) . 10683D Ausschußüberweisung 10683D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst (Nr. 3505 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 3716 der Drucksachen) 10683D Walter (DP), Berichterstatter 10683D, 10684C Dr. Solleder (CSU) . 10684A Abstimmungen 10684B, D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Untersuchung der Rheinschiffe und -flöße und über die Beförderung brennbarer Flüssigkeiten auf Binnenwasserstraßen (Nr. 3506 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 3717 der Drucksachen) 10685A Sander (SPD), Berichterstatter . . 10685A Beschlußfassung 10685C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten (Milch- und Fettgesetz) (Nr. 2964 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 3607, der Drucksachen; Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 673, 674, 675) . 10685C Struve (CDU): als Berichterstatter 10685D als Abgeordneter 10696A Kriedemann (SPD) 10687B, 10689B, 10690D, 10692D, 10693B, 10694D, 10695C Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) 10688D, 10691C, 10692B, 10693A Dr. Horlacher (CSU) . . . 10690A, 10694A Dannemann (FDP) . . . . . 10691A, 10696C Dr. Bertram (Soest) (FU) 10691C Niebergall (KPD) 10692C, 10695B Revenstorff (FDP) 10694C Eichner (FU) 10695A Abstimmungen 10691B, D, 10692B, D, 10693A, D, 10695B, 10696D Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn) u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zuckersteuergesetzes (Nr. 3736 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn) u. Gen. betr. Preise für Zuckerrüben und Zucker (Nr. 3744 der Drucksachen) 10669C, 10697A Ausschußüberweisungen 1069'7A, B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FU betr. Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche, über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Beschaffung von Bekämpfungsmitteln gegen die Maul- und Klauenseuche aus der DDR, über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Bereitstellung von Bundesmitteln zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche und über den Antrag der Abg. Dr. Horlacher u. Gen. betr. Schädlings- und Seuchenbekämpfung (Nrn. 3709, 2988, 2991, 2992, 2989 der Drucksachen) . . . 10697B Happe (SPD), Berichterstatter . . 10697B Niebergall (KPD) 10698B Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 10698D Beschlußfassung 10699A Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Juni 1949 (Nr. 2889 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung (5. Ausschuß) (Nr. 3715 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 672) 10699A Maier (Freiburg) (SPD), Berichterstatter 10699B Gundelach (KPD) 10700A, B Abstimmungen 10700A, B Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Dürrekatastrophe im südlichen Teil des Bundesgebiets (Nr 3701 der Drucksachen) 10700C Dr. Horlacher (CSU), Antragsteller 10700D Höhne (SPD) 10702A Schill (CDU) 10702D Hohl (CDU) 10704A Ritzel (SPD) . 10705A Wartner (FU) 10705C Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 10706A Frühwald (FDP) 10706B Niebergall (KPD) 10707A Ausschußüberweisung 10707B Beratung des Antrag.; der Abg. Dr. Horlacher, Dr. Meitinger, Dannemann, Tobaben, Kriedemann u. Gen. betr. Erhaltung des deutschen Flachs- und Hanfanbaues (Nr. 3718 der Drucksachen) 10669C, 10707B Ausschußüberweisung 10707B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kraftloserklärung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen in besonderen Fällen (Nr. 3708 der Drucksachen) 10707B Ausschußüberweisung 10707B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Ott gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 21. Juli 1952 (Nr. 3705 der Drucksachen) . . . . 10707C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 10707C Beschlußfassung 10708A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Löfflad gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 10. Juni 1952 (Nr. 3706 der Drucksachen) . . . . 10708A Dr. Meitinger (FU), Berichterstatter 10708A Beschlußfassung 10708D Nächste Sitzung 10708D Die Sitzung wird um 13 Uhr 37 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    • insert_commentVorherige Rede als Kontext
      Rede von Peter Tobaben


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

      Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Drucksachen Nrn. 3674 und 3693 wird gefordert, daß die Regierung ein Gesetz zur Entschädigung für die in der Gefangenschaft geleistete Arbeit der ehemaligen Kriegsgefangenen vorlegt und die Anerkennung dieser Arbeit als Reparationsleistung erwirkt. Demgegenüber will der Antrag der CDU Drucksache Nr. 3703 eine Ergänzung zum Heimkehrergesetz schaffen mit dem Ziel, den zu spät Gekommenen weitere Hilfe zu geben beim Aufbau ihrer wirtschaftlichen Existenz, Wohnraumbeschaffung usw.
      Ich meine, man sollte das eine tun und das andere nicht lassen. Die Kriegsgefangenen, die noch Jahre nach der Beendigung des Krieges von der Heimat ferngehalten wurden und zum Teil heute noch nicht zurückgekehrt sind, haben wohl ein Anrecht darauf, daß ihnen die Heimat hilft, die Brücken zu einem Leben zu bauen, das wieder einen Sinn hat. Sie haben in der düstersten Zeit ihres Lebens mit der ganzen Kraft aller Hoffnung, deren überhaupt ein Mensch fähig ist, an die Heimat geglaubt. Wenn dieser Glaube heute enttäuscht wird, bricht bei ihnen eine Welt zusammen. Das kann die Heimat nicht wollen, und das wird sie nicht wollen.
      Im Gegensatz zu diesem Antrag, der auf einer sozialen Ebene liegt, sollen die beiden ersten Anträge einem Rechtsanspruch Genüge tun. Ich glaube, es ist keine Anerkennung, sondern nur eine einfache Feststellung, wenn ich sage, daß in der Jaltaer Konvention wie in dem Potsdamer Abkommen erneut bestätigt wurde, daß für diesen Zweck die nach der Genfer Konvention zu beachtenden Grenzen der Kriegsgefangenenarbeit offiziell zu suspendieren seien, d. h. daß für die deutschen Kriegsschäden demgemäß die Gefangenen Arbeit zu leisten hatten. Mit anderen Worten: die ehemaligen Soldaten hatten durch ihre Arbeit Reparationen zu leisten und leisten sie noch, soweit sie noch nicht heimkehren dürfen. Ich glaube, daß auch die Bundesregierung eines Tages in ihren Verhandlungen mit den ehemaligen Gegnern dieses Thema wird aufgreifen müssen. Je klarer deshalb heute der Staat den Heimkehrern gegenüber den Rechtsanspruch anerkennt und ihn nicht nur in Sozialmaßnahmen umformt, desto besser wird es möglich sein, als Verhandlungspartner entsprechend aufzutreten.
      Gewiß ist unsere Wirtschaft durch die Folgen des Krieges, der nach dem wahnsinnigen Befehl bis fünf Minuten nach 12 Uhr durchgehalten werden mußte, schwer belastet, und wir werden sicher noch


      (Tobaben lange daran zu tragen haben. Aber was dem einen recht ist, sollte dem andern billig sein. Wir sind für eine baldmöglichste Behandlung dieser Anträge im Ausschuß, wo in sachlicher Beratung Ansprüche und Möglichkeiten abgewogen werden können. Der Antrag Drucksache Nr. 3694 will in einer zwei Minuten langen Verkehrsstille die Geschlossenheit des deutschen Volkes in der Kriegsgefangenenfrage dokumentieren. Meine Fraktion stimmt diesem Antrag zu in der Überzeugung, daß die Frage der Kriegsgefangenen alle sonstigen Meinungsverschiedenheiten weit zurücktreten läßt. Hier sind nicht nur — und werden heute noch —die Völkerrechtsgrundsätze, sondern auch die elementarsten Grundsätze des Menschenrechts außer acht gelassen. Dasselbe aber trifft auch zu für die heute noch nach einem Sonderrecht festgehaltenen Kriegsverurteilten, die zum Teil auch noch in westlichen Gefängnissen sitzen. Meine Fraktion möchte sie miteinschließen, um der Welt zu zeigen: in der Verletzung des Rechts fühlt sich das ganze deutsche Volk getroffen. Ehe ich das Wort weiter gebe, möchte ich dem Haus mitteilen, daß der Punkt 7 der Tagesordnung — betreffend Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes —, dessen zweite und dritte Beratung noch aussteht, heute nicht mehr erledigt werden kann. Man ist offenbar in dem zuständigen Ausschuß noch nicht einig geworden. Das Wort in der fortgesetzten Aussprache hat der Abgeordnete Merten. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich, hauptsächlich veranlaßt durch die Ausführungen unserer Kollegin Probst, auch einige Bemerkungen zu den Anträgen machen, die uns vorliegen. Ich darf zunächst auf das eingehen, was Frau D r. Probst zu der Frage äußerte, daß die Arbeit der Kriegsgefangenen und Zivilinternierten nicht als Reparationsleistung anzuerkennen sei. Wir haben diesen Satz — wenn er aufmerksam gelesen wird, wird es auch jedem klar sein — deshalb in einem zweiten Punkt gefaßt, weil wir die Anerkennung dieser Arbeit als Reparationsleistungen nicht zur Voraussetzung dafür machen wollten, daß die Entschädigung für die Kriegsgefangenen und Internierten anerkannt und geregelt wird. Das sind zwei Punkte, die vollkommen unabhängig voneinander geregelt werden müssen. Die Anerkennung dieser Leistungen auf deutsches Pluskonto hat auch gar nichts damit zu tun, daß man nun wieder zum Potsdamer Abkommen oder zu dergleichen Verträgen zurückkehren wollte. Gerade die Konferenz von Jalta war es, die beschlossen hat, daß diese Arbeiten nicht angerechnet werden sollten. Die Folgen dieser Konferenz waren, daß den deutschen Kriegsgefangenen und Internierten die ihnen zustehenden Arbeitslöhne nicht gezahlt werden sollten. Es wäre für uns ein erheblicher Fortschritt, wenn diese Arbeiten anerkannt würden, und zwar gerade als Reparationsleistungen. Denn das Schicksal der deutschen Auslandsguthaben ist ja uns allen noch in allzu klarer Erinnerung, als daß wir wünschen könnten, daß nun auch diese deutsche Leistung dem Schicksal der deutschen Auslandsguthaben anheimfällt, nämlich einfach entschädigungslos enteignet zu werden. Meine Damen und Herren, in allen Ländern, die am Kriege beteiligt gewesen sind, hat man nach dem Kriege umfassende Gesetze geschaffen, die versucht haben, die Nachteile auszugleichen, die dem einzelnen Soldaten durch seine Teilnahme am Krieg im wirtschaftlichen und sozialen Leben entstanden sind. Diese Gesetze hatten weiterhin noch den Sinn, dem Soldaten gewissermaßen den Dank der Heimat dafür zu geben, daß er Leben und Gesundheit für diese Heimat eingesetzt hat. Derartige Gesetze gibt es in unserem Lande leider bis heute noch nicht. In den ersten Jahren nach dem Kriege war der Erlaß derartiger Gesetze überhaupt unmöglich; denn die Besatzungsmächte hatten es verboten, die Besatzungsmächte, die damals noch in jedem deutschen Soldaten einen bluttriefenden Militaristen sahen, der dadurch umerzogen werden mußte und sollte und dadurch zum friedliebenden Bürger gemacht werden sollte, daß man ihm klar machte: „Aus der Tatsache, daß du Soldat gewesen bist, wirst du nicht nur keinerlei Vorrechte erhalten, sondern du wirst dafür ganz bewußt benachteiligt werden, damit dir ein für allemal die Lust vergeht, eine Uniform anzuziehen und eine Waffe in die Hand zu nehmen." Die politische Instinktlosigkeit der Besatzungsmächte hat auch auf diesem Gebiet, wie auf vielen anderen, Triumphe gefeiert, die zur Folge hatten, daß ein ganzer Teil der Heimkehrergeneration dem Aufbau des demokratischen deutschen Staates mit Mißtrauen gegenüberstand und heute noch steht. Das heißt mit anderen Worten, daß wir Deutsche auch auf diesem Gebiet die Suppe auslöffeln müssen, die uns die damaligen Militärregierungen eingebrockt haben. Die deutschen Behörden, insbesondere der Länderrat in Stuttgart, haben schon früher versucht, die schlimmsten Härten und Schwierigkeiten für die Heimkehrer zu mildern. Der Bundestag hat als eines seiner ersten Gesetze das Gesetz über die Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer verabschiedet; aber dieses Gesetz ist j a alles andere als eine allgemeine Regelung der Fragen, die aus Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft entstanden sind, es ist lediglich der Versuch, einige Härten zu mildern. Heute kann festgestellt werden, daß dieser Versuch nur teilweise gelungen ist. Herr Kollege Höfler hat schon auf die Punkte hingewiesen, bei denen es nicht gelungen ist, den Heimkehrern gerecht zu werden. Er nannte die Zahl von 13 000 arbeitslosen Heimkehrern. Das bedeutet, daß 13 000 Männer seit ihrer Entlassung noch nicht einen einzigen Tag in Arbeit gestanden haben. Um ein Vielfaches höher ist die Zahl derjenigen Heimkehrer, die heute noch berufsfremd beschäftigt sind, insbesondere der ehemaligen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die irgendeine Hilfsarbeit angenomen haben, um sich und ihre Familie mühsam durchzubringen. Die Fragen des Wohnraums, der Arbeitsbeschaffung und des Aufbaues selbständiger Existenzen der Heimkehrer müssen noch umfassend gelöst werden. Darüber hinaus sind andere Fragen offen, die im Heimkehrergesetz überhaupt nicht angesprochen sind, weil ihre Regelung ja über den Rahmen einer ersten Hilfe für die Heimgekehrten hinausgeht. So wollen die vorliegenden Anträge, insbesondere der Antrag meiner eigenen Fraktion und der der FDP, etwas Versäumtes nachholen. Diese Nachholung ist dringend notwendig. Ich möchte vor einem Fehler warnen, der bei der Betrachtung der Anträge immer wieder begangen wird. Es geht nämlich gar nicht in erster Linie um das Geld, sondern es geht um die Anerkennung der Leistungen, die deutsche Männer und auch deutsche Frauen in fremdem Gewahrsam, auf fremden Befehl und unter -unwürdigsten Bedingungen vollbracht haben, und zwar waren sie zu diesen Leistungen aus einem einzigen Grunde gezwungen, nämlich aus dem Grunde, daß sie Deutsche waren. Das, Frau Dr. Probst, ist der Riesenunterschied zwischen diesen Leistungen und jenen, die in Deutschland vollbracht worden sind, wenn auch ebenfalls unter außerordentlich schwierigen Bedingungen. Man kann die beiden Dinge nicht miteinander vergleichen. Das Leben hinter dem Stacheldraht, die Arbeit auf Grund von Zwang und Befehl, im fremden Land, ohne jede Entlohnung, abseits von der Familie, unter Bedingungen, die einfach menschenunwürdig waren, ist eine vollkommen andere Sache. Das eine anerkennen heißt nicht das andere mißachten; aber diese beiden Dinge müssen auf vollkommen verschiedenen Ebenen gewürdigt werden. Diese Leistungen sind stellvertretend für das ganze Volk vollbracht worden und müssen daher auch vom ganzen Volk gegenüber seinen Gliedern anerkannt werden. Das ist nicht nur und auch nicht in erster Linie eine Geldfrage, sondern eine politische Frage, von deren Lösung es abhängt, ob es uns gelingt, eine ganze Generation zur freudigen Mitarbeit in unserem demokratischen Staatswesen und damit an der Zukunft unseres Volkes zu gewinnen. Auf dem Wege zu diesem Ziel muß sehr viel Versäumtes nachgeholt werden. Im Zusamenhang damit ist es aber auch erforderlich, daß die Bundesregierung die zahlreichen Fragen auf dem Gebiet des Kriegsgefangenenwesens, die gegenüber den Gewahrsamsstaaten offengeblieben sind, aufgreift und einer Regelung zuführt. Die Fragen des Umfangs der Kriegsgefangenschaft, der Entlassung, des Verbleibs des abgenommenen Privateigentums, der Entlohnung für die geleistete Arbeit und der Zahlung des Wehrsolds müssen endlich einmal durch unmittelbare Verhandlungen mit den Gewahrsamsstaaten in Ordnung gebracht werden. (Zuruf von der Mitte: Die wollen ja nicht verhandeln!)


      (Beifall bei der DP.)


    Rede von Dr. Carlo Schmid
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
    • insert_commentNächste Rede als Kontext
      Rede von Hans Merten


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


      (Sehr gut! bei der SPD.) Das wollen wir eben mit unserem Antrag vermeiden.


      (Sehr gut! bei der SPD.)


      (Erneute Zustimmung bei der SPD.)


      (Merten)

      Meine Fraktion gibt der Hoffnung Ausdruck, daß derartige Verhandlungen möglichst bald beginnen und vor allen Dingen die Weißbücher über die einzelnen Gewahrsamsländer bald veröffentlicht werden. Schon das Friedensbüro beim Länderrat in Stuttgart hatte die Vorbereitungen hierfür getroffen. Aber seit 1949 ist nicht mehr weitergearbeitet worden. Ich habe Mittel dafür im Haushalt des Bundes auch nicht entdecken können.
      Wir fordern nicht nur die Anerkennung der Leistungen der Kriegsgefangenen durch die Gesetzgebung des Bundes, sondern wünschen, daß sich die Bundesregierung gegenüber den Gewahrsamsstaaten stärker als bisher für die Wahrung der Rechte der Kriegsgefangenen einsetzt. Das ist mit Ziffer 2 unseres Antrags gemeint, worin die Anerkennung dieser Arbeit auch durch die Gewahrsamsstaaten gefordert wird.
      Meine Damen und Herren, sehr viele werden sich die Frage vorgelegt haben: Ja, wieviel Heimkehrer sind es denn nun eigentlich, die durch diese Gesetze erfaßt werden sollen? Und da müssen einige sehr unangenehme Feststellungen getroffen werden. Es weiß z. B. heute noch kein Mensch, wieviel Kriegsgefangene in den Jahren 1945 oder 1946 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden sind. Die Ausrottung des Militarismus in Deutschland durch die Besatzungsmächte wurde damals derartig gründlich betrieben, daß es sogar den deutschen Behörden verboten war, die entlassenen Kriegsgefangenen auch nur zu zählen, geschweige denn zu registrieren. Die chaotischen Zustände, die durch die völlig unsystematische Entlassung, durch die völlig unsystematische Demobilisierung entstanden sind, haben uns bis zum heutigen Tage in ihren Folgen noch zu beschäftigen. Von einer geordneten Demobilisierung der Millionenmassen der deutschen Soldaten konnte gar keine Rede sein, und ein großer Teil der Heimkehrernot von heute hat seine Ursachen in den chaotischen Zuständen von damals.
      Erst im Jahre 1947 ist es möglich gewesen, einmal halbwegs vernünftige Heimkehrerzahlen zu erhalten und eine Kontrolle über diesen Strom auszuüben. Es kehrten 1947 ins Bundesgebiet zurück 219 000 Kriegsgefangene, 1948 470 000, 1949 300 000, 1950 48 000 und 1951 4 000. Damit sind rund eine Million registriert. Aber in den Jahren 1945 und 1946 sind mindestens 4 bis 5 Millionen vollkommen unkontrolliert in das Bundesgebiet eingeströmt.

      (Sehr richtig! rechts.)

      Denken Sie bitte daran, daß allein aus innerfranzösischen Lagern rund 150 000 Kriegsgefangene entflohen sind, davon die Hälfte glücklicherweise mit Erfolg. Die Zahl der Kriegsgefangenen aus amerikanischen Lagern, die auf dem Wege der Selbstentlassung verschwunden sind, liegt ebenfalls weit über 100 000. Sehr viele haben keinerlei Papiere. Die Bundesregierung kennt diese Tatsache. Sie ist auf sie hingewiesen worden, ebenso wie sie bereits vor über einem Jahr durch den Bundestag auf diese Angelegenheit der Entschädigung hingewiesen worden ist. Es ist jedoch nichts geschehen, was Anspruch auf die Bezeichnung „umfassende Regelung" erheben könnte, und gut gemeinte Absichten einzelner Ressorts sind einfach im Streit über die Zuständigkeit steckengeblieben.

      (Abg. Dr. Mende: Hört! Hört!)

      Der Antrag der CDU, um noch einmal kurz auf ihn zurückzukommen, will diese ganze Angelegenheit als Ergänzung des Heimkehrergesetzes geregelt haben. Ich könnte in diesem Zusammenhang, insbesondere was die Existenzaufbauhilfen anbetrifft, ebendieselbe Fraktion fragen, warum sie denn nicht bei der Behandlung des Lastenausgleichsgesetzes dafür gesorgt hat, daß die Heimkehrer in die Überleitungsvorschriften mit hineingekommen und den politisch Verfolgten gleichgestellt worden sind. Es lagen gut ausgearbeitete Anträge darüber vor, und die Gewährung der Existenzaufbauhilfe nach dem Soforthilfegesetz hätte auch in Zukunft stattfinden können. Es wäre damals viel einfacher gewesen, das im Rahmen des Lastenausgleichsgesetzes zu regeln, als es jetzt in ein Heimkehrergesetz hineinzunehmen, wo es auf keinen Fall hineingehört, da dieses einen völlig anderen Charakter hat. Nach der Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes ist es jetzt viel komplizierter, eine befriedigende Lösung zu finden.


      (Merten)

      Das Anliegen, das wir haben und das auch im Antrag der FDP zum Ausdruck kommt, kann man nicht einfach durch eine Novelle regeln. Denn es geht ja hier gar nicht um Hilfsmaßnahmen für in Not befindliche Heimkehrer oder um die Behebung besonderer Notstände, sondern es geht um die Regelung einer Frage, die nun einmal alle ehemaligen Kriegsgefangenen angeht, ganz einerlei, ob sie im Augenblick hilfsbedürftig sind oder nicht. Es geht um die Regelung von Leistungen und Rechtsansprüchen, die jeder Kriegsgefangene hat und die nicht von irgendeinem Grad der Hilfsbedürftigkeit abhängig gemacht werden dürfen.
      Ich will auf die völkerrechtlichen Zusammenhänge dieser Frage nicht näher eingehen. Sie sind hier bereits von meinem Freund Pohle kurz angedeutet worden. Im übrigen wird sich ja der Ausschuß noch mit dieser Frage zu beschäftigen haben. Es steht fest, daß die völkerrechtlich vorgesehenen Wehrsoldzahlungen an die Offiziere durchweg nicht erfolgt sind. Es steht weiterhin fest, daß die völkerrechtlich vorgesehenen Lohnzahlungen an diejenigen Kriegsgefangenen, die gearbeitet haben, nur in außerordentlich seltenen Fällen erfolgt sind. Von diesen Ausnahmefällen, die ich eben erwähnte, sind geregelt die Fälle, die aus den Fonds von 76 Millionen DM befriedigt worden sind, die nach der Währungsreform von den Besatzungsmächten den westdeutschen Ländern zur Verfügung gestellt worden sind. Das geschah damals deshalb, weil es keine zentrale Regierungsgewalt in Deutschland gab; aber nach der Bildung der Bundesbehörden und nach der Schaffung des Grundgesetzes ging ja die Zuständigkeit für die Kriegsgefangenen an den Bund über. Trotzdem aber weigern sich die Länder bis zum heutigen Tage, dem Bund darüber Auskunft zu geben, was mit diesem Geld geschehen ist. Ohne Zweifel ist diese Summe von 76 Millionen Mark nicht verausgabt worden. Es muß daher noch ein Rest vorhanden sein, und dieser Rest könnte ohne weiteres für die Zwecke verfügbar gemacht werden, die mit den drei vorliegenden Anträgen verfolgt werden.
      Ich könnte dem Herrn Bundesfinanzminister vielleicht einen guten Tip geben, wenn ich ihm sage, daß es unter Umständen recht lohnend für ihn wäre. sich einmal nach dieser Angelegenheit zu erkundigen. Ich sage ihm aber gleich dazu, daß er damit seinen bayerischen Freunden einen großen Schmerz zufügen wird; denn die Bayern sind natürlich eines der beiden Länder, die jede Auskunft auf die Frage nach den 76 Millionen bis zum heutigen Tage verweigert haben.

      (Hört! Hört! bei der SPD.)

      Ich darf der Hoffnung Ausdruck geben, daß der 26. Ausschuß diese Dinge schnell bearbeitet, damit auch die Bundesregierung schnell zu einer Regelung und einer Vorlage kommt; denn doppelt hilft, wer schnell hilft. Ich beantrage im Namen meiner Fraktion, daß diese drei Vorlagen dem Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen zugeleitet werden. Ich möchte jedoch bitten, die Zuleitung an den Haushaltsausschuß abzulehnen. Die Befassung des Haushaltsausschusses mit dieser Angelegenheit hat meiner Ansicht nach erst dann einen Sinn, wenn der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorliegt und behandelt werden kann. Ich bitte ferner, die Vorlage Nr. 3694 betreffend Kriegsgefangenen-Gedenkwoche nicht dem Kriegsopferausschuß zuzuleiten, sondern dieser Vorlage
      gleich jetzt zuzustimmen, damit die Bundesregierung die erforderlichen Maßnahmen treffen kann.

      (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP.)