Rede von: Unbekanntinfo_outline
erstens: von keiner Stelle der Bundesregierung wurden in dieser Angelegenheit Verhandlungen geführt; zweitens: über den möglichen Umfang der Entschädigungsansprüche liegen bisher keine Unterlagen vor.
Da es sich um ein schwieriges völkerrechtliches und finanzpolitisches Problem handelt, haben wir die Bundesregierung nicht gedrängt, d e n Schritt zu tun, den wir von ihr erwartet haben. Nachdem aber seit unserer Kleinen Anfrage vom März dieses Jahres ein halbes Jahr verstrichen ist, ohne daß eine weitere Verlautbarung über die Absichten der Regierung auf diesem Gebiet erfolgt ist, sehen sich meine politischen Freunde genötigt, das Schweigen im Regierungswald mit diesem Antrag zu brechen.
Wir alle in diesem Haus sind mit dem Anliegen der Heimkehrer vertraut gemacht worden. So schwierig auch das Problem ist, so haben die Heimkehrer doch ein Anrecht darauf, eine Antwort von uns zu erhalten. Auch der Ausschuß für Geld und Kredit, der zu einem Antrag betreffend Gebührnisansprüche ehemaliger deutscher Kriegsgefangenen in Norwegen Stellung zu nehmen hatte, und zwar für einen Kreis von Personen, die als Minenräumer eingesetzt waren, kam in seinem Mündlichen Bericht, der in der 154. Sitzung des Deutschen Bundestages erstattet wurde, zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Antrags nur im Rahmen eines umfassenden Gesetzes über die Entschädigung von Kriegsgefangenen für Leistungen in der Kriegsgefangenschaft geregelt werden kann. Es schweben auch eine Reihe von Forderungen im Raume, die uns täglich durch Briefe nahegebracht werden und zu denen nach Prüfung der Rechtslage, die sich aus dem Genfer Abkommen ergibt, vom Gesetzgeber endgültig einmal ja oder nein gesagt werden muß. Man erledigt eine Forderung nicht damit, daß man sie einfach totschweigt. Wir haben die Berechtigung einer Forderung zu untersuchen und haben zu prüfen, inwieweit wir es verantworten können, sie einer Realisierung zuzuführen.
Ich bekenne mich auch bei diesem Antrag meiner Fraktion erneut zu den Worten, die ich in der 122. Sitzung des Bundestags zu einer Interpellation der SPD-Fraktion betreffend die Spätheimkehrer gesprochen habe:
Meine politischen Freunde wollen nun wahrhaftig auch mit dieser Interpellation keinen propagandistischen Wind machen; denn es steht auch für uns fest, daß in der zwölfjährigen Kostprobe des tausendjährigen Reiches sowie in den Nachkriegsmaßnahmen einzelner Siegernationen so viel körperliches, seelisches und materielles Unrecht angehäuft worden ist, wie von unserer Generation bei allen Anstrengungen allein nicht mehr gutgemacht werden kann.
Meine Damen und Herren, bei jeder neuen Forderung, die an uns herantritt, darf von uns nicht außer acht gelassen werden, daß die Forderung nach Anpassung der Renten unserer schwerbeschädigten Kameraden und ihrer Hinterbliebenen an das veränderte Preisgefüge ihren berechtigten Hintergrund hat. Ein amputiertes Bein bleibt ein ganzes Leben lang amputiert, und die Dunkelheit, die um den Kriegsblinden bis zu seinem Tode liegt, kann durch keinen Wiedergutmachungsstrahl erhellt werden.
Wir wollen auch nicht vergessen, daß im Deuschland der Nachkriegszeit zahlreiche Menschen an Selbstkannibalismus zugrunde gingen, wo sich die ausgemergelten Körper in sich selbst verzehrten, die Tuberkulose alle Dämme zu brechen schien und auch die in der Heimat Verbliebenen oder bereits Zurückgekehrten hungernd und frierend die letzte Substanz des gevierteilten Vaterlandes zu erhalten trachteten. Die Arbeiter, die in dieser Zeit mit einer Rübenscheibe als Frühstücksbrot in der Tasche zur Arbeit gingen, haben in diesen Hungerjahren eine Leistung vollbracht, die mit dazu beigetragen hat, daß vielfach eine Stätte zur Heimkehr überhaupt noch erhalten blieb bzw. neu geschaffen werden konnte.
Wir haben aber auch eine Verpflichtung, die Verspäteten-Situation der Heimkehrer durch gesetzliche Maßnahmen zu berücksichtigen. Das Heimkehrergesetz war ein Gesetz der ersten Hilfe. Ein Entschädigungsgesetz, das auch nicht in allen Fällen hundertprozentig wirksam werden kann, wird, gut ausgewogen, den ersehnten und leider so viefach nicht geförderten Start zur Existenz, zur eigenen Wohnung bringen können.
Wir sind ohne Illusionen an die Schaffung des Heimkehrergesetzes gegangen. Wir werden ohne Illusionen an der Gestaltung eines Entschädigungsgesetzes mitarbeiten. Auch der Heimkehrerverband hat sich bei seinem Entwurf, der die Entschädigungsforderung umreißt, in Grenzen gehalten, in denen eine ernsthafte Diskussion durchaus im Bereich des Möglichen liegt.
Der zweite Absatz im Antrag der SPD-Fraktion ist für die Bundesregierung ein Hinweis, wie er im Vorspruch zum Entwurf des Heimkehrerverbandes vorhanden ist. Die Kriegsgefangenen wollen das deutsche Volk in die Lage setzen, den Anspruch aus ihrer geleisteten Arbeit in voller Höhe gegen die Gewahrsamsländer geltend zu machen. Auch hier sind wir ohne Illusion. Dieser Hinweis ist aber doch ein Argument in den Händen der Bundesregierung, Erleichterungen von ihr zugedachten Zahlungsverpflichtungen zu fordern und den Versuch der Durchsetzung zu unternehmen.
Meine Damen und Herren, wir betrachten das Anliegen der Heimkehrer als ein Anliegen des deutschen Volkes. Wir sind bereit, in gemeinsamer Arbeit in diesem Hause die Maße und das Ziel für diesen Gesetzentwurf finden zu helfen. Stimmen Sie unserem Antrage zu, damit die Zeichnung gefertigt und der Gesetzesbau begonnen werden kann, illusionslos, aber für den Heimkehrer, der auf das Ergebnis unserer Arbeit wartet, nicht hoffnungslos.