Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre sehr reizvoll, den Herrn Kollegen Morgenthaler über die verschiedene Gestaltung des kommunalen Verfassungsrechts zu informieren. Das Institut des staatlichen Landrats, das es offenbar in seiner Heimat noch gibt, kennen wir z. B. in der früheren britischen Zone nicht mehr. Im übrigen sind, glaube ich, Landkreise nicht sehr typisch für die Betrachtung der Fragen, die hier zur Erörterung stehen.
Ich will Sie nicht mit Zahlen langweilen; ich habe ein sehr exaktes Zahlenmaterial zur Hand, das ich aber nicht gebrauchen will mit der Tendenz, die Sie mir vermutlich unterstellen, die Sie wissen, daß ich hauptberuflich Angestellter beim Deutschen Städtetag bin. Ich habe im Städtetag noch heute morgen eine Unterredung geführt und darauf hingewiesen, daß es notwendig und möglich ist, im Wege von Vereinfachungsmaßnahmen einigen Verwaltungsaufwand abzubauen,
der auch bei der Ausstellung von Pässen immer noch gang und gäbe ist. Da ist noch eine Art Auswirkung der umständlichen Praxis zu spüren, die in den ersten Jahren nach 1945 einriß, als die Besatzungsmacht jeden Deutschen, der wegen irgendeines Paßanliegens kam, nicht nur sehr kritisch, sondern auch außerordentlich zurückhaltend betrachtete und entsprechend behandelte. Es kann heute schneller gehen. Es ist möglich, die Unterlagen schneller beizuschaffen.
Es handelt sich um nicht unerhebliche Defizitbeträge, die in den einzelnen Städten festzustellen sind. Auch hier will ich Sie nicht mit Zahlen langweilen; aber ein kurzer Hinweis ist vielleicht doch gut. Beim Paßamt der Stadt Stuttgart ist im letzten Jahr ein Zuschußbedarf von über 78 000 DM entstanden. Das ist, wenn man die vielen Defizitbeträge addiert, die in den verschiedenen Ämtern auftreten, kein Pappenstiel. In Essen waren es 50 000 DM. Die Summen schwanken; sie sind zum Teil erheblich. Herr Kollege Morgenthaler, damit Sie einen Begriff von der Größenordnung bekommen: in Braunschweig sind in sechs Monaten des Jahres 1951 allein 3608 Reisepässe ausgestellt worden. Da sind also doch schon eine Reihe von Leuten in Tätigkeit, die sich dieser Arbeit unterziehen.
Wir von der sozialdemokratischen Fraktion haben nun einen Vermittlungsantrag eingebracht, der einen Mittelweg weist, den wir begehen sollten. Wir haben mit Umdruck Nr. 661 beantragt:
Der Bundestag wolle beschließen:
— insoweit wird also der Antrag Morgenthaler und Genossen ergänzt —
Die Bundesregierung wird ersucht, von einer Erhöhung der Paßgebühren in dem Umfange, wie sie der Entwurf einer Paßgebührenordnung vorsieht, abzusehen und die Geltungsdauer der Reisepässe auf fünf Jahre zu erstrecken.
Wir denken daran, daß eine gewisse Erhöhung der Paßgebühren verantwortet werden kann, und meinen, daß sie bei 5 oder höchstens 6 DM liegen sollte, nicht bei 8 DM, Herr Bundesinnenminister, wie es die Vorlage der Regierung vorsieht. Ein Ausgleich ergibt sich dadurch, daß die Geltungsdauer der Pässe, die bisher zwei Jahre beträgt — wenn ich nicht irre —, auf fünf Jahre erstreckt wird. Die Ausstellung eines Passes auf fünf Jahre kann in jeder Weise verantwortet werden. Dadurch ersparen wir Verlängerungsgebühren und dadurch machen wir die im Interesse der Gemeinden und Gemeindeverbände nicht ganz unumgängliche Erhöhung der Gebühren erträglich.
Wenn es nach uns ginge, sollte es keine Pässe mehr geben. Wir müssen alles versuchen, um Schwierigkeiten abzubauen, die immer noch entstehen, und den Verkehr der Völker untereinander stärker zu pflegen, als es bisher der Fall war. Aber leider können wir das nicht allein bestimmen. Überhöhte Paßgebühren und unnötiger Verwaltungsaufwand sollten bekämpft werden. Wir glauben, die Annahme unseres Antrages sollte empfohlen werden, weil er schon einen Teil des Weges zurücklegt, der in Zukunft noch konsequenter beschritten werden müßte.