Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war ein stolzer Tag in der Geschichte unseres jungen Parlamentes, als am 28. März 1950 das Erste Wohnungsbaugesetz einstimmig angenommen worden ist. Seitdem sind rund eine Million Wohnungen erstellt worden. Allein im vorigen Jahre hat der Wohnungsbau im Bundesgebiet die stolze Ziffer von 400 000 Wohnungseinheiten erreicht. Auch in diesem Jahre hoffe ich mit einer ähnlichen Zahl aufwarten zu können. Diese Ergebnisse können eigentlich erst dann richtig gewürdigt werden, wenn man sich vor Augen hält, daß die höchste Jahresleistung im Gebiet der heutigen Bundesrepublik in den Zeiten zwischen den beiden Kriegen, nämlich im Jahre 1928, der Bau
von 197 000 Wohnungen gewesen ist. Es besteht also ein gewaltiger Unterschied zwischen den Leistungen der beiden letzten Jahre und der Höchstleistung der Zeit zwischen den beiden Kriegen. Zu meiner Freude darf ich auch feststellen, daß die Zahl der Arbeitslosen in der Bauwirtschaft im Jahre 1952 einen besonders niedrigen Stand aufweist, der sogar niedriger ist als der des Jahres 1951. Das Erste Wohnungsbaugesetz hat damit wohl seine erste Bewährungsprobe bestanden.
Die großen Erfolge, die im Wohnungsbau erzielt worden sind, sind — das möchte ich hier in Dankbarkeit bekennen — mit in erster Linie auf die unermüdliche Tatkraft und auf die Schaffenskraft meines leider zu früh verstorbenen Vorgängers zurückzuführen. Im Sinne Eberhard Wild ermuths weiterzuwirken und mit allen Kräften die immer noch bestehende große Wohnungsnot zu lindern, mit allen Kräften, nicht nur mit der Kraft der Vernunft und des Verstandes, sondern auch mit der ganzen Leidenschaftlichkeit des Herzens dahin zu wirken, daß unsere Kinder dem Zwielicht der Bunker, der trüben Luft der Baracken entrissen und gesunden Wohnungen und Wohnverhältnissen zugeführt werden, das betrachte ich als meine erste Verpflichtung.
Die Bezeichnung des ersten Wohnungsbaugesetzes als Erstes Wohnungsbaugesetz deutet bereits darauf hin, daß man sich schon damals darüber klar gewesen ist, daß in geraumer Zeit auf Grund gewonnener Erfahrungen Änderungen und Ergänzungen zu diesem Gesetz vorgenommen werden müssen. Bei der Übernahme meines Amtes war in meinem Hause eine umfangreiche Novelle zum Wohnungsbaugesetz in Bearbeitung. Dieser Entwurf, der über 60 Paragraphen enthielt, befaßte sich auch mit einer Reihe von Einzelregelungen. Ich bin nach eingehender Prüfung zu der Überzeugung gelangt, daß es technisch und systematisch sehr schwierig ist, in die verschiedenen Bestimmungen des Ersten Wohnungsbaugesetzes neue Einzelregelungen hineinzuprojizieren. Wegen des inneren Zusammenhangs der Vorschriften müßte dann das ganze Gesetz gewissermaßen neu redigiert werden. Die Verhandlungen darüber würden aber zweifellos solche Zeit in Anspruch nehmen, daß zu befürchten wäre, das Gesetz könnte sich zu Beginn der neuen Bauperiode noch nicht auswirken. Ich habe mich daher entschlossen, die Vorarbeiten für ein umfassendes Zweites Wohnungsbaugesetz zwar weiter zu betreiben, die Regelung der vordringlichsten Probleme aber zunächst in einer kurzen Novelle zusammenzufassen.
Die Verhandlungen über diese Novelle mit den Bundesressorts, mit den Ländern, mit den wohnungswirtschaftlichen Verbänden, den Kapitalsammelstellen, der Bauwirtschaft und anderen für den Wohnungsbau wichtigen Organisationen sind jetzt so weit fortgeschritten, daß ich bestimmt damit rechne, diese Novelle in einigen Wochen dem Hohen Hause vorlegen zu können;
ich nehme es mit aller Bestimmtheit an, ich hoffe
es; die Verhandlungen sind nahezu abgeschlossen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nur ganz kurz über den Inhalt dieser Novelle im Vergleich zu dem heute zur Beratung stehenden Entwurf der Fraktion der SPD einige Bemerkungen
machen. Bei der Verabschiedung des Ersten Wohnungsbaugesetzes kam es bei der großen Wohnungsnot in erster Linie darauf an, möglichst rasch eine möglichst große Anzahl von Wohnungen zu schaffen. Aus diesem Grunde mußte damals die quantitative Wohnungsbaupolitik den Vorrang vor der qualitativen haben. Ich halte aber nunmehr den Zeitpunkt für gekommen, die Qualitätsfrage stärker als bisher in den Vordergrund zu rücken.
Die Bundesregierung hat es immer als eine ihrer vornehmsten Aufgaben angesehen, den Eigentumsgedanken und damit auch das Staatsgefühl unserer Bevölkerung zu stärken. Ich selbst betrachte es als ein wesentliches Ziel der nunmehr zu verfolgenden Wohnungsbaupolitik, möglichst breiten Volksschichten zu neuem Eigentum zu verhelfen.
Ich freue mich, feststellen zu können, daß auch der heute zur Beratung stehende Entwurf der SPD-Fraktion sich diesem Gedanken nicht verschließt. In der von mir vorzulegenden Novelle wird der Gedanke des Eigenheims, der Gedanke der Siedlung und auch des Wohnungseigentums wesentlich stärker akzentuiert werden, als dies in dem SPD-Entwurf vorgesehen ist.
Um der Qualitätsverbesserung zu ihrem Rechte zu verhelfen, ist in meinem Entwurf vorgesehen, nicht nur, wie das im SPD-Entwurf geschieht, die Mindestflächen, sondern auch die Höchstflächen der für den Sozialen Wohnungsbau bereitzustellenden Wohnungen zu erhöhen. Gerade von der Erhöhung der Höchstfläche verspreche ich mir eine gewisse Belebung der privaten Bautätigkeit, und ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, daß ich die Hebung der privaten Bautätigkeit auch als eine der vordringlichen Aufgaben meines Ministeriums betrachte.
— 80 Quadratmeter!
Auch der SPD-Entwurf verschließt sich offenbar nicht der Notwendigkeit, einer gewissen Neuregelung der Richtsatzmiete zuzustimmen. Es ergibt sich dies aus einigen auflockernden Bestimmungen, die der Entwurf enthält. Nachdem seit der Koreakrise Löhne und Gehälter erheblich angezogen haben, erscheint es mir unmöglich, an dem bisherigen starren Gefüge der Richtsatzmieten festzuhalten.
Herr Kollege Jacobi hat auch darauf verwiesen, daß es an der Zeit sei, im Bewilligungsverfahren eine vereinfachende Lösung zu finden. Ich darf Ihnen sagen, Herr Kollege Jacobi, daß in meinem Hause bereits Besprechungen stattgefunden haben und daß die Bemühungen fortgesetzt werden, wie man möglichst rasch und möglichst durchgreifend hier zu einer Vereinfachung kommen kann.
Die Ausführungen, die Herr Kollege Lücke vor vierzehn Tagen in Köln gemacht hat, haben mich sehr stark beeindruckt, und ich habe sofort in meinem Hause die entsprechenden Beratungen angestellt und hoffe, daß wir bald über Fortschritte berichten können.
Es wird nicht ganz einfach sein — das sage ich ohne weiteres —, weil ja nicht der Bund allein hierüber zu entscheiden hat.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch ganz kurz bemerken, daß ich in einigen anderen Punkten dem SPD-Entwurf nicht beitreten kann. So sehr mir natürlich auch jede Erhöhung der öffentlichen Mittel für den Wohnungsbau erwünscht ist, so sehr mir eine längerdauernde Sicherung und Festlegung dieser Mittel willkommen wäre, so mußte doch die Regierungsvorlage auf realpolitischem Boden bleiben. Es gibt viele Forderungen, die ich vom Standpunkt des Wohnungsbaues aus brennend gern erfüllt sähe. Ich bin mir aber andererseits auch der Verantwortung bewußt, als Mitglied der Bundesregierung nur solche Forderungen stellen zu dürfen, die wirklich erfüllbar sind.
Die in § 4 des SPD-Entwurfs vorgesehene Bindung der Kapitalsammelstellen zur Hergabe eines bestimmten Prozentsatzes ihrer langfristigen Mittel erscheint mir ebenfalls nicht vertretbar. Die Kapitalsammelstellen haben sich ihrer Verpflichtung zur Bereitstellung erststelliger Hypotheken auf Grund des Ersten Wohnungsbaugesetzes freiwillig in einem solchen Umfange unterzogen, daß ich nicht anstehe, ihnen hier an dieser Stelle den Dank des Bundesministers für den Wohnungsbau auszusprechen. Ich fürchte, daß eine gesetzliche Bindung sich nicht nur störend auswirken, sondern auch die so notwendige Förderung des Kapitalmarktes ungünstig beeinflussen könnte.
Meine Damen und Herren, dies waren einige Punkte, auf die ich mir heute einzugehen erlaubte. Im übrigen erscheint es mir durchaus zweckdienlich, wenn der SPD-Entwurf heute der Ausschußberatung überwiesen und wenn bereits im Ausschuß mit der Grundsatzaussprache begonnen wird. Damit kann eine wertvolle Vorarbeit auch für den von mir in Bälde vorzulegenden Regierungsentwurf geleistet werden. Die Einzelberatung wäre dann mit der Aussprache über diesen Regierungsentwurf zu verbinden.
Herr Kollege Jacobi hat vorhin darauf hingewiesen, daß sich im Ausschuß für Wohnungsbau im allgemeinen immer wieder der Wille durchsetze, zu einer einheitlichen Lösung der schwebenden Fragen zu gelangen. Ich darf hier von mir aus sagen, daß ich diese Stellungnahme außerordentlich begrüße, und ich darf weiter sagen, daß ich es mir zu einem besonderen Stolz anrechnen würde, wenn es gelänge, auch zur Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz eine einheitliche Stellungnahme des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen und damit vielleicht auch des ganzen Hohen Hauses herbeizuführen.