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ID0123203700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 232. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1952 10605 232. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1952 Geschäftliche Mitteilungen 10606C, 10616D, 10665D Erweiterung der Tagesordnung 10606D Kleine Anfrage Nr. 293 der Fraktion der SPD betr. Bezüge von Aufsichtsräten (Nrn. 3683, 3720 der Drucksachen) . . . 10606D Achter Bericht des Bundesministers für Arbeit über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (Nr. 3721 der Drucksachen) 10606D Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Art. 102 des Grundgesetzes (Nr. 3679 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Etzel (Bamberg), Dr. Horlacher u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Art. 102 des Grundgesetzes (Nr. 3702 der Drucksachen) . . 10606D Ewers (DP), Antragsteller . 10607A, 10625D Dr. Etzel (Bamberg) (FU), Antragsteller 10609C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 10610B Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . . 10616D Frau Meyer-Laule (SPD) 10618C Wagner (SPD) 10619D, 10625D Dr. Schneider (FDP) 10622A Fisch (KPD) 10623C Dr. Meitinger (FU) 10624D Abstimmungen über Anträge auf Ausschußüberweisung 10628B Zweite und dritte Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, FU betr. den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über den Kapitalverkehr (Nr. 3714 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 3722 der Drucksachen) 10606D, 10628C Scharnberg (CDU), Berichterstatter 10628D Beschlußfassung 10628D Termin der nächsten Fragestunde 10629A, 10665D Erste Beratung des Entwurfs einer Bundesrechtsanwaltsordnung (Nr. 3650 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hessischen Gesetzes zur Einführung der Rechtsanwaltsordnung (Nr. 3667 der Drucksachen) 10629A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 10629A, 10630D, 10634D Wagner (SPD) 10631A Dr. Schneider (FDP) 10632B Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . . 10633A Ausschußüberweisung 10636A Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Verkauf des ehem. Wehrmacht-Pferdelazaretts in Nürnberg, Wallensteinstr. 117, an den Bayerischen Rundfunk, München (Nr. 3690 der Druck sachen) 10636A Ausschußüberweisung 10636B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Winterbeihilfe (Nr. 3672 der Drucksachen) 10636B Frau Korspeter (SPD), Antragstellerin 10636B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10637A, 10640A Willenberg (FU) 10638B Arndgen (CDU) 10638C Kohl (Stuttgart) (KPD) 10638D Freidhof (SDP) 10639C Ausschußüberweisungen 10640C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ersten Wohnungbaugesetzes (Nr. 3676 der Druck sachen) 10640C Jacobi (SPD), Antragsteller 10640D, 10648D Neumayer, Bundesminister für Wohnungsbau 10642B Parzinger (FU) 10643D Paul (Düsseldorf) (KPD) 10644D Lücke (CDU) 10645C Wirths (FDP) 10647D Kalbfell (SPD) 10649D Ausschußüberweisungen 10650D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) über die Interpellation der Fraktion der SPD betr. Devisenkontrolle (Nrn. 3684, 2180 der Druck sachen) 10650D Dr. Serres (CDU), Berichterstatter 10651A Beschlußfassung 10651D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Notenwechsel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kuba vom 7. September 1951 betr. die vorläufige Regelung der Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern (Nr. 3283 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 3685 der Drucksachen) 10652A Lange (SPD), Berichterstatter . . 10652A Abstimmungen 10652B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (24. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Paßgebühren (Nrn. 3635, 3185 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Morgenthaler, Leonhard u. Gen. betr. Paßgebühren (Nr. 3695 der Drucksachen; Anderungsantrag Umdruck Nr. 661 [neu]) 10652C Feldmann (CDU): als Berichterstatter 10652C als Abgeordneter 10655C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10653D, 10655B Morgenthaler (CDU), Antragsteller 10654A Jacobi (SPD) 10654C Abstimmungen 10656A Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Ausübung der Krankenpflege (Nr. 3687 der Drucksachen) 10656A Frau Kalinke (DP), Antragstellerin 10656A Frau Dr. Steinbiß (CDU) 10657C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10658C Frau Dr. Hubert (SPD) 10659A Frau Dr. Mulert (FDP) 10660B Frau Strohbach (KPD) 10661A Frau Arnold (FU) 10661C Beschlußfassung 10662A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Hilfe für die sittlich gefährdete Jugend in den Räumen Baumholder, Kaiserslautern, Bitburg und Worms (Nr. 3691 der Drucksachen) . . 10662B Frau Dietz (CDU), Antragstellerin . 106623 Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 10662D Frau Dr. Ilk (FDP) 10663C Frau Nadig (SPD) 10663D Frau Thiele (KPD) 10664C Ausschußüberweisung 10665C Nächste Sitzung 10665D Die Sitzung wird um 13 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Friedrich Wilhelm Wagner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Nach dieser Kampfgemeinschaft mit dem Herrn Bundesjustizminister in der Frage, die wir zuvor behandelt haben, fällt es mir außerordentlich schwer, zu diesem Thema, das wir nun zu beraten haben, zu sprechen. sen habe nämlich gegenüber diesem Entwurf des Herrn Ministers derart bittere Gefühle und Empfindungen, daß ich sie gar nicht richtig auszudrücken vermag in der Stimmung, die ich in der Nachwirkung seiner Rede immer noch mit mir herumtrage. So mag das, was ich bei dieser ersten Beratung vortragen werde, an Stelle einer schärferen Formulierung, die mir durchaus gelegen hätte, vorläufig genügen.
    Herr Minister, darf ich meine persönlichen Gedanken — denn es sind ja nicht sehr viele, die sich mit dieser Frage beschäftigen werden — auf eine einfache Formel bringen, von der ich aber bitte, sich in keiner Weise beleidigt zu fühlen. Ich finde, daß Ihr Entwurf getragen ist von dem ausgesprochenen Obrigkeitsstaatsgedanken.

    (Abg. Dr. Schneider: Jawohl! Sehr gut!)

    Und dieser obrigkeitsstaatliche Gedanke scheint mir nicht Ihrer eigentlichen Art zu entsprechen. Ich habe den Eindruck, daß die an und für sich sicher sehr wertvolle Bürokratie Ihres Ministeriums hier eine Redaktion vorgenommen hat, die mit den demokratischen Prinzipien, die heute gelten sollen,
    nicht sehr viel gemeinsam hat.
    Der Herr Minister hat bereits vorgetragen, daß die deutschen Anwälte auf Grund des alten Anwaltsgesetzes vom Jahre 1878 in jedem Oberlandesgerichtsbezirk in Anwaltskammern zusammengefaßt sind. Diese Kammern werden geleitet von Vorständen, und diese Vorstände sind im ganzen Bundesgebiet in einer Arbeitsgemeinschaft der Anwaltskammervorstände des Bundesgebiets zusammengefaßt. Diese Anwaltskammervorstände bemühen sich seit Jahren um einen guten, den modernen Verhältnissen angepaßten Entwurf für die Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Anwälte. Sie haben bereits vor etwa zwei Jahren nach langen intensiven und gewissenhaften Beratungen einen eigenen Entwurf verfaßt, der in zahllosen Diskussionen besprochen worden ist. Sie wissen, wie das bei Anwälten ist. Wenn die beginnen zu diskutieren — das wissen Sie aus Ihrer eigenen Vergangenheit —, dann diskutieren sie gründlich und lange, und jeder hat eine andere Meinung. Wenn es dann aber trotzdem gelungen ist, in diesen Fragen eine fast völlige Einigkeit herbeizuführen und Ihnen einen ausgezeichneten Entwurf vorzulegen, dann, das muß ich sagen, muß man darüber enttäuscht sein, daß Ihre Herren vom Ministerium sich so wenig von den Leuten haben beraten lassen, die von der Materie nun wirklich das meiste verstehen.
    Man merkt, daß an diesem Entwurf der Anwaltsordnung im großen und ganzen nur von Beamten gearbeitet worden ist. Respekt vor den Beamten, — das ist eine Frage für sich. Ich wende mich nicht gegen die Beamten. Aber sie können das Verständnis für die Dinge nicht im gleichen Maße
    besitzen wie der Anwalt, der in der täglichen Praxis steht. Das muß man erleben, das muß man jeden Tag erleben, um beurteilen zu können, was zweckmäßig ist, um eine Rechtsanwaltschaft zu schaffen, die gerade im Rechtsstaat unentbehrlich für die Wahrung der Freiheit und der Rechte des einzelnen Staatsbürgers ist. Ich sage, eine solche Anwaltschaft kann nur geschaffen werden in enger Zusammenarbeit mit denen, denen die so hohe und schwierige Aufgabe obliegt. Ich habe den lebhaften Eindruck, daß es auf seiten Ihres Ministeriums, Herr Minister, völlig an der Zusammenarbeit mit den wirklich Sachverständigen gefehlt hat.
    Ich habe nicht die Absicht, in die Erörterung von Details einzutreten. Wir werden die Details im Rechtsausschuß sehr genau erörtern. Ich habe auch nicht die Absicht, meinen sehr geschätzten Kollegen Dr. Weber, mit dem ich sehr lange auf diesem Gebiet zusammengearbeitet habe, Dinge vorwegzunehmen. Aber wenn Sie in Ihrem Entwurf diese neue Institution der Bestallung bringen und damit in das Rechtsanwaltsverhältnis etwas Beamtenähnliches einführen wollen,

    (Abg. Dr. Greve: Gesindeordnung für Rechtsanwälte!)

    dann muß ich Ihnen sagen, daß das mit freier Advokatur, mit dem Begriff eines selbständigen Anwalts ganz bestimmt nicht zu vereinbaren ist. Die Anwälte wollen nicht beamtenähnlich sein, sie wollen unabhängig sein, sie wollen nicht vom Staat bestallt sein, ganz abgesehen davon, daß dieses Wort „Bestallung" auch im Beamtenrecht ein Wort ist, bei dem sich die Haare geradezu zu Berge richten.

    (Heiterkeit. — Abg. Hilbert: Vorsicht!)

    — Wenn man solche noch hat! (Erneute Heiterkeit.)

    — Ich sage, wenn man noch welche hat; ich bin vorsichtig, Herr Kollege! Es kann bei Ihnen auch noch kommen, Herr Kollege, getrost; da geht keiner dran vorbei!

    (Heiterkeit.)

    Es sind noch andere Bestimmungen: außer der Bestallung, Herr Minister, die Frage der Art der Zulassung. Eine andere Frage ist die Frage der Ausschließung. Da geben Sie uns zum Teil rechtsphilosophische Erklärungen, die unverständlich sind. Seit 1878 hat das anwaltschaftliche Ehrengericht die Möglichkeit, jeden Anwalt, der die Standespflichten schwer verletzt, auszuschließen. Und nun kommen Sie im Jahre 1952 und sagen: Ja, das geht nicht, was bisher seit 1878 gegangen ist. — Das, was unter der Monarchie gegangen ist, was gegangen ist in Zuständen, die wirklich nicht demokratisch waren, das demokratische Element, sage ich, in der Verwaltung der Anwaltschaft, aus dem nie irgendwie Nachteiliges oder Ungünstiges gehört oder gemeldet worden ist, das wollen Sie ausschalten!
    Ich will nicht auf die Systematik eingehen; ich will auch nicht auf die Zweiteilung des Ehrengerichtsverfahrens eingehen. Das sind alles Dinge, für die ich das Haus gar nicht im Augenblick interessieren kann, und es sind alles Dinge, die eine genaue Besprechung erfordern. Aber ich will darauf hinweisen, daß uns diese beiden Dinge — die Bestallung, die nur geschaffen wird, um uns irgendwie ans Leitseil zu bekommen, und auf der anderen Seite der Ausschluß durch den Staat und


    (Wagner)

    die Wegnahme dieser Ausschlußmöglichkeit, die das bisherige Ehrengericht hatte — zu der Feststellung berechtigen: Mag der Entwurf in einzelnen Punkten — z. B. in der Frage des Anwärterdienstes — akzeptabel sein, mag der Entwurf in dem und jenem untergeordneten Punkt durchaus auf Zustimmung stoßen können, in seinem Wesen und in seinem geistigen Gehalt geht er hinter den Entwurf von 1878 zurück. Und dazu, meine Herren und meine Damen, sind wir, glaube ich, nicht da. Wenn wir schon ein einheitliches Anwaltsrecht schaffen wollen, müssen wir ein Recht schaffen — dieses zersplitterte Recht, das wir jetzt haben, ist auf die Dauer unerträglich —, das aus demokratischem Geiste heraus geboren wird.
    Wenn von seiten des Bundesjustizministeriums erklärt wird, daß gerade das Grundgesetz und die in ihm enthaltenen Vorschriften ja verbieten würden, ein solches demokratisches Rechtsanwaltsrecht zu schaffen, dann muß ich sagen, dafür fehlt uns und dafür fehlt mir jedwedes Verständnis. Wir werden im Rechtsausschuß diese Dinge mit Genauigkeit, Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit zusammen mit Ihnen beraten, und wir werden in allen Details unsere eigenen Auffassungen den Ihren entgegenstellen und versuchen, Sie davon zu überzeugen, daß das, was Sie hier machen wollen, keinen Fortschritt bedeutet und kein gutes Werk ist, sondern daß es einen Rückschritt bedeutet und daß es ein schlechtes Werk ist.
    Ich möchte deshalb heute nicht in die Besprechung von Einzelheiten eintreten, sondern möchte nur sagen, daß ich diesen schwierigen Arbeiten mit einiger Sorge entgegensehe, da auf seiten des Justizministeriums eine Haltung zutage getreten ist — ich beziehe mich jetzt nicht gerade ) auf den Herrn Minister — -

    (Bundesjustizminister Dr. Dehler: Nur auf mich!)

    — Sie sind ein Kavalier, ich weiß das, und Sie sagen: Ich bin verantwortlich! — Ich will das gar nicht reizen bei Ihnen, Herr Minister;

    (Heiterkeit)

    wir wissen schon, wer verantwortlich ist und wer die juristische und wer die tatsächliche Verantwortung trägt. Aber das ist eine Frage, die vielleicht jetzt auch nicht sehr interessant ist.
    Auf jeden Fall darf ich Ihnen sagen, daß wir, insoweit wir Anwälte sind und insoweit die Arbeitsgemeinschaft der Kammervorstände der Rechtsanwälte des Bundesgebiets in Frage kommt, nur von dem Bestreben geleitet sind, eine Rechtsanwaltschaft zu haben, die unabhängig ist, die im Rechtsstaat dem Rechte dient und auf die das rechtsuchende Publikum sich verlassen kann.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schneider.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Schneider


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich, weil es die erste Lesung ist, die wir heute vorzunehmen haben, und weil die Zeit auch schon sehr fortgeschritten ist, wie mein Herr Vorredner auf einige grundsätzliche Bemerkungen beschränken. Zusammenfassend könnte ich eigentlich schon sagen: ich muß leider an dem Herrn Bundesjustizminister auch Kritik üben. Ich habe nur noch einmal das zu
    unterstreichen, was mein Herr Vorredner gesagt
    hat; denn es sind die gleichen Grundfragen, in denen wir — ich glaube, alle Vertreter in diesem Hause — grundsätzlich übereinstimmen. Insofern hat der Herr Bundesjustizminister recht gehabt, als er vorhin meinte, wir stünden ihm als eine grundsätzlich geschlossene Phalanx gegenüber, die die gleiche Auffassung habe. Das ist kein Zufall, denn wir entstammen ja alle diesem Beruf. Wir üben ihn alle schon lange aus, der eine weniger lange, der andere länger. Wir haben doch alle das gleiche erlebt. Wir kennen doch selber am besten die Bedürfnisse und die Notwendigkeiten, die erfüllt sein müssen, wenn man wirklich eine Selbstverwaltung der Anwaltschaft — so, wie wir sie uns vorstellen — wieder schaffen will.
    Das Prinzip der freien Advokatur bejahen wir mit dem Herrn Minister. Ich will mich auf diese Bemerkung beschränken. Den Grundsatz der Freizügigkeit bejahen wir auch, und das Prinzip der Lokalisierung wird man ebenfalls noch bejahen können, wenn man auch dazu demnächst noch einiges bei den Beratungen sagen muß. Aber das Prinzip der Bestallung lehnen wir ebenso ab, weil es in diesem ganzen Aufbau wesensfremd ist,

    (Abg. Euler: Sehr richtig!)

    denn es bringt in diese Materie Ideen hinein, die von den Bearbeitern anscheinend deshalb hineingebracht worden sind, weil sie nur unter beamtenrechtlichen Gesichtspunkten an diese Fragen herangegangen sind. Wenn ich auf der einen Seite das Prinzip der freien Advokatur bejahe, dann ist eine derartige Institution, wie sie eine Bestallung, also ein staatlicher Hoheitsakt, der mich da irgendwie binden soll, darstellt — und wenn ich daran denke, wie der Ausschluß ebenfalls geregelt ist, nämlich auch nur durch das Gericht und nicht durch die Selbstverwaltung der Anwaltschaft —, dann ist das etwas, was ich mit meinem Kollegen Wagner als wesensfremd bezeichnen muß. Das gleiche gilt hinsichtlich der Zulassung und hinsichtlich des Ausschlusses. Insoweit geht der Entwurf hinter die Prinzipien zurück, die sich seit 1878 bewährt haben.
    Wir werden im Rechtsausschuß darüber im eineinzelnen zu debattieren haben, wir werden auszuhandeln und zu prüfen haben, ob es wirklich nicht möglich ist, nach den Bestimmungen des Grundgesetzes eine Rechtsprechung der Selbstverwaltungskörperschaft der Anwaltschaft auch in diesem Falle durchzuführen. Ich vermag mich heute nicht überzeugt zu erklären, daß die Ausführungen, die in der Begründung gemacht worden sind, stichhaltig sein sollen.
    Und noch ein Letztes möchte ich hier ansprechen. Mir sind sehr eingehende Schriftsätze von einem Stand zugegangen, dessen Schicksal ebenfalls demnächst hier mit geregelt werden soll, nämlich von dem Stand der Verwaltungsrechtsräte. Wir können über diese Probleme ja auch nicht einfach hinwegspringen, sondern werden uns auch mit dieser Frage zu beschäftigen haben.

    (Abg. Kühn: Bravo!)

    Zum Abschluß möchte ich noch eine kritische Bemerkung machen, Herr Minister. Wenn Ihr Hauptsachbearbeiter, wie mir zugetragen wurde, in der Vergangenheit schon geäußert hat: „Nun ja, sie scheinen meinen Entwurf ja zu schlucken, sie melden sich ja gar nicht, sie haben sich bisher noch nicht gemuckst!" — so möchte ich sagen, daß er


    (Dr. Schneider)

    sich da getäuscht hat! Heute mucksen wir uns zum ersten Mal, und im Rechtsausschuß werden wir uns noch viel eingehender mucksen!

    (Beifall bei der FDP und in der Mitte.)