Rede von
Dr.
Hermann
Schäfer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Änderungsantrag der Föderalistischen Union, Umdruck Nr. 659 zu § 2. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 2 in der Ausschußfassung. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf die §§ 2 a bis 5. Dazu liegen Änderungsanträge nicht vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist zweifellos die Mehrheit; die aufgerufenen Paragraphen sind angenommen.
Wir kommen zu § 5 a. Dazu liegt ein interfraktioneller Antrag der Abgeordneten Rümmele und Genossen auf Umdruck Nr. 620 vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Auch das ist eine große Mehrheit; der Änderungsantrag ist angenommen. Ich bitte nun diejenigen, die § 5 a mit der soeben beschlossenen Änderung anzunehmen gewillt sind, die Hand zu heben. — Das ist die überwältigende Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf die §§ 6 bis 20 a und bitte diejenigen, die diesen aufgerufenen Paragraphen zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die überwältigende Mehrheit; angenommen.
Ich rufe § 21 auf. Dazu liegt auf Umdruck Nr. 620 Ziffer 2 ein Änderungsantrag der Abgeordneten Rümmele und Genossen vor. — Zur Begründung ist das Wort nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist eine überwältigende Mehrheit; die Änderung ist beschlossen. Ich bitte diejenigen, die den § 21 mit der soeben beschlossenen Änderung anzunehmen gewillt sind, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf die §§ 22 bis 52. Dazu liegen Änderungsanträge nicht vor. Das Wort ist nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen bis einschließlich § 52 zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe § 53 auf. Dazu liegt auf Umdruck Nr. 658 ein Änderungsantrag der CDU vor. — Das Wort dazu ist nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die diesem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Ich bitte nun diejenigen, die den § 53 mit der soeben beschlossenen Änderung anzunehmen gewillt sind, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Angenommen.
Ich rufe nun die §§ 54 bis 69 k auf. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist zweifellos die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe § 691 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Rümmele und Genossen auf Umdruck Nr. 620 Ziffer 3 vor. — Das Wort ist nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist zweifellos die Mehrheit; der Änderungsantrag ist angenommen. Ich bitte diejenigen, die dem § 69 1 mit der soeben beschlossenen Änderung zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist ebenfalls die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe weiter auf §§ 69 m bis 72. Auch dazu liegen Änderungsanträge nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Nun rufe ich § 73 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Rümmele und Genossen Umdruck Nr. 620 Ziffer 4 vor. Ich bitte diejenigen, die diesem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist zweifellos die Mehrheit. Der Änderungsantrag ist angenommen. Ich bitte diejenigen, die dem § 73 mit der soeben beschlossenen Änderung zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Ich rufe § 73 a auf. Dazu liegt in Umdruck Nr. 620 Ziffer 5 ein Änderungsantrag vor. — Auch dazu ist nicht das Wort gewünscht. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag Umdruck Nr. 620 Ziffer 5 zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist zweifellos die Mehrheit. Der Änderungsantrag ist angenommen. Ich bitte nun diejenigen, die § 73 a mit
der soeben beschlossenen Änderung zustimmen, die Hand zu heben. — Zweifellos die Mehrheit. Angenommen.
Ich rufe § 74, — Einleitung und Überschrift auf. — Auch dazu liegen keine Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem § 74, der Einleitung und der Überschrift zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist zweifellos die Mehrheit. Damit ist die dritte Beratung beendet.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz im ganzen zustimmen, sich von den Plätzen zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen wenige Stimmen ist das Gesetz verabschiedet.
Wir müssen jetzt noch über den Ausschußantrag Drucksache Nr. 3515 Ziffer 2 abstimmen. Ich bitte diejenigen, die diesem Ausschußantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit. Auch dieser Ausschußantrag ist angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Es ist gewünscht worden, den Punkt 9 der Tagesordnung jetzt zu behandeln, nachdem Punkt 6 schon heute morgen vorgezogen worden ist.
Ich rufe also auf Punkt 9:
a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Vertrieb jugendgefährdender Schriften ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (Nr. 3666 der Drucksachen);
b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Jugendschrifttum .
Zu Punkt 9 a hat das Wort zur Berichterstattung Frau Abgeordnete Niggemeyer.
Frau Niggemeyer , Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Auftrag, Ihnen heute im Namen des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge und der mitbeteiligten Ausschüsse über die Arbeit dieser Ausschüsse Bericht zu erstatten.
Der Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge wurde mit der Materie dieses Gesetzes schon im Jahre 1949 befaßt, als ein Antrag der Fraktion der CDU von der Regierung forderte, daß sie Maßnahmen gegen Schmutz und Schund ergreife. Im November 1949 faßte der Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge einstimmig den Beschluß, die Regierung zu ersuchen, einen diesbezüglichen Gesetzentwurf vorzulegen. In der 24. Sitzung des Deutschen Bundestages wurde dieser Beschluß des Jugendfürsorgeausschusses beraten und fand einmütige Annahme.
Die Vorlage des Regierungsentwurfs erfolgte im Juni 1950 und die erste Lesung im Juli 1950 in der 74. Sitzung dieses Hohen Hauses. In der damaligen Sitzung ergab sich aus der Diskussion dieses Hauses eine einmütige Auffassung aller Parteien über die Tatsache, daß eine Flutwelle von Schmutz und Schund die Jugend bedroht. Einmütigkeit bestand auch darin, daß positive Maßnahmen zum Schutze der Jugend wesentlich geeignet seien, auch der Gefährdung durch Schmutz und Schund entgegenzuarbeiten. Die Mehrheit des Hauses sprach sich dafür aus, daß neben den positiven jugendfördernden Maßnahmen wegen des Umfanges der Gefährdung
durch Schmutz und Schund auch ein Gesetz zur Verhinderung dieser Gefahr notwendig sei. Mit Mehrheitsbeschluß wurde damals der Entwurf an vier Ausschüsse überwiesen. federführend an den Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge, außerdem an den Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films, an den Kulturpolitischen Ausschuß und an den Rechtsausschuß. Mein Bericht ist nun im Einvernehmen mit den beteiligten Ausschüssen eine Zusammenfassung der Arbeitsergebnisse aller beteiligten Ausschüsse.
Das heute zur Verabschiedung vorliegende Gesetz hat in der Arbeit der Ausschüsse in verschiedenen Punkten eine wesentliche Änderung gegenüber der Regierungsvorlage erfahren. Rein äußerlich erhielt es vor allem nach der Überarbeitung durch den aus Mitgliedern des Jugendfürsorge- und des Rechtsausschusses bestehenden Unterausschuß ein wesentlich anderes Gesicht. Der besseren Übersicht wegen wurde es in sieben Unterabschnitte aufgegliedert. Die Zahl der Paragraphen erhöhte sich von 26 auf 32. Aber diese Umstellung der Paragraphen und die Erhöhung der Zahl bedeuten keine wesentlichen materiellen Änderungen.
Gegenüber der Regierungsvorlage glaubte der federführende Ausschuß, zur besseren Klarstellung dessen, was der Gesetzgeber wollte, die Überschrift ändern und statt „Gesetz über den Vertrieb jugendgefährdender Schriften" sagen zu müssen: „Verbreitung jugendgefährdender Schriften". Das Wort „Vertrieb" wurde im Ausschuß als zu eng angesehen.
Der Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge befaßte sich in 17 Sitzungen des Gesamtausschusses und in mehreren Unterausschußsitzungen mit der Gesetzesvorlage. Eine Mehrheit des Ausschusses bejahte grundsätzlich die Notwendigkeit des Gesetzes gegen den Vertrieb jugendgefährdender Schriften. Die Minderheit des Ausschusses erklärte sich bereit, trotz ihrer grundsätzlichen Gegeneinstellung an der Erarbeitung der Gesetzesform mitzuarbeiten, um das Bestmögliche zu erreichen.
Der Ausschuß sah eine Verpflichtung darin, weitgehend Gutachter zu der Materie zu hören, um den anstehenden Fragenkomplex von allen Seiten beleuchtet zu wissen. So kamen im Ausschuß zu Wort Herr Dr. Hagemann als Kriminalist und Staatsanwalt, Herr Direktor Siehe als Mitglied der Prüfstelle Berlin in den Jahren 1932 bis 1935, Herr Dr. Thomas als Psychologe, Herr Amtsgerichtsrat Clostermann als Jugendrichter. Weiter kamen die Autoren Erich Kästner und Stefan Andres zu Wort. Wir hörten einen Sprecher des Verbandes Deutscher Autoren, Herrn Schäferdiek, auch einen Sprecher der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Herrn Dr. Döblin, und vom Volkswartbund Herrn Dr. Calmes. Sämtliche Gutachter anerkannten das Vorliegen einer Gefährdung der Jugend durch bestimmte Schriften. Herr Dr. Hagemann und Herr Amtsgerichtsrat Clostermann beleuchteten die Situation aus der Erfahrung der Jugendkriminalistik und Jugendgerichtsbarkeit. Freilich konnten sie auf Grund der Arbeit der Gerichte nicht mit 100%iger Sicherheit sagen, daß ein Kriminellwerden der Jugend lediglich auf das Lesen jugendgefährdender Schriften zurückzuführen ist. Herr Direktor Siehe auf Grund seiner Erfahrungen bei der Prüfstelle Berlin bis zum Jahre 1935 und der Psychologe Dr. Thomas, dessen Stellungnahme auf grundlegenden jugendpsychologischen Untersuchungen der vergangenen Jahrzehnte und der Jetztzeit beruht, sprachen sich für
die Notwendigkeit eines Gesetzes aus. Auch von seiten des Autorenverbandes und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur wurde auf diese Notwendigkeit hingewiesen. Herr Dr. Calmes vom Volkswartbund unterstrich in seinen Ausführungen die Notwendigkeit vor allem auf Grund seiner Erlebnisse in Elternversammlungen und sprach sich aus der Praxis, die er nicht nur in konfessionell oder parteilich gebundenen Versammlungen erfahren konnte, dringend für die Verabschiedung eines Gesetzes gegen Schmutz und Schund aus. Die zwei Gutachter der Vertreter der Autoren konnten sich nicht für die Notwendigkeit eines Gesetzes aussprechen, mußten aber zugeben, daß sie vor der Erstellung ihres Referats von unserem Gesetzentwurf keine Kenntnis hatten. Sie mußten auf Grund der Diskussion auch zugeben, daß der vorliegende Gesetzentwurf nicht gegen das Grundgesetz verstößt.
Nach Anhörung dieser Gutachter gewann eine Mehrheit des Ausschusses die Überzeugung, daß ihre grundsätzlich bejahende Einstellung zu dem Entwurf weitgehend begründet ist. Eine Minderheit sprach sich gegen die Notwendigkeit des Gesetzes aus, vor allen Dingen mit der Begründung, daß die §§ 184 und 184 a des Strafgesetzbuches eine genügende Handhabe zu einem wirksamen Vorgehen gegen Schmutz und Schund bieten.
In der Einzelberatung kam es schon hei § 1 zu einer ausgedehnten Grundsatzdebatte. In Abs. 1 von § 1 ist gesagt: „Schriften, die geeignet sind, Jugendliche sittlich zu gefährden, sind in eine Liste aufzunehmen". Es schien uns notwendig zu sein, den Begriff „sittlich gefährdend" näher zu umschreiben. Der Ausschuß war einmütig der Ansicht, daß unter dem Begriff „sittlich gefährdend" nicht nur das geschlechtlich-erotische Moment zu verstehen ist, sondern daß unter Schriften, die geeignet sind, die Jugend sittlich zu gefährden, auch solche Schriften zu verstehen sind, die eine Verherrlichung des Verbrecherischen darstellen und zu einer allgemeinen Verwilderung und Verrohung der Jugend führen. Der Ausschuß in seiner Gesamtheit stimmte auch für die Einbeziehung kriegsverherrlichender Schriften, antisemitischer Schriften und Abhandlungen, die den Rassenhaß predigen, in die Liste der für Jugendliche verbotenen Schriften. Der Ausschuß billigte nicht die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung, in § 1 Abs. 1 statt „sittlich zu gefährden" die Worte „erheblich sittlich zu gefährden" zu setzen und dafür in § 2 den Abs. 1: „Von der Aufnahme der Schrift in die Liste kann in Fällen geringer Bedeutung abgesehen werden", zu streichen. Aber er stimmte dem Änderungsvorschlag des Bundesrates zu, das Wort „Zielsetzung" im Abs. 2 Ziffer 1 des § 1 durch das Wort „Inhalt" zu ersetzen, und zwar gründete er diese seine Ansicht auf die Tatsache, daß nicht das subjektive Wollen eines Autors, sondern allein der objektive Beitrag einer Schrift entscheidend sein müsse.
Zur klareren Übersicht entschloß sich der Ausschuß, den § 1 in drei Unterabschnitte zu gliedern in der Form, wie er Ihnen heute vorliegt.
Die Endabstimmung über § 1 ergab eine Mehrheit; dagegen stimmte eine kleine Minderheit.
Zu einer besonderen Debatte kam es um Abs. 2 Ziffer 2, die besagt: „wenn sie der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre dient".
In § 2 schlägt der Ausschuß im Satz 1 eine Änderung vor. Der Entwurf lautete: „Von der Aufnahme der Schrift in die Liste kann in Fällen geringerer
Bedeutung abgesehen werden." Er entschloß sich für die Worte „geringer Bedeutung".
Zu einer ausgedehnten Debatte kam es um § 3. Er hat auch gegenüber der Regierungsvorlage in der Ausschußarbeit eine wesentliche Änderung erfahren. Der Entwurf sah vor, daß eine Schrift, deren Aufnahme in die Liste bekanntgemacht sei, Jugendlichen unter 18 Jahren nur mit Einverständnis des Erziehungsberechtigten zugänglich gemacht werden darf, daß aber die entgeltliche Überlassung auch mit Einverständnis des Erziehungsberechtigten verboten sei. Der Ausschuß sah in der verschiedenartigen Behandlung entgeltlicher und unentgeltlicher Überlassung an Jugendliche eine Inkonsequenz. Es ergab sich die Frage, ob bei einer geänderten Formulierung des § 3 das Elternrecht genügend gewahrt sei, und weiterhin, ob bei einer Übertretung von seiten der Eltern oder Erziehungsberechtigten diese oder der Jugendliche oder beide Seiten zu bestrafen seien. Der Ausschuß kam einmütig zu folgender Auffassung.
Schriften, deren Aufnahme in die Liste bekanntgemacht ist, sollen Jugendlichen unter 18 Jahren weder entgeltlich noch unentgeltlich zugänglich gemacht werden. Fahrlässige Zuwiderhandlungen der Erziehungsberechtigten sollen straffrei sein. Bei fahrlässiger Übertretung der Bestimmung durch Angehörige der Jugendlichen soll die Feststellung
einer Straffälligkeit dem Ermessen des Richters überlassen werden.
Über die Straffälligkeit von Erziehungsberechtigten und Angehörigen bei vorsätzlicher Zuwiderhandlung konnte keine einmütige Auffassung im Ausschuß erzielt werden. Folgende Argumente standen einander gegenüber. Auf der einen Seite fordere die Tatsache der fortschreitenden Verseuchung der Jugend durch gefährdende Schriften eine Bestrafung bei vorsätzlicher Gesetzesübertretung, wenn eine durchgreifende Besserung erreicht werden solle. Auf der andern Seite bestehen die Bedenken, ein Gesetz zu schaffen, das in den zentralen Raum der Familie eingreift. Aus diesem letztgenannten Grunde vertrat letztlich der Ausschuß die Ansicht, daß von einer Strafandrohung für den Erziehungsberechtigten bei Überlassung an Jugendliche abzusehen sei.
Auf Grund dieser genannten Richtlinien kommt der Ausschuß zu der Fassung des § 3 im vorliegenden Gesetzentwurf, die lediglich besagt:
Eine Schrift darf, sobald ihre Aufnahme in die Liste bekanntgemacht ist, einem Jugendlichen unter achtzehn Jahren nicht feilgeboten oder zugänglich gemacht werden.
Da schon bei § 3 die Frage der Bestrafung, ihrer Art und ihres Ausmaßes eine wesentliche Rolle spielte, steht zu diesem Paragraphen der eigentliche Strafparagraph, der § 28, in einem engen Zusammenhang. Da auch in der Diskussion beide Fragen eng miteinander verknüpft waren, beziehe ich § 28 schon an dieser Stelle mit in die Berichterstattung ein. Der Regierungsentwurf sah in seinem entsprechenden Paragraphen — § 23 — in Satz 2 eine Strafbarkeit der entgeltlichen Überlassung vor und in seinem Satz 3 bei unentgeltlicher Überlassung eine Strafmöglichkeit auf Antrag der Eltern oder des Erziehungsberechtigten. Nach den vom Ausschuß erarbeiteten und eben schon erwähnten Grundsätzen mußte also eine wesentliche Neuformulierung dieses Strafparagraphen erfolgen. § 28 enthält also nun in Abs. 2 die Bestimmung der Straffreiheit der Erziehungsberechtigten und ferner die Ausnahmebestimmungen für Personen, die nach
§ 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung den Eltern und Erziehungsberechtigen gleichzusetzen sind und zur Hausgemeinschaft gehören.
Abs. 4 klärt die Frage der Strafbarkeit oder der Straffreiheit von Jugendlichen, die jugendgefährdende Schriften verbreiten oder verteilen und damit gegen das Gesetz verstoßen. Es bestand im Ausschuß allgemein der Wunsch, analog zum Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit die Straffreiheit der Jugendlichen zu sichern. Daneben wurde auch geltend gemacht, daß bei der Größe der herrschenden Gefahr, daß jugendgefährdende Schriften von Jugendlichen in Schulen und in Betrieben von Hand zu Hand weitergegeben werden, eine zumindest abschreckende Wirkung durch das Gesetz auf die Jugend gegeben sein müßte, die auch geeignet sei, die beabsichtigten Erziehungsmaßnahmen zu fördern. Der Ausschuß einigte sich somit auf die Fassung des § 28 Abs. 4. Diese Vorschrift entspricht dem § 12 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. Sie sieht das Eingreifen und Weisungsrecht des Vormundschaftsrichters im Einvernehmen mit dem Jugendamt vor.
Der Ausschuß folgte bezüglich des § 4 auch den Vorschlägen des Bundesrats und schuf durch Einfügen des Wortes ,.Händler", denen neben Reisenden verboten ist, Schriften, die in diese Liste aufgenommen sind, zu vertreiben oder zu verleihen, eine ganz klare Definition des Personenkreises, gegen den sich diese Verbotsbestimmung richtet. Trotzdem löste der § 4 eine ausgedehnte und lebhafte Diskussion aus, vor allen Dingen um den Begriff „feste Verkaufsstelle". Die Mehrheit des Ausschusses entschied sich für die Fassung, die Ihnen im Entwurf vorliegt.
Der § 5 erhielt durch die Ausschußarbeit lediglich redaktionelle Änderungen, in seinem letzten Satz allerdings einen Zusatz, daß Anzeigen in Fachblättern des Buchhandels zulässig sind. Dieser Zusatz erfolgte vor allen Dingen auf Grund der Einwirkung und Mitarbeit des Rechtsausschusses.
§ 6 ist wieder einer der Paragraphen, die im Ausschuß eine lebhafte Diskussion hervorgerufen haben. Es ist jener Paragraph, der in seinem Abs. 2 besagt, daß „Schriften, die durch Bild für Nacktkultur werben", den Beschränkungen der §§ 3 bis 5 unterworfen sind, ohne daß es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf. Die Mehrheit des Ausschusses konnte sich dem Vorschlag des Bundesrates, den § 6 zu streichen und die Entscheidung darüber, ob die durch Bild für Nacktkultur werbenden Schriften als jugendgefährdend anzusehen seien, von Fall zu Fall der Prüfstelle zu überlassen, nicht anschließen. Der Ausschuß vertrat vielmehr die Ansicht, daß die durch Bild für Nacktkultur werbenden Schriften generell als jugendgefährdend anzusehen seien.
Der § 6 enthält also in seiner Letztformulierung als Abs. 1 den Abs. 2 des früheren § 3 des Regierungsentwurfs, der sinngemäß hier am Platze ist, und in Abs. 2 die Einbeziehung der Schriften, die durch Bild für Nacktkultur werben. Die Abstimmung über diesen Paragraphen ergab sieben Stimmen für und vier gegen die Aufnahme der Bestimmung des Abs. 2 in § 6.
Der § 7, der die Frage der Behandlung periodischer Druckschriften regelt, fand inhaltlich die Billigung des Ausschusses. Die Änderungsvorschläge des Bundesrats gegenüber der Regierungsvorlage waren nur redaktioneller Art und wurden akzeptiert.
Über die folgenden Abschnitte des Gesetzes: Einrichtung der Prüfstellen, Zuständigkeit, Verfahrensvorschriften, Rechtsweg und Schlußbestimmungen, gab es im Ausschuß keine wesentlich unterschiedlichen Auffassungen. Mit dem § 8 beginnen die Bestimmungen über die Bildung der Landesprüfstellen, mit dem § 12 der Zuständigkeitsbereich, mit dem § 14 das Verfahren der Prüfstellen, mit dem § 20 das Beschwerdeverfahren und mit dem § 23 die Vorschriften über das Führen der Liste.
Bei der Behandlung der Frage der Bildung der Landesprüfstellen berücksichtigte der Ausschuß den Vorschlag des Bundesrats, die Zahl der Mitglieder der Landesprüfstellen gegenüber der Regierungsvorlage von vier auf sieben zu erhöhen. Als sich die mitberatenden Ausschüsse, vor allen Dingen der Kulturpolitische Ausschuß und der Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und Films für eine Neunzahl aussprachen, wurde auch dies vom Ausschuß angenommen.
An dieser Stelle weise ich hin auf die Änderung der Bezeichnung „anerkannte Religionsgemeinschaften", die wir im Regierungsentwurf fanden, die nach einer Erklärung des Bundesministeriums des Innern den bisher gesetzlich üblichen Begriffen und der verfassungsrechtlichen Lage nicht mehr entspricht. Daher beschloß der Ausschuß, diesen Ausdruck durch die Formulierung „andere Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind" zu ersetzen.
Bei der Beratung der §§ 15, 18 und 21 ergab sich eine Debatte um die Frage der einfachen oder Zweidrittelmehrheit bei den Entscheidungen. Der Ausschuß beschloß, daß Prinzip der Zweidrittelmehrheit sowohl für die Anordnung der Aufnahme in die Liste als auch bei der Bestätigung einer solchen Anordnung der Landesprüfstelle durch die Bundesprüfstelle gegeben sein zu lassen. Der Antrag der Minderheit im Ausschuß, bei Entscheidung über die Beschwerde mit einfacher Mehrheit zu entscheiden, wurde vom Ausschuß mit Mehrheit abgelehnt. Es kam also zunächst zu der Entscheidung, daß auch über die Beschwerde mit Zweidrittelmehrheit zu entscheiden sei. Diesem Beschluß hat auch der Rechtsausschuß Rechnung getragen, und so lautet die Letztfassung:
Zur Anordnung der Aufnahme in die Liste oder zur Bestätigung einer solchen Anordnung im Beschwerdeverfahren bedarf es einer Zweidrittelmehrheit.
Im folgenden § 16 ist festgelegt, welchen Stellen die Entscheidungen der Prüfstelle mitzuteilen sind. Auch das begrüßen wir, und wir begrüßen, daß hier der Kreis derjenigen, denen die Entscheidung mitzuteilen ist, vergrößert worden ist.
Eingefügt ist in der Letztfassung des § 16 die Feststellung, daß dem Verleger oder Verfasser einer Schrift soweit wie möglich in dem Verfahren vor der Prüfstelle Gelegenheit zur Äußerung gegeben sein muß. Wir glauben, daß durch die im Ausschuß geleistete Arbeit an der Formulierung des Gesetzes ein einwandfreies Arbeiten der Prüfstelle gewährleistet ist.
Die folgenden Paragraphen, die sich mit der einstweiligen Verfügung befassen, sagen, daß der Vorsitzende der Prüfstelle nicht allein, sondern jeweils nur mit zwei weiteren Mitgliedern einstweilige Verfügungen erlassen kann und daß dieser
Beschluß einstimmig gefaßt werden muß. Der Entwurf sieht weiter vor, daß zu der Gruppe dieser drei ein Mitglied einer der in § 9 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 genannten Verbände und Personengruppen jeweils zu solchen Entscheidungen hinzugezogen werden muß.
Das Beschwerdeverfahren fand in den §§ 20 und 21 des neuen Entwurfs nach Änderungsvorschlägen von seiten des Bundesrats unter Überarbeitung durch den Rechtsausschuß eine umfassende und klare Formulierung.
Die §§ 23, 24 und 25, die die Führung der Liste behandeln, gaben keinen Anlaß zu wesentlichen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Arbeit des Ausschusses.
Der § 25 legt fest, daß eine Schrift, wenn sie durch rechtskräftige Entscheidung eines Gerichts für unzüchtig im Sinne des § 184 oder für schamlos im Sinne des § 184 a des Strafgesetzbuchs erklärt wird, von Amts wegen in die Liste aufzunehmen ist. Der Anregung des Bundesrats, daß die Entscheidung hierüber nicht dem Vorsitzenden allein zustehen, sondern daß die Bundesprüfstelle insgesamt hierzu Stellung nehmen soll, ist stattgegeben worden. Nach nochmaliger Beratung ist dann in der Schlußfassung gesagt worden, daß eine solche Schrift unter Hinweis auf das gerichtliche Urteil in die Liste aufzunehmen ist, und in Abs. 2, daß der Vorsitzende die Entscheidung der Bundesprüfstelle herbeizuführen hat, nämlich dann, wenn widersprechende gerichtliche Entscheidungen über dieselbe Schrift bekanntwerden.
Der § 21 erhält dann nach der Fassung des Bundesrates noch den Zusatz: „Sie hat keine aufschiebende Wirkung", um klarzustellen, daß auch die Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung hat.
Über die Kostenfrage, die in § 22 geregelt ist, ist wenig zu sagen.
Die Schlußvorschriften der §§ 29 und 30 sind in der Fassung des Regierungsentwurfs unverändert angenommen worden. Ich habe hier lediglich noch zu bemerken, daß im Gegensatz zu dem Ihnen vorliegenden Entwurf bei der Berlin-Klausel eine redaktionelle Änderung vorzunehmen ist. Es muß hier im letzten Satz heißen:
Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe der §§ 13 und 14 des Gesetzes über die Stellung des Landes Berlin im Finanzsystem des Bundes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzblatt I Seite 1) auch im Lande Berlin.
Auf Wunsch des Bundesjustizministeriums hatten wir zunächst die Ihnen vorliegende Fassung aufgenommen. Es hat sich aber herausgestellt, daß diese Fassung nur für ein bestimmtes Gesetz notwendig war.
In der Endabstimmung nach der dritten Lesung im Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge ergaben sich 6 Stimmen für die Annahme des Gesetzes, 3 Stimmen dagegen, bei einer Stimmenthaltung.
Als Ergänzung zu meinen eingangs gegebenen Erläuterungen zur Stellungnahme der an der Arbeit an dem Gesetz mitbeteiligten Ausschüsse sei noch folgendes gesagt. Alle drei Ausschüsse haben es nicht als ihre Aufgabe angesehen, grundsätzlich zu dem Entwurf Stellung zu nehmen. Sie haben jeweils zu den ihrem Aufgabengebiet entsprechenden Paragraphen des Entwurfs Stellung genommen.
Der Kulturpolitische Ausschuß beschränkte sich im wesentlichen auf die Stellungnahme zur Frage der Zusammensetzung der Prüfstellen neben kleinen redaktionellen Änderungen, denen Rechnung getragen worden ist.
Der Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und Films äußerte Bedenken, und zwar a) gegen die Wirksamkeit des Gesetzes überhaupt und b) wegen der Möglichkeit eines Vorgriffs auf ein künftiges Bundespressegesetz. Er stellte aber diese letzteren Bedenken nach den Ausführungen des Vertreters des Bundesinnenministeriums in der 54. Sitzung des Ausschusses zurück, nach denen keine rechtlichen Bedenken bestehen, das Gesetz in dieser vom Bundesrat und vom Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge erarbeiteten Form zu verabschieden. Angesichts des rein vertriebsbeschränkenden Charakters werden keine Schwierigkeiten im Hinblick auf das künftige Bundespressegesetz gesehen. Der Ausschuß stimmte den in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden §§ 1, 5, 7, 9 ohne Änderung zu, schlägt für § 23 eine redaktionelle Änderung vor und spricht sich bei § 18 für eine Erhöhung der Zahl der Beisitzer in den Prüfstellen aus. Den Wünschen des Ausschusses ist in der Endfassung Rechnung getragen worden.
Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat das Gesetz als nicht verfassungswidrig anerkannt. Er beschäftigte sich wesentlich mit dem Rechtsinhalt des Gesetzes. Er nahm die Unterteilung in sieben Abschnitte vor, die eine weitgehende Umstellung der Paragraphen und eine Erhöhung ihrer Zahl bedingte. Der Ihnen heute vorliegende Entwurf ist von Beauftragten des Rechtsausschusses und einer Gruppe von Mitgliedern des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge gemeinsam erarbeitet worden. Der Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge stimmte diesen Änderungen zu, selbstverständlich unter Beibehaltung der grundsätzlichen Auffassung der Minderheit des Ausschusses. Die Mehrheit des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge bittet das Hohe Haus, der Vorlage seine Zustimmung zu geben.