Rede von
Oskar
Kalbfell
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschußbericht nach Drucksache Nr. 3566 wird auch von meinen Freunden angenommen, und wir empfehlen der Bundesregierung, den geforderten Gesetzentwurf so schnell wie möglich dem Bundestag vorzulegen. Unser Standpunkt ist bereits in der März-Debatte im Plenum dieses Hohen Hauses dargelegt worden. Ich beschränke mich auf einige wenige grundsätzliche Fragen.
Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, daß jeder ordentliche Handwerksbetrieb, der seinen Verpflichtungen nachkommt, der seine Tariflöhne bezahlt, der die sozialen Erfordernisse erfüllt und seine Steuern an 'Gemeinde und Staat abführt, das Recht hat, vor unlauterem Wettbewerb geschützt zu werden. Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, daß auch der Handwerksmeister die Gewährleistungspflicht übernimmt, die er dem Auftraggeber gegenüber zu erfüllen hat, daß er die Bestimmungen der Reichsverdingungsordnung beachtet. 'Der Auftraggeber, der einen Schwarzarbeiter beschäftigt, ist sich darüber klar, daß dieser ihm gegenüber die Gewährleistungspflicht gar nicht erfüllen kann. Denn morgen oder in den nächsten Wochen oder Monaten ist der Schwarzarbeiter gar nicht mehr ortsanwesend, und der Auftraggeber weiß auch nicht, wo er sich 'befindet, um sich an ihn zu halten. Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, daß man nicht kleinlich verfahren, daß man die Selbsthilfe — etwa beim sozialen Wohnungsbau, bei Nebenerwerbssiedlungen — nicht unter den Begriff Schwarzarbeit stellen darf. Nachbarschaftshilfe darf nicht zu Denunziationen führen, so daß Handwerker sagen: Warum hilfst du dem bei seiner Arbeit? Dazu bist du nicht berech-
tigt! — Ich glaube, daß auch die ordentlichen Handwerker ein solches Verfahren ablehnen.
Wir sind weiter der Meinung, daß Hauseigentümer, die ihre Fensterläden oder Fenster selber streichen, die ihren Gartenzaun in Ordnung bringen, nicht unter den Begriff Schwarzarbeiter fallen, daß aber Hauseigentümer, die Mietgrundstücke haben und die Schwarzarbeiter zu sich holen, um Reparaturarbeiten ausführen zu lassen, bestraft werden müssen. Der Schwarzarbeiter und der Auftraggeber sollten zur Verantwortung gezogen werden. Es ist mir ein Fall bekannt, daß in einer Gemeinde der Handwerkerverein im Gemeinderat gegen die überhand nehmende Schwarzarbeit protestierte. Ein städtischer Arbeiter, der Gipser ist, hat Arbeiten außerhalb seiner Arbeitszeit über Samstag/Sonntag ausgeführt. Nach näherer Untersuchung des Bürgermeisteramtes ist festgestellt worden, daß Handwerker diesen Gipser als Schwarzarbeiter in ihrem eigenen Betrieb beschäftigt haben.
Ich glaube, daß da mit ganz gehörigen Mitteln eingegriffen werden muß.
Wir bitten ferner, daß Behörden, Genossenschaften und Betriebe keinen Auftrag an einen Schwarzarbeiter oder an Handwerksbetriebe geben, die keinen ordentlichen Betrieb zu führen 'in der Lage sind. Das trifft auch auf die Handwerker zu, die ihre sozialen Verpflichtungen nicht erfüllen, die fortgesetzt Preise unterbieten, die den kalkulatorischen Preis nicht kennen und einfach über den Daumen hinweg Preiskalkulationen machen, die keine Grundlage haben, die dann den ordentlichen Handwerker in Permanenz schädigen. Sie stehen dann eines Tages vor dem Konkurs und haben damit soundsoviel Lieferanten, die Ortskrankenkasse, Versicherungsgesellschaften usw. — auch Berufsgenossenschaften — um ihr Geld gebracht. Ich glaube, 'daß solche Handwerker noch schlechter sind als ein gelegentlicher Schwarzarbeiter.
Ich habe noch einen anderen Berufsstand im Auge, der als Schwarzarbeiter angesehen werden muß: Die Herren Fernlastfahrer kommen vom Süden mit vollen Lastzügen, etwa Holz aus dem Schwarzwald, in das Rheinland, laden im Neuwieder Becken Bimsbaustoffe, kaufen sie auf eigene Rechnung und verkaufen sie an Bauherren und teils auch an Baugeschäfte unter Preis. Sie schädigen die Bundesbahn wegen des Tarifs, sie schädigen ihren Chef, sie treiben ein echtes Schwarzgeschäft.
In dem neuen Gesetz sollte man diese Gesichtspunkte beachten, sollte zwar nicht kleinlich verfahren, aber dort, wo offensichtliche Schwarzgeschäfte gefördert werden, mit energischen Maßnahmen durchgreifen. Das ganze Problem wird aber nur dann gelöst, wenn wir etwas mehr Moral im Handwerk und bei seinen Beschäftigten finden. Das Ganze ist auch ein soziales Problem. Außerdem wird man den Feiertag mehr schützen müssen, als es heute geschieht. Dadurch werden wir dazu beitragen, den Samstag und Sonntag etwas mehr als bisher zu heiligen.