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ID0122904600

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    Vokabeln: 6
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    4. Herr: 1
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    6. Richter.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. September 1952 10419 229. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. September 1952. Geschäftliche Mitteilungen 10421A Änderungen der Tagesordnung 10421B Kleine Anfrage Nr. 285 der Abg. Dr. Schmid (Tübingen) u. Gen. betr. Wohnungsbeschlagnahme in Mannheim und Sigmaringen (Nrn. 3615, 3677 der Drucksachen) 10421B Vorlage des Entwurfs einer Verordnung zur Ergänzung der Verordnung M Nr. 1/52 über Preise für Milch, Butter und Käse 10421B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Großer Knechtsand (Nrn. 3604, 2970 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 10421C Fortsetzung der Beratung der Berichte des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Bau der Zellertalbahn (Nrn. 3485, 440 der Drucksachen), über den Antrag der Abg. Volkholz, Donhauser, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Geplante Einstellung der Lokalbahn Passau-Wegscheid auf der Strecke Obernzell-Wegscheid (Nrn. 3488, 1087 der Drucksachen), über die Anträge der Abg. Dr. Etzel, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Bau einer Autobahn und der Abg. Dr. Baumgartner, Dr. Etzel, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Ausbau und Instandsetzung des Straßennetzes in Bayern (Nrn. 3486, 442, 469 der Drucksachen) und über den Antrag der Abg. Stücklen, Strauß, Dr. Solleder, Bodensteiner u. Gen. betr. Straßenbauten in Bayern (Nrn. 3487, 470 der Drucksachen) . . 10421C Ausschußüberweisungen 10421D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 643) 10421D Beschlußfassung 10421D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (Nr. 3640 der Drucksachen) 10421D Dr. Strauß, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz . . 10422A Dr. Wahl (CDU) 10422C Frau Dr. Steinbiß (CDU) 10423D Dr. Schneider (FDP) 10424C Dr. Hammer (FDP) 10424D Dr. Greve (SPD) 10425B Dr. Reismann (FU) 10427B Fisch (KPD) 10427D Ewers (DP) 10428C Ausschußüberweisung 10429B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau (Nr. 3611 der Drucksachen) . 10429B Ausschußüberweisung 10429C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Auslieferungsvertrag zwischen der Bundesrepublik , Deutschland und Frankreich (Nr. 3599 der Drucksachen) . 10429C Ausschußüberweisung 10429D Beratung des Mündlichen 'Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Dr. Nowack, Neumayer, Dr. Atzenroth, Dr. Blank, Dr. Wellhausen, Dr. Oellers u. Gen. betr. Vereinheitlichung des Rückerstattungsrechtes, über den Antrag der Abg. Schmidt (Bayern) u. Gen. betr. Abänderung des Gesetzes für Wiedergutmachung, über den Antrag der Abg. Dr. Solleder, Dr. Horlacher, Bauereisen u. Gen. betr. Änderung des Rückerstattungsgesetzes, über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage des Entwurfs eines Wiedergutmachungsgesetzes, über den Antrag der Fraktion der. BP betr. Rückerstattung feststellbaren ehemals jüdischen Vermögens (Restitution), (Nrn. 3583, 159, 886, 1010, 1828, 2447 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anerkennung des deutschen Widerstandes und zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Nr. 3472 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 653, 656) 10429D Dr. Weber (Koblenz) (CDU): als Berichterstatter 10430A als Abgeordneter 10443A Dr. Arndt (SPD), Antragsteller . . 10433C Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10436A Ewers (DP) 10436B Dr. Schneider (FDP) 10437B Müller (Frankfurt) (KPD) 10438C Dr. Greve (SPD) 10440B von Thadden (Fraktionslos) 10442C Abstimmungen 10445B Erste Beratung des Entwurfs eines Arbeitsgerichtsgesetzes (Nr. 3516 der Drucksachen; Umdruck Nr. 647) 10445C Storch, Bundesminister für Arbeit 10445C Sabel (CDU) 10446B Kohl (Stuttgart) (KPD) 10447B Richter (Frankfurt) (SPD) 10448B Dr. Atzenroth (FDP) 10449C Schuster (DP) 10450A Ausschußüberweisung 10450C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung (Nr. 3597 der Drucksachen) 10450C Ausschußüberweisung 10450D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk (Nr. 3598 der Drucksachen) . . . . 10450D Storch, Bundesminister für Arbeit . 10450D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10451D Eickhoff (DP) 10452C Becker (Pirmasens) (CDU) 10453A Freidhof (SPD) 10454C Dr. Hammer (FDP) 10455D Ausschußüberweisung 10456A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nrn. 3566, 3135 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 655) 10456B Frau Kipp-Kaule (SPD), Berichterstatterin 10456B Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10457B Schmücker (CDU) 10457D Kalbfell (SPD) 10458D Storch, Bundesminister für Arbeit . 10459B Dr. Hammer (FDP) 10459D Schuster (DP) 10460A Abstimmungen 10460B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Angestellte und Beamte in Berlin (Nr. 3451 der Drucksachen) . . . . 10460C Frau Kalinke (DP), Antragstellerin 10460C, 10464B Schröter (SPD) 10461B Horn (CDU) 10463A Hübner (FDP): zur Sache 10463D persönliche Erklärung . . . . 10465A Arndgen (CDU) 10464D Beschlußfassung 104653 Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Bundesanstalt für Angestelltenversicherung in Berlin (Nr. 3452 [neu] der Drucksachen) 10465B Frau Kalinke (DP): als Antragstellerin 10465B als Abgeordnete 10469A persönliche Erklärung 10471D Storch, Bundesminister für Arbeit 10466C Dr. Schellenberg (SPD) 10467A Kohl (Stuttgart) (KPD) 10468B Frau Wolff (SPD) 10470A Arndgen (CDU) 10471B Abstimmungen 10471C Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Erhöhung der Posttarife (Nr. 3630 der Drucksachen) 10471D Mayerhofer (FU), Antragsteller . . 10472A Cramer (SPD) 10472B Leonhard (CDU) 10473A Dr. Schneider, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen 10474B Niebes (KPD) 10475D Hübner (FDP) 10476A Dr.-Ing. Decker (FU) 10476C Ausschußüberweisungen 10476D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Goetzendorff gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 20. Juni 1952 (Nr. 3634 der Drucksachen) . . . . 10476D Muckermann (CDU), Berichterstatter 10477A Beschlußfassung 10477C Beratung der Übersicht Nr. 56 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 641) 10477C Beschlußfassung 10477C Nächste Sitzung 10477C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Rudolf Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesarbeitsminister hat die Drucksache Nr. 3516 begründet. Wer diese Begründung der Bundesregierung, die der
    Drucksache beiliegt, sehr eingehend gelesen hat, findet, wie sich die Bundesregierung eigentlich die Entwicklung auf dem arbeitsrechtlichen Gebiet in der Zukunft denkt. Man soll mit aller Deutlichkeit feststellen, daß das Arbeitsministerium — und ich glaube, der Herr Bundesarbeitsminister wird dem nicht widersprechen können — hier etwas unter den Schlitten gekommen und der Einfluß des Bundesjustizministeriums bei der Ausarbeitung dieses Gesetzes ziemlich entscheidend gewesen ist. Denn man vermeidet es ängstlich, in diesem Gesetz überhaupt die Einflußnahme der Arbeiterschaft festzulegen und die jahrzehntealten Forderungen der Gewerkschaftsbewegung gerade auf diesem Sektor zu berücksichtigen. Bereits in dem alten Arbeitsgerichtsgesetz, das vom Nationalsozialismus mit einem Federstrich außer Kraft gesetzt worden ist, waren die seit Jahren erhobenen Forderungen der Arbeiterschaft nicht, wenigstens nicht in entscheidenden Teilen, berücksichtigt worden. Nach dem Zusammenbruch 1945 wurde in der amerikanischen Zone am 3. Dezember 1946 das neue deutsche Arbeitsgerichtsgesetz verabschiedet. Die Vorarbeit dazu wurde von den Arbeitsministerien der Länder dieser Zone geschaffen. Die alten Forderungen der Arbeiterschaft wurden in einigen entscheidenden Punkten in dieses Gesetz eingebaut. Der Bundesregierung, in diesem Fall dem Herrn Bundesarbeitsminister im Einvernehmen mit dem Justizministerium, blieb es vorbehalten, all das Fortschrittliche, das in diesem Gesetz vorhanden war, wieder auszumerzen. Dabei wird sich kein vernünftiger Mensch gegen eine Koordinierung wenden. Kein vernünftiger Mensch wird sich dagegen wenden, daß Landesarbeitsgerichte und ein Bundesarbeitsgericht geschaffen werden, um eine einheitliche Rechtsprechung auf diesem Sektor zu gewährleisten. Es ist aber eine etwas zu vage Behauptung von seiten des Herrn Bundesarbeitsministers, zu sagen, daß dieses Gesetz als fortschrittliches Gesetz anzusprechen sei, während demgegenüber ein wirklich fortschrittliches Gesetz außer Kraft gesetzt wird. Jeder, der aus der Praxis kommt, weiß, daß die Arbeitsgerichte an sich in der allgemeinen Justizverwaltung sehr wenig zu tun haben, sondern dort geradezu wesensfremd sind und deswegen aus der Justizverwaltung herausgenommen werden müßten. In dem uns vorliegenden Gesetzentwurf knüpft man dort an, wo man 1933 stehen geblieben ist, und man wiederholt die alten Fehler, die in der Vergangenheit in der Praxis der Arbeitsgerichte eine verheerende Auswirkung gezeigt haben. Man unterstellt hier — und das ist ein ziemlich starker Vorgang — erneut wieder die Arbeitsgerichtsbarkeit der Justizverwaltung in einem ziemlich entscheidenden Maße und schafft damit einen Zustand, der auf die Arbeiterschaft direkt provozierend wirken muß.

    (Oho-Rufe in der Mitte.)

    — Meine Herren, Ihre Gesetze wirken wirklich nicht beruhigend! — Jeder weiß aus der Vergangenheit, wie unsozial und wesensfremd die Urteile der Justizrichter gerade aus der Weimarer Zeit auf diesem Sektor gewesen sind. Jeder weiß auch, daß die Arbeitsgerichte Tummelplatz der Unternehmersyndizi gewesen sind. Diesen unheilvollen Zustand stellt man mit diesem Gesetzentwurf wieder her und mißachtet in allen grundsätzlichen Fragen die Forderungen der Gewerkschaften.
    Die Praxis in der amerikanischen Zone zeigt mit aller Deutlichkeit, daß es wirklich nicht notwendig ist, daß der Vorsitzende des Arbeitsgerichts


    (Kohl [Stuttgart] )

    — der Kollege Sabel hat das bestätigt — die Befähigung zum Richteramt hat, vielmehr befähigt die notwendige praktische Erfahrung auf dem Gebiete des Arbeits- und Sozialrechts auch den Arbeiter, Vorsitzender eines Arbeitsgerichts zu sein. Ich weiß aus meinem Land, aus Baden-Württemberg, in dem von insgesamt 18 Arbeitsrichtern nur 2 Juristen waren, daß das Vertrauen der rechtsuchenden Menschen zu diesen Gerichten im Gegensatz zu früher bedeutend stärker gewesen ist.
    Als drittes wird erneut der Zustand wiederhergestellt, daß die Zulassung von Rechtsanwälten bereits im ersten Rechtszug sichergestellt ist, während das Arbeitsgerichtsgesetz der amerikanischen Zone im ersten Rechtszug die Zulassung von Rechtsanwälten untersagt. Kein ernsthafter Mensch wird bestreiten wollen, daß nun das Übergewicht der Unternehmer gegenüber der Arbeiterschaft auf Grund ihrer finanziellen Stärke vor den Arbeitsgerichten wiederhergestellt ist, ein Zustand, der zu schwersten Bedenken Anlaß gibt. Man schraubt mit dieser Gesetzesvorlage das Arbeitsgerichtswesen wieder auf den Zustand zurück, den es bis zum Jahre 1933 gehabt hat.
    Das vorliegende Gesetz ist gegenüber dem jetzt in Kraft befindlichen Gesetz in der amerikanischen Besatzungszone kein Fortschritt, sondern ein gewaltiger Rückschritt und zeigt mit eindeutiger Klarheit die katastrophale reaktionäre Politik auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialrechts, für das der Bundesarbeitsminister verantwortlich zeichnet.

    (Beifall bei der KPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Richter.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willi Richter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Artikel 96 des Grundgesetzes ist unter anderem ein oberes Bundesgericht für die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit zu errichten. Drei Jahre hat es gedauert, bis die Bundesregierung nun endlich einen Entwurf für ein Arbeitsgerichtsgesetz eingebracht hat. Ja, es war notwendig, daß die sozialdemokratische Fraktion durch ihren Antrag Drucksache Nr. 2331 die Bundesregierung endlich auf diesen Weg brachte. Obgleich der Bundestag am 24. Oktober 1951 in seiner 170. Sitzung den Beschluß gefaßt hat, die Bundesregierung möge dem Bundestag unverzüglich je einen Entwurf eines Arbeitsgerichtsgesetzes und eines Sozialgerichtsgesetzes unterbreiten, ist dies zu unserem großen Bedauern erst heute geschehen; aber auch nur zum Teil, denn heute beraten wir in erster Lesung nur den Arbeitsgerichtsgesetzentwurf. Meine Fraktion erwartet aber dringend von der Bundesregierung, daß dem Bundestag umgehend auch der Entwurf für ein Sozialgerichtsgesetz unterbreitet wird, damit diese Angelegenheit ebenfalls baldigst ihre Erledigung findet. Sie ist für die Betroffenen genau so dringlich wie das Arbeitsgerichtsgesetz.
    Nun zu dem Entwurf. Der Entwurf enthält eine Menge Bestimmungen, die mehr formaler Art sind, wie Bestimmungen über die Errichtung der Arbeitsgerichte, über etwaige Zweigstellen, über die Durchführung von Gerichtstagen, über die Errichtung der Landesarbeitsgerichte, über die Einrichtung von Kammern der verschiedensten Art usw.. Wir fragen uns: warum sollen über diese Fragen zwei Ministerien in den Ländern und beim Bund in Bewegung gesetzt werden? Warum soll bei all diesen Fragen das Bundesjustizministerium
    oder, wenn es sich um Länderangelegenheiten handelt, die Länderjustizministerien, erst ihr Einvernehmen gegenüber dem federführenden Arbeitsministerium zum Ausdruck bringen müssen? Warum überläßt man diese Fragen nicht der alleinigen Zuständigkeit des Arbeitsministeriums, so wie es bei den anderen Sondergerichtsbarkeiten ja auch der Fall ist? Auch dort haben die Fachminister die Entscheidung über diese Fragen.
    Auf der anderen Seite will ich gern zugeben, daß es auch Angelegenheiten gibt — wie die Berufung der Vorsitzenden oder wie die Festsetzung der Gebühren für die 'Beisitzer usw. —, in denen man sich mit dem Justizministerium der Länder oder des Bundes verständigen sollte. Aber da sollte man doch die gesetzliche Regelung 'derart gestalten, daß man sagt: das betreffende Arbeitsministerium hat die Angelegenheit im Benehmen mit dem Justizministerium zu regeln. Ich glaube, des genügt, um hier eine gegenseitig abgestimmte Regelung zu erreichen. Wir werden unsere Anträge in den Ausschußberatungen unterbreiten, und wir hoffen — nach der Diskussion dürfen wir diese Hoffnung aussprechen —, daß wir eine Zustimmung finden.
    Nun sind noch andere wichtige Fragen in diesem Gesetz anders geregelt als in 'dem seither geltenden Recht. Das trifft insbesondere auf den § 11 Abs. 1 zu. § 11 Abs. 1 besagt
    Die Parteien können vor den Arbeitsgerichten den Rechtsstreit selbst oder durch jede prozeßfähige Person als Bevollmächtigten führen.
    Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß dies gegenüber dem seither geltenden Recht eine Neuerung ist, gestützt auf 'das Kontrollratsgesetz, auf die Ländergesetze in Süddeutschland oder die früheren Arbeitsgerichtsgesetze. Das erste Arbeitsgerichtsgesetz vom 23. Dezember 1926 sowie das Arbeitsgerichtsgesetz in der Fassung vom 10. April 1934, das 'bereits von mir erwähnte Kontrollratsgesetz und die Ländergesetze enthalten eine derartige Bestimmung nicht. Sie sagen im Gegenteil, daß von der Vertretung in der ersten Instanz bestimmte Personengruppen ausgeschlossen sind, und sie meinen damit die Rechtsanwälte und die Rechtsbeistände. Als Vertretung für die streitenden Parteien lassen sie lediglich Angestellte oder Mitglieder von wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu.
    Dieses Recht gilt für das gesamte Reichsgebiet — jetzt Bundesgebiet — seit 1926. Dieses Recht hat sich auch — das 'kann man doch allgemein sagen — bewährt. Es hat sich deshalb bewährt, weil eben Arbeitsgerichtsstreitigkeiten Streitigkeiten besonderer Art sind, die meistens die Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber regeln und die durch ein einfaches, schnell arbeitendes und wenig Kosten verursachendes Verfahren durchgeführt werden. Wir wollen gar keine Anklagen oder Vorwürfe gegen irgendeine Seite von Rechtsvertretern erheben. Aber eine einfache, schnelle und billige Durchführung läßt sich ohne Zweifel nur ermöglichen, wenn man das Verfahren, wie es seit 1926 angewandt wurde, auch in Zukunft in dem Bundesarbeitsgerichtsgesetz wieder festlegt. Wir haben nur das eine Interesse: daß die Betroffenen, ob es Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sind, ihr Recht in einfacher Form möglichst 'schnell und billig erlangen können. Deshalb würden wir es sehr begrüßen, wenn bei den Ausschußberatungen eine Fassung gefunden würde, die den alten Rechtszustand aufrechterhält.


    (Richter [Frankfurt])

    Eine zweite, auch schon von dem Herrn Kollegen Sabel angesprochene Frage ist die im § 18 Abs. 3 niedergelegte Bestimmung über die Vorsitzenden bei den Arbeitsgerichten erster Instanz. Nach dieser Bestimmung sollen Vorsitzende in der ersten Instanz nur Personen sein, die die Befähigung zum Richteramt nach den Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes haben. Wir glauben, daß wir im Gesetz das nicht so uneingeschränkt festlegen sollten. Seitdem seit 1945 wieder Arbeitsgerichte in der gesamten Bundesrepublik errichtet werden können, ist gesetzlich festgelegt, daß Personen, die auf Grund ihrer früheren Tätigkeit, ihrer Ausbildung oder den Obliegenheiten, die sie in Arbeitsangelegenheiten in Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberverbänden hatten, dazu befähigt sind, richterliche Aufgaben wahrnehmen können. Die Berufsrichter sind nicht ausgeschlossen, sondern man hat hier bewußt Personen, die auf Grund ihrer Tätigkeit in Arbeitsangelegenheiten Erfahrungen sammeln konnten und gesammelt haben, mit den Berufsrichtern gleichgestellt. Wir haben schon in der Diskussion gehört, daß sich diese Einrichtung bewährt hat. Wir sehen nicht ein, daß wir etwas, was sich bewährt hat, wieder beseitigen.
    In der Begründung zu dem Regierungsentwurf Drucksache Nr. 3516 heißt es auf Seite 23, daß nach den Bestimmungen des Kontrollratsgesetzes Nr. 21 sowohl Personen mit der Befähigung zum Richteramt als auch Personen, die besonders qualifizierte Nichtjuristen sind, als Vorsitzende tätig sein können. Es heißt dann weiter:
    Im Hinblick darauf, daß sich unter den nicht
    juristisch vorgebildeten Vorsitzenden der Arbeitsgerichte, die zur Zeit im Amt sind, bewährte Kräfte befinden, die sich in langjähriger Tätigkeit in die Wahrnehmung richterlicher Aufgaben gut eingearbeitet haben, erscheint es billig, durch eine Übergangsregelung diesen Personen das Verbleiben in der Arbeitsgerichtsbarkeit als Vorsitzende von Arbeitsgerichten zu ermöglichen.
    Ein besseres Lob und eine bessere Anerkennung der Tätigkeit dieser Nichtjuristen in den Jahren, in denen schwere Aufbauarbeit zu leisten war, konnte nichtausgesprochen werden. Es wäre ungerecht, wenn man trotz dieser Feststellungen und Erkenntnisse in Zukunft alle Personen, die die Befähigung zum Richteramt nicht haben, kraft Gesetzes ausschließen wollte. Hier sollte man gleiches Recht für alle gelten lassen, für diejenigen, die sich durch ihre praktische Arbeit bewährt haben, genau so wie für diejenigen, die studiert und ihre Prüfungen abgelegt haben.
    Anders liegen 'die Verhältnisse natürlich bei den Berufungsinstanzen, den Landesarbeitsgerichten, und bei der Revisionsinstanz. Diese Feststellung gilt ausdrücklich nur für die erste Instanz. Wir hoffen, daß der zuständige Ausschuß; der Ausschuß für Arbeit, unserer Meinung in den vorstehenden Fragen beipflichtet, damit wir ein wirklich fortschrittliches Arbeitsgerichtsgesetz in kürzester Zeit möglichst einmütig im 'Bundestag verabschieden können.
    Was die anderen Fragen anlangt, so werden sie im Ausschuß beraten werden und ihre Regelung finden. Auch die Frage des Sitzes dürfte im Ausschuß wohl im Sinne der Vorlage gelöst werden.

    (Beifall bei der +SPD.)