Rede von
Erwin
Lange
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch diese Sache hat unsere Fraktion noch einmal für die dritte Lesung aufgegriffen, weil durch diese Formulierung des § 54 Abs. 2 nach unserer Meinung draußen einige bedenkliche Erscheinungen sichtbar werden. Ich darf daran erinnern, daß wir in der zweiten Beratung einige wesentliche Gründe für die Streichung der Worte „nach Abs. 1 Buchstabe b" gebracht haben, und möchte mich jetzt für meine Fraktion auf 'die Ausführungen in 'der zweiten Beratung beziehen und nur noch einige kurze ergänzende Bemerkungen machen.
In der zweiten Beratung habe ich gesagt, daß es einen bestimmten Kreis von Unternehmern gibt, der zum Teil aus Kurzsichtigkeit, zum Teil aber auch aus Böswilligkeit bestimmte Dinge einfach nicht will. 'Hierzu gehören diejenigen — und da darf ich bitten, Herr Dr. Schröder, daß auch Sie, der Sie ja von Ihrem Verantwortungsbewußtsein in der Begründung Ihrer eigenen Vorlage gesprochen haben, der Sie auch heute wieder dieses Verantwortungsbewußtsein herausgestellt haben, sich in Ihrem politischen Verantwortungsbewußtsein, das Sie auch namens Ihrer Fraktion hier zum Ausdruck gebracht haben, sich das einmal vergegenwärtigen —, die sich als politische Rückversicherer nach der einen oder anderen radikalen Seite hin zu binden versuchen. Und gerade all diesen Leuten würde hiermit Tür und Tor geöffnet, und sie würden jeder möglichen Kontrolle entzogen. Haben Sie aber in diesem Zusammenhang einen Betriebsrat — und die Betriebsräte sind in 99 v. H. der Fälle in Ordnung; 'das wird wohl von Ihrer Seite aus nicht bestritten —, 'dann haben Sie im Betriebsrat selbst die Gewähr einer demokratischen Kontrolle für antidemokratische Tendenzen, die gegebenenfalls von den Betriebsleitungen und Unternehmensleitungen verfolgt werden. Das sind die entscheidenden Gründe, die uns veranlaßt haben, diesen Punkt noch einmal aufzunehmen. Ich glaube, wenn Sie ernsthaft Wert darauf legen, neben der politischen Demokratie als der Stütze gesellschaftlicher Demokratie auch auf 'diesem Wege die 'Ergänzung über die wirtschaftliche 'Demokratie zu schaffen. dann machen Sie unsere gesellschaftliche Demokratie überhaupt erst lebensfähig.
Hinzu kommt noch eins, was ich als Beispiel anführen möchte. In der Märznummer des „Deutschen Handwerksblattes" hat eine Veröffentlichung gestanden, die besagt, daß die Sozialistische Reichspartei — wer das ist, brauche ich hier im einzelnen nicht zu erläutern — sich im Niedersächsischen Landtag für den Großen Befähigungsnachweis in Form eines Antrages eingesetzt habe. Ohne irgendwelchen Kommentar hat das „Deutsche Handwerksblatt" das abgedruckt. Das ist nicht das einzige Symptom und bezieht sich jetzt nicht nur auf das „Deutsche Handwerksblatt", sondern das bezieht sich auf einen ganz bestimmten Kreis von Unternehmern überhaupt. Wenn das so kommentarlos den Handwerkern gegeben wird, dann bedeutet das bis zu einem bestimmten Grade wieder die
Salonfähigmachung der Nachfolger der Faschisten,
die uns ja in dieses Elend hineingebracht haben.
— Das hat insoweit etwas mit dem Gesetz zu tun: wenn Sie nicht über diese Dinge hinaus, die Sie hier vorgesehen haben, in der Form, wie wir es Ihnen vorschlagen, die Möglichkeit schaffen, daß solche antidemokratischen Unternehmer, die die Bindungen auch nach der andern Seite suchen, daran durch die Betriebsräte gehindert werden können, dann schaffen Sie von dieser Seite aus das, was wir in der Weimarer Republik schon einmal erlebt haben und was praktisch zum Ruin der Demokratie geführt hat. Das sind die Gründe, die uns veranlassen, diese Dinge hier noch einmal aufzunehmen. Sie sollten sich ernsthaft überlegen, daß Sie auch hinsichtlich der Sicherung der politischen Demokratie, wenn Sie gegen die Rückversicherer — ob gegenüber dem Bolschewismus oder gegenüber dem Neofaschismus — nichts unternehmen, dann unter Umständen wieder eine Entwicklung mit heraufbeschwören, die Sie nach Ihren eigenen Darlegungen ebensowenig wie wir wiederhaben wollen. Aus diesem Grunde dürfen wir, glaube ich, erwarten, daß Sie sich hinsichtlich dieser Argumente und der Formulierung des Abs. 2 in § 54 überlegen, welcher Weg zu gehen ist,, um solche politischen Tendenzen, wie sie sich schon wieder bemerkbar machen, unmöglich zu machen.
Wir bitten deshalb, unserem Antrag die Zustimmung zu geben.