Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, daß es in diesem Hause bisher wenigstens einen gegeben hat, der eingesehen hat, daß man noch etwas ändern muß, und es ist erfreulich, festzustellen, daß es sich hierbei um den Abgeordneten Kollegen Freudenberg handelt.
Aber dieser Punkt ist nicht der einzige, der Veranlassung gibt, darauf hinzuweisen. daß das, was heute morgen gesagt worden ist, nicht stimmt, daß das nicht in Ordnung ist und daß dieses Gesetz keine Verbesserung darstellt. Man könnte das Paragraph für Paragraph nachweisen. Das veranlaßt mich, jedesmal hier heraufzukommen. Denn heute morgen ist hier ziemlich dreist, für die Öffentlichkeit bestimmt. gesagt worden: dieses Gesetz ist besser als das vorhergehende. Sehen Sie, die Jugend ist durch dieses Gesetz vollkommen ausgeschaltet. Es handelt sich ja nicht nur darum. daß jemand bis zu 24 Jahren gewählt werden darf, wie es jetzt vorgeschlagen worden ist, sondern es handelt sich auch darum: wo kann iemand gewählt werden, wieviel können gewählt werden? Der sozialdemokratische Vorschlag sieht so. wie es im § 9 für die älteren Arbeiter vorgesehen ist. vor, daß in Betrieben mit fünf bis zwanzig jugendlichen Arbeitnehmern ein Jugendvertreter gewählt werden kann, während Sie in der Ausschußvorlage schreiben. daß in Betrieben mit fünf bis fünfzig jugendlichen Arbeitnehmern ein Jugendvertreter gewählt werden kann. Sehen Sie, dagegen muß man sich wehren. Es gibt doch Betriebe — stellen
Sie sich das vor —, in denen 40 oder — seien wir einmal ganz genau - 49 junge Menschen arbeiten. Da soll ein einziger Jugendvertreter die Interessen dieser 49 wahrnehmen! Es gibt doch so vielseitige Interessen der Jugendvertretung, gerade heute, wo die Jugend so gefährdet ist. Da hat es doch keinen Zweck, den Kopf in den Sand zu stecken und sich vor den Tatschen zu verschließen.
Außerdem möchte ich darauf hinweisen, daß die Jugend dadurch besonders benachteiligt worden ist, daß man ihr in § 35 nur das Recht gibt, mit beratender Stimme an den Sitzungen des Betriebsrats teilzunehmen. Dagegen muß man sich wehren. Dagegen sträubt sich die gesamte Jugend. Darüber hat sich die Jugend unterhalten, und daher war die Jugend auch so sehr aktiv bei den Aufmärschen, die aus Protest gegen dieses Gesetz durchgeführt worden sind. Jugend ist nun einmal Jugend, und die Jugend soll Nachfolger sein, Nachfolger für die vielen, die während des Dritten Reiches durch die Schuld der Nazis ausgefallen sind aus dem gewerkschaftlichen Funktionärkörper. Diese Jugend vernachlässigt man jetzt noch weiter. Man nimmt ihr die Rechte, die sie seit 1945 bis jetzt, verbrieft oder unverbrieft, gehabt hat, vielenorts unverbrieft, oft aber auch verbrieft, durch betriebliche Vereinbarungen festgelegt. Diese Rechte nimmt man ihr jetzt. Kollege Keuning hat vollkommen recht: eine ganze Reihe von Jugendsprechern müssen einfach abdanken, weil sie das im Gesetz vorgeschriebene Alter überschritten haben. Ich kenne Jugendsprecher, die 25 und 26 Jahre alt sind, die im Mittelpunkt der Jugend stehen und nur die Interessen der Jugend bisher vertreten haben und noch weiter vertreten wollen, die das Vertrauen der Jugend besitzen. Die sollen nun einfach entrechtet werden. Ich halte das für ein großes Unrecht. Die Jugend wird Ihnen darauf wohl auch etwas zu sagen haben.
— Bitte? Stimmt's nicht, was ich sage?
— Überprüfen Sie das, was ich Ihnen gesagt habe, und Sie werden sehen, daß ich recht habe!
Aber ich will Ihnen noch etwas anderes sagen: Gerade die Regierungskoaliton, gerade diese Regierung stellt doch jetzt große Ansprüche an die Jugend! Sie erklärt doch ganz offen, daß sie die Remilitarisierung durchführen und die Jugend zu Kanonenfutter benutzen will. Das erklärt sie doch ganz offen! Die Jugend soll zum Totschießen alt genug sein, wenn sie 17 Jahre alt ist. Soll ich Sie daran erinnern? Gerade Sie, Herr Majonica, Sie waren es doch auch selber, Sie waren doch vielleicht auch mit 14 Jahren Flakhelfer, dazu waren Sie gut genug! Aber jetzt will man dieser Jugend das demokratische Recht absprechen. Ich kann Ihnen nur eins sagen: bei jedem Paragraphen, der hier behandelt wird, sind wir in der Lage, nachzuweisen, daß all das, was Sie hier sagen, nur ein Täuschungsmanöver darstellt.