Es heißt in diesen Gesetzen, also in dem hessischen und dem württembergischbadischen Betriebsrätegesetz, daß abgesehen von der Mitbestimmung in Fragen der Aufstellung des Produktionsprogramms, in Fragen der Fabrikation und Arbeitsmethoden, in Fragen der Kalkulationsund Preisgestaltung und in Fragen der Produktions-und Absatzregelung, darüber hinaus in vielen anderen wirtschaftlichen Vorgängen der Betriebsrat das Recht haben soll, sich die Handels- und Steuerbilanzen vorlegen zu lassen, in alle Geschäftsunterlagen Einblick zu nehmen, beeidete Sachverständige hinzuzuziehen. Es heißt weiter in den zitierten Gesetzen, daß die Betriebsleitung die Pflicht habe, vierteljährlich einen Bericht über alle wirtschaftlichen Vorgänge zu erstatten.
Nun, meine Damen und Herren, das hessische Betriebsrätegesetz ist in einer Zeit entstanden, als Herr Kollege Arndgen noch Arbeitsminister in Hessen war.
Herr Kollege Arndgen sagte damals in einem Vorwort zu diesem Gesetz — ich darf mir erlauben, mit Zustimmung des Herrn Präsidenten zu zitieren:
Es ist der Sinn und der Wille des Gesetzes,
die Sozialpartner im Wirtschaftsleben, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zu vertrauensvoller
Zusammenarbeit zusammenzuführen; eine
Zielsetzung, die der christlichen Sozialauffassung entspricht und die für die materielle
Lebensgrundlage unseres Volkes gerade in den
nächsten Jahren von Bedeutung sein wird. Was ist von allen diesen durchaus vernünftigen Vorstellungen übriggeblieben? In dem vorliegenden Gesetzentwurf ist von einer wirtschaftlichen Mit bestimmung keine Rede mehr; sie wird ersetzt durch die sehr eingeengte Formulierung des 5 67, daß der Wirtschaftsausschuß nur den Anspruch auf Unterrichtung über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens habe. aber nur insoweit, als dadurch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht gefährdet würden.
Meine Damen und Herren, wer in der Praxis steht, weiß, daß allein mit einer solchen Einschrinkung praktisch jede vernünftige Berichterstattung und Unterrichtung von vornherein unmöglich gemacht werden kann. Denn zu den Geschgftsgeheimnissen gehören — abgesehen von wichtigen Verträgen — die Kostenrechnung, der Betriebsabrechnungsbogen. vor allen Dingen aber die Bestandsbewertung, Unterlagen also, die unhedingt erforderlich sind, um die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens überhaupt beurteilen zu können.
Wenn es dem Ermessen der Geschäftsleitung überlassen bleibt, aus Gründen des erklärten Geschäftsgeheimnisses alle wichtigen Unterlagen zu verweigern, dann verstehen wir nicht, warum es in § 67 Abs. 2 der Vorlage heißt, daß die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses über Angelegenheiten, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens berühren können, Stillschweigen zu bewahren haben. Ich muß hier schon fragen: worüber sollen die Ausschußmitglieder denn reden, wenn sie nur wenig oder gar nichts erfahren?
Ist das Gesetz erst einmal verkündet, dann wird doch künftig ein Unternehmer nur noch insoweit informieren, als er nach diesem Gesetz zur Information verpflichtet ist. Die Auskunfterteilung wird doch gerade durch dieses Gesetz sehr wesentlich eingeschränkt werden.
Von Preis- und Kalkulationsmethoden, wie es im CDU-Vorschlag ursprünglich hieß, ist im Entwurf keine Rede mehr. Das Recht auf Vorlage von Handels- und Steuerbilanzen, das Recht auf Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen, das Recht auf die Heranziehung beeideter Sachverständiger ist völlig beseitigt worden.
Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten, in denen der Wirtschaftsausschuß in Zukunft noch zuständig sein soll, gehören lediglich die Fabrikations- und Arbeitsmethoden, das Produktionsprogramm, die Produktions- und Absatzlage, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und sonstige Vorgänge von allgemeinem Interesse. Ich darf zu den einzelnen Punkten nur kurz folgendes bemerken. Fabrikations- und Arbeitsmethoden sind in den meisten Betrieben so weitreichend bekannt, daß darin keine sehr große Zuständigkeit für den Wirtschaftsausschuß liegt.
Das Produktionsprogramm wird im allgemeinen in roher Schätzung aufgestellt. Über das Produktionsprogramm großer Betriebe wird man unter Umständen schon durch die Presse informiert, und man liest auch häufig Pressekommuniqués über Produktions- und Absatzlage großer Betriebe. Ich habe fast den Verdacht, daß die Informationen des Wirtschaftsausschusses künftig über derartige allgemeine Tatbestände nicht weit hinausgehen werden.
Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens kann man, wie gesagt, nur dann beurteilen, wenn die Betriebsführung bereit ist, ihre Geschäftsgeheimnisse etwas zu lüften. Wenn sie das aber nicht tut, dann, meine Damen und Herren, sind die Diskussionen wenig fruchtbar und wir sehen uns einem Begriff gegenüber, der keinen Inhalt hat, solange die Wahrung der Geschäftsgeheimnisse die conditio sine qua non des § 67 ist. — Die sonstigen im § 67 behandelten Vorgänge haben im allgemeinen nur ein so formales Interesse, daß wir uns damit nicht zu beschäftigen brauchen.
Nichts ist aber in dem Entwurf, wie er jetzt in der Ausschußfassung vorliegt, darüber gesagt, ob und inwieweit das zur Zeit noch geltende wirtschaftliche Mitbestimmungs- und Informationsrecht des Betriebsrats durch das neue Gesetz unberührt bleibt. Wenn das im Gesetz nicht ausdrücklich gesagt ist, muß man annehmen, daß die bisherigen Rechte beseitigt oder eingeschränkt werden sollen. Dann aber ist doch die in § 67 vorgesehene Schweigepflicht nur so auszulegen, daß in den Ausnahmefällen, in denen Unternehmer wirklich aufgeschlossener sind und wirklich einmal im Wirtschaftsausschuß etwas über die betrieblichen Zusammenhänge, über Kostengestaltung usw. aussagen, daß in den Fällen die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses dem Betriebsrat gegenüber Stillschweigen bewahren müssen.
Damit wird doch das Recht des Betriebsrats in doppelter Weise eingeengt: einmal durch die Beschränkung der Auskunftspflicht des Unternehmers, zum anderen aber dadurch, daß jetzt zwischen den Unternehmer und den Betriebsrat als Puffer der Wirtschaftsausschuß eingeschaltet wird, der nach § 67 Abs. 2 der Ausschußfassung verhin-
dert ist, die empfangenen Informationen an den Betriebsrat weiterzugeben, wenn der Unternehmer die Vertraulichkeit seiner Angaben deklariert hat.
Nach dem ursprünglichen Vorschlage der CDU sollte der Wirtschaftsausschuß einen klagbaren Anspruch auf Auskunftserteilung haben. Nach § 71 des vorliegenden Gesetzentwurfes ist nur noch eine betriebliche Einigungsstelle vorgesehen. Die betriebliche Einigungsstelle hat verbindlich zu entscheiden; ein weiterer Rechtsweg ist ausgeschlossen. Herr Kollege Sabel sagt dazu in seinem schriftlichen Bericht — ich bitte den Herrn Präsidenten um die Erlaubnis, den Passus verlesen zu dürfen —, daß dabei für die Mehrheit in den Ausschüssen ein wesentlicher Gesichtspunkt maßgebend war, nämlich der,
daß die Einsetzung einer außerbetrieblichen oder gar staatlichen Stelle als Schiedsstelle einen schwerwiegenden Eingriff in das Direktionsrecht des Unternehmers darstellen würde und mit den Grundlagen der Wirtschaftspolitik nicht in Einklang gebracht werden könne. Zudem sei bei Einschaltung außerbetrieblicher Stellen die in der Wettbewerbswirtschaft notwendige Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht genügend gesichert.
Ich bin der Meinung, daß es doch in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle vom Unternehmer abhängt, seine doch relativ bescheidene Auskunftspflicht zu erfüllen; und wenn er es böswillig nicht tut, dann muß er es darauf ankommen lassen, gegebenenfalls die Unterlagen einer neutralen Stelle vorzulegen.
Das Argument der Unantastbarkeit des Direktionsrechts des Unternehmers halte ich nicht für
sehr beweiskräftig, und ich meine, daß besonders die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit doch nicht vorhanden zu sein braucht, wenn der Arbeitsminister eines Landes die Entscheidung zu fällen hat.
Nun das Direktionsrecht des Unternehmers! Sie gehen in Ihrer Wirtschaftsauffassung davon aus, daß der Unternehmer über eine Reihe von guten Eigenschaften verfügt, daß er fachlich, geistig und moralisch überlegen ist; daß dagegen der Arbeitnehmer über diese Qualitäten nicht verfügt und, wenn er zur Mitbestimmung herangezogen wird, seine Mitberatung wahrscheinlich zu einer Verschlechterung der Betriebsergebnisse führen könnte.
— Ich bin der Meinung, Herr Kollege Freudenberg, daß es vielleicht eine Reihe von Betrieben gibt, in denen die Geschäftsleitung über hervorragende, fachlich vorgeschulte Kräfte verfügt; aber ich glaube, daß in diesen Fällen einer wirklich verantwortlichen Betriebsführung diese auch versuchen wird, mit dem Betriebsrat zu einer vernünftigen Zusammenarbeit zu kommen.
Ich kenne aber aus meiner beruflichen Praxis eine Vielzahl von anderen Fällen, in denen die menschlichen und die fachlichen Qualitäten des Unternehmers nicht vorhanden sind, in denen der Unternehmer das Geld vergeudet
und sich überhaupt nicht um den Betrieb kümmert. Ein solcher Betrieb, der in den meisten Fäl-
len mit Krediten hochgepäppelt ist, wird in Zeiten guter Konjunktur trotzdem bestehen bleiben, weil die Gewinnspannen in der Industrie im allgemeinen so erheblich sind, daß sie auch schlechte Unternehmereigenschaften vertragen.
Wenn aber Krisen kommen, Herr Wellhausen, wenn — wie beispielsweise jetzt in der holzverarbeitenden Industrie oder in der Textilindustrie — durch eine frühere falsche Preispolitik ein Abgabedruck vorhanden ist, dann ist das Unternehmen plötzlich überschuldet. Oft genug sieht der Arbeiter im Betrieb alle diese Schwierigkeiten kommen, aber, wenn er sich an seinen • Unternehmer wendet und Abhilfe verlangt, wie oft wird ihm dann gesagt, daß ihn das nichts anginge. Er hat kein Mitwirkungsrecht, er hat nur seine Arbeit zu tun und zu warten, bis der Kurzschluß eingetreten ist.
— Ja, sehen Sie, ich verfüge über genügend Beispiele aus meiner beruflichen Praxis! Ich kenne leider viele Fälle des Kurzschlusses, wenn von einem Tag auf den andern oder von einer Woche zur andern mehrere Hundert Menschen entlassen werden müssen, um deren Schicksal sich dann der Unternehmer nur wenig kümmert.
Nun werden Sie mir sagen, wenn ein Arbeiter die verhängnisvolle Entwicklung seines Betriebes sieht, dann kann er j a kündigen und sich rechtzeitig andere Beschäftigung suchen. Das wird nicht immer möglich sein, denn es gibt doch in den kleinen und mittleren Städten eine Reihe von Betrieben, die dort die einzigen in der Branche sind. Der Arbeiter muß also mit ansehen, wie eines Tages der Betrieb zusammenbricht; die Sorge um seine Zukunft ist dann allein ihm überlassen.
Ich glaube, meine Damen und Herren, gerade an die Krisenzustände denken Sie wohl auch bei § 72 Ihrer Vorlage; denn in diesem § 72 sind Sie etwas großzügiger, wenn es sich nämlich darum handelt, daß die Einschränkung und Stillegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen, daß die Verlegung des ganzen Betriebes und daß der Zusammenschluß mit anderen Betrieben zur Debatte steht oder wenn es sich um die Einführung neuer Arbeitsmethoden wahrscheinlich mit erheblichen Arbeiterentlassungen handelt.
In den Fällen also, in denen wesentliche Nachteile für die Belegschaft zu befürchten sind, soll sich der Betriebsrat einschalten. Dann sind Sie plötzlich auch bereit, neben der Einigungsstelle auch eine Vermittlungsstelle als Berufungsinstanz zu schaffen, dann sind Sie auch plötzlich bereit, einen betriebsfremden Vorsitzenden zu berufen. In einer Situation, in der der Betrieb in seiner Existenz bedroht ist, darf der Betriebsrat von sich aus Vorschläge machen. Ich bin der Meinung, daß in solchen Fällen — das habe ich in meiner Praxis vielfach erlebt — der Unternehmer auch plötzlich bereit ist, den Betriebsrat zu informieren, aber in der Hauptsache wohl deshalb, um ihn für die Einschränkung und für die Stillegung des Betriebes mitverantwortlich zu machen.
Wir halten es für richtiger, wenn die Betriebsvertretung nicht nur in Zeiten einer schlechten Betriebslage mitzureden hat, sondern wenn man sie in die Lage versetzen würde, rechtzeitig ihren Rat anzubieten, rechtzeitig ihre Bedenken geltend zu machen und rechtzeitig ihre Änderungsvorschläge vorzubringen.
Aus den verschiedenen von mir vorgetragenen Gründen sind wir der Meinung, daß die Fassung der §§ 67 bis 75 in der vorliegenden Drucksache Nr. 3585 in dieser Form für uns nicht annehmbar ist.
Wir haben uns in den Ausschüssen bemüht, zu einer Fortentwicklung des wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechts zu kommen. Diese Bemühungen sind an dem Widerstand der Regierungsparteien gescheitert. Wir unternehmen es jetzt, wenigstens das geltende Recht zu erhalten und eine Verschlechterung in dem betrieblichen Mitbestimmungsrecht zu verhindern. Deshalb stellen wir den Antrag, die §§ 67 bis 75 in der Ausschußfassung zu streichen und an deren Stelle die von uns neu formulierten §§ 67 bis '70 zu setzen.
Der von uns vorgeschlagene neue § 67 entspricht der Regelung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats, wie sie sich aus dem hessischen und aus dem württemberg-badischen Betriebsrätegesetz ergibt. Wir wünschen, daß der Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht in wirtschaftlichen Angelegenheiten haben soll. Es soll sich besonders erstrecken auf Änderung des Betriebszwecks oder Veränderung in den Betriebsanlagen, Aufstellung des Produktionsprogramms, Fabrikations- und Arbeitsmethoden, Kalkulations- und Preisgestaltung — die wir für außerordentlich wichtig halten —, Regelung des Absatzes — die j a mit der Preisgestaltung eng zusammenhängt —, Änderungen des Betriebsumfanges, Verlegung von Betriebsteilen, Betriebseinschränkungen, Betriebsstillegung und Betriebsverschmelzung. Wir wünschen ferner die Mitbestimmung beim Zusammenschluß mit anderen Betrieben sowie beim Eingehen oder Ändern horizontaler und vertikaler Bindungen an andere Unternehmen, weil wir der Meinung sind, daß gerade durch Betriebsverschmelzungen sehr häufig größere Arbeiterentlassungen zu befürchten sind. In allen diesen Fragen muß der Betriebsrat mitbestimmend wirken. Weiter wünschen wir, daß eine betriebliche Mitbestimmung in sonstigen Vorgängen gegeben sein muß, welche die Interessen der Arbeitnehmer oder des Unternehmens berühren.
In § 68 haben wir Ihnen eine Formulierung vorzuschlagen, die sinngemäß und im wesentlichen auch wörtlich mit dem § 53 des hessischen Betriebsrätegesetzes übereinstimmt.
Damit nicht alle wirtschaftlichen Informationen vor dem Plenum des Betriebsrats behandelt werden müssen, machen wir mit unserer Fassung des § 69 den Vorschlag, daß der Betriebsrat berechtigt sein soll, einen aus drei bis fünf Mitgliedern bestehenden Wirtschaftsausschuß zu bilden. Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses brauchen nicht alle Mitglieder des Betriebsrats zu sein. Wir wollen damit einen Schritt weitergehen auf dem Gebiet der Wirtschaftsdemokratie und auch fachlich besonders geeignete Belegschaftsmitglieder zur Mitarbeit im Wirtschaftsausschuß heranziehen.
Im § 70 sollen schließlich die Fälle behandelt werden, in denen Unstimmigkeiten zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsleitung über die Ausübung des Mitbestimmungsrechts im Betriebe bestehen. In diesen Fällen ist zunächst — übereinstimmend mit dem Ausschußentwurf — eine betriebliche Schiedsstelle vorgesehen. Die Einzelheiten dieser betrieblichen Einigungsstelle ergeben sich aus § 50 des vorliegenden Gesetzentwurfs.
Wenn eine Einigung nicht erzielt wird, dann ist nach unserer Auffassung eine zweite Instanz erforderlich. Wir schlagen Ihnen deshalb einen Abs. 2 des § 70 vor, wonach, falls keine Einigung nach § 70 Abs. 1 möglich ist, der Betriebsrat oder der Unternehmer bei einer der Tarifvertragsparteien die Einberufung einer Schiedsstelle beantragen kann. Für die Schiedsstelle soll der § 50 unter Berücksichtigung einiger Änderungen, wie sie in Abs. 3 unserer neu vorgeschlagenen Formulierung des § 70 erläutert sind, gelten. In diesen beiden Instanzen wird sich die Mehrzahl aller Meinungsverschiedenheiten schlichten lassen. Sollten aber die Verhältnisse so kompliziert sein, daß auch beide Stellen nicht zu einer Einigung gelangen können, dann soll jede Partei das Recht haben, innerhalb einer Frist von einer Woche nach Zustellung des Schiedsspruchs den Arbeitsminister des Landes, in dem der Betrieb liegt, anzurufen.
und seine Entscheidung ist dann endgültig.
— Ja, es hängt doch immer vom Unternehmer ab, Herr Kollege Freudenberg. Wenn er nicht böswillig ist, braucht man nicht einmal die erste Instanz; ruft er sie aber aus grundsätzlichen Erwägungen an, dann wird man wahrscheinlich bei Gutwilligkeit schon in erster Instanz sehr schnell zur Einigung kommen. Aber leider spricht die Praxis dafür,
daß es häufig böswillige Beanstandungen sind. Auch in der Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten soll mit diesen Vorschlägen im wesentlichen das bisher bestehende Recht beibehalten werden. Die Praxis der letzten Jahre hat, glaube ich, doch bewiesen, daß man den Instanzenweg nur in Ausnahmefällen zu gehen braucht.
Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen mit diesen kurzen Ausführungen
darzulegen versucht, daß die jetzige Fassung der §§ 67 bis 75 des vorliegenden Entwurfs eine wesentliche Einschränkung des Rechts der Betriebsräte bedeutet. Ich darf um die Genehmigung des Herrn Präsidenten bitten, noch einmal unseren Herrn Kollegen Ar n d g en zitieren zu dürfen. Er sagte damals — das ist sehr wichtig für Sie, Herr Kollege Sabel — bei der Einführung zu seinem Gesetzentwurf:
Diese neue Stellung des Arbeitnehmers im wirtschaftlichen Leben ist besonders geeignet, die geschichtlich gewachsenen Spannungen zwischen Kapital und Arbeit zu überbrücken, den Druck, der bisher auf der Arbeitnehmerschaft infolge ihrer schwachen sozialen Lage, der Unsicherheit ihrer Existenz und der Abhängigkeit vom Willen des wirtschaftlich Stärkeren
— Herr Freudenberg! —
im Wirtschaftsleben lastete, herabzumindern und damit zu einer Steigerung an den Interessen ihres Betriebes beizutragen. Darüber hinaus könnte dieses Gesetz geeignet sein, Kräfte und fachliches Können der Arbeitnehmerschaft in verstärktem Sinne zu aktivieren.
Nach dem bisherigen Verlauf der Debatte besteht bedauerlicherweise auf Ihrer Seite wenig Neigung, vor dem Plenum des Bundestags sach-
lieh zu diskutieren. Trotzdem möchte ich die Frage an die Vertreter der Regierungsparteien stellen: Warum wollen Sie das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht im Betrieb so, wie es das hessische Betriebsrätegesetz vorsieht, wieder beseitigen? Hat sich denn Ihre Einstellung gegenüber der Arbeitnehmerschaft, wie sie damals im Herzen von Herrn Arndgen umrissen worden ist, um so viel und in so entscheidender Weise zuungunsten des Faktors Arbeit geändert? Ich bin der Meinung, daß Sie, wenn Sie überhaupt die Absicht haben, das Betriebsverfassungsgesetz sachlich zu diskutieren, uns auf diese Fragen hier. im Hause eine klare Antwort geben sollten.
Wir halten die Paragraphenfolge des wirtschaftlichen Mitbestimmungsrecht für so wichtig, daß wir insbesondere für die beiden entscheidenden Paragraphen, — 67 und 68 — wegen ihrer Grundsätzlichkeit die namentliche Abstimmung beantragen.