Die wirtschaftliche Kraft im Westteil Deutschlands ist schnell gestiegen. Sie ist gestiegen auch dank der finanziellen Hilfe, die wir in starkem Maße bekommen haben, so daß es möglich war, die Kriegsschäden weitgehend zu beseitigen und den wirtschaftlichen, den politischen und den sozialen Wiederaufbau zu fördern. Die dem Hohen Hause vorliegenden Verträge führen die bisher von den Westmächten gegenüber der Bundesrepublik Deutschland angewandte Politik fort und führen die Bundesrepublik als gleichberechtigtes Mitglied in den Kreis
der freien Völker zurück. Dadurch wird auch die
soziale Lage der Bevölkerung erneut gefördert.
Wie schnell, meine Damen und Herren, die Entwicklung infolge der Einsicht der Westmächte und infolge des Drucks, der von Osten her auf sie ausgeübt wurde,
wie schnell die Entwicklung des Verhältnisses der
Bundesrepublik zu den Mächten Westeuropas und
die Entwicklung in Westeuropa selbst sich geändert
haben, ergibt sich aus folgendem. Am 10. Dezember 1944 schloß die französische Regierung mit
der Sowjetunion einen auf 20 Jahre berechneten
Bündnisvertrag, der sich ausdrücklich und aus-
schließlich gegen Deutschland richtete. Am 4. März
1947 schlossen Frankreich und das Vereinigte
Königreich in Dünkirchen ein 50jähriges Bündnis, das ausdrücklich gegen Deutschland gerichtet
war. Am 12. März 1948 schlossen Großbritannien,
Frankreich, Belgien, die Niederlande und Luxemburg in Brüssel ein 50jähriges Bündnis, das laut
seiner Präambel für den Fall der Erneuerung
einer deutschen Aggressionspolitik gedacht war.
Und, meine Damen und Herren, am 26. Mai 1952, wurde in Bonn der Deutschlandvertrag und am 27. Mai in Paris der EVG-Vertrag unterzeichnet, Verträge, durch die nach ihrer Genehmigung Deutschland zum Verbündeten der Westmächte wird.
Auch die Integration Westeuropas, meine Damen und Herren, schreitet fort. Sie begann mit dem Europarat, sie erhielt den ersten kräftigen Anstoß durch den Abschluß des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, den Schumanplan. Dieser Vertrag ist von den beteiligten sechs Staaten in der Zwischenzeit ratifiziert worden. Die Hinterlegung der Ratifizierungsurkunden wird in diesem Monat in Paris erfolgen; der Vertrag tritt damit in Kraft. Er wird die Integration Europas in kräftiger Weise fördern. Der Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft wird, wie ich schon ausführte, die Integration Westeuropas ein großes Stück vorwärts bringen. Leider können wir infolge der gesamten internationalen Lage zur Zeit immer nur von der Integration Westeuropas sprechen. Aber alle diese Pakte, die die Integration fördern, und diejenigen, die noch zu schließen sind, um sie zu vollenden, sehen den Beitrag auch der anderen europäischen Länder vor und werden ihn vorsehen, so daß wir mit Bestimmtheit hoffen können, im Laufe der Zeit zu einer Integration ganz Europas zu kommen.
Lassen Sie mich jetzt noch die Lage der Bundesrepublik infolge der seit 1945 eingetretenen Entwicklung skizzieren. Die Bundesrepublik steht noch unter Besatzungsstatut. Sie ist unbewaffnet. Sie ist nicht in der Lage, sich zu verteidigen. Sie ist — und darauf lassen Sie mich besonders hinweisen — zur Zeit rechtlich gesehen nur Objekt politischer und strategischer Überlegungen. Ich habe gesagt: „rechtlich gesehen", weil sie bei Genehmigung der Verträge vom Objekt zum Mithandelnden würde und weil die Westmächte in der Annahme, daß diese Verträge in Kraft treten werden, uns jetzt schon nicht mehr lediglich als Ob-
jekt politischer und strategischer Überlegungen betrachten. Deutschland ist zudem noch geteilt. So liegt es zwischen den beiden großen Machtsystemen, die ich eben geschildert habe. Es liegt mitten in einem Spannungsfeld zwischen Ost und West, und zwar an einer besonders gefährdeten Stelle.
Welche Fortschritte werden nun die Verträge nach ihrem Inkrafttreten gegenüber dem heutigen Zustand für Deutschland bringen? Das Besatzungsstatut fällt fort. Alle wirtschaftlichen Beschränkungen hören auf. Wir erhalten die Unterstützung der Vereinigten Staaten. Wir erhalten ein Defensivbündnis mit Großbritannien. Die europäische Föderation beginnt auf dem neuralgischsten Gebiet, nämlich dem militärischen. Europäische Kriege sind in Zukunft ausgeschlossen.
Durch den Einbau in das größte Verteidigungssystem der Geschichte erhalten wir die denkbar größte Sicherheit, und, meine Damen und Herren, wir sind nicht mehr Objekt politischer und strategischer Überlegungen, sondern wir werden Mithandelnde.
Ich glaube, gerade dieser letzte Punkt verdient noch einige Ausführungen. Die Spannungen zwischen Ost und West kennt jeder von uns. Wenn es auch in hohem Grade unwahrscheinlich ist, daß es zu einem heißen Krieg zwischen Ost und West kommt, so muß man doch bei seinen Überlegungen auch entfernte Möglichkeiten mit in den Kreis seiner Betrachtungen ziehen. Solange wir besetztes Land sind, solange wir uns nicht in das westliche Verteidigungssystem eingefügt haben, sind wir ein Niemandsland zwischen zwei großen Mächtegruppen.
Wie wir in den diplomatischen Auseinandersetzungen Objekt sind, so würden wir auch bei ernsten Auseinandersetzungen Objekt sein. Mit anderen Worten: wir würden Schauplatz dieser Auseinandersetzungen werden mit all den furchtbaren Folgen, die sich daraus für unser Volk ergeben würden.
Ich bin der Auffassung, meine Damen und Herren, daß diese die Weltlage beherrschenden Spannungen, die wir nicht aus der Welt schaffen können, dringend von uns verlangen, aus dem Zustand der Schwebe, in dem wir uns jetzt befinden, herauszukommen.
Wenn wir Mithandelnde werden, können wir auch unsere ganze Kraft dafür einsetzen, daß die bestehenden Spannungen zwischen Ost und West auf friedlichem Wege gelöst werden.
Bleiben wir Objekt, so haben wir diese Möglichkeit nicht.
Und welches würden nun die Folgen der Ablehnung der Verträge sein?
Zunächst ist eines sicher. Es werden keine neuen
Verhandlungen auf der gleichen Basis erfolgen,
um Änderungen in dieser oder jener Hinsicht an diesem oder jenem Artikel zu erreichen. Darauf habe ich bereits hingewiesen. Aber, meine Damen und Herren, eine Folge der Ablehnung der Verträge durch die Bundesrepublik würde ein Fiasko der bisherigen Politik
der Westmächte gegenüber der Bundesrepublik bedeuten,
und dieses Fiasko würde in sich schließen einen diplomatischen Erfolg für Sowjetrußland,
der die sowjetische Selbsteinschätzung in unerträglicher Weise erhöhen würde.
Die diplomatische Lage in der Welt würde sich in starker Weise zugunsten Sowjetrußlands verschieben. Das Scheitern der bisherigen Politik der Westmächte bezüglich Deutschlands in Verbindung mit dem dadurch verursachten diplomatischen Gewinn Sowjetrußlands würde die Westmächte höchstwahrscheinlich zu einer grundlegenden Überprüfung ihrer Politik gegenüber Deutschland, Europa und Sowjetrußland veranlassen.
Ich halte es für sehr wohl möglich, daß als Ergebnis einer solchen Verschiebung der diplomatischen
Lage das Verlangen Sowjetrußlands auf Neutralisierung Deutschlands, das es in seinen Noten gestellt hat, Aussicht auf Erfolg bekommen würde.
Das Besatzungsstatut würde bestehen bleiben. Wegen der unsicheren Haltung der Bundesrepublik würde das Vertrauen, das wir uns bisher bei den Westmächten und in der ganzen Welt erworben haben, verlorengehen.
Die Handhabung des Besatzungsstatuts würde gegenüber dem jetzigen Zustand eine Wendung zur verschärften Kontrolle nehmen.
Ich habe schon erwähnt, daß eine Ablehnung der Verträge die Möglichkeit heraufbeschwört, daß Sowjetrußland mit seiner Forderung auf Neutralisierung Deutschlands durchdringen würde. Die Integration Europas, meine Damen und Herren, würde in einem solchen Falle ausgeschlossen sein,
da ein Westeuropa sich ohne Deutschland nicht schaffen läßt.
Die Bundesrepublik würde dank der dann in Westeuropa entstehenden Situation und mit Hilfe der jetzt schon in großer Zahl bestehenden sowjetrussischen Tarnorganisationen in die sowjetische Machtsphäre in der einen oder in der andern Form hineingeraten.
Dann würde bei uns die gleiche Entwicklung einsetzen, wie sie sich in den nunmehrigen Satellitenstaaten vollzogen hat,
d. h. ganz Deutschland würde ein Satellitenstaat werden,
und die Hoffnung der Ostzone, daß sie durch unsere politische Arbeit zur Wiedervereinigung mit uns in Freiheit kommen würde, würde sich nicht erfüllen.
Ich möchte noch einige in der Öffentlichkeit aufgeworfene Fragen besprechen, die von besonderer Bedeutung sind. Es ist behauptet worden, die Genehmigung der beiden Verträge mache die Wiedervereinigung mit der Sowjetzone unmöglich.
Ich halte diese Behauptung für falsch.
Ich, meine Damen und Herren, bin gerade der umgekehrten Ansicht,
daß wir mit dem Abschluß dieser Verträge einen bedeutenden Schritt vorwärts tun auf das Ziel, das seinerzeit der Bundestag fast einstimmig so formuliert hat: Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit in einem freien Europa.
Es ist richtig, daß die Wiedervereinigung in Freiheit nur mit Zustimmung der vier Alliierten, also auch mit Zustimmung Sowjetrußlands, erfolgen kann.
Ich bin der Auffassung, daß es klug ist, wenn man sich für diese Politik die Hilfe von wenigstens drei von den vieren zunächst sichert, wie wir das im Deutschlandvertrag tun.
Ich glaube, daß es möglich sein wird, im richtigen Augenblick mit Sowjetrußland an den Verhandlungstisch zu kommen,
wenn wir die Hilfe dieser drei Mächte dabeihaben.
Aber keiner — nicht einmal meine Freunde von der äußersten Linken —
glauben, daß die Sowjetunion aus sich heraus die Sowjetzone freigeben wird.
Ich kann deswegen in keiner Weise einsehen, daß wir die Aussichten für die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit dadurch, daß wir diese Verträge schließen, verschlechtern.
Ein Gesamtdeutschland, wie es bis jetzt Sowjetrußland in seinen Noten fordert, also ein neutralisiertes Deutschland, ein auf dem Boden des Potsdamer Abkommens errichtetes Gesamtdeutschland ist für uns nicht möglich.
Wir werden mit Hilfe der drei Westalliierten versuchen müssen,
Sowjetrußland von dieser seiner Forderung im Wege der Verhandlung abzubringen. Ich bin überzeugt davon, daß Sowjetrußland, wenn es sieht, daß infolge des Abschlusses der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft seine Politik, im Wege des Kalten Krieges im vorliegenden Fall zur Neutralisierung der Bundesrepublik zu kommen, keinen Erfolg mehr verspricht, daß dann Sowjetrußland diese neugeschaffene politische Situation beachten und seine Politik dementsprechend einstellen wird.
Ich weiß, daß die Männer und die Frauen in der Ostzone diese Ansicht teilen.
ich weiß, meine Damen und Herren, daß sie eine Ablehnung der beiden Verträge nicht verstehen würden,
und ich weiß, daß auch sie den von uns eingeschlagenen Weg als den einzigen Weg betrachten, der auch sie aus ihrer Not herausführen wird.
Es ist weiter die Frage aufgeworfen worden, ob nicht die militärische Stärkung des Westens, die das Vertragswerk zur Folge haben wird, Sowjetrußland dazu reizen würde, zum heißen Krieg überzugehen. Auch hier glaube ich, meine Damen und Herren, daß das Gegenteil richtig ist. Ich bin der Überzeugung, daß man einen hochgerüsteten totalitären Staat nicht dadurch von einer Aggression abhält, daß man möglichst schwach bleibt.
Die Geschichte der letzten zwanzig Jahre bietet zwei ausgezeichnete und schlagende Beispiele für die Richtigkeit dieser meiner Auffassung.
Als Hitler aufrüstete, ist zunächst von seiten der anderen europäischen Staaten und von seiten der Vereinigten Staaten von Amerika nichts geschehen.
Weil Hitler wußte,
daß diese Länder militärisch schwach waren, hat er in dem Augenblick, als er glaubte,
er sei stark genug, um einen schnellen Sieg zu erlangen, losgeschlagen.
Hätte man damals, als Hitler aufzurüsten begann, in den anderen Ländern auch die Verteidigungskräfte vermehrt, so würde Hitler niemals den Krieg gewagt haben.
Etwas Ähnliches, meine Damen und Herren, gilt auch für die Zeit nach 1945. Da Sowjetrußland stark gerüstet blieb, während die anderen Länder abrüsteten,
machte es von seiner militärischen Überlegenheit durch die Unterwerfung der jetzigen Satellitenstaaten rücksichtslosen Gebrauch.
Ich bin überzeugt, daß Sowjetrußland das nicht
getan hätte, wenn es hätte befürchten müssen,
daß die anderen ihm in den Arm fallen würden.
Mit jeder Stärkung der westlichen Verteidigungskraft wächst die Wahrscheinlichkeit, daß Sowjetrußland nicht zum heißen Krieg übergehen wird, und die westliche Verteidigungskraft ist jetzt schon so stark, daß Sowjetrußland in einem heißen Kriege kaum etwas zu gewinnen, aber sehr viel zu verlieren hat.
Meine Damen und Herren, ich darf nochmals darauf hinweisen, daß keines der an den Vertragswerken beteiligten Länder in der Lage war, seine Meinung in allen Punkten zur Annahme zu bringen. Ich darf darauf hinweisen, daß in jedem Land Regierung und Parlament auf die öffentliche Meinung ihres Landes Rücksicht nehmen müssen und daß die öffentliche Meinung in den einzelnen Ländern verschieden ist. Ich habe unlängst an anderer Stelle ausgeführt, daß wir Deutschen doch etwas sehr dazu neigen, nur die Meinung im eigenen Lande, nur den eigenen Standpunkt zu berücksichtigen, und daß wir ferner dazu neigen, schnell zu vergessen, namentlich wenn es uns angenehm ist, zu vergessen.
Ich glaube, wir müssen klar erkennen, daß die Siegerländer in diesem Vertragswerk dem besiegten Deutschland ein großes Entgegenkommen zeigen.
Es ist charakteristisch, daß als erstes Parlament der amerikanische Senat
den Deutschlandvertrag genehmigt hat.
Ich meine, die europäischen Teilnehmerstaaten und insbesondere auch wir Deutschen müssen dem amerikanischen Senat und der amerikanischen Regierung von Herzen dankbar sein für dieses mutige Vorangehen.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen ja schon mehrmals gesagt, daß auch ich mir manchen Artikel und manchen Paragraphen lieber anders gewünscht hätte. Aber wenn erst einmal auf Grund der Verträge die Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmerstaaten enger geworden ist, werden auch manche Bestimmungen, die uns jetzt nicht befriedigen, eine Auslegung erfahren, die uns befriedigen kann. Das gilt meines Erachtens auch von der Kriegsverbrecherfrage. Die britische Regierung hat jetzt schon eine Nachprüfung aller Fälle angeordnet. Der Französische Hohe Kommissar wird aus Anlaß des französischen Nationalfeiertages am 14. Juli eine große Zahl von Begnadigungen aussprechen. Ich glaube, daß auch die Vereinigten Staaten schon vor Inkrafttreten der Verträge so handeln werden wie diese beiden Länder.
Die Antwortnote auf die Sowjetnote muß ich in diesem Zusammenhang auch erwähnen. Sie wird in diesen Tagen in Moskau überreicht werden.
- Morgen!
— Nein, Sie sind falsch unterrichtet, Herr Reimann! Sie sind zu selten hier bei uns; daher sind Sie nicht mehr im Bilde. —
Sie wissen, meine Damen und Herren, daß der Entwurf dieser Note mit mir erörtert worden ist. Ich bin durchaus einverstanden mit dem Abhalten einer Viererkonferenz.
— Das hängt von Ihren Freunden ab! —
Allerdings gehe ich davon aus, daß auf dieser Konferenz keine Verschleppungstaktik geduldet werden darf,
weil dadurch vielleicht in dem einen oder andern Lande Verzögerungen hinsichtlich der Genehmigung der Verträge eintreten können. Ich halte eine solche Verzögerung der Genehmigung der Verträge nicht nur im deutschen Interesse, sondern im Interesse der gesamten politischen Entwicklung für gefährlich. Ich glaube, es ist daher richtig,
wenn der Gegenstand der Verhandlungen auf einer solchen Viererkonferenz vorher so festgelegt wird, daß Verschleppungsmanöver unmöglich werden.
Die Bundesrepublik Deutschland kann nicht ohne Anlehnung an andere Staaten bestehen. Deutschlands geographische Lage ist politisch betrachtet besonders ungünstig. Deutschland liegt in der Mitte Europas, und es hat keine geschützten Grenzen.
Deutschland hat deswegen, gezwungen durch diese seine geographische Lage, schon seit den 70er Jahren nach Verbündeten gesucht. Es glaubte, zunächst durch den Drei-Kaiser-Bund — Deutschland, Österreich, Rußland — im Jahre 1872 sich Bundesgenossen und Sicherheit verschaffen zu können. Aber Bismarck hat damals schon bald erkannt, daß ein lediglich auf dem monarchischen Gedanken beruhendes Bündnis auf die Dauer keinen genügenden Halt haben würde. In der Folge bildeten sich zwei Bündnissysteme heraus: der Dreibund zwischen Deutschland, Österreich und Italien im Jahre 1882, die Triple-Alliance zwischen England, Frankreich und Rußland.
Unter Delcassé bildete sich zwischen 1900 und 1904 die Entente cordiale und endlich das französisch-russische Bündnis.
1911 wurde eine Defensivallianz zwischen Großbritannien, Frankreich und Rußland gebildet, nachdem in den Jahren 1901 bis 1911 England dreimal versucht hatte — leider vergeblich —, mit Deutschland zu einer Verständigung zu kommen.
Durch diese Entwicklung waren die dann kommenden Katastrophen vorbereitet. Es ist auch hier nötig, daß wir uns den Ablauf der Geschichte vergegenwärtigen, um in einem solchen historischen Zeitpunkt wie dem jetzigen zur richtigen Entscheidung zu kommen.
Wir sind jetzt, meine Damen und Herren, mehr denn je auf Bundesgenossen angewiesen, um unsere Freiheit zu bewahren.
Durch den Eintritt in die Europäische Verteidigungsgemeinschaft, die ihrerseits wieder mit dem Atlantikpakt verknüpft ist, durch den Abschluß des Defensivbündnisses mit Großbritannien und durch das Sicherheitsversprechen der Vereinigten Staaten bekommt unser Land die denkbar größte Sicherheit. Alle diese Bündnisse — ich betone es nochmals — haben einen rein defensiven Charakter. Dieser defensive Charakter ist nicht nur ausdrücklich in den Satzungen, Statuten und Artikeln ausgesprochen, er ist auch durch die innere Struktur des ganzen Systems gewährleistet. Das westliche Verteidigungssystem kann und wird — das ist meine feste Überzeugung - Europa und uns
Frieden und Freiheit sichern. Die Spannung zwischen Ost und West ist zur Zeit da. Die Kräfte
der europäischen Länder sind gelähmt; sie sollen
zusammengefaßt werden für den Frieden, auch
für den Frieden mit Sowjetrußland! Die Vereinigten Staaten und Großbritannien unterstützen mit
ganzer Kraft diese Bestrebungen. Wir werden
durch die Genehmigung der Verträge der Sache
der Freiheit, der Schaffung eines neuen Europas,
der Wiedervereinigung Deutschlands und dem
Höchsten, dem Frieden und der Freiheit, dienen.