Rede von
Dr.
Hans
Wellhausen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das von I unserem Hause am 24. April dieses Jahres verabschiedete Gesetz über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1952 kommt über den Vermittlungsausschuß in Gestalt der Drucksache Nr. 3547 wieder an uns zurück. Der Bundesrat hatte den Vermittlungsausschuß mit dem Ziele angerufen, in § 1 die Zahl 40, die wir beschlossen hatten, durch 27 zu ersetzen, also um ein Drittel zu verkürzen.
Die ursprünglich vier kurzen und knappen Paragraphen des Gesetzes sind auf sieben angewachsen
und enthalten für den Nichtfachmann auf den ersten Blick zum Teil kompliziert erscheinende Bestimmungen. Es drückt sich aber in ihnen das im Vermittlungsausschuß errungene — „errungene" muß man, glaube ich, schon unterstreichen — Kompromiß aus. Die prozentuale Inanspruchnahme der Ländereinkünfte aus der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer ist nämlich nunmehr von 40 auf 37 herabgesetzt worden. Außerdem sind zwei wichtige Einzelbestimmungen hinzugekommen. Es sollen nämlich in den Ländern 105 vom Hundert des den Ländern im Vorjahr verbliebenen Anteils an diesen Steuern — Einkommen- und Körperschaftsteuer — garantiert werden. Der Vermittlungsausschuß fing mit 120 an — diesen Antrag stellte eines seiner Mitglieder — und einigte sich dann mit Mehrheit auf 105. Mit diesem Prozentsatz — oder besser gesagt: mit dieser Garantie — soll der Tatsache des auch bei den Ländern naturgemäß steigenden Finanzbedarfes Rechnung getragen werden.
Sodann ist eine Klausel eingebaut worden, die eine Verminderung des eingangs erwähnten Satzes von 37% dann vorsieht, wenn der Bund aus seinen Steuern und Zöllen mehr einnimmt als den vom Bundesminister der Finanzen für das Rechnungsjahr 1952 geschätzten Betrag von 15,6 Milliarden DM. In diesem Falle soll nämlich für je 100 Millionen DM Mehreinnahme der Prozentsatz um 1% gesenkt werden.
Die übrigen Bestimmungen brauche ich nicht zu erläutern, da sie technischer Natur sind.
Der Vermittlungsausschuß hat nach Einsetzung eines Unterausschusses in heißem Bemühen — „heiß" durchaus wörtlich zu nehmen — sich mit zum Teil natürlich ganz anders gearteten Anträgen und Vorschlägen beschäftigt. Ich verzichte aber, darauf einzugehen, da sie Ihnen für Ihre Erkenntnisse kaum einen Gewinn bedeuten würden. Schließlich sind wir eben doch darauf zurückgekommen, daß eine Änderung des Prozentsatzes die weitaus einfachste Lösung und allem anderen vorzuziehen sei.
Ganz sicher glaube ich, auch als Berichterstatter, der Meinung Ausdruck geben zu dürfen, daß das gefundene Kompromiß das Äußerste enthält, was die Länder zugestehen zu können glaubten und was der Herr Bundesminister der Finanzen auf Grund seiner vielfach betonten und — wie Sie wissen — im Grundgesetz verankerten Verantwortung hinzunehmen gewillt ist.
Das Abstimmungsergebnis lautete: 10 Stimmen für den Vorschlag, den Sie hier sehen, 9 dagegen, eine Enthaltung. Im Unterausschuß war die Abstimmung etwas anders ausgefallen; darauf brauche ich aber nicht einzugehen.
Dagegen halte ich es für nötig, zum Schluß noch eine Frage zu streifen, die in den Ausschußberatungen eine gewisse Rolle gespielt hat, nämlich die Frage, ob die Inanspruchnahme eines Teils der Ländersteuern gemäß Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes auch dann eine legitime Maßnahme darstellt, wenn der Bundeshaushalt, dessen Ausgleich diese Maßnahme dienen soll, noch nicht verabschiedet ist. Der Bundesfinanzminister und auch die Bundesregierung haben die Auffassung vertreten, daß diese Frage zu bejahen ist, da der Bund bei der Aufstellung seines Haushaltsplans auch in dieser Richtung schließlich wissen müsse, mit welchen Einnahmen er rechnen könne.
Geschätzte Zahlen bleiben es ohnehin. Nachdem nun aber die Bundesregierung während der Verhandlungen des Vermittlungsausschusses den Haushaltsvoranschlag des Finanzministers durch formalen Beschluß festgestellt hatte, hat sich auch der Vermittlungsausschuß durch konkludente Handlung, ohne formalen Beschluß, auf diese Auffassung festgelegt. Er ist also praktisch davon ausgegangen, daß ein so festgestellter Haushaltsvoranschlag eine ausreichende Grundlage für eine Verabschiedung in dem Sinne bilden kann, wie das in dem Antrag Drucksache Nr. 3547 zum Ausdruck kommt.
Meine Damen und Herren, ich habe den Auftrag, das Hohe Haus zu bitten, sich dem Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 3547 anzuschließen.