Rede von
Dr.
Otto Heinrich
Greve
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einigen wenigen Worten auf die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs des Bundesjustizministeriums eingehen. Nach seinen Ausführungen hat es sich tatsächlich so zugetragen — ich darf das unterstellen —, daß Bemühungen des Bundesjustizministeriums nicht zu verkennen sind, gewisse Schwierigkeiten, die bei der Arbeit des Bundesverfassungsgerichts aufgetreten sind, zu beheben. Aber, Herr Staatssekretär, es kommt uns nicht darauf an, ob Sie in diesem Falle nun der Prügelknabe sind und in Wirklichkeit Ihr Kollege Hartmann oder gar der Herr Bundesminister der Finanzen selber derjenige ist, der eigentlich angesprochen werden müßte. Das ist doch eine Angelegenheit, die Sie innerhalb der Bundesregierung abzumachen haben. Der Bundestag muß verlangen, gleichviel, wer zuständig ist, daß das Bundesverfassungsgericht in die Lage gebracht wird, die notwendig ist, damit seine Richter arbeiten können. Ob das das Bundesfinanzministerium oder das Bundesjustizministerium macht, ist für uns gleichgültig. Sie haben bisher die Federführung für das Bundesverfassungsgericht gehabt, deswegen mußten wir Sie auch ansprechen. Es war Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, daß von seiten des Bundesfinanzministeriums die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, und zwar so rechtzeitig, wie Sie sie benötigen, um die Arbeiten durchzuführen, die für die ordnungsmäßige Erledigung der Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts durchgeführt werden müssen.
Sie haben die Wohnungsfrage angeschnitten. Ich verkenne nicht, daß Sie sich auch da Mühe gegeben haben, die schwierigen Verhältnisse, die aufgetreten sind, zu beseitigen. In diesem Zusammenhang möchte ich ein Wort zur Unterbringung von Bundesoberbehörden, Bundesgerichten usw. sagen. Wenn es sich darum handelt, derartige Behörden oder Gerichte in eine Stadt zu bekommen, werden vorher von den Magistraten und den Ländern Versprechungen gemacht, die so schön sind, daß man sich gar nicht vorstellen kann, wie es anders sein könnte. Wenn es aber dann nachher soweit ist, daß durch einen Beschluß des Bundestages oder durch eine Entscheidung der Bundesregierung die Behörden oder Gerichte in diese Stadt gelegt werden, kümmert sich von seiten der Gemeinde oder des betreffenden Landes kein Mensch mehr darum, wie die Schwierigkeiten zu beheben sind. Das haben wir schon beim Bundesgerichtshof erlebt, Herr Staatssekretär!
Ich weiß, daß die Schwierigkeiten in der Unterbringung der Richter am Bundesgerichtshof heute noch nicht behoben sind und daß auch die Richter des Bundesverfassungsgerichts manche Wünsche haben, die — wir wollen es mal ruhig sagen — eigentlich nicht an die Adresse des Bundes gerichtet werden müßten, sondern an die Adresse des Magistrats der Stadt Karlsruhe bzw. an die Regierung des Landes -- jetzt — Baden-Württemberg. Ich will damit nicht zum Ausdruck bringen, daß das, was uns veranlaßt hat, diese Große Anfrage hier einzubringen, etwa vom Bundesjustizministerium abgeschoben werden könnte auf das frühere Land Württemberg-Baden, das jetzige Land Baden-Württemberg oder auf den Magistrat der Stadt Karlsruhe.
— Ja, ich weiß, Herr Kollege; mein Wunsch war es nicht, daß der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe gekommen sind. Ich habe auch nichts dazu getan, daß das so geworden ist, Herr Kollege Leonhard. Sie wissen, meine Freunde und ich waren der Auffassung, daß sowohl der Bundesgerichtshof als auch das Bundesverfassungsgericht in eine andere Stadt kommen sollten. Die Mehrheit des Hauses hat aber so entschieden, und — wie sagt man so schön? — nun stehen wir vor dem Riß, nun müssen wir uns mit allen diesen Fragen beschäftigen. Das nur am Rande.
Ein paar Worte noch, Herr Staatssekretär, zu dem, was Sie zuletzt gesagt haben, ohne daß die Möglichkeit gegeben ist, heute diese Frage in dem Umfang zu erörtern, der notwendig ist, um das Problem zu lösen. Ich bin mit der Absicht nicht auf die schwierige Zuständigkeitsfrage in der Verteilung Erster Senat - Zweiter Senat eingegangen. Sie wissen, daß in der vorgeschlagenen Änderung der Geschäftsverteilung des Bundesverfassungsgerichts, die Herr Präsident Professor Dr. Höpker-Aschoff Ihnen und uns zugeleitet hat, Ausführungen darüber gemacht sind und daß wir uns auch in der Besprechung am 7. Januar 1952 darüber unterhalten haben, daß beispielsweise der Herr Präsident des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Bedenken, die der Herr Präsident des Ersten Senats vorgetragen hat, nicht teilt. Das ist eine Angelegenheit, die man sich aber zunächst einmal ansehen sollte. Sie wissen, daß sowohl mein Freund Arndt wie auch die anderen Herren, die an dieser Besprechung teilgenommen haben — ich selbst auch —, zum Ausdruck gebracht haben, daß wir nicht abgeneigt sind, dann, wenn es sich wirklich als notwendig herausstellen sollte, auch insoweit eine Änderung des Gesetzes ins Auge zu fassen, daß wir uns aber nicht dazu verstehen konnten, schon einige wenige Monate nach Aufnahme der Arbeit des Bundesverfassungsgerichts das Gesetz gleich im Hinblick auf die Zuständigkeit des Ersten und des Zweiten Senats zu ändern. Herr Staatssekretär, wenn sich nach einer Zeit, die man heute vielleicht schon übersehen kann, herausstellen sollte, daß nicht nur unter Berücksichtigung der Anlaufschwierigkeiten des Gerichts, insbesondere beim Ersten Senat, sondern bei normaler Arbeits-
verteilung die im Gesetz vorgenommene Verteilung der Zuständigkeit zwischen Erstem und Zweitem Senat änderungsbedürftig ist, werden Sie uns auch unter denjenigen sehen, die für eine solche Änderung des Gesetzes sind. Dann wird man aber nicht nur auf Grund solcher Vorschläge, wie sie der Herr Präsident Dr. Höper-Aschoff uns in seiner Denkschrift gegeben hat, zu einer Änderung kommen können, sondern dann muß man natürlich auch Gesichtspunkte ins Auge fassen, die bei der Verteilung der Zuständigkeit durch den Bundestag bei der Verabschiedung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht eine Rolle gespielt haben. Es handelt sich da beileibe nicht um politische Gesichtspunkte, sondern darum, dann dafür zu sorgen, daß eine Gleichmäßigkeit sowohl der Aufgaben wie auch der Zuständigkeiten zwischen Erstem und Zweitem Senat beachtet wird.
Ich glaube, Herr Staatssekretär, wir sollten heute davon absehen, die nach Ihrer Auffassung nicht glückliche Verteilung der Zuständigkeit dafür verantwortlich zu machen, daß das Bundesverfassungsgericht in seiner Gesamtheit, insbesondere der Erste Senat, nicht so arbeitsfähig ist, wie wir es wünschten, und daß die Erledigung mancher anhängigen Sachen, insbesondere beim Ersten Senat, lange auf sich warten läßt. Dafür sind u. a. Gründe maßgebend, die mit Fragen zu tun haben, auf die der Herr Präsident des Bundesverfassungsgerichts in seiner Denkschrift auch eingegangen ist. Ich glaube aber, Herr Staatssekretär, wir sollten darauf verzichten, diese Dinge heute zum Gegenstand der Erörterung zu machen.