Rede von
Wilhelm
Naegel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Deutschen Bundestag hat in seiner 192. Sitzung am 13. Februar dieses Jahres der Entwurf eines Gesetzes über Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen —Drucksache Nr. 3033 — in erster Lesung vorgelegen; er wurde dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß zur Beratung überwiesen. Es handelt sich hierbei zunächst um ein technisches Gesetz, das praktisch den Rechtszustand wiederherstellen soll, wie er vor 1945 im Deutschen Reiche bestanden hat. Nach dem Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30. Oktober 1934 war die Einrichtung von genossenschaftlichen Wirtschaftsprüfern geschaffen worden. Art. 4 dieses Gesetzes hatte bestimmt, daß die öffentliche Bestellung von Wirtschaftsprüfern und von genossenschaftlichen Wirtschaftsprüfern auf gemeinsamer Grundlage durch Vorschriften geregelt wird, die vom Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Justiz und den sonstigen zuständigen Reichsministern erlassen werden. Auf Grund dieser Bestimmung ist die Verordnung über öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen vom 7. Juli 1936 ergangen.
Diese Verordnung ist formal noch in Kraft, aber praktisch nicht mehr anwendbar, weil die zentralen Zulassungs- und Prüfungsstellen für Wirtschaftsprüfer in Berlin fortgefallen sind. Dadurch sind seit 1945 im gesamten Bundesgebiet keine Wirtschaftsprüfer für das Genossenschaftswesen mehr zugelassen worden mit Ausnahme, glaube ich, des Landes Rheinland-Pfalz, das durch ein Landesgesetz eine Sonderregelung getroffen hat. In allen übrigen Ländern des Bundesgebietes ist eine Lücke entstanden. Diese rechtliche Lücke in der Zulassung von Wirtschaftsprüfern im Genossenschaftswesen soll durch dieses neue Gesetz geschlossen werden.
Sowohl bei der Beratung im Wirtschaftspolitischen Ausschuß des Deutschen Bundestages als auch bei der Beratung dieses Gesetzes im Bundesrat war bereits die Frage aufgetaucht, ob die Gesetzeszuständigkeit des Bundes in diesem Falle eindeutig gegeben sei. Der Bundesrat hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß die Zuständigkeit des Bundes unbestritten ist, und hat auch keine Einwendungen erhoben. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß des Bundestages konnte sich dieser Stellungnahme ohne weiteres anschließen. Auch die an der Durchführung des Gesetzes beteiligten Genossenschaftsverbände, der Raiffeisen-Verband, der Deutsche Genossenschaftsverband und der Verband des gemeinnützigen Wohnungswesens sowie das Institut der Wirtschaftsprüfer hat den vorliegenden Entwurf gebilligt.
In den Einzelberatungen bei der Behandlung des Entwurfs im Ausschuß wurde der Wunsch laut, in § 2, in welchem auf die materiellen Rechtsvorschriften über die Durchführung von Prüfung und Bestellung von Wirtschaftsprüfern in den einzelnen Ländern Bezug genommen ist, diese einzelnen Länderverordnungen und -gesetze als einen Anhang zu diesem Paragraphen bzw. zu diesem Gesetz wörtlich mit aufzunehmen. Aber im Hinblick auf die damit verbundenen Schwierigkeiten wurde davon Abstand genommen, zumal für die Zwischenzeit die Rechtsbefugnis der Länder zum Erlaß entsprechender Gesetze über die Ordnung der Prüfung und Zulassung nicht bestritten werden kann.
Wir konnten uns auch einer Anregung der DAG hinsichtlich der Anrechnungsfähigkeit von Berufstätigkeit vor der Zulassung zum Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen in einem höheren Maße, als das Gesetz vorsah, nicht anschließen. Mit Rücksicht auf die Spezialkenntnisse im Genossenschaftswesen, die man nun einmal bei jedem, der die Wirtschaftsprüfung bei den Genossenschaften durchführen will, fordern muß, konnten wir uns nicht dazu entschließen, die in anderen Berufszweigen verbrachte Berufstätigkeit zu drei Vierteln anzurechnen. Das Gesetz sieht nur eine Anrechnung von zwei Dritteln vor.
Der Ausschuß hat dem Gesetz ohne Abänderung zugestimmt. Ich habe deshalb in seinem Auftrage das Hohe Haus zu bitten, auch seinerseits dem Gesetz seine Zustimmung zu geben.