Rede von
Walter
Seuffert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen ) und Herren! Wir wollen doch zunächst einmal endlich aufhören, davon zu sprechen, daß die Aktie dadurch diskriminiert werde, daß man sie wie ein Siedlungshäuschen oder einen sonstigen Besitz der Lastenausgleichsabgabe unterwerfe. Diese Gleichstellung mit dem Siedlungshäuschen ist doch weiß Gott keine Diskriminierung der Aktie.
— Ich wollte gerade darauf zu sprechen kommen, Herr Kollege Dr. Preusker. Sie haben sich darüber beschwert, daß wir nur die an der Börse notierten Aktien und nicht auch noch andere Aktien oder Kapitalanteile zur Abgabe heranziehen. Herr Kollege Dr. Preusker, wenn wir heute noch viele Pausen haben, können wir uns vielleicht einmal darüber verständigen, ob wir da eine gemeinsame Mehrheit finden. Wir finden das durchaus nicht unveranlaßt, obwohl wir unseren Antrag aus Zweckmäßigkeitsgründen, nämlich wegen der leichteren Erhebung der Abgabe, wegen der leichteren Bewertungsmöglichkeit und auch deswegen beschränkt haben, weil in der Tat eine Aktie oder ein Kapitalanteil, der an der Börse gehandelt wird, eine ganz andere Art von liquidem Vermögen darstellt und viel weniger eine direkte Beziehung zum Unternehmen hat als andere derartige Papiere. Aber, wie gesagt, Herr Preusker, es wird vielleicht noch einige Pausen geben, und wir können uns dann über den Fall unterhalten.
Zu dem, was Sie als Gegengabe anbieten, Herr Dr. Preusker, zu der Spekulationsbesteuerung, hat, glaube ich, der Herr Kollege Dr. Bertram schon das Notwendige gesagt. Es ist in der Tat so, daß die von Ihnen angezogene Bestimmung des Einkommensteuergesetzes eben nicht die Kursgewinne
und Spekulationsgewinne von Leuten trifft, die
sich von Berufs und Betriebs wegen mit
Wertpapiergeschäften befassen, wie Banken,
Makler usw. Sie trifft auch nicht den wirklich großen Spekulanten, der Spekulationen auf
lange Sicht macht und z. B. die Ein-Jahresfrist
aushält. Was da übrig bleibt, ist wirklich verschwindend wenig. Sie können es nicht der Einkommensteuer der Länder aus den Zähnen ziehen.
— Natürlich ist es ein Teil der Einkommensteuer. Außerdem ist zu sagen, daß die Besteuerung von Kursgewinnen nun wirklich eine Auswirkung auf den Kapitalmarkt und auf die Börse hat, die sehr zu überlegen ist.
Was den Antrag auf Umdruck Nr. 526 anlangt, so muß ich Sie nun allerdings mit dem Kollegen Dr. Preusker bitten, diesen Antrag abzulehnen, weil er geradezu widersinnige Zustände schaffen würde. Ich sehe davon ab, daß hier von Familiengesellschaften und von Eigentum der Familie gesprochen ist, ohne daß man recht weiß, was damit eigentlich gemeint sein soll. Es wäre schon sehr interessant, was eine Rechtsverordnung da noch definieren müßte. Auf der anderen Seite ist hier gesagt, daß bei solchen Gesellschaften, deren Aktien an der Börse gehandelt werden, der Teil, der sich in geschlossenem Familienbesitz befindet, nicht abgabepflichtig sein soll. Dagegen sollen die Aktien der Kleinaktionäre abgabepflichtig sein. Im allgemeinen nimmt man in solchen Fällen zu dem Börsenkurs oder sonstigen Wert der Aktien bei der Bewertung noch einen sogenannten Paketzuschlag, weil 60 % des Aktienbesitzes ja nicht einfach sechzigmal mehr wert sind als 1 %, sondern weil da noch der Einfluß auf die Politik des Unternehmens hinzukommt, den ein solcher geschlossener Besitz gibt. Wenn Sie beantragt hätten, den Paketzuschlag bei der Bewertung außer acht zu lassen, hätte man darüber vielleicht noch reden können. Nun aber zu sagen, daß der Paketbesitz, der in Wirklichkeit — das weiß jedermann — mehr wert ist als der zersplitterte Besitz, nicht abgabepflichtig sein soll, der andere, der zersplitterte Besitz jedoch abgabepflichtig sein soll, das ist denn doch, glaube ich, ein geradezu absurdes Ergebnis.
Wir sind zwar nicht, wie der Herr Kollege Loritz, der Ansicht, daß man durch eine Spekulationssteuer wesentlich mehr als durch unseren Antrag, die Besitzer von Aktien abgabepflichtig zu machen, herausholen könnte. Wir sind aber mit ihm und, ich glaube, mit jedem, der die Verhältnisse kennt, durchaus der Ansicht, daß das, was den Aktienbesitzern, die diesen Teil von Sachwert über die Währungsreform am 21. 6. 1948 herübergerettet haben, als Abgabe nach dem Vermögensteuerwert des Jahres 1948 auferlegt werden soll, tatsächlich einen verschwindenden Bruchteil desjenigen Wertes erfaßt, der in diesen Aktien wirklich steckt.
Deswegen bitten wir Sie nochmals, unserem Antrag zuzustimmen.