Rede von
Dr.
Victor-Emanuel
Preusker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Wenn ich im Namen einer Reihe von Kollegen noch einmal unseren Antrag der zweiten Lesung wieder aufgenommen habe, so sehen Sie schon aus der Formulierung, daß es uns in keiner Weise darum geht, etwa irgendwelche besonderen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, sondern wir möchten nur, daß etwas wirklich der allgemeinen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Notwendigkeit Entsprechendes geschieht.
Ich darf etwas zu den Argumenten sagen, wie sie namentlich vom Kollegen Bertram und auch von Herrn Seuffert vorgebracht worden sind. Es ist sicher nicht mein Anliegen, etwa zugunsten, sagen wir, großer Paketbesitzer zu sprechen, sondern das Anliegen, das uns in der zweiten Lesung bewegt hat, war im Grunde genommen, gerade den kleinen Aktiensparer gegenüber dem Spekulanten in einer ganz eindeutigen Weise abzugrenzen.
Wir möchten nicht, daß die Aktie in irgendeiner Form unter ein Sonderregime fällt, daß sie in besonderer Weise in den Verdacht einer Diskriminierung als Sparanlage gerät; sondern wir möchten gerade — das darf ich hier einmal aussprechen — auf längere Sicht gesehen, möglichst viele Angehörige der Belegschaften der einzelnen Unternehmen zu Kleinaktionären ihrer Unternehmen machen. Es ist unser letztes Ziel, daß sie hier Miteigentum erwerben können.
Aber was hier geschehen ist, ist doch offensichtlich eine Differenzierung zwischen solchen Aktien, die zufällig an einer Börse gehandelt werden — entweder im amtlichen Freiverkehr und solchen, entweder im amtlichen oder im Freiverkehr — und solchen, die an keiner Börse gehandelt werden. Bekanntlich ist der Ausschnitt der Aktien, die an den Börsen gehandelt werden, im Vergleich zu dem gesamten Aktienkapital der deutschen Wirtschaft gar nicht einmal allzu groß.
In dem Lastenausgleichsgesetz werden also schon innerhalb der Aktiengesellschaften selbst zwei ganz verschiedene Kategorien von Aktien geschaffen. Daß diese Differenzierung noch in gleicher Weise gegenüber den anderen Gesellschaftsformen — den G. m. b. H.' s oder anderen Formen — fortgesetzt wird, und zwar ohne einen besonderen ersichtlichen Grund, das sei nur dahingestellt.
Es ist schon gesagt worden, daß die Erhebung dieser Abgabe per 21. Juni 1948 einige Schwierigkeiten mit sich bringen und auch im ganzen ohne Zweifel nicht die Erträge ergeben wird, die vielleicht in der Öffentlichkeit erwartet werden. Denn per 21. Juni 1948 — darauf wies ich schon in der zweiten Beratung hin — waren die Aktienkurse außerordentlich niedrig. Was in der Offentlichkeit mit einem gewissen Recht — ich wäre der letzte, der das nicht zugesteht — Beunruhigung und Ärgernis ausgelöst hat, ist die Übersteigerung der Kursentwicklung in den vergangenen Jahren, insbesondere im letzten Jahr, als Folge der Koreakrise. Hier einen Riegel vorzuschieben und dem Spekulantentum einen Dämpfer aufzusetzen, scheint uns ein sehr notwendiges Anliegen zu sein.
Wenn Herr Kollege Seuffert gesagt hat, es sei doch sehr unwahrscheinlich, daß man aus der 'Einkommensteuer diesen Teil § 23 Abs. 1 Ziffer 1 b — Besteuerung von Spekulationsgeschäften — herausbrechen könne, so möchte ich hierzu sagen: Warum sollen wir es nicht doch versuchen! Denn dieses Aufkommen aus Spekulationen scheint uns nach seinem ganzen Charakter eines der ersten zu sein, auf das der Lastenausgleich einen Anspruch erheben kann. Es ist kein Einkommen, das wir als durch Leistung gerechtfertigt anerkennen können. Deshalb möchten wir es durchaus aus dem Einkommensteuergesetz herausnehmen und in den Lastenausgleich einbauen, um gleichzeitig deutlich eine Trennung zwischen dem echten Kapitalsparer und dem Spekulanten zu vollziehen.
Lassen Sie mich noch auf etwas Weiteres hinweisen, was meiner Ansicht nach eine große Gefahr bedeutet. Die CDU hat schon den Zusatzantrag für die Familiengesellschaften eingebracht, der insofern seinen Sinn hat, als sich dort eine echte Doppelbelastung kumulieren würde im Vergleich zu anderen Unternehmen, die ihr nicht unterliegen. Der Aktionär bekommt durch die Belastung der Aktiengesellschaften bestimmt für 30 Jahre nicht die Erträge, die er sonst bekommen würde. Wenn Sie aber innerhalb der deutschen vergesellschafteten Unternehmen eine Anhäufung von Beteiligungen haben, bei denen also die gleiche Wirkung einer zusätzlichen Belastung innerhalb der Gesellschaften eintreten würde, wie sie bei der Familiengesellschaft vorliegt, dann fördern Sie damit, ob Sie es wollen oder nicht, eine ganz gefährliche Tendenz: daß nämlich diese Gesellschaften auf einmal anfangen. sich zu einem riesengroßen Gebilde zu entwickeln, indem sie sich verschmelzen. Diese Gefahr einer weiteren Konzentration ist weder volkswirtschaftlich noch sozialpolitisch roch aus irgendeinem anderen Grund erwünscht. Das ist einer der weiteren Gründe, warum wir unseren Antrag wieder aufgenommen haben.
Um es noch einmal zu rekapitulieren: Wir haben es getan, weil wir einmal nicht die Differenzierung zwischen einem eventuell großen Aktienbesitzer in einer Gesellschaft, die nicht an der Börse notiert ist, und dem kleinen Aktiensparer, der nur Börsenpapiere kaufen kann, wünschen; weil wir zum Zweiten auch nicht wünschen, daß über die Tendenzen, die von diesem Antrag ausgehen müssen, in unserer Wirtschaft von neuem eine regelrechte Konzentrationswelle ausgelöst wird. Wir bieten dagegen die dauernde Bekämpfung des Spekulanten-
turns und die Einziehung der Erträge aus solchen Geschäften, falls sie eben doch weiterhin getätigt werden, zugunsten des Lastenausgleichs.