Rede von
Dr.
Bernhard
Reismann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Gestatten Sie mir bitte die Endausführungen. — Wir haben bei einem Teil dieser Anträge, und zwar gerade bei jenen, bei denen es sich um die Frage, um die prinzipiellste Frage der Gerechtigkeit, nämlich um die der Gleichberechtigung handelt, erfreulicherweise die Unterstützung eines erheblichen Teiles der Koalition und — worauf ich besonders hinweisen möchte — die Unterstützung aus Kreisen der Vertriebenen gefunden, so daß hier die Solidarität der Geschädigten erfreulich in Erscheinung tritt.
Die übrigen Anträge liegen uns aber darum nicht weniger am Herzen, auch wenn ich sie nicht wiederhole. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß von der Behandlung dieser Grundfrage die Entscheidung meiner Fraktionsfreunde in ihrer Stellungnahme zu diesem Gesetz abhängen wird. Es handelt sich um wertvollste Schichten des deutschen Volkes, die hier um ihr Recht ringen. Sie zu vernachlässigen, über sie hinwegzugehen als Quantité négligeable, in der Hoffnung, durch längeres Liegenlassen werde sich die Sache von selbst erledigen, würde einen gewaltigen Schaden des Ansehens unserer jungen Bundesrepublik, unserer jungen Demokratie und des Vertrauens in ihren guten Willen bedeuten. Es handelt sich nicht um die Bitte von Bittstellern, sondern es handelt sich um ein Recht, um ein verbrieftes Recht. Denn was man auch immer sonst zu der Nazi-Gesetzgebung sagen möge, der Grundgedanke der Entschädigungsgesetze und der -verordnungen aber, die während des Krieges erlassen worden sind, sind Gedanken der Gerechtigkeit und nicht nationalsozialistische Gedanken. Sie sind alles andere als nationalssozialistische Gedanken; der Gedanke der Gerechtigkeit war selbst damals so stark, daß man ihn nicht umgehen konnte. Man versuchte ihn als Propagandamittel einzuspannen und auszunutzen, und damit übertrieb man vielleicht zur anderen Seite hin. Aber es handelte sich damals um echte begründete Rechte. Die Ausführung und Erfüllung der Verpflichtung mag suspendiert sein, nicht aufgehoben aber sind die Rechte selbst. Sie abzuschaffen, entschädigungslos abzuschaffen, würde bedeuten, gegen das Grundgesetz zu verstoßen und das Gesetz, das wir uns jetzt mühsam zustande zu bringen bemühen, in seinen Grundfesten zu erschüttern, so daß die Arbeit vergeblich gewesen wäre.