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ID0121106100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 211. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Mai 1952 9255 211. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Mai 1952 Geschäftliche Mitteilungen . . . . 9256B, 9262C Eintritt des Abg. Moosdorf in den Bundestag 9256C Begrüßung des Abg. Bazille nach seiner Genesung 9256C Austritt des Abg. Wittmann aus der Fraktion der DP/DPB 9256C Einspruch des Abg. Loritz gegen den ihm in der 210. Sitzung erteilten Ordnungsruf (Umdruck Nr. 520) 9256C, 9258B Beschlußfassung 9258C Ausscheiden des Abg. Dr. Schäfer aus der deutschen Delegation zur Beratenden Versammlung des Europarats und Zuwahl des Abg. Dr. Freiherrn von Rechenberg 9256D, 9262C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes und der Verbrauchsteuergesetze 9256D Gesetz über die Aufhebung einiger Polizeiverordnungen auf dem Gebiet des Verkehrs mit Arzneimitteln 9256D Gesetz über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1952 9257A Bericht des Bundesministers der Justiz über die Angelegenheit des tschechoslowakischen Staatsangehörigen Frantisek Kroupa (Nr. 3368 der Drucksachen) 9257A Bericht des Bundeskanzlers über den Ausbau der Bundesstraßen 51 und 54 (Nr. 3357 der Drucksachen) 9257A Bericht des Bundeskanzlers über das Freiburger Flugplatzprojekt (Nr. 3358 der Drucksachen) 9257A Zwischenbericht des Bundeskanzlers über die Tätigkeit von Deutschen bei den Besatzungsmächten (Nr. 3359 der Drucksachen) 9257A Ergänzende Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit zur Anfrage Nr. 231 der Fraktion der SPD betr. Möglichkeiten der Einberufung einer europäischen Regionalkonferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (Nrn. 2826, 2895, 3046, 3366 der Drucksachen) 9257A Kleine Anfrage Nr. 260 der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen gegen Besatzungsnotstände in Bad Oeynhausen (Nrn. 3299, 3367 der Drucksachen) . . . . 9257B Kleine Anfrage Nr. 263 der Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer u. Gen. betr. Wertpapierbereinigung (Nrn. 3309, 3361 der Drucksachen) 9257B Zur Tagesordnung 9257B Antrag der Gruppe der KPD auf Aufsetzung eines Antrags auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses betr. Überprüfung der Vorgänge in Essen am 11. Mai 1952 auf die Tagesordnung . 9257C Renner (KPD) 9257C Unterbrechung der Sitzung . . . 9258B Widerspruch gegen Aufsetzung 9258B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe (Nr. 3333 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 3345 der Drucksachen) 9258C Dr. Semler (CSU), Berichterstatter . 9258C Wehner (SPD) ' 9259C Abstimmungen 9259C, 9260A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln (Teuerungszulagengesetz) (Teuerungszulagenänderungsgesetz — TZAndG —) (Nr. 3217 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 3337 der Drucksachen) 9260A Meyer (Hagen) (SPD), Berichterstatter 9260B Abstimmungen 9261B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) (Nr. 3354 der Drucksachen) 9261C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 9261C Beschlußfassung 9262B Unterbrechung der Sitzung . . . 9262C Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich (Nr. 1800, z u 1800, 3300, z u 3300 der Drucksachen, Umdruck Nr. 490); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nr. 515; Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 516 bis 519, 521 bis 534) 9262D Zur Geschäftsordnung: Schütz (CSU) 9262D Unterbrechungen der Sitzung . . 9262D Allgemeine Beratung: Ollenhauer (SPD) 9263A Kriedemann (SPD) 9265D, 9292B Kunze (SPD) 9269A Schütz (CSU) .9271B Dr. Kather (CDU) 9273D Dr. Keller (Fraktionslos) 9275D Rische (KPD) 9277C Dr. Atzenroth (FDP) 9280A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 9281A Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 9283A von Thadden (Fraktionslos) 9284C Dr. Reismann (FU) 9285D Loritz (Fraktionslos) 9288C Farke (DP) 9290B Dr. Ott (DP-Gast) 9291B Weiterberatung vertagt 9292C Ausschluß des Abg. Renner für 20 Sitzungstage 9292C Nächste Sitzung 9292D Die Sitzung wird um 9 Uhr 5 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus beginnt mit der dritten Beratung des Lastenausgleichsgesetzes. Alle Parteien sind sich der ganz großen Tragweite dieses Gesetzes für die Bundesrepublik und für die Vertriebenen bewußt. Darüber brauche ich kein Wort zu sagen. Ich will vom Standpunkt der Vertriebenen, aber auch vom Standpunkt der Bundesrepublik sprechen. Wir Vertriebenen sind hier und haben aus dem Osten, aus Ostdeutschland, alle unsere Traditionen mitgebracht. Da möchte ich vorausschicken, daß die höchste Tradition und das höchste Lob für die Bewohner Ostdeutschlands war, daß sie durch sieben Jahrhunderte Deutschland decken konnten, so daß Deutschland und besonders der Westen ihre Kultur in Ruhe aufbauen konnten. Wenn wir nun hierher gekommen sind, dann ist für uns die einzige Möglichkeit des Lebens, daß die Bundesrepublik von uns mit aufgebaut wird. Denn ohne den Aufbau der Bundesrepublik und der deutschen Wirtschaft gibt es auch kein Leben für die Vertriebenen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Dazu gehört auch die Übernahme all der Traditionspflichten, die wir von Hause mitgebracht haben, einschließlich der Verteidigungspflicht.
    Ich möchte weiter ein Wort zu dem Junktim sagen, das hier herumgaukelt. Es gibt für uns kein Junktim der Art, daß etwa die Vorwegnahme des Lastenausgleichs eine Bedingung für die Annahme einer Verteidigungspflicht wäre. Es ist nur ein sachliches Junktim vorhanden. Denn wenn die Heimatvertriebenen nicht in sozialer Beziehung wieder dazu in die Lage versetzt werden — wenn sie nichts zu essen haben —, dann ist praktisch an eine Verteidigung in genügendem Umfang nicht zu denken. Insoweit besteht ein Junktim, nicht aber in einem andern Sinne.
    Die große Frage ist nun: Ist dieses Gesetz so, wie es vorliegt, geeignet, eine Befriedigung zu bringen? Es ist von mir bekannt, daß ich stets darauf hingewiesen habe, daß es nicht befriedigend sei. Ich glaube, es gibt keine Seite dieses Hauses, die nicht in irgendeiner, dieser oder jener Beziehung auch sagt: Es ist nicht befriedigend! — Aber die Zeit, in der wir leben, erlaubt uns nicht, aus diesem, Unbefriedigtsein die radikale Forderung zu ziehen. Wir müssen prüfen, welche Lösung die befriedigendere ist und ob nicht die jetzt vorliegende Lösung überhaupt für uns eine Notwendigkeit bedeutet, sie anzunehmen.
    Unbefriedigend ist, wie Sie wissen, zunächst einmal das nicht genügende Aufkommen, daß insbesondere nicht genug übrig bleibt, um das Wichtigste dieses Lastenausgleichsgesetzes, nämlich den Existenzaufbau für die Vertriebenen, zu ermöglichen. Denn die optimal bei dieser Situation bleibenden 650 Millionen DM sind eben ganz ungenügend. Wir brauchten anderthalb Milliarden DM.
    Aber eines ist das Große an diesem Gesetz: daß von keiner Seite dieses Hauses und auch von keiner Seite der Bevölkerung die Notwendigkeit des Lastenausgleichs bestritten wird. Das ist vor zwei Jahren noch nicht so klar ausgesprochen worden, und das müssen wir hier hervorheben. Bei dem Streit, der geführt wird, handelt es sich doch nur um die Grenzen dessen, was wirtschaftlich als Belastung möglich ist. Diese Grenzen heute mit ganz klarer Sicht zu zeichnen, ist sehr, sehr schwer, wahrscheinlich unmöglich. Deshalb kann man( daraus nur die Folgerung ziehen, daß wir erst aus der Erfahrung sehen müssen, inwieweit man die Belastung heraufsetzen kann. Es ist doch wirklich ein allererster Versuch, der in dieser Beziehung in der Welt gemacht wird. Gewiß, ich kenne Finnland und ich kenne die finnischen Lösungen. Ich verhehle nicht, daß wir mit ganz großer Ehrfurcht und mit ganz großen Gewissenserforschungen an diese Dinge herangegangen sind.

    (Na, na! bei der SPD.)

    Aber vergessen Sie hierbei nicht: als Finnland diese Gesetze schuf, schuf es sie in dem großen nationalen Schock und in einer Zeit, in der dort ein staatlicher Zusammenhang vorhanden war, und gerade diesen hatten wir in den Jahren 1945 bis 1949 eben nicht. Alles andere will ich nicht nennen, auch nicht, daß in Finnland eine etwas glückselige Inflation zu Hilfe kam.

    (Abg. Schütz: Dort leben 40 Menschen auf einem Quadratkilometer, bei uns 200!)

    — Die Bodenfrage, alles das will ich nicht anführen. Lassen Sie mich nur sagen, daß die finnische Delegation, die kürzlich hier war, uns gegenüber ihre absolute Anerkennung geäußert und den Hut vor der großen Leistung gezogen hat, die die Bundesrepublik bisher fertiggebracht hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Finnen sind also viel, viel ehrlicher und viel, viel anerkennender als wir. Aber um so mehr müssen wir für die Zukunft daraus lernen.
    Wenn wir also das Negative des Entwurfs betrachten, so stoßen wir darauf, daß zu wenig für die produktive Eingliederung und für den Hausrat getan wird, daß eine zu lange Laufzeit vorgesehen, daß der allgemeine Unsicherheitsfaktor darin enthalten ist und daß nur für einen ganz geringen Bruchteil des verlorenen Vermögens Ersatz geleistet wird; denn es ist wirklich nur ein ganz geringer Bruchteil, der außerdem erst nach Jahren zur Auszahlung kommt.
    Wenn ich mir demgegenüber nun aber das Positive des Entwurfs ansehe, so sehe ich erstens einmal die Sicherung der Unterhaltshilfe über die gegenwärtigen Sätze hinaus, zweitens die Aufstockung der Entschädigungsrente, drittens die Verstärkung der Hausrathilfe, ferner die Verrechnung von Existenzaufbaudarlehen auf die Hauptentschädigung, dann den Zahlungsbeginn für die Sparguthaben und auch den Härtefonds für die Sowjetzonenflüchtlinge. Sie wissen, meine Damen und Herren, die Sowjetzone mit diesem Problem liegt uns außerordentlich am Herzen. Die ständig träufelnde Wunde der grünen Grenze und das Hereinkommen von im Augenblick gegenüber unseren Heimatvertriebenen noch schwerer Leidenden, ist für uns ein ganz großes Problem. Wir haben auch beim Lastenausgleich sehr darüber debattiert, ob wir eine ähnliche Regelung für die Sowjetzonenflüchtlinge einsetzen müßten oder könnten. Das hat sich jedoch auf Grund der politischen und der sonstigen Dinge, die dazwischengekommen sind, nicht machen lassen.
    Nun, meine Damen und Herren, komme ich zu dem Ziele, Sie herzlich zu bitten: Nehmen Sie dieses Gesetz mit möglichster Beschleunigung an; dann ist eine Grundlage für das Weitere geschaffen. Die Bundesregierung hat von Novellen gesprochen. Ich nehme das Wort vollinhaltlich auf, und ich kann es, weil sich alle Fraktionen — besonders die der Koalitionsparteien — darüber klar waren, daß hier


    (Bundesminister Dr. Lukaschek)

    mit Novellen gearbeitet werden muß. Herr Seuffert , Sie sagten, es ginge schon ins Romanhafte. Sehr verehrter Herr Seuffert, ich liebe einen Roman noch mehr als eine Novelle, insbesondere wenn er den Titel „Soll und Haben" aus schlesischer Erinnerung trägt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es muß der ernsthafte Wille vorhanden sein, und er ist vorhanden, wie ich aus allen Gesprächen weiß.
    Hier lassen Sie mich bitte eine ganz, ganz herzliche Bitte an die Opposition richten! Ich stehe nicht an, zu erklären, daß ich alle Veranlassung habe, für die hilfreiche Unterstützung der Sozialdemokratischen Partei in allen Angelegenheiten der Vertriebenen zu danken.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das erkenne ich gern an, und ich werde es immer gern öffentlich anerkennen! Aber nun bitte ich Sie: Bringen Sie auch einmal Opfer um der Sache willen; denn es ist eine Sache, die einer ganz großen Mehrheit bedarf, nämlich dieses Riesengesetz dem deutschen Volke vorzulegen. Denken Sie an die Autorität, die der Bundestag dann — Sie haben ja die Gefahren, die beim Bundesrat und beim Verfassungsgericht drohen, in zweiter Lesung genügend vorgeführt — gegenüber dem Bundesrat hat; ich glaube, dann kann der Bundesrat das Gesetz trotz mancher Erwägungen nicht ablehnen. Es i s t notwendig, daß dieses Gesetz möglichst bald angenommen wird, denn wenn wir es durch Monate hindurch treiben lassen, wissen wir nicht, was daraus wird. Wir brauchen aber huh_ und einen Abschluß, und wir brauchen das Gesetz schon, um die notwendige Vorfinanzierung zu sichern. Eine Vorfinanzierung bekommen wir doch überhaupt nicht, wenn nur Hoffnungen bestehen; die bekommen wir im Inland erst, wenn eine ganz sichere Basis für die Ermächtigung zu der Anleihe von 5 Milliarden DM gegeben ist.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.) Vom Ausland ist überhaupt erst zu sprechen, wenn eine Sicherung da ist.

    Unter diesen Umständen ist es sehr, sehr viel besser, heute nicht das Minus zu sehen, sondern das Plus zu sehen und anzunehmen. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Dieses Gesetz und der Wille des Bundestags und des Volkes, überhaupt einen Lastenausgleich zu gewähren, ist das Große. Man sollte es nicht an den Grenzen, an dem Minus, scheitern lassen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wenn wir in einem sozialen Umbruch sind — und der Lastenausgleich ist ein Teil des großen sozialen Umbruchs, den das deutsche Volk, und zwar in Gemeinsamkeit mit den Heimatvertriebenen, die dabei führend sein müssen, durchmacht —, dann gilt der Satz: Für die Besitzenden Verzicht und Opfer und für die, die fordern, Verantwortungsbewußtsein und Geduld. Ich weiß, daß das schwerste Geduld ist. Dabei kommt nicht die Geduld des Daumendrehens in Frage, sondern die sittlich gespannte Geduld, auf den Augenblick zu warten, in dem wir das Größere leisten können. Der Augenblick wird kommen, und er wird auch mit der Unterstützung der ganzen Welt kommen, wenn die Welt sieht, daß wir bis an die Grenze des Möglichen gegangen sind.
    Deshalb bitte ich als Vertriebenenminister den Bundestag aus ganzem Herzen, diesem Gesetz trotz aller Mängel, die keiner leugnet, die Zustimmung zu geben, weil es der Anfang für ein Weiterarbeiten ist.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete von Thadden, fraktionslos.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Adolf von Thadden


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DRP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DRP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der kurzen Redezeit nur folgende Bemerkungen: Diejenigen, die nach diesem Gesetz etwas abgeben sollen, erklären, daß die Funktionsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ernstlich in Frage gestellt sei, wenn der derzeitige Entwurf hinsichtlich der Abgabenhöhe wesentlich geändert würde. Die Millionenzahl der Geschädigten dagegen erklärt, daß von einem Lastenausgleich nicht gesprochen werden könne, daß man vor allen Dingen von einer wirksamen Eingliederung überhaupt nicht reden könne. Ich hoffe, daß der vorliegende Gesetzentwurf in der dritten Lesung — die entsprechenden Anträge dazu liegen vor — noch einige Änderungen erfahren wird, die sich vor allen Dingen auf die Aufkommensseite günstig auswirken müssen.
    Ich glaube, man kann weiter sagen, daß es einer der größten bisher gemachten Fehler war, daß das Lastenausgleichsgesetz nicht gleichzeitig mit dem Währungsgesetz verkündet wurde, wozu die entsprechenden Entwürfe und Möglichkeiten damals bestanden. Es besteht beinahe der Eindruck, daß die Alliierten es damals nicht wollten, um einen zweckmäßigen Grund für eine dauernde Spaltung im deutschen Volk zu erhalten und offenzulassen.
    Im einzelnen folgendes: Die erhöhten Jahresabgabesätze wurden in der zweiten Lesung abgelehnt. Ich hoffe, daß sich das durch die entsprechenden Anträge in der dritten Lesung noch ändern wird. Es gibt ja die Möglichkeit, daß derjenige, der den erhöhten Betrag nicht aufbringen kann, freigestellt wird; es gibt aber auf der andern Seite — auch das muß einmal gesagt werden — in Deutschland ganz erheblich viel Geld, und die ständig steigende Zahl deutscher und amerikanischer Luxusautomobile beweist das durchaus.
    Wir sind darüber hinaus der Auffassung, daß Versprechungen, auf die sich Herr Kunze in seinem Bericht bezieht, die der Wirtschaftsrat irgendwann einmal gemacht haben soll, für den Deutschen Bundestag keinerlei verbindliche Wirkungen haben. Darüber hinaus, wie Landwirtschaften mit einem Betrag von 15 000 DM begründet werden sollen, ist bisher noch nicht gesagt worden, und wir hoffen, daß in der nun anstehenden Lesung die 15 000-
    Mark-Grenze dahin geändert wird, daß auch höhere Beträge für die so besonders dringliche Seßhaftmachung ostvertriebener Landwirte bereitgestellt werden können.
    Zu § 315 sagte die Sozialdemokratie, daß eine Heranziehung der öffentlichen Hand im vorgesehenen Umfang nichts anderes als eine Abwälzung des Lastenausgleichs auf den Steuerzahler sei. Das mag in gewissem Umfang zutreffen; aber es träfe nicht zu, wenn einmal bei der öffentlichen Hand angefangen würde, gewisse Auswüchse des Apparats einzudämmen. Ich erinnere mich an eine Rede, die Herr Professor Höpker-Aschoff hier vor etwa einem Jahr in diesem Hause gehalten hat, worin er uns nachwies — und er ist sicher ein guter Fachkenner —, daß allein eine Umstellung unserer Finanzverwaltung einen Einsparungsbetrag erbringen könnte, der wesentlich höher als der von


    (von Thadden)

    der öffentlichen Hand im Augenblick geforderte Betrag liegt.
    Man hat es Herrn Dr. Kather zum Vorwurf gemacht, daß die Versammlung auf dem Bonner Marktplatz unter dem Motto stand: „Ohne Lastenausgleich kein Verteidigungsbeitrag". Diese These ist in ihrem Kern sicherlich richtig; denn wenn jemand etwas verteidigen soll, dann muß er erst einmal etwas haben, was wert ist, von ihm verteidigt zu werden.

    (Abg. Dr. Becker [Hersfeld] : Haben Sie kein Vaterland?)

    — Herr Dr. Becker, ich habe auch ein Vaterland; aber es gehört etwas mehr dazu, wenn man für die Verteidigung von irgend etwas schießen soll, als eine Pseudofreiheit à la Generalvertrag zu verteidigen und ansonsten nur einen Strohsack zu haben, eine löcherige Baracke und eine abgetragene umgefärbte Wehrmachtuniform! Das ist bei zahlreichen Vertriebenen leider Gottes heute noch der Fall.
    Sicher, ein Lastenausgleich, eine Vertriebeneneingliederung ohne eine entsprechende Sicherung wären wertlos. Aber 11,25 Milliarden sollen wir für Verteidigungszwecke ausgeben. 6,4 Milliarden sollen davon für die luxuriösen Bedürfnisse der Besatzungsmächte und künftigen „Verbündeten" verwendet werden. Diesen sei aber eines gesagt: Wenn sie hier in Deutschland stationiert sind, dann verteidigen sie nicht uns — wir haben sowieso das denkbar geringste Zutrauen zu ihnen —, sondern sich selbst, und sie haben dafür selbst zu bezahlen. Wenn wir die Milliarden, die für die Alliierten vorgesehen sind — ich spreche nicht von den Milliarden aus den 11,25 Milliarden, die für den deutschen Anteil vorgesehen sind —, die Milliarden, die für die überflüssigen Ausgaben der Alliierten vorgesehen sind, zur Erhöhung des Lastenausgleichsstocks verwenden würden, dann kämen wir auf einen Betrag, mit dem sich sicherlich sehr viel anfangen ließe. Man könnte zumindest in den ersten Jahren bei der so dringend notwendigen wirtschaftlichen Eingliederung der Vertriebenen das leisten, was die Vertriebenen erwarten. Und daß diese Gelder aufgebracht werden können, dafür hat ja Herr Finanzminister Schäffer gutgesagt.

    (Abg. Dr. Gerstenmaier: Davon können auch die Vertriebenen nicht leben!)

    — Bitte?

    (Abg. Dr. Gerstenmaier: Sie sollten sich diese Demagogie bei diesem ernsten Thema versagen!)

    — Es ist keine Demagogie, Herr Gerstenmaier, wenn ich hier erkläre, daß es für die gesamte Verteidigung des Westens wesentlicher ist, daß die Vertriebenen, die hier eingegliedert werden sollen, wissen, warum und wofür sie hier sich für irgendeine Verteidigung einsetzen sollen. Dafür sehen sie aber, daß alliierte Unteroffiziere in riesenhaften Villen wohnen, die der deutsche Steuerzahler bezahlen kann, der deswegen nicht die Möglichkeit hat, die nun einmal erforderliche Wirtschaftshilfe denen zu geben, die die eigene Kraft nicht dazu haben, sich hier eine neue Existenz aufzubauen.
    Die vorliegende Fassung des Gesetzes über den Lastenausgleich verdient diesen Namen unseres Erachtens

    (Glocke des Präsidenten)

    — ich bin gleich fertig — nicht ganz. Meine Damen und Herren, nicht durch Novellen, sondern
    nur durch sofortige Maßnahmen kann einer drohenden Radikalisierung gesteuert werden. 1932 waren es die Arbeitslosen, die das Gefüge des Staates ins Wanken gebracht haben, und wir wollen nicht hoffen, daß die Vertriebenen, denen fünf Jahre lang Versprechungen am laufenden Band gemacht worden sind, in eine ähnliche Lage gedrückt werden, in der die Arbeitslosen von 1932 gewirkt haben. Bisher haben sich die Vertriebenen gegenüber den Sirenenklängen des Kommunismus noch als absolut immun erwiesen. Dies sollte man auch dem Ausland sagen — und da möchte ich noch mit einem Satz auf das kommen, was Herr Minister Lukaschek eben angesprochen hat —, wenn es darum geht, vom Ausland eine Hilfe für die Eingliederung unserer Vertriebenen zu erbitten, in diesem Falle vom westlichen Ausland, das — hier wird so viel über den Kreml im Zusammenhang mit den Vertriebenen geredet — für die Vertreibung und für die Existenz der Oder-Neiße-Linie — meine Damen und Herren, erinnern Sie sich! — zumindest genau so verantwortlich ist.