Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu § 336 Abs. 4 ist nicht viel zu sagen. Wir bitten Sie um Ihre Zustimmung, einige Änderungen in der Form vorzunehmen, daß Abs. 4 wie folgt ergänzt wird:
Vor der Wahl der Beisitzer sind die von den Landesregierungen anerkannten Geschädigtenverbände zu hören.
— Doch, die Geschädigtenverbände sind anerkannt, Herr Renner, und zwar aus sehr gutem Grunde! Ich komme später darauf zu sprechen. Es ist eine Geste der Toleranz, und es ist nichts weiter damit gewollt, als daß man die Geschädigtenverbände hört; denn es gibt doch immerhin verschiedene Arten von Flüchtlingen oder besser gesagt: es gibt Flüchtlinge und es gibt Vertriebene, es gibt auch sogenannte Berufsflüchtlinge.
Wir haben schon oftmals damit zu tun gehabt, und es hat sich im Laufe der Zeit gezeigt, daß dieser Umstand auch gewisse Krisenerscheinungen zur Folge hat, indem wir oftmals zu stark von Berufsflüchtlingen als von wirklich gesamtdeutsch denkenden Vertriebenen vertreten waren. Es wäre gut, wenn die Verbände, die sehr stark auf eine Säuberung ihrer Reihen bedacht sind und die die konstruktiv wirkenden Kräfte in den Vordergrund schieben und die Berufsflüchtlinge eliminieren wollen, auch in diesem Bestreben unterstützt würden.
Weiter bitten wir Sie, unserem Antrag zu § 340, den Kontrollausschuß betreffend, zuzustimmen, wonach dieser Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt, der 20 Mitglieder umfassen soll, um 3 Mitglieder erweitert wird, und zwar derart, daß 2 Mitglieder von den vom Bundesministerium der Vertriebenen anerkannten Vertriebenenverbanden und 1 Mitglied von den vom Bundesminister des Innern anerkannten Fliegergeschädigtenverbänden gestellt werden. Auch hier handelt es sich im Wesen um dasselbe wie bei unserem Änderungsantrag zu § 336. Ich glaube nicht, daß Sie die Meinung vertreten werden, daß durch den Zugang dieser 3 Vertreter von Vertriebenen bzw. Sachgeschädigten irgendeine Majorität im Rahmen dieses sonst 20 Personen umfassenden Kontrollausschusses entstehen könnte.
Etwas ausführlicher möchte ich zu unserem Änderungsantrag zum § 341, den Ständigen Beirat betreffend, sprechen. Der Entwurf sagt, daß dieser Beirat aus je 2 Vertretern der Geschädigten, die von den Länderparlamenten entsandt werden sollen, besteht, wobei Vertriebene und Kriegssachgeschädigte im gleichen Verhältnis zu berucksichtigen sind. Wir sind der Auffassung, daß es gewissen Gepflogenheiten und auch gewissen bereits gehandhabten Gewohnheiten widerspricht, wenn man — und ich denke an die verschiedenen Beiräte, die von diesem Hause aus eingesetzt und konstituiert sind — zwei Vertreter nur nach Ländergesichtspunkten entsendet. Das sind im ganzen also zwei mal zehn gleich zwanzig Personen. Wir glauben, daß mit je einem Vertreter, die von den Parlamenten der Länder entsandt werden, der sachlichen Aufgabe, die dieser Beirat zu erfüllen hat, Genüge getan ist. Wir sind aber dafür — wir kommen damit auf dieselbe Zahl wie im Regierungsentwurf bzw in der Ausschußfassung — und bitten um Zustimmung, daß fünf Vertreter von den vom Bundesminister der Vertriebenen anerkannten Vertriebenenverbänden und fünf Vertreter von den vom Bundesminister des Innern anerkannten Kriegssachgeschädigten-Verbänden gestellt werden Die Bundesregierung — und da kommen wir wieder auf die Fassung des Ausschusses zurück — ernennt acht Sachverständige.
Meine Damen und Herren! Einige der Hauptgründe, aus denen wir diese Änderungen beantragen, sind optischer und auch psychologischer Natur. Ich glaube, daß diese Momente bei diesem Gesetz oftmals übersehen worden sind. Gerade, weil wir die Verbände zu einer Mitverantwortung heranziehen wollen, weil wir die Verbände verpflichten wollen, mit uns an der Durchführung des Gesetzes zu wirken, ist es erforderlich, daß wir sie in verstärktem Maße heranziehen. Sie wissen, wenn ein Verband außerhalb bleibt, dann ist es für den Verband auch sehr leicht — wir haben auf diesem Gebiet Erfahrungen genug —, in einer destruktiven Form Kritik zu üben und nicht nur die Arbeit der Regierung, sondern überhaupt die Arbeit mit dem Gesetz zu erschweren. Ich bitte daher, die psychologischen Momente bei unseren Änderungsanträgen nicht zu übersehen.
Es würde nützlich sein, über die -Verbände der Heimatvertriebenen etwas ausführlicher zu sprechen; aber ich möchte Ihre Zeit damit nicht in Anspruch nehmen. Doch einige Sätze muß ich sagen. Ich glaube, wir haben bei der ganzen Debatte über dieses Lastenausgleichsgesetz noch nicht darüber gesprochen. Die Verbände sind tatsächlich die Vertrauensträger der Heimatvertriebenen. Wenn hier vielleicht jemand den Einwand erheben sollte, er kenne sich in dem Wirrwarr der Verbände nicht aus, dann muß ich ihm eines entgegnen: Das waren aus den Verhältnissen der Länder und Zonen nach 1945 entstandene und bedingte, mehr örtlich zu sehende und erklärbare Entwicklungserscheinungen, die jedoch erfreulicherweise gerade im letzten Jahre zu einer Einheit geführt haben. Sie wissen, das ist der BvD. Im allgemeinen stimmen sämtliche Vertriebenenverbände mit den Grundsätzen des BvD überein. Organisatorische Vereinheitlichungen sind da und dort schon weit fortgeschritten, da und dort noch etwas im Entwicklungsstadium. Tatsache jedoch ist, daß der BvD quantitativ und qualitativ dieselbe Bewertung verdient wie alle übrigen Interessen- oder Berufsverbände, die in Deutschland existieren. Dazu möchte ich noch betonen, daß der BvD und somit die in ihm vereinigten Landsmannschaften unbedingt überparteilich sind. Ich glaube, daß man das nicht von allen Interessen- oder Berufsverbänden sagen kann. Das müssen Sie an dem Verband auch werten und schätzen. Der BvD ist auch Ideenträger jener Richtung, die ich vorhin charakterisiert habe, wonach in seinen Untergliederungen in Zukunft das sehr schädliche Berufsflüchtlingstum ausgemerzt werden soll. Wir wollen jedenfalls keine Verbände, die man als „Elendsverbände" ansprechen könnte. Wir wollen keine Verbände, die die Armut zur Doktrin ihres politischen Handelns machen, sondern wir wollen Verbände, die bestrebt sind, die in ihnen vertretenen Menschengruppen gesamtdeutsch zu orientieren und dem allgemeinen Niveau und der allgemeinen Entwicklung des deutschen Volkes anzupassen und einzugliedern.
— Ich stimme mit Ihnen überein; Sie und wir wollen doch in dieser Richtung gemeinsam wirken. Sie werden uns Vertriebenen hier in diesem Hause jedenfalls nicht vorwerfen können, daß wir bisher irgendwelche Anzeichen einer destruktiven, defaitistischen Haltung oder Entscheidung haben erkennen lassen.
Wir bitten Sie daher, unseren drei Abänderungsanträgen zuzustimmen, von denen die beiden letzten besonders wichtig sind.