Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf den § 315 ist der Herr Kollege Kunze bedauerlicherweise mit keinem Wort eingegangen. Ich beschränke mich allein auf den § 315, nicht etwa, weil ich keine Veranlassung hätte oder keine Materialien hätte, mich auch in die andere Debatte einzulassen. Aber lassen wir das! Für mich ist die Frage, wessen Geist in diesem Haus regiert, längst geklärt, ohne diese Debatte.
Ich weiß das. Ich habe den Geist angesprochen; er fängt mit „Pf" an.
Der Streitpunkt, um den es hier geht, ist der: Erleben die Gemeinden und die Länder tatsächlich die Einsparung, die Ihnen als Grundlage dazu dient, von ihnen die 250 Millionen DM einzutreiben? Das ist der Kernpunkt. Ich habe vorhin schon aus einem Rundbrief des Deutschen Städtetages zitiert. Wessen Meinung kommt in diesem Rundbrief zum Ausdruck? Hören Sie das:
Mit Rücksicht auf die drängende Zeit erscheint es aber erforderlich, sowohl die Stellungnahme der Hauptgeschäftsstelle wie unserer Landesverbände und der übrigen kommunalen Spitzenverbände alsbald weiter vorzubereiten.
Hier spricht also die Gesamtheit der kommunalen Leitungen der deutschen Städte im Bundesgebiet. In diesen Leitungen sitzen Kommunalpolitiker, die j a in der Überzahl sogar zu den hier herrschenden Koalitionsparteien gehören. Wir haben also hier eine einhellige Meinung aller heute in den Gemeinden verantwortlichen Kommunalpolitiker.
Und was sagen sie zu Ihrer Behauptung? Sie sagen zu § 315:
„Die Länder sind keineswegs gewillt, dem in § 315 vorgesehenen Beitrag der öffentlichen Haushalte an den Fonds in der Höhe von 350 Millionen DM jährlich zur Finanzierung der Kriegsschadenrente wegen angeblicher Ersparnisse bei der Fürsorge zuzustimmen."
„Wegen angeblicher Ersparnisse" ! Hier wird Ihnen
also der Vorwurf gemacht, daß Ihre Behauptung,
es träten in den Gemeinden Ersparnisse ein, nicht
wahr ist; und das sagen doch Ihre eigenen Leute
in den Gemeindeleitungen und in den politischen
Leitungen der Gemeinde.
Es heißt dann weiter,
sie werden diese Fragen zu einem Hauptpunkt
der Erörterungen im Vermittlungsausschuß
machen; der Bundestag sei sich darüber klar,
daß er hier mit einem sehr erheblichen Widerstand der Länder zu rechnen habe. Sie haben
also die Front aller in den Gemeinden in der
politischen Leitung stehenden Persönlichkeiten
gegen die Behauptung von den angeblich eintretenden Ersparnissen und gegen die Politik,
die in § 315 ihren Niederschlag finden soll.
Zum Schluß noch ein anderes Zitat. Der Bundesrat, so heißt es hier, lehne grundsätzlich eine gesetzliche Festlegung einer Beitragspflicht der öffentlichen Haushalte in dem jetzt in § 315 vorgesehenen Ausmaß ab, und zwar mit der Begründung, die Richtigkeit der auf den Zahlen des Bundesfinanzministeriums beruhenden Bilanz lasse sich in keiner Weise überprüfen; es müsse aber angenommen werden, daß in ihr erhebliche stille Reserven enthalten seien. — Das ist Vorwurf Nr. 2, den wir schon anläßlich der Diskussion über die Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer gehört haben, bei der ja auch dem Herrn Bundesfinanzminister vorgehalten wurde, daß seine Rechnungen, die er aufstellt, stille Reserven enthalten, daß sie also unverbindliche Milchmädchenrechnungen darstellen.
Es erschien mir notwendig, das zum Abschluß der Debatte noch auszusprechen. Wir erwarten, daß die Abgeordneten dieses Hohen Hauses, die eine solche Politik der finanziellen Auspowerung der Gemeinden nicht verantworten wollen, unserem Antrag auf Streichung des § 315, der sich mit dem der SPD-Bundestagsfraktion deckt, zustimmen.