Rede von
Ernst
Kuntscher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine eigentliche Aufgabe war die Begründung des Antrages auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 17. Aber ich kann nicht umhin, doch auf einige Ausführungen meiner beiden Herren Vorredner einzugehen. Herr Kollege Heiland hat sich besonders sehr stark gemacht, die Hilfe der Kirchen, die in den Jahren 1945 und 1946 im Zuge des Einströmens von Vertriebenen von diesen Stellen geleistet wurde, herabzusetzen. Es war damals keine staatliche Stelle da, die sich dieser Armen annahm; die erste Last ruhte auf den Schultern der Kirchen und ihren sozialen Einrichtungen.
Zur bleibenden Ehre der Kirchen und der kirchlich-sozialen Einrichtungen muß gesagt werden, daß sie zu jener Zeit ganz Großes an Hilfe geleistet haben und daß sich ihre Menschen im Rahmen dieser Situation bis zur letzten Aufopferung in den Dienst der Nächstenliebe gestellt haben. Es ist ein bitteres Unrecht, daß man diese Hilfe von damals heute so herabwürdigt,
weil heute Behörden da sind, die sich um das soziale Elend der Heimatvertriebenen kümmern, gesetzlich vieles geregelt wurde und heute auch ganz andere Quellen und Mittel zur Verfügung stehen.
Ich kenne auch aus eigener Erfahrung die großen Aufwendungen und Anstrengungen, die die Kommunen und Kreise gerade in den Gebieten, wo zuerst die Flüchtlingszüge in Massen einrollten, geleistet haben. Ich könnte Ihnen hier, weil ich, vom Jahr 1946 beginnend, in einer solchen Kreisvertre-
tung und einer Stadtvertretung tätig war, im einzelnen berichten, welche Sorgen wir gehabt haben. In dieser Stadt mit ihren 30 000 Einwohnern sind 50 % der Gesamtbevölkerung Heimatvertriebene. Welche Anstrengungen waren da notwendig! Aber ich kann Ihnen auch sagen, wie wir aufgeatmet haben, als das Soforthilfegesetz in Kraft trat, und wie wir durch das Soforthilfegesetz von vielen, vielen sozialen Verpflichtungen entbunden wurden und wie dann später durch die Bundesleistungen für die Kriegsfolgeschäden die sozialen finanziellen Belastungen der Gemeinden herabsanken.
Nun zur Begründung des Antrags, der auf Umdruck Nr. 496 unter Ziffer 17 gestellt ist. Hier handelt es sich um den § 315. Der § 315 besagt, daß die öffentlichen Haushalte für die Entlastung, die sie durch die Zahlung von Kriegsschädenrenten haben, eine Regreßleistung an den Soforthilfefonds in Höhe von 250 Millionen DM in der Zeit von 1952 bis 1956 bewirken sollen. Die Aufbringung dieser 250 Millionen DM soll nach Abs. 1 des § 315 durch die Haushalte der öffentlichen Hand erfolgen. Unser Antrag zielt dahin, daß der Sammelbegriff in Abs. 1 „Haushalte der öffentlichen Hand" durch die direkte Textierung „Haushalt des Bundes" ausgewechselt wird. Es ist Ihnen bekannt, daß diese 250 Millionen DM auf den Bund und die Kommunalverbände, die Länder und Gemeinden aufgegliedert werden. Und zwar sollen auf den Bund 150 Millionen und auf die anderen öffentlichen Haushalte 100 Millionen DM entfallen.
Es ist nicht Mißtrauen, das uns diesen Antrag stellen läßt, sondern wir halten es für sehr wichtig, daß zunächst einmal der Bund für diese 250 Millionen DM aufzukommen hat. In Abs. 2 ist ja dem Bund das Recht gegeben, seinen Regreßanspruch an die Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände zu stellen. Sollte die jetzige Fassung des Abs. 1 bestehen bleiben, befürchten wir, daß unter Umständen der ganze Betrag von 250 Millionen DM dem Ausgleichsfonds nicht zeitgerecht zur Verfügung steht, wenn nämlich Differenzen in der Aufteilung der restlichen 100 Millionen DM entstehen. Wir könnten uns vorstellen, daß die Aufschlüsselung nicht immer glatt vonstatten geht. Wir bitten deshalb, im Abs. 1 die Worte „Die Haushalte der öffentlichen Hand leisten" durch die Worte „Der Haushalt des Bundes leistet" zu ersetzen. In logischer Folge dieser Änderung in Abs. 1 ist im Abs. 2 in der zweiten Zeile der Begriff „des Bundes" zu streichen, so daß der zweite Absatz heißen würde:
An der Aufbringung des Betrages sind die Haushalte der Länder des Bundesgebiets, der Gemeinden und Gemeindeverbände nach dem Anteil derjenigen Ersparnisse an Fürsorgeaufwendungen zu beteiligen, die usw.
Wir bitten Sie, im Interesse einer Vereinfachung und zur Sicherung, daß der Ausgleichsfonds zeitgerecht in den Besitz dieser nach § 315 zugesicherten 250 Millionen DM kommt, diesem unserem Antrage zuzustimmen.