Rede von
August
Neuburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann die Ausführungen meines Herrn Vorredners, des Herrn
Kollegen Seuffert, nicht unwidersprochen lassen.
Er hat damit begonnen, daß er erklärte, die Ausführungen des Herrn Kollegen Kunze seien theoretischer Natur. Sonderbarerweise hat er dann aber mehrmals wiederholt: Diese ganzen Ausführungen und der ganze Aufbau ist dann nicht mehr Theorie, sondern geht in Ordnung und ist echte Praxis, wenn wir statt des Zinses, der hier zur Debatte steht, einen höheren Zinssatz nehmen; dann ist alles ok. Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Kollege Seuffert, daß eine Sache, wenn sie im Aufbau und im Prinzip falsch ist — wie Sie hier vortragen —, dann plötzlich richtig wird, wenn ich statt 5 % oder 4,4 % Zins einen errechneten Zinssatz von 6 %, 8 %, 10 % oder gar 12 % nehme. Ich möchte nicht verfehlen, auf diesen Widerspruch in aller Form hinzuweisen.
— Das ist „nebensächlich"? — Für uns nicht!
Des weiteren: die Abgabeschuld ist kein Rechnungsbegriff, sondern es handelt sich um eine echte Abgabe in Höhe von 50 °/o des am Stichtag vorhandenen Vermögens. Auf diesem Grundsatz und auf dieser Feststellung beruht das Lastenausgleichsgesetz. Es war dann also nur zu überlegen: kann der einzelne, kann unsere Volkswirtschaft die unmittelbare Überführung dieser 50 % ertragen, oder kann unsere Volkswirtschaft das nicht ertragen? Weil es jedermann klar war, daß es unmöglich ist, eine Realübertragung von 50 % zu diesem Tage oder innerhalb von kurzer Zeit vorzunehmen, mußte man sich überlegen, in welcher Form diese 50 % bezahlt werden sollten. Zunächst hat man nun erklärt, diese Schuld muß voll in ihrer Substanz gezahlt werden. Das ist der Grundsatz A. Weil man aber nicht sofort bezahlen kann, folgt der Grundsatz B: diese Schuld muß ordnungsgemäß verzinst werden. Das sind die Grundsätze dieses Gesetzes.
Wir haben also dasselbe vor uns, wie wir es aus dem Privatleben z. B. bei einer Amortisationshypothek kennen.
Dort haben wir auch eine echte Schuld, die in Raten getilgt wird, wobei man statt der normalen Ratenzahlung ein Schema errechnet, in dem man die Raten gleichmäßig über die ganze Zeit verteilt. Man könnte es aber genau so gut anders machen. Jedenfalls ändert die Art der Verrechnung — ob feste Substanzraten und dann abnehmende Zinsbeträge oder von Anfang bis zu Ende gleiche Raten unter Einkalkulation der Zinsen — im Grundcharakter z. B. einer Amortisationshypothek nichts. Es bleibt eine Hypothek einerseits und es bleiben Zinsen andererseits. Genau so und nicht anders verhält es sich mit der Schuld, mit der wir es hier zu tun haben.
Ich habe gestern nicht umsonst darauf hingewiesen, daß der Lastenausgleich keine Steuer ist. Ich muß mich mit allem Nachdruck erneut gegen eine solche Auffassung verwahren. Der Lastenausgleich ist eine Vermögensabgabe, und daher sind die Steuergrundsätze nicht auf den Lastenausgleich zu übertragen, sondern umgekehrt: die steuerlichen Grundsätze sind auf diese Abgabe anzuwenden wie auf jede andere Kapitalabgabe auch. Daher ist es keine Theorie, sondern es entspricht der Praxis, wenn wir die Zinsen steuerlich bei der Einkommensteuer berücksichtigen, genau wie alle anderen Zinsen.
Das geben Sie ja auch zu. Sie wollen ja nur statt der Zinsen, die wir hier einkalkuliert haben, höhere Zinsen nehmen. Und welche Zinsen haben wir hier einkalkuliert? Es ist doch klar: wenn wir hier das gesamte Vermögen eines jeden einzelnen von uns mit einer solchen Amortisationshypothek belasten, dann können wir den Zinsfuß nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen. So ist das Hohe Haus einheitlich der Meinung, daß z. B. die Kapitalaufwendungen für den sozialen Wohnungsbau einen festen Zinsfuß haben müssen. Wir treten auch dafür ein, daß dieser Zinsfuß nicht überhöht ist. So arbeiten wir auch hier an einer allgemeinen Aufgabe, weil wir alle dafür verantwortlich sind. Genau so, wie wir beim Sektor Wohnungsbau den Zins bisher auf 5 % festgelegt haben und gesagt haben, das sei der gerade tragbare Normalzins, sind wir in diesem Fall bei der Berechnung der jährlichen Abgabe von einem Zinssatz ausgegangen, der mit 4,4 % beim Betriebsvermögen wenig darunter liegt und der bei der Landwirtschaft erheblich darunter liegt, weil die Landwirtschaft einen höheren Zinssatz einfach nicht ertragen kann.
Dieser Zinssatz wird auch von Ihnen nicht als anomal niedrig angesehen. In § 51 haben Sie in Ihren Anderungsanträgen für die Stundungen, die die gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften genießen sollen, selbst einen Zinssatz von 4 °/o als normal angesehen.
Da rede man nicht, daß dieser Zinssatz anomal niedrig sei. So sind die Dinge.
Abschließend möchte ich sagen, der Grundsatz des Lastenausgleichs ist die Vermögensabgabe zu 50 %, und diese Abgabe wird, da sie nicht sofort gezahlt werden kann, normal verzinst. Diese Verzinsung und die Amortisation sind eingebaut in das Prinzip einer Amortisationshypothek, d. h. in das Prinzip gleicher Vierteljahres- bzw. gleicher Jahresraten. Damit haben wir den Grundsatz in vollem Umfange gewahrt, und damit sind es echte Zinsen. Weil es aber echte Zinsen sind, müssen sie auch gemäß den schon jahrzehntelang geltenden Bestimmungen bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer entsprechend berücksichtigt werden.