Rede von
Margot
Kalinke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Herr Minister hat bei der Einbringung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten mit Recht darauf hingewiesen, wie groß die Schwierigkeiten und wie vielgestaltig die Probleme sind, die dieses große gesundheitspolitische Gesetz beinhaltet. Das gilt nicht nur für das Gesetz. sondern auch für die Diskussion hier im Plenum. Ich bin der Auffassung, daß sogar die Zeit nach den Trümmerhaufen des letzten Krieges noch kaum gekommen ist, um in der richtigen Atmosphäre die großen — auch ethischen — Nöte, die mit der Lösung dieser Gesundheitsprobleme zusammenhängen, jetzt schon richtig anzupacken. Trotzdem begrüßt auch meine Fraktion diesen Versuch, zu einer bundeseinheitlichen Lösung der Probleme zu kommen, und zwar vor allen Dingen deshalb, um die Polizeigesetze der einzelnen Länder und der Besatzungsmacht abzulösen. Wir wissen aber, daß erst die Wiederherstellung von Gesundheit und Ordnung, die Schaffung von Wohnungen und echten Heimaten sowie eine wahrhafte Jugendhilfe dazu beitragen werden, mit der Seßhaftmachung auch wieder Wege echter fürsorgerischer Arbeit für die Lösung dieser schweren Gesundheitsprobleme zu finden.
Dieses Gesetz sollte besser nicht durch Vorlesungen der Ärzte hier im Plenum, sondern durch eine verantwortungsbewußte Arbeit in den Ausschüssen bis ins einzelne sehr gründlich diskutiert werden. Wir wollen deshalb auch nicht zu den einzelnen Punkten hier Stellung nehmen. sondern ich möchte namens meiner politischen Freunde, der Fraktion der Deutschen Partei, nur erklären, daß wir eine Gesundheitspolitik und damit auch eine Gesetzgebung zu diesem Problem wünschen, die von jedem staatlichen Zwang frei ist, die den Arzt nicht zum Staatsanwalt oder zum bezahlten Kriminalbeamten macht, die vielmehr dafür sorgt, daß Arzt und Fürsorger mit helfenden und heilenden Händen eingreifen, damit die nötige Fürsorge- und Frziehungsaufgabe so gelöst wird, daß in der Ausschußarbeit dieses Gesetz eine Veränderung erfährt, eine Veränderung im Sinne einer echten Synthese zwischen der zwar notwendigen staatlichen Maßnahme der Seuchenbekämpfung und der
echten erzieherischen Fürsorge- und sozialhyienischen Aufgabe, die dieses Gesetz zu erfüllen hat!
Die Probleme der §§ 9 und 17 sind hier schon angedeutet worden. Sie werden uns im Ausschuß noch mancherlei schwierige Diskussionen bringen. Ich möchte auch nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß auch die Frage der Kostenträger und der Kostenerstattung durchaus nicht vollkommen und nicht eindeutig gelöst ist.
Was die Vorlesung des Sprechers der SPD angeht, so werde ich persönlich — und sicher viele Kollegen in diesem Hause — mich gern der Auffassung über die demokratischen Freiheiten und die Grenzen der staatlichen Aufgabenstellung erinnern, wenn es einmal auch bei anderen sozialpolitischen Problemen — nicht nur bei diesem Gesetz — um diese Fragestellung gehen wird.
Wir werden im Ausschuß in aller Verantwortung an diesem Gesetz mitarbeiten.