Rede von
Dr.
Siegfried
Bärsch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Weit mehr persönliche Tragik und unverdiente Schicksale solcher fahrlässigen oder gar böswilligen Indiskretionen umgeben uns, als sich der Laie das vorstellen kann. Denn der Geschlechtskranke, der durch eine Indiskretion von welcher Seite auch immer seine Stellung verloren hat, der von seiner Umgebung wie ein räudiges Schaf angesehen und gemieden wird, wird sich hüten, sein Schicksal einer noch größeren Öffentlichkeit zu offenbaren oder dagegen anzukämpfen, um es nicht noch mehr zu erschweren.
Eine weitere gefährliche Ausdehnung der Anzeigepflicht ist in § 13 Abs. 2 der Vorlage gegeben, auf Grund dessen das Gesundheitsamt zur Nachforschung der Aussage eines angesteckten Geschlechtskranken dessen namentliche Meldung vom Arzt verlangen kann. Auch hier wieder eine Generalermächtigung der Behörde, die mit anderen Generalermächtigungen der Gesundheitsverwaltung theoretisch zumindest die Möglichkeit gibt, für jeden Fall einer Geschlechtskrankheit die namentliche Meldepflicht und Hospitalisierung anzuordnen.
Ich bedauere, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß ich infolge der vorgeschrittenen Zeit gezwungen bin, auf weitere Ausführungen, die ich für außerordentlich wichtig halte, zu verzichten. Ich bin nicht in der Lage gewesen, im Rahmen dieser wenigen Minuten alle auch nur wesentlichen Fragen aufzuwerfen, die die Vorlage dem Gesetzgeber stellt. Ich mußte mich vielmehr darauf be-. schränken, grundsätzlichen Problemstellungen nachzugehen und deutlich zu machen, daß das Gesetz nach unserer Ansicht einer sehr eingehenden, sorgfältigen und kritischen Bearbeitung im Ausschuß bedarf, wenn es zu dem werden soll, was sich, wie ich glaube, der Bundestag seinerzeit vorgestellt hat, als er die Regierung beauftragte, ein Gesetz auf der Grundlage des alten Reichsgesetzes vorzulegen.