Rede von
Walter
Fisch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Man muß dem Herrn Bundeskanzler dankbar sein, daß er mit solcher Offenheit heute über seine wirklichen Ziele und über seine insgeheim verfolgte Taktik Auskunft gegeben hat. Mir scheint, daß der Herr Bundeskanzler immer dann dazu gezwungen ist, die Wahrheit zu sagen, wenn er einmal ohne Konzept und ohne aufgesetzte Rede hier an diesem Pult steht.
Wir haben den Herrn Bundeskanzler gefragt, wie die Sache weitergehen soll, und darauf antwortete er diesem Hause: „Nicht durch Reden hier im Bundestag". Das sollte doch heißen, daß die Sache hinter dem Rücken des Bundestages weitergeführt werden soll,
gegen den Willen des Volkes, in Geheimverhandlungen, in Verhandlungen, die das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen haben. Ich möchte zu den tatsächlichen Feststellungen des Herrn Bundeskanzlers einige kurze Bemerkungen machen:
Erstens: Der Herr Bundeskanzler hat erklärt, daß eine Untersuchung an der Saar nur möglich sei, wenn man sich mit den dortigen Behörden in Verbindung setze. Damit versuchte er zu rechtfertigen, daß er mit Herrn Schuman die Einsetzung einer Kommission beschlossen habe, in der die sogenannte Regierung Hoffmann an der Saar gleichberechtigtes Mitglied ist. Der Herr Bundeskanzler hat nicht abzustreiten gewagt, seine Zustimmung dazu gegeben zu haben, daß Herr Hoffmann als Chef einer Regierung dieser Kommission angehört. Er hat damit selbst unterstrichen, daß mit diesem Akt, mit diesem zweiseitig geheim abgeschlossenen Akt eine De-facto-Anerkennung der sogenannten Regierung Hoffmann an der Saar erfolgt ist.
Zweitens: Der Herr Bundeskanzler hat selbst erklärt, daß die sogenannte Untersuchung an der Saar — so, wie das der französische Außenminister vorschlägt — mit dem Versuch einer Lösung des ganzen Konflikts verbunden sein müsse. Damit gibt also der Sprecher der Bundesregierung zu, daß es sich gar nicht um die „Untersuchung" irgendwelcher Verhältnisse handelt, sondern um den Versuch, eine endgültige Lösung im Saargebiet im amerikanischen Sinne herbeizuführen. Das also ist der Sinn der Einsetzung dieser Kommission, und das ist der Sinn des Bekenntnisses zur sogenannten Europäisierung des Saargebiets.
Drittens: Der Herr Bundeskanzler hat erklärt, es werde in der Art weitergehen, wie es durch den Briefwechsel mit dem französischen Außenminister dargelegt ist. Ich möchte hier eine Feststellung treffen. Der Herr Bundeskanzler hat in seinen ersten Ausführungen erklärt, die endgültige Regelung an der Saar werde durch den Friedensvertrag oder durch einen anderen gleichartigen Vertrag erfolgen. Was damit gemeint ist, hat der Vorsitzende einer der Regierungsparteien, der Herr Abgeordneter Euler, vor kurzem selbst gesagt. Es ist damit gemeint — und vom Herrn Bundeskanzler heute in diesem Sinne unterstrichen worden —, daß im kommenden Generalvertrag Abmachungen über die Regelung an der Saar im amerikanischen Sinne getroffen werden.