Rede von
Otto
Niebergall
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Adenauer und Schuman haben in Paris die sogenannte Europäisierung des
Saargebiets vereinbart. Damit hat Herr Adenauer der Ausgliederung der deutschen Saar aus dem deutschen Staatsgefüge und der Unterstellung des Saargebiets unter die Kontrolle der Hohen Behörde des Schumanplans und der Europa-Armee zugestimmt.
Das Gerede von der sogenannten europäischen Mission des Saargebiets soll die Tatsache vertuschen, daß auf dem Rücken des deutschen und französischen Volks die Ausnützung des Rüstungspotentials an der Saar für die Kriegspläne der amerikanischen und der deutschen Imperialisten gesichert werden soll.
— Ja, „aha"; das ist nämlich des Pudels Kern! Für die Politik der amerikanischen Imperialisten ist das Saargebiet nur ein Faustpfand. Um die französischen Imperialisten an die amerikanischen Pläne zu binden, waren die USA-Imperialisten schon 1944 bereit, der Annexion des Saargebiets ihre Zustimmung zu geben. Seitdem der USA-Imperialismus den mit seiner Hilfe wieder erstarkten deutschen Imperialismus zu seinem Hauptverbündeten gemacht hat, hält er den deutschen Imperialisten die Kohle und den Stahl an der Saar als Lockmittel vor.
Entscheidend für die Beurteilung der derzeitigen Lage an der Saar ist, daß Herr Adenauer vorbehaltlos bereit ist, das Potential der Saar an Menschen und an Material für den amerikanischen Krieg einzusetzen. Diese Politik Adenauers steht im krassen Widerspruch zu den nationalen Interessen unseres Volkes und auch zu den Interessen des französischen Volkes. In Bonn, in Paris und in Saarbrücken wird die Politik nach dem Willen des USA-Imperialismus betrieben.
Dort, wo man den dritten Weltkrieg vorbereitet, drosselt man die demokratischen Rechte. Das geschieht an der Saar und das geschieht auch hier in Westdeutschland.
An der Saar wurden nicht nur Kommunisten ausgewiesen und verfolgt, sondern auch Sozialdemokraten, Katholiken und Parteilose. Alle fortschrittlichen Menschen sind dort fortgesetzt Verbotsmaßnahmen und Bespitzelungen ausgesetzt.
Und hier ist es nicht anders. Denn was bedeutet die Rede des Herrn Justizministers Dehler gegen die Gewerkschaften, gegen die Kriegsversehrten, was bedeutet das Verbot von Gewerkschaftsversammlungen, was bedeutet das Niederschlagen von Streikenden in Bocholt und das Anstrengen eines Prozesses gegen die Gewerkschaftler, was bedeutet die Aufhebung der Immunität des sozialdemokratischen Abgeordneten Markscheffel in Rheinland-Pfalz, und was bedeutet die Verweigerung von Lokalen für die roten Falken, um nur einige Beispiele zu nennen, was bedeuten die fortgesetzten antidemokratischen Maßnahmen gegen Friedenskämpfer und die Einleitung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die KPD auf Betreiben des Herrn Bundeszahntechnikers, Polizeiministers Dr. Lehr?
An der Saar soll diese antideutsche und antidemokratische Politik ihre derzeitige Krönung in den zwischen Adenauer und Schuman vereinbarten
Wahlen zum Landtag finden. Durch das kürzlich beschlossene Parteiengesetz sollen die deutschen Kräfte an der Saar politisch ausgeschaltet werden. Wie 1947 versucht die Separatistenclique, mit diesen Wahlen zum Landtag die von ihr geschaffenen völkerrechtswidrigen Zustände an der Saar zu legalisieren. Ich frage sie, Herr Mayer: wo waren Sie denn 1947, als es galt, im Saargebiet und außerhalb des Saargebiets gegen diese Zustände aufzutreten?
Damals haben Sie geschwiegen, weil das den Herren nicht erwünscht war, von denen Sie Ihre Anweisungen bekamen. Wir wenden uns mit aller Schärfe gegen den von Herrn Adenauer unternommenen Versuch, diesen Landtagswahlen an der Saar den Sinn einer Volksabstimmung für oder gegen den Anschluß zu geben. Der ganzen Welt ist bekannt, daß das Saargebiet unumstößlich ein Teil von Gesamtdeutschland ist.
Es gibt keinerlei internationales Abkommen, in dem die Abtrennung des Saargebiets vorgesehen ist. Im Potsdamer Abkommen wird das Saargebiet als zu Deutschland gehörig betrachtet. Es gibt also, Herr Bundeskanzler, ein Abkommen, auf das sich das deutsche Volk in der Saarfrage berufen kann, und die Sowjetunion war es, die mehrmals gegen die Abtrennung des Saargebiets ihre Stimme erhoben hat. Ferner war es die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, die am 13. März 1951 in aller Schärfe die Meinung des deutschen Volkes hinsichtlich der Saar ausgedrückt hat.
Einzig die Kommunistische Partei an der Saar war es, die seit 1918 bis zum heutigen Tage den Kampf gegen den Separatismus, den Verrat an unserer Nation, an der Saar geführt hat. Ihr Vertreter war es, der im Landtag als einziger gegen die Verfassung mit der Präambel, die die Abtrennung des Saargebiets vorsieht, gestimmt hat.
Wir unterstreichen die Kritik des sozialdemokratischen Sprechers an den undemokratischen Zuständen an der Saar. Wir hätten es aber begrüßt, wenn man sich nicht nur von den Umtrieben des Herrn Hoffmann, des Herrn Wacker und des Herrn Kirn abgegrenzt hätte, sondern wenn man in aller Entschiedenheit zum Kampf aller patriotischen Kräfte hier und an der Saar gegen diese Zustände hier und an der Saar aufgerufen hätte. Das wäre eine befreiende Tat. Einzig und allein der Abschluß eines Friedensvertrages auf der Grundlage der Note der Sowjetunion bringt die vom deutschen Volk ersehnte Lösung: freie, geheime, allgemeine und demokratische Wahlen in ganz Deutschland einschließlich der Saar. Das ist der Wille der riesigen Mehrheit des Volkes an der Saar. Das fand seinen sichtbaren Ausdruck in dem Auftreten des neugewählten Vorsitzenden des Einheitsverbandes der Gewerkschaften, und es fand seinen Ausdruck auch in den Betrieben, in den Gewerkschaften und sonstigen Massenorganisationen und in der Erklärung der Leitung des Fußballverbandes.
Das beweisen auch die begeisterten Begrüßungsszenen um die Sportler des Saargebiets in Worms und Kaiserslautern.
Der Zustand hier und an der Saar kann von heute auf morgen geändert werden. Der Kriegskurs und der Generalvertrag können gestoppt wer-
den, wenn sich alle aufrechten deutschen Menschen und wenn sich insbesondere Sozialdemokraten und Kommunisten zum gemeinsamen Handeln zusammenschließen,
so wie es im Offenen Brief des Zentralkomitees
der SED vorgeschlagen wurde. Wir Kommunisten
haben unsere Stellungnahme, was das Saargebiet
betrifft, bereits auf unserem Parteitag 1951 klar
umrissen. Wir haben gesagt, daß ein Friedensvertrag alle Deutschen, ob an der Saar, an der Mosel,
am Rhein oder an der Spree, in einem souveränen
deutschen Staatsgebäude wiedervereinigen wird.
Damit wird das deutsche Volk von der Last der Besatzungskosten befreit. Unsere Fabriken könnten Stahl für den Aufbau unserer Städte, Schulen und Kulturstätten erzeugen. Unsere Bauern könnten frei von der Angst vor Beschlagnahme und Verwüstung ihrer Felder durch fremde Panzer in friedlicher Arbeit die Äcker zur Sicherung der Ernährung bestellen.
Deutsche Fabriken brauchten nicht mehr geschlossen zu werden, wir könnten Handel mit Ost und West treiben.