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ID0120403000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 204. Sitzung. Bonn, den 3. und 4. April 1952 8743 204. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 3. April, und Freitag, den 4. April 1952. Erster Tag: 3. April 1952 Geschäftliche Mitteilungen 8744D, 8799D, 8800A Zur Tagesordnung 8745A, 15 Erweiterung des Punktes 2 durch die Anträge Nrn. 3268 und 3276 der Drucksachen betr. Truppenübungsplatz Bergen-Belsen 8745A Antrag auf Erweiterung des Punktes 1 durch den Antrag der Fraktion der SPD betr. Verhandlungen über das Saargebiet (Nr. 3236 der Drucksachen): Mellies (SPD) 8745A Dr. von Brentano (CDU) 8745C Widerspruch gegen Aufsetzung 8745D, 8799D Absetzung der Punkte 3 a bis f betr. Zollfragen: Dr. Horlacher (CSU) 8745D Mellies (SPD) 8746A Sperrfrist für Fragen zur nächsten Frage- stunde 8745A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FU, betr. Deutschen Verteidigungsbeitrag (Nrn. 3163, 3084 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Erklärungen des Staatssekretärs Prof. Dr. Hallstein (Nrn. 3203, 3279 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einheit Deutschlands (Nrn. 3210, 3277, 3288 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Auswärtiges Amt (Nr. 3211 der Drucksachen) 8746B Dr. Kopf (CDU): als Berichterstatter 8746C als Abgeordneter 8798A Eichler (SPD), Anfragender 8748C Dr. Adenauer, Bundeskanzler 8751C, 8758A, 8767C Wehner (SPD), Antragsteller . . . . 8753B Dr. Reismann (FU), Antragsteller . 8762A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . . 8763C 011enhauer (SPD) 8763D, 8790A Euler (FDP) 8768D Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 8771B Dr. von Merkatz (DP) 8776B Dr. von Brentano (CDU) 8779B Fürst zu Oettingen-Wallerstein (FU) 8782D Reimann (KPD) 8784A Dr. Tillmanns (CDU) 8787A Kiesinger (CDU) 8791D Hedler (Fraktionslos) 8795B Loritz (Fraktionslos): zur Sache 8796A persönliche Bemerkung 8800B Dr. Reif (FDP) 8797C Abstimmungen 8798B Zur Geschäftsordnung, betr. Weiterberatung: Dr. von Brentano (CDU) 8800A Unterbrechung der Sitzung 8800B Zweiter Tag: 4. April 1952 Geschäftliche Mitteilungen . 8800C, 8801A, 8816C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FU betr. Beschlagnahmen durch die Besatzungsmächte für militärische Zwecke (Nrn. 3246, 3006 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FU betr. Beschlagnahmung von Geländeteilen für militärische Zwecke (Nrn. 3247, 3145 der Drucksachen), mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Flugplatzbau in Söllingen-Stollhofen und den Antrag der Fraktion der KPD betr. Freigabe des Städtischen Schwimmbades in Frankfurt/Main- Fechenheim durch die Besatzungsmacht (Nrn. 3248, 2961, 2968 der Drucksachen), mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Verhinderung von Landbeschlagnahmung für militärische Zwecke und den Antrag der Fraktion der FU betr. Militärflugplatz in Münster-Handorf (Nrn. 3249, 2922, 3007 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Truppenübungsplatz Bergen-BelsenMunster-Fallingbostel (Nr. 3268 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Erweiterung des Truppenübungsplatzes Bergen-Belsen (Nr. 3276 der Drucksachen) 8745A, 8800C Dr. Hasemann (FDP): als Berichterstatter 8801A als Abgeordneter 8807D Matthes (DP), Antragsteller 8802C Frau Korspeter (SPD), Antrag- stellerin 8803D Majonica (CDU) 8804B Niebergall (KPD) 8804C Morgenthaler (CDU) 8805A Müller (Frankfurt) (KPD) 8805D Dr. Bertram (FU) 8806B, 8807B Jaffé (DP) 8806D • Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 8807A Dr. Arndt (SPD) (zur Abstimmung) . 8808A Abstimmungen 8808A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln (Teuerungszulagengesetz) (Teuerungszulagenänderungsgesetz) (Nr. 3217 der Drucksachen) . . . 8808B Arndgen (CDU), Antragsteller 8808B, 8810C Freidhof (SPD) 8808D Renner (KPD) 8810A Ausschußüberweisung 8810D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Gastarbeitnehmer vom 23. November 1951 (Nr. 3208 der Drucksachen) 8810D Ausschußüberweisung 8810D Erste Beratung des von der Fraktion der FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Abschnitts I des Grundgesetzes (Nr. 3206 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. steuerliche Erleichterungen für Handwerks- und Kleingewerbebetriebe (Nr. 3212 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nr. 3213 der Drucksachen) 8810D Dr. Etzel (Bamberg) (FU), Antragsteller 8811A Dr. Preusker (FDP), Antragsteller 8811D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 8812A Loritz (Fraktionslos) 8812B Renner (KPD) 8812D Ausschußüberweisungen 8813A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zúm Strafverfahren gegen den Abg. Hilbert gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 14. Februar 1952 (Nr. 3222 der Drucksachen) 8813B Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 8813B Beschlußfassung 8813D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und ,Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Reimann gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 7. März 1952 (Nr. 3235 der Drucksachen) 8813D Löbe (SPD), Berichterstatter . . . 8814A Renner (KPD) 8814B Dr. Mende (FDP) 8814C Ritzel (SPD) 8814D Beschlußfassung 8815A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kulturpolitik (37. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Devisen für den deutschen Kunst- handel (Nrn. 3231, 3099 der Drucksachen) 8815A Dr.-Ing. Decker (FU), Berichterstatter 8815B Hennig (SPD) 8815D Beschlußfassung 8816C Nächste Sitzung 8816C Erster Tag: Donnerstag, den 3. April 1952. Die Sitzung wird um 13 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Ollenhauer hat gesagt, wenn ich absichtlich unterlassen hätte, auf' einen Satz, den ich in Siegen gesagt habe, hier einzugehen, dann würde er das als eine, ich weiß nicht genau, sehr schwerwiegende Tatsache ansehen müssen. Der Satz in Siegen war sehr einfach und beschäftigte sich mit der Frage des deutschen Ostens jenseits der Oder-
    Neiße-Linie. Daß wir uns nicht den Kopf darüber zerbrechen, geschweige denn irgendeine Anstrengung machen sollen, was schließlich mit den Satellitenstaaten geschieht, das ist eine solche Selbstverständlichkeit, daß man mir wirklich nicht zutrauen sollte, dies gemeint zu haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Große Unruhe links.)

    Ich glaube, meine Damen und Herren, Sie werden
    mir doch wohl das Recht zugestehen, daß ich auch
    an das Land jenseits der Oder-Neiße-Linie im Osten denke und das erwähne.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Fortgesetzte Zurufe links.)

    Sie haben es mir verargt, daß ich das in Berlin in einer Rede getan habe.

    (Sehr richtig! bei der CDU. — Abg. Kiesinger: Wie man's macht, ist's falsch!)

    Worin ich mich von der Auffassung des Sprechers der sozialdemokratischen Fraktion unterscheide, ist folgendes: Ich stimme mit ihm darin überein und habe das eben gesagt, daß die Wiedervereinigung Deutschlands im Frieden nur durch Übereinstimmung der vier Besatzungsmächte und Deutschlands erfolgen kann, aber ich bin der Auffassung, daß wir ein solches vernünftiges Gespräch mit Sowjetrußland nur dann erreichen,

    (Zuruf von der KPD: Wenn wir stark sind!)

    — ja, wenn wir stark sind. Dann werden wir erst in ein vernünftiges Gespräch kommen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Renner. — Unruhe bei der SPD.)

    Ich glaube, daß schon der bisherige Erfolg für diese Ansicht spricht.

    (Zurufe von der SPD. — Zuruf von der KPD: Sie verdrehen die Tatsachen!)

    Ich kann nur nochmals wiederholen: Ich will die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden mit ganzer Kraft, so gut und so stark, wie einer von Ihnen sie will,

    (Zuruf von der SPD: Na, na! — Unruhe und, weitere anhaltende Zurufe von der SPD)

    denn ich bin genau so gut ein Deutscher, wie Sie es sind;

    (Sehr gut! bei der CDU)

    aber ich habe nicht dieses unbegrenzte Vertrauen zu Sowjetrußland, wie es anscheinend doch hier und da gehegt wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Lebhafte Zurufe von der SPD: Unerhört! Pfui!' — Weitere Zurufe von der SPD und KPD. — Anhaltende Unruhe und Pultdeckelklappen bei der SPD. — Gegenruf von der CDU: Flegel! — Abg. Mellies: Sie sollten an die deutsche Politik denken, Herr Bundeskanzler, und nicht an Provokationen!)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Euler.

(Zuruf von der KPD: Dieser Provokateur!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine sehr geehrten Damen und Herren!

    (Zuruf von der KPD: Auch ein osteuropäischer Neuordner!)

    Man kann nicht häufig genug hervorheben, daß die Wiederherstellung der gesamtdeutschen Einheit ein falsches oder ungenaues Wort für das ist, worum es eigentlich geht. Es geht nämlich um die Wiedergewinnung der gesamtdeutschen Freiheit.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wären die 20 Millionen in der sowjetischen Zone
    frei, dann hätten wir sofort die deutsche Einheit.

    (Beifall rechts.)

    Sie wäre dann kein Problem mehr. Ich glaube, daß
    die Schwierigkeiten in der Auseinandersetzung mit
    der Opposition zu einem Teil daher rühren, daß


    (Euler)

    man sich diesen ungenauen Sprachgebrauch angewöhnt hat, bei dem man nicht mehr scharf genug sieht, worum es eigentlich geht, nämlich um die gesamtdeutsche Freiheit. Diese gesamtdeutsche Freiheit würde, wenn sie verwirklicht wäre, auch ohne weiteres die Einheit bedeuten. Die unangemessene Ausdrucksweise erweckt den falschen Eindruck, als wären es Deutsche, die der gesamtdeutschen Einheit entgegenstehen. Dieser Eindruck wird auch draußen in Volksversammlungen von der Opposition erweckt. In Wahrheit weiß die Opposition ganz genau, und es wissen vor allem auch die Kommunisten, die in diesem Hause sitzen, daß die Sowjets als Besatzungsmacht unter Verwendung einer kleinen Minderheit Irregeleiteter die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung in sklavenhafter Unfreiheit halten. Die Frage nach der deutschen Einheit richtig gefaßt muß deshalb heißen: Wie können wir die sowjetischen Sklavenhalter auf friedliche Weise dahin bringen, daß sie unseren deutschen Menschen in Mitteldeutschland die Freiheit geben?
    Die richtige Antwort auf diese Frage ist aus der Situation zu entnehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der sich die Sowjets erstmals wieder seit langer Zeit herbeiließen, einen unmittelbaren Vorschlag zu unterbreiten. Ich glaube, diese Situation ist doch sehr eindeutig. Sie zeichnet sich nämlich zum ersten dadurch aus, daß das Einheitsgeschwätz der Pankower Marionetten nicht verfangen hat. Es hat nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Sie zeichnet sich zum zweiten dadurch aus, daß die Bundesrepublik, die westdeutsche Freiheitsbastion, sich inzwischen weiter konsolidiert hat, und dies nicht nur wirtschaftlich, sondern auch innerpolitisch, wie gerade die Südweststaatwahlen erwiesen haben,

    (Abg. Kiesinger: Sehr gut! — Gegenrufe von der SPD)

    in denen sich der ganz überwiegende Teil der Bevölkerung für die drei großen demokratischen Parteien entschieden hat, ohne daß dabei gegenüber 1949 eine nennenswerte Verschiebung zugunsten der Opposition eingetreten ist.
    Zum dritten ist die Konsolidierung, die inzwischen eingetreten ist,

    (Widerspruch bei der SPD)


    (Abg. Renner: Und die Amerikaner haben nicht unterzeichnet!)

    Damit nähert sich allerdings der Zeitpunkt, in dem für die Sowjets nicht mehr zu erwarten ist, daß Westdeutschland auf sich selbst gestellt bleiben und sich in der Isolation als nicht lebensfähig erweisen würde.
    Die sowjetische Note ist also unzweideutig ein Erfolg der konsequenten Politik der Bundesregierung und der westlichen Demokratien. Es sind
    Tatsachen geschaffen worden, und weitere Tatsachen stehen bevor, die der bisherigen Sowjetpolitik in Deutschland und Europa die letzten Erfolgsaussichten nehmen. Diese Tatsachen bedeuten die Überwindung der europäischen Zerrissenheit außerhalb des sowjetischen Machtbereichs. Sie machen damit einen weiteren Wirtschaftsaufschwung und die Erhöhung des Lebensstandards in den europäischen Ländern außerhalb des sowjetischen Machtbereichs gewiß.

    (Abg. Renner: Die Aktionäre!)

    Sie bewirken damit eine gesteigerte Immunisierung der europäischen Völker gegen kommunistische Einflüsse und sie verbessern schließlich den Friedensschutz der europäischen Völker.
    Alle diese Tatsachen haben aber — und das ist schließlich das Wichtigste — eine ausstrahlende werbende Wirkung in den Bereich der sowjetischen Satellitenstaaten hinein. Es hat sich inzwischen die Stromrichtung im kalten Krieg geändert: die Offensive ist auf die gesamte westliche Welt übergegangen. Deshalb ist der sowjetische Vorschlag jetzt der fällige Gegenzug auf die konsequente Entfaltung der Politik der Bundesrepublik und der westlichen Demokratien. Dieser Gegenzug ist ein Geständnis, das Geständnis des Mißerfolges der bis jetzt verfolgten Deutschland- und Europapolitik der Sowjetunion. Dieses Geständnis des Mißerfolges, meine sehr geehrten Damen und Herren, enthüllt sich am deutlichsten darin, daß die Sowjets plötzlich als die Propagandisten einer deutschen Nationalarmee auftreten. Sie vertraten bisher stets die These der völligen deutschen Entmilitarisierung, die These des absoluten Machtvakuums im deutschen Raum, die These einer waffenlosen und auch international auf Waffenlosigkeit kontrollierten deutschen Scheinstaatlichkeit; denn ein Staat ohne jegliche Schutzmöglichkeit ist ein Scheinstaat. Sie haben diese bisherigen Thesen völlig preisgegeben, und sie haben damit nicht nur die bisherige Propaganda der Kommunisten, sondern auch der Niemöller, Heinemann und Wessel als irreale Phantastereien abgetan. Das ist immerhin eine erfreuliche Klarstellung, für die man den Sowjets dankbar sein kann.
    Wie war der Vorschlag aufzunehmen? Zum ersten eben im Sinne des wichtigen Geständnisses des Mißerfolges der bisherigen Deutschland- und Europapolitik der Sowjets. Insofern lag darin zugleich eine Mahnung, nämlich die, nicht auf einen sowjetischen Pfiff hin die Politik aufzugeben, die zu der jetzigen Situation geführt hat, einer Situation, in der sich die Sowjets — seit langer Zeit — genötigt sahen, mit einem unmittelbaren Vorschlag hervorzutreten.
    Zum zweiten mußte der Vorschlag bei den Adressaten, den westlichen Demokratien, sofort zu der ernsthaften Prüfung mit dem Ziel führen, auf eine Antwort zu dringen, die die Sowjets zur Klarstellung ihrer Unklarheiten und zur Behebung ihrer Widersprüche nötigen mußte, die die Sowjets veranlassen mußte, Farbe zu bekennen. Die maßgeblichen Sprecher der Koalitionsparteien haben sich sofort in diesem Sinne geäußert, und wir wissen aus den Gesprächen mit dem Herrn Bundeskanzler, daß dies auch von vornherein seine Auffassung war. Es ist bedauerlich, daß ein Sprecher der Regierung - der fünfte Pressechef — in einer überschnell _abgegebenen Presseerklärung zu diesem Thema eine Produktion zuwege gebracht


    (Euler)

    hat, die sich von den Leistungen seiner Vorgänger nicht vorteilhaft abhebt.

    (Widerspruch links. — Zuruf: Wieder die Pressechefs!)

    Es ist bedauerlich, daß auch Herr Staatssekretär Hallstein in den Vereinigten Staaten — jedenfalls nach den Pressemeldungen, die nach hier kamen -- den Eindruck erweckte, als bedürfte die sowjetische Note nicht einer ernsthaften Prüfung oder als sei sie dieser nicht würdig.

    (Abg. Loritz: Sehr gut!)

    In diesem Zusammenhang dürfen wir darauf aufmerksam machen, daß es für uns unerläßlich ist, eine Selbstbeschränkung zu üben, die das Mißverständnis ausschließt, als wollten wir uns mit Anliegen beschäftigen, die außerhalb unseres unmittelbaren Interessenkreises liegen. Wir sollten uns in unserer Lage nach diesem Weltkrieg auf das Anliegen beschränken, zu dem wir kraft innerster Verantwortung aufgerufen sind: die gesamtdeutsche Freiheit wiederherzustellen.

    (Abg. Loritz: Sehr gut!)

    Der Machtlosigkeit steht die Hybris besonders schlecht an.

    (Sehr gut! rechts.)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die westliche ,Antwortnote hat im wesentlichen den deutschen Vorstellungen entsprochen, die auf Konsultation von der Bundesrepublik geäußert wurden. Es ist wesentlich, daß die Noten der westlichen Alliierten sehr nachdrücklich die Unklarheiten und Widersprüche hervorgehoben haben, die sich in der sowjetischen Note befinden.
    Die Sowjets verlangen in ihrer Note zum ersten, daß eine deutsche Regierung an den Friedensverhandlungen gleichberechtigt teilnehmen soll. Sie wollen auch durch den Friedensvertrag sicherstellen, daß die staatsbürgerlichen Freiheiten in Deutschland für jedermann garantiert werden. Nun, die ganze Entwicklung kann nur damit beginnen, daß die staatsbürgerlichen Freiheiten, die die Sowjets zunächst einmal vernichtet haben, im sowjetischen Bereich hergestellt werden, wenn man zu einer gesamtdeutschen Regierung kommen will, die überhaupt nur als legitimiert angesehen werden kann, bei einem Friedensvertrag über deutsche Interessen zu verhandeln. Die freien Wahlen mit allen internationalen Garantien müssen das erste sein.
    Ich glaube, es war nur gut, daß in der Westalliierten Antwortnote auch die UNO-Kommission erwähnt wurde. Die Annahme der UNO-Kommission durch die Sowjets ist nicht als unerläßlich gefordert, sondern es ist nur zum Ausdruck gebracht worden, daß es mit großer Genugtuung gesehen würde, wenn die Sowjets ihre Einstellung zu der praktischen Tätigkeit der UNO-Kommission änderten.
    Die Kritik des Herrn Kollegen Wehner an diesem Teil der Note ist völlig unverständlich, liegt es doch in unserem Interesse, daß etwaige Wahlen im sowjetischen Bereiche nicht Scheinwahlen, sondern wirklich freie Wahlen werden. Wir wissen, wovon es abhängt, daß es ohne internationale Garantie nicht geht und daß es schwerlich ohne eine Überwachung geht, die sicherstellt, daß die Begriffe, die die Sowjets verwenden, mit denen der westlichen Welt übereinstimmen, so daß dann ein Zustand entsteht, in dem tatsächlich Freiheit möglich ist.
    Zum zweiten liegt es im deutschen Lebensinteresse, daß die westlichen Demokratien in ihrer Antwortnote absolut klargestellt haben, daß sie eine deutsche Regierung mit hinreichenden Kompetenzen sowohl vor als auch nach einem Friedensvertrage fordern. Die deutsche Regierung wird Kompetenzen haben, daß sie bei den Friedensverhandlungen das legitime deutsche Interesse auch in Freiheit wahrzunehmen vermag.
    Innenpolitisch ist schon mit Rücksicht auf die österreichischen Erfahrungen eine Freistellung von einem Viermächtekontrollsystem oder einem anderen internationalen Kontrollsystem außerordentlich wesentlich. Wir wissen jetzt, wie lange Verhandlungen mit einer östlichen Macht dauern. Am 10. Juli des vergangenen Jahres begannen die Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Korea, und die Verhandlungen zwischen den vier Mächten über den österreichischen Staatsvertrag sind jetzt ins vierte Jahr gelangt. In Anbetracht solcher Erfahrungen ist es unmöglich, sich auf Verhandlungen einzulassen, ohne daß zuvor durch eine gemeinsame Entscheidung sichergestellt ist, daß man außer freien Wahlen auch Freiheiten für eine deutsche Regierung insoweit zugestehen will, daß diese deutsche Regierung überhaupt zu Wirksamkeit gelangt. Insbesondere ist das wegen der Länge der Zeit, für die mit Verhandlungen gerechnet werden muß, wesentlich.
    Nicht weniger wichtig ist aber die Gefahr, die sich daraus ergibt, daß die Besatzungsmacht, solange sie da ist — wir kennen die sowjetische Besatzungsmacht insoweit ja gut genug —, jederzeit in der Lage ist, tatsächlich terroristische Zustände wieder herbeizuführen. Wir hätten dann darüber hinaus für Gesamtdeutschland den schweren Nachteil zu befürchten, daß diese selbe Besatzungsmacht über die Teilnahme an einem irgendwie gearteten Kontrollsystem für das gesamte deutsche Gebiet auch in die westlichen Zonen hinein lähmend wirken würde.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Aus diesen Gründen muß doch ganz außerordentlicher Wert darauf gelegt werden, daß von vornherein für die Verhandlungsgrundlage allein das eine sichergestellt ist: innere Entscheidungsfreiheit.
    Was nun die außenpolitischen Zuständigkeiten einer gesamtdeutschen Regierung anbelangt, so befindet sich auch da in der sowjetischen Note ein eigenartiger Widerspruch, der darin liegt, daß die Sowjets auf der einen Seite für Deutschland die Mitgliedschaft in der UNO anstreben, auf der anderen Seite aber diesem Gesamtdeutschland den Beitritt zu Regionalpakten im Rahmen der UNO versagen wollen. Es ist nur konsequent, wenn gegenüber der sowjetischen Forderung, wonach diese deutsche Regierung von allen Bündnissen, die sich gegen frühere Feindmächte richten, ausgeschlossen sein soll, in der westlichen Antwortnote darauf abgehoben wird, daß die deutsche Regierung, so wie sie Mitglied der UNO werden soll, auch die Möglichkeit haben muß, aus voller Entscheidungsfreiheit heraus ihren Beitritt zu Regionalpakten im Rahmen der Vereinten Nationen zu erklären.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren, in allen diesen wesentlichen Punkten kann man mit der westlichen Antwortnote völlig einverstanden sein; wir müssen ihren wesentlichen Inhalt begrüßen. Es bestünde nur dann Anlaß, eine Einschränkung zu machen, wenn die mißverständliche Auffassung,


    (Euler)

    die bei der Sozialdemokratie verbreitet ist, gerechtfertigt wäre. Diese Auffassung, die falsch ist, ging nämlich dahin, daß die westlichen Demokratien für Gespräche mit der Sowjetunion die deutsche Beteiligung an eiher europäischen Verteidigungsgemeinschaft und an Verträgen wie dem Schuman-plan usw. zur Voraussetzung gemacht hätten. Eine solche Voraussetzung ist aber aus der Antwortnote der westlichen Demokratien nicht zu ersehen, und der englische Hochkommissar, Sir Ivon Kirkpatrick, hat ausdrücklich betont, daß der deutschen Regierung die Entscheidungsfreiheit darüber zustehen solle, ob sie in irgendwelchen Regionalverträgen im Sinne der Vereinten Nationen beharren wolle oder ob sie sie abzuschließen gedenke.
    Wir sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, durch den Inhalt der Antwortnote der westlichen Alliierten, der in enger Beratung mit der Bundesrepublik festgestellt wurde, in die erfreuliche Lage gekommen, daß die Sowjets einmal mehr genötigt sind, klar Farbe zu bekennen, ob sie freie Wahlen, ob sie die Freiheit vom zerstörerischen Kontrollratsystem, ob sie auch eine hinreichende außenpolitische Entscheidungsfreiheit in dem Sinne zugestehen wollen, daß Deutschland nicht nur der UNO, sondern auch Regionalpakten im Rahmen der Vereinten Nationen angehören kann. Kurz und gut, die Sowjets haben klar zu erklären, ob es ihnen mit der gesamtdeutschen Freiheit ernst ist oder aber ob ihnen nur an einer Freiheitsattrappe gelegen ist, hinter der das Vorstellungsbild einer deutschen Einheit in Unfreiheit und Zwang steht. An einer solchen Form der deutschen Einheit, die lediglich sowjetischen Vorstellungen entsprechen kann, haben wir und haben die 20 Millionen Deutscher in der Sowjetzone erst recht kein Interesse.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Die Noten der westlichen Demokratien entsprechen dem wohlverstandenen Lebensinteresse des deutschen Volkes an der Wiederherstellung der gesamtdeutschen Freiheit. Bis die Sowjets Klarheit bekennen, besteht kein Anlaß, die Politik der Eingliederung Deutschlands in die Gemeinschaft der freien Völker und die Politik der Integration Europas aufzugeben oder zu unterbrechen. Sie sollte andererseits nicht forciert, sie sollte nur ruhig fortgesetzt werden. Die Sowjets haben jederzeit Gelegenheit, ihre Vorschläge klarzustellen und damit eine erneute ernsthafte Überprüfung der Lage durch Organe der Bundesrepublik und durch die westlichen Alliierten herbeizuführen. In diesem Sinne bitte ich Sie, der Entschließung der Regierungsparteien zuzustimmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)