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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 202. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. März 1952 8669 202. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. März 1952. Geschäftliche Mitteilungen 8670A Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Dr. Pferdmenges und Ollenhauer 8670A Änderung der Tagesordnung 8670A Anfrage Nr. 214 der Zentrumsfraktion betr Steuererklärungen zur Einkommensteuer und Heranziehung zur Körperschaftsteuer (Nrn. 2641, 3243 der Drucksachen) . . . . 8670B Vorlage des 5. Berichts des Bundesministers für Arbeit über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes für die Zeit vom 1. Dezember 1951 bis 31. Januar 1952 (Nr. 3244 der Drucksachen) 8670B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Großer Knechtsand (Nrn. 3162, 2970 der Drucksachen) 8670B Dr. Hasemann (FDP): als Berichterstatter 8670B als Abgeordneter 8676D Dr. Hallstein, Staatssekretär im Auswärtigen Amt 8672B Müller-Hermann (CDU) . . 8673A, 8680D Mertins (SPD) 8675B Stegner (FDP) 8678C Frau Thiele (KPD) 8678D Tobaben (DP) 8679D Dr. von Merkatz (DP) 8680C Dr. Mende (FDP) (zur Geschäftsordnung) 8681A Ausschußrücküberweisung 8681D Tatsächliche Erklärung gemäß § 36 der Geschäftsordnung betr. Vollstreckung des Todesurteils gegen den deutschen Staatsangehörigen Wilhelm Arthur Albrecht in Holland: Höfler (CDU) 8681C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesamtes für Auswanderung (Nr. 2394 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (24. Ausschuß) (Nr. 2994 der Drucksachen) 8682A Neumayer (FDP), Berichterstatter 8682B Beschlußfassung 8683A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Freiherrn von Aretin gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 24. März 1952 (Nr. 3233 der Drucksachen) . . . . 8683B Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 8683B Beschlußfassung 8683D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Umsiedlung (Nr. 3026 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 477) 8684A Odenthal (SPD), Antragsteller . . 8684A Kuntscher (CDU) 8686B Sabel (CDU) 8687C Dr. Hoffmann (Lübeck) (FDP) . . 8688B Willenberg (FU) 8689B Ewers (DP) 8690A Reitzner (SPD) 8690D Harig (KPD) 8691C Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 8692C Ausschußüberweisung 8693A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Entwurf einer Verordnung über einen allgemeinen Mietzuschlag bei Wohnraum des Althausbesitzes (Nrn. 3226, 3170 der Drucksachen; Entschließung Umdruck Nr. 476) 8682A, 8693A Dr. Brönner (CDU), Berichterstatter 8693A Jacobi (SPD) 8694C Wirths (FDP) 8696B Huth (CDU) 8696D Abstimmungen 8697A Nächste Sitzung 8697C Anlage: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) — Ergänzung zum Mündlichen Bericht in der 195. Sitzung, Seite 8395 B — über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Freilassung der an Frankreich ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Begleitumstände dieser Auslieferung und Schließung der Werbebüros für die Fremdenlegion usw. (Nrn. 2836, 2541 der Drucksachen) 8698 Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 202. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) — Ergänzung zum Mündlichen Bericht in der 195. Sitzung, Seite 8395 B — über den Antrag der Fraktion der KPD betreffend Freilassung der an Frankreich ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Begleitumstände dieser Auslieferung und Schließung der Werbebüros für die Fremdenlegion usw. (Nm. 2836, 2541 der Drucksachen)Berichterstatter: Abgeordneter Dr. von Merkatz Der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten hat sich mit dem Antrag der Fraktion der KP — Drucksache Nr. 2541 — erstmalig in seiner Sitzung vom 28. September 1951 befaßt. Hierbei wurde festgestellt, daß die am 22. Juni 1951 in Berlin festgenommenen ehemaligen Fremdenlegionäre Siegfried Richter und Heinz Müller und die am 23. Juni 1951 festgenommenen Jack Holsten-Plichta und Martin Dutschke einer Gruppe von 69 ehemaligen Fremdenlegionären angehören, die nach mehrjähriger Gefangenschaft bei den Aufständischen in Indochina über Rotchina und die UdSSR aus propagandistischen Gründen in die sowjetische Besatzungszone entlassen worden sind. Ferner wurde auf Grund eines Schreibens der Zentralen Rechtsschutzstelle vom 12. September 1951 festgestellt, daß außer diesen den französischen Behörden überstellten ehemaligen Fremdenlegionären noch vier weitere Fremdenlegionäre, nämlich Friedrich Sleutz, Gerhard Wolter, Borchert und Hastreiter sich in französischem Gewahrsam befanden. Wie diese übrigen vier Fremdenlegionäre in die Hand der französischen Behörden gelangt sind, konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Zwei von ihnen sollen sich nach Angabe der französischen Hohen Kommission selbst gestellt haben. Von diesen acht Legionären sind nach Auskunft der Zentralen Rechtsschutzstelle Holsten-Plichta, Müller, Richter und Hastreiter nach Oran überführt worden, während die anderen in Landau festgesetzt worden sind. Sämtliche Beschuldigten sind bereits durch das Militärgericht in Indochina wegen Fahnenflucht abgeurteilt worden. Durch ihre Festnahme ist das Versäumnisurteil aufgehoben und ein neues Verfahren eingeleitet worden. Die Verhafteten sollen sich darauf berufen haben, nicht desertiert, sondern in reguläre Kriegsgefangenschaft geraten zu sein. Das Auswärtige Amt hat die Alliierte Hohe Kommission unter Hinweis auf diese Einlassung mit der Note vom 6. August 1951 gebeten, die baldige Freilassung der Verhafteten herbeizuführen und den noch in der sowjetischen Besatzungszone verbliebenen über 60 weiteren aus Indochina entlassenen deutschen Staatsangehörigen freies Geleit für das Gebiet der Bundesrepublik einschließlich von West-Berlin zuzusichern. Hierauf hat die französische Hohe Kommission durch den Gesandten, Herrn Bérard, am 12. September 1951 ein aide mémoire überreichen lassen, in dem als wahrscheinlich angesehen wird, daß sechs der Verhafteten unter Zwang in den Dienst der sogenannten Internationalen Division getreten sein sollen. Der Ausschuß beschloß in seiner Sitzung vom 28. September 1951, die Weiterbehandlung der Sache auf seiner Sitzung in Berlin vom 23. Oktober 1951 fortzusetzen. In Berlin wurde durch drei Beauftragte des Ausschusses eine Erhebung über die Umstände der Festnahme von Richter, Müller, Holsten-Plichta und Dutschke vorgenommen. Diese Erhebung bestätigte die mit Datum vom 25. August 1951 vom Polizeipräsidenten in Berlin an Herrn Bürgermeister Dr. Schreiber erstattete Mitteilung. Dieses Schreiben hat folgenden Wortlaut: „Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Am 21. Juni 1951, gegen 17 Uhr, sind bei dem Kriminalinspektor Loelke von dem Kriminalkommissariat Charlottenburg Angehörige der französischen Gendarmerie (Oberfeldwebel Gaillard und ein Dolmetscher) erschienen. Sie haben um die Festnahme des Heinz Müller am 21. Juli 1926 in Stettin geboren, in Berlin-Charlottenburg, Lohmeyerstr. 15, bei Richter aufhältlich, ersucht. Diese Festnahme ist am 22. Juni 1951 gegen 5.40 Uhr von dem Kriminalassistenten Fischer und dem Kriminalgehilfen Reuwer durchgeführt worden. Am 22. Juni 1951, gegen 8.00 Uhr, hat der Kriminalinspektor Loelke den Sektorgehilfen für das Sachgebiet Kriminalpolizei bei dem PolizeiSektorassistenten für den britischen Sektor, Kriminalkommissar Noack, von der Festnahme unterrichtet. Herr Noack hat gegen 9.00 Uhr bei der Britischen Militärregierung — Public Safety Branch — telefonisch Rücksprache gehalten. Ihm ist die Rechtmäßigkeit der Festnahme bestätigt worden. Es ist ihm aufgegeben worden, den Festgenommenen der französischen Gendarmerie zu übergeben. Die telefonische Rücksprache wurde mit der Dolmetscherin Frau Wille gehalten, die ihrerseits, soweit Herrn Noack bekannt geworden, mit Herrn Major Whalley sprach; er hat die Anweisung zur Übergabe der Festgenommenen erteilt. Am 22. Juni 1951, gegen 10.00 Uhr, sind wiederum zwei Angehörige der französischen Gendarmerie, die sich in Begleitung von britischer Militärpolizei befanden, bei dem Kriminalinspektor Loelke auf dem Kriminalkommissariat Charlottenburg erschienen. Sie haben um die Festnahme des Siegfried Richter , am 24. Januar 1925 in Dresden geboren, in Berlin-Charlottenburg, Lohmeyerstr. 15, bei den Eltern aufhältlich, ersucht. Herr Noack hat die Angehörigen der französischen Gendarmerie an die Britische Militärregierung wegen der Genehmigung zur Festnahme und Übergabe verwiesen. Oberst Hamilton von der Britischen Militärregierung teilte mit, daß der Festzunehmende der französischen Gendarmerie zu übergeben sei. Richter ist am 22. Juni 1951, gegen 11.30 Uhr, durch die Kriminalassistenten Lehmann und Wolf vom Kriminalkommissariat Charlottenburg in der elterlichen Wohnung festgenommen und der französischen Gendarmerie übergeben worden. Nach der Eintragung im Tagebuch des Inspektors vom Dienst bei dem Polizei-Sektorassistenten für den britischen Sektor vom 22. Juni 1951, 18.20 Uhr, hat Herr Oberst Chambers, Chef der Public Safety Branch, der Britischen Militärregierung, dem Inspektor vom Dienst mitgeteilt, in Kürze werde Major Whalley mit zwei Offizieren der französischen Gendarmerie bei der Sektorleitung erscheinen. Sie würden das Ersuchen stellen, zwei deutsche Staatsangehörige unter Hinzuziehung von zwei Kriminalangehörigen festzunehmen. Die angekündigten Offiziere sind nach den Erklärungen des Kriminalassistenten Steinhorst vom Kriminalkommissariat Charlottenburg bei dem Nachmittagsdienst des Kriminalkommissariats erschienen. Dort hat Major Whalley (Public Safety Officer) erklärt, die Festnahme der beiden deutschen Staatsangehörigen solle aus Zweckmäßigkeitsgründen erst in den Morgenstunden des 23. Juni 1951 erfolgen. Der Kriminalsekretär Heberlein und der Kriminalassistent Guntermann, die vom 22. zum 23. Juni 1951 Nachtdienst bei dem Kriminalkommissariat Charlottenburg hatten, haben am 23. Juni 1951, gegen 6.00 Uhr, festgenommen: Jack Holsten, am 20. März 1930 in Berlin geboren, Martin Dutschke, am 13. Oktober 1922 in Dresden geboren, beide zur Zeit der Festnahme aufhältlich in Berlin-Charlottenburg, Kirschenallee 1 b. Dem Kriminalkommissar Noack sind die Gründe für die jeweiligen Festnahmen nicht mitgeteilt worden. Es wurde ihm lediglich erklärt, daß diese aus Sicherheitsgründen erforderlich seien. Es darf hervorgehoben werden, daß bei den vier Festnahmen jeweils eine Anordnung bzw. Genehmigung der Britischen Militärregierung vorgelegen hat. Die beteiligten Angehörigen de! Kriminalpolizei mußten gemäß Ziffer 17 der BK/O (49) 123 vom 17. Juni 1949 tätig werden. Der Kriminalkommissar Noack hat anläßlich einer Vorsprache bei Herrn Major Whalley darauf hingewiesen, daß auf Grund der Festnahmen zumindest von seiten der Angehörigen der Festgenommenen mit Beschwerden zu rechnen sei. Herr Major Whalley hat dem Kriminalkommissar Noack erklärt, daß der Chef des Amtes für öffentliche Sicherheit bei der Britischen Militärregierung, Herr Oberst Chambers, ausdrücklich die Genehmigung zu den Festnahmen erteilt habe. Die Mutter des festgenommenen Holsten, Frau Rita Holsten, aus Berlin-Charlottenburg, Kirschenallee 1 b, und die Mutter des festgenommenen Richter, Frau Emma Richter, aus Berlin-Charlottenburg, Lohmeyerstr. 15, haben sich wegen der Festnahmen an den Beschwerdeausschuß des Abgeordnetenhauses gewandt. Die Senatskanzlei — bei der der Vorgang zum Aktenzeichen SKzl V 3 geführt wird — hat mir die Eingabe der Frau Holsten und der Frau Richter am 31. Juli 1951 zur Stellungnahme zugeleitet. Ich darf die Bitte aussprechen, daß Sie, Herr Bürgermeister, die Senatskanzlei in der Angelegenheit unterrichten; ich habe ihr den bei ihr entstandenen Vorgang mit dem Bemerken zurückgesandt, daß ich Ihnen Bericht erstattet habe. gez. Dr. Stumm. Beglaubigt: gez. Stelmaszewski Polizeiangestellte." Diese Mitteilung wird ergänzt durch zwei eidesstattliche Erklärungen von Angehörigen der Festgenommenen vor dem Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland in Berlin vom 27. Oktober 1951, die folgenden Wortlaut haben: Frau Emma Richter geb. Koch erklärte: „Am Donnerstag, dem 25. Mai 1951, hatte sich mein Sohn auf Anraten des deutschen Flüchtlingslagers in Berlin, Kuno-Fischer-Straße, zur britischen Militärregierung in Berlin-Wilmersdorf, Fehrbelliner Platz, Lancaster House, Zimmer 385, begeben, um sich dort zu erkundigen, ob „er als ehemaliger Fremdenlegionär aus Indochina, der von den Russen in der Ostzone Deutschlands in Freiheit gesetzt worden sei, im britischen Sektor gefährdet sei". Darauf erhielt er von dem betreffenden Herrn, nachdem sich dieser noch an höherer Stelle rückversichert hatte, die Antwort, daß „er sich im britischen Sektor vollkommen frei bewegen könne, da sie, die Engländer, keinerlei Interesse an Fremdenlegionären hätten. Er solle aber nicht in den französischen Sektor gehen, da er dort von den Franzosen verhaftet werden könnte". Nachdem am Morgen des 22. Juni 1951, früh 6 Uhr, der Kamerad meines Sohnes, Heinz Müller, der mit meinem Sohn gleichfalls aus Indochina zurückgekommen war und vorerst bei uns wohnte, verhaftet und den Franzosen überstellt worden war, bin ich gleich zum Lancaster 8700 Deutscher Bundestag— 202, Sitzung., Bonn,. Donnerstag, den 27. März 1952 House, Zimmer 385, gefahren, um mich zu erkundigen, „ob mein Sohn auch mit einer Verhaftung zu rechnen habe". Dort erhielt ich den Bescheid, „daß mein Sohn mit keiner Verhaftung zu rechnen habe, da er sich keiner kriminellen Delikte schuldig gemacht habe". Ich fuhr dann wieder nach Hause, wo ich mit großer Bestürzung feststellen mußte, daß mein Sohn gerade verhaftet wurde. Darauf bin ich sofort wieder zum Lancaster House gefahren, wo man mir das Versprechen gab, daß mein Sohn, da er zu Unrecht von den Franzosen verhaftet worden sei, wieder von ihnen, den Engländern, zurückgeholt werden würde". Am nächsten Morgen fuhr ich wieder zum Lancaster House, wo mir mitgeteilt wurde, „daß mein Sohn von den Franzosen nicht wieder freigegeben würde, daß aber von seiten der englischen Militärregierung ein Protest bei den Franzosen erhoben werden würde"." Frau Rita Holsten-Plichta erklärte: „Mein Sohn, Jack Plichta-Holsten, geboren am 20. März 1930 in Berlin, kehrte Mitte Mai d. J. schwer krank an Malaria tropica mit seinem Freund und Kriegskameraden Martin Dutschke in sein Elternhaus zurück. Ende Mai oder Anfang Juni trafen die beiden Obengenannten zufällig ihre ehemaligen Kameraden Siegfried Richter und Heinz Müller. Diese berichteten ihnen über die Auskünfte, die sie von der britischen Militärregierung im Lancaster House erhalten hatten. Daraufhin gingen . auch mein Sohn und Martin Dutschke unverzüglich zur britischen Militärregierung, Lancaster House, Zimmer 385, und erhielten hier die Auskunft, daß „sie sich im britischen Sektor völlig frei bewegen könnten und daß sie unter dem Schutz der Engländer stünden". Am Morgen des 23. Juni 1951, früh um 5.45 Uhr, wurden jedoch mein Sohn und Martin Dutschke aus meiner Wohnung heraus verhaftet und den Franzosen übergeben. Da der 23. Juni 1951 ein Sonnabend war, ich außerdem an diesem Sonnabend bei der französischen Gendarmerie in der Müllerstraße 117 nichts mehr erreichen konnte, fuhr ich am Montag, dem 25. Juni, morgens zum Lancaster House, Zimmer 385, „um bei der britischen Militärregierung gegen die Festnahme meines Sohnes Einspruch zu erheben". Der diensthabende Herr bei der britischen Militärregierung teilte mir daraufhin mit, „daß der britischen Militärregierung von einer Verhaftung meines Sohnes wie auch des Martin Dutschke nichts bekannt sei. Ich solle noch einmal wiederkommen, er würde sich weiter erkundigen". Am nächsten Tag war ich alsdann wieder bei demselben Herrn, der mir dann erklärte, „daß die Zustimmung der britischen Militärregierung zu der Verhaftung der beiden Fremdenlegionäre tatsächlich gegeben worden wäre, allerdings von einer anderen Dienststelle". Daraufhin erhob ich einem noch hinzugezogenen englischen Offizier gegenüber Protest in der Form, „daß mein Sohn von den Engländern Bewegungsfreiheit im britischen Sektor zugesichert erhalten hätte und daß er von der britischen Militärregierung den Franzosen nicht eher hätteausgeliefert. werden dürfen, bis dieselbe die Umstände und den genauen Tatbestand hinsichtlich der Fremdenlegionäre von sich aus aufgeklärt hatte". Ferner ergaben die Erhebungen bei der Berliner Polizei, daß am 7. September 1951 vom Amt für Öffentliche Sicherheit bei der Berliner Dienststelle der US Hohen Kommission folgende Weisung erteilt worden ist: „Es wird nicht gewünscht, daß die deutsche Polizei im amerikanischen Sektor irgendeinen Deserteur der französischen Fremdenlegion verhaftet, ohne Rücksicht, wer die Anordnung oder den Befehl gibt, d. h. von wo auch immer die Anordnung kommen mag." Auf Grund dieser Anordnung ist vom Polizeisektor-Assistenten für den amerikanischen Sektor am 10. September 1951 an die Leiter der deutschen Polizeidienststellen des amerikanischen Sektors folgende Weisung ergangen: „Falls irgendeiner Polizeidienststelle im amerikanischen Sektor von irgendwoher eine Anweisung zur Festnahme von Deserteuren aus der französischen Fremdenlegion zugeht, ist vor der. Durchführung der Festnahme unverzüglich AS zu benachrichtigen und die angeordnete Festnahme bis. zur Mitteilung der Entscheidung durch AS auszusetzen. Nach dieser Weisung ist zu verfahren, ohne Rücksicht darauf, von welcher Stelle die Anweisung schriftlich oder mündlich ergangen ist. Den Leitern der Kriminalkommissariate ist Kenntnis zu geben." Auf Grund dieses Sachverhalts sind die Beauftragten des Ausschusses zu der Überzeugung gelangt, daß die Bernner Polizei im Rahmen der ihr gemaß BK/O (49) 123 betreffend Überwachung der Berliner Polizei obliegenden Pflichten, insbesondere ohne Verletzung der erforderlichen Sorgfalt, gehandelt hat. Insbesondere hat die Berliner Polizei keine ihr obliegende Prüfungspflicht verletzt. Die Heranziehung von deutschen Polizeiorganen für solche Festnahmen, bei denen nichts weiter als die Weisung erteilt wird, eine Person aus Sicherheitsgründen festzunehmen, stützt sich auf drei Instrumente des für Berlin geltenden Besatzungsrechts, nämlich das sogenannte Kleine Besatzungsstatut Berlin, das im Verordnungsblatt vom 18. Mai 1949 auf Seite 151 veröffentlicht worden ist, und eine Order der alliierten Kommandantur vom 17. Juni 1949 betreffend Überwachung der Berliner Polizei vom 7. Juli 1949 und ferner auf die Abänderungsurkunde vom 7. März 1951 zur Erklärung über die Grundsätze vom 14. Mai 1949. Eine rechtliche Prüfung des Sachverhalts hat ferner folgendes ergeben: Der Ausschuß hatte zunächst zu prüfen, ob seine Zuständigkeit gegeben war. Die Bundesrepublik kann ihre Befugnis zur Befassung mit dieser Angelegenheit daraus herleiten, daß sie gegenüber den westlichen Besatzungsmächten und allen Staaten, die Beziehungen zur Bundesrepublik aufgenommen haben, die Interessen eines jeden deutschen Staatsangehörigen vertreten muß. Hierzu ist zu bemerken, daß die Legionäre noch deutsche Staatsangehörige sind. Nach § 28 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913 konnte Deutschen, die in fremde Staatsdienste getreten waren, die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden. Derartige Beschlüsse sind aber gegen die Legionäre nicht gefaßt worden und wären jetzt auch mit Art. 16 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar. Kriegsgefangene dürfen nicht in die Wehrmacht des Haltestaates eingereiht werden. Jedoch ist die Praxis leider im Hinblick auf die sogenannten Freiwilligenmeldungen sehr großzügig geworden. Wieweit die Meldungen der in französischer Kriegsgefangenschaft befindlichen ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS diesen Anforderungen entsprechen, muß im Einzelfall geklärt werden. Die Werbung für fremde Truppen wird normalerweise von keinem Staat auf seinem Boden gestattet. Die entsprechenden deutschen Strafbestimmungen sind aber durch Kontrollratsgesetz außer Kraft gesetzt worden. Es ist hier zu fordern, daß nach der Abschaffung des Besatzungsrechts derartige Vorschriften wieder erlassen werden. Allgemeines Völkerrecht steht der Werbung sonst nicht entgegen. Im Bundesgebiet wäre gegen die Auslieferung von Legionären an Frankreich ein Einwand aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes herzuleiten. Die Alliierten haben das Grundgesetz genehmigt, wobei strittig ist, ob es auch gegen die Besatzungsmacht selbst angerufen werden kann. Diese Streitfrage kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Ziffer 6 des Besatzungsstatuts gewährleistet, daß die Besatzungsbehörden gewisse Grundrechte garantieren. Die von der Besatzungsmacht garantierten Grundrechte sind im Zusammenhang mit Art. 16 des Grundgesetzes so auszulegen, daß eine Auslieferung an das Ausland nicht zulässig ist. Die Besatzungsmächte werden sich hierbei weder auf Ziffer 2 c, auswärtige Angelegenheiten, noch auf Ziffer 2 e, Schutz der alliierten Streitkräfte, berufen können, da es sich nicht um die Sicherheit der Besatzungstruppen, sondern eines anderen, in einem andern Erdteil stationierten Truppenteils handelt. Das Auslieferungsverbot eigener Staatsangehöriger findet sich zwar in sehr vielen Verfassungen; aber auch dieses Verbot gehört nicht zum allgemeinen Völkerrecht. Es beruht auf einer neueren Rechtsentwicklung. Leider ist diese Entwicklung nicht in den Menschenrechten der Vereinten Nationen und in der Konvention der Menschenrechte des Europarats verzeichnet worden. Nun haben sich diese Vorfälle in Berlin zugetragen. Nach Art. 1 Abs. 3 der Berliner Verfassung vom 1. September 1950 sollten die Grundrechte des Bonner Grundgesetzes auch in Berlin gelten. Diese Bestimmung ist aber von den Westalliierten für Berlin „zurückgestellt" worden. In den eigenen Grundrechten der Berliner Verfassung steht das Auslieferungsverbot nicht. Dennoch stellt sich der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten einmütig auf den Standpunkt, daß nach der gesamten Vorgeschichte und nach der Entwicklung, die diese Rechte genommen haben, hier so zu verfahren ist, als ob diese Vorkommnisse — wie das auch bei einigen der Legionäre offenbar der Fall zu sein scheint — in dem durch Besatzungsrecht eingeengten Geltungsbereich des Grundgesetzes geschehen wären. Abgesehen von dem Bruch der von der britischen Besatzungsmacht gegebenen Zusagen stellt die den deutschen Polizeiorganen gegebene Weisung einen Mißbrauch besatzungsrechtlicher Befugnisse dar. Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß der durch Kontrollratsbestimmung aufgehobene § 141 a des Strafgesetzbuches, der die Werbetätigkeit für fremde Heere unter Strafe stellte, einer Übung in allen zivilisierten Staaten entspricht, bedeutet die der Berliner Polizei erteilte Weisung eine Ausnutzung einer Souveränitätsbeschränkung, die für die Erreichung der proklamierten Besatzungsziele nicht notwendig ist. Auf Grund der Prüfung des Sachverhalts empfiehlt der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten dem Hohen Hause, in Abänderung des Antrages — Drucksache Nr. 2541 — mit Drucksache Nr. 2836 folgenden Beschluß zu fassen: Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag Auskunft zu geben, in welchen Fällen ihr eine von der Besatzungsmacht veranlaßte Verhaftung deutscher Staatsangehöriger, die sich in eine Fremdenlegion verpflichtet hatten, bekanntgeworden ist. 2. Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag Auskunft zu geben, welche Schritte sie unternommen hat, um die Freilassung von deutschen Staatsangehörigen, die auf Grund ihrer Fremdenlegionsverpflichtung verhaftet worden sind, aus dem Gewahrsam fremder Mächte zu erwirken. 3. Die Bundesregierung wird ersucht, das Verbot der Werbung für fremden Militärdienst und der Übernahme von Verpflichtungen zur Dienstleistung in Fremdenlegionen wiederherzustellen und wegen der Wiederherstellung dieses Rechtszustandes in Verhandlungen mit den Hohen Kommissaren einzutreten. 4. Die Bundesregierung wird ersucht, im Einvernehmen mit dem Senat des Landes Berlin darauf hinzuwirken, daß dieser Rechtszustand auch in bezug auf Berlin Anerkennung findet. Bonn, den 21. Februar 1952. Dr. von Merkatz Berichterstatter
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    Rede von Dr. Josef Brönner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat unter dem 7. Dezember 1951 einen Antrag — Drucksache Nr. 2913 — eingereicht betreffend Altbaumieten. In diesem Antrag wird verlangt, daß die Bundesregierung die geplante Verordnung über die Erhöhung der Altbaumieten dem Bundestag zur Zustimmung vorlegt. Dieser Antrag wurde in der 180. Sitzung des Deutschen Bundestags am 12. Dezember 1951 beraten. Der Herr Abgeordnete Jacobi hat den Antrag begründet und dabei u. a. erklärt, durch die Verordnung unternehme die Bundesregierung den Versuch, das geltende Preisrecht für Mieten in einer Weise zu ändern, die für
    I) den gesamten Preisstand, insbesondere für die Lebenshaltung der Bevölkerung von grundlegender Bedeutung sei. Daraufhin ergriff der Herr Bundesminister für Wohnungsbau Wildermuth das Wort und führte u. a. aus, von einer grundlegenden Änderung des Preisgefüges könne man bei dieser Verordnung schlechterdings nicht reden. Er fügte hinzu, es sei beabsichtigt, die Verordnung dem Bundesrat und dem Bundestag vorzulegen. Die Verordnung ist dann auch dem Bundestag zur Zustimmung zugegangen.
    In der 198. Sitzung des Bundestags vom 12. März 1952 wurde der Verordnungsentwurf Drucksache Nr. 3170 ohne Aussprache an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen - federführend — und an die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik und für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur Mitberatung überwiesen. Am 14. März fand eine gemeinsame Beratung der Ausschüsse für Wiederaufbau und Wohnungswesen und für Wirtschaftspolitik statt. Herr Oberregierungsrat Bormann vom Bundeswirtschaftsministerium begründete den Entwurf. Er wies auf die seit Jahren steigenden Reparaturkosten hin, ferner auf den Nachholbedarf sowie auf die höheren Aufwendungen für Reparaturen infolge stärkerer Belegung der Wohnungen seit Kriegsende und infolge der Kriegsschäden, die zu beheben seien. Weiter erklärte er, die Bundesregierung lege großen Wert auf die Substanzerhaltung des in den Altwohnungsbauten liegenden Volksvermögens.
    Nach diesen Ausführungen wurde zunächst in eine grundlegende Erörterung der Verordnung eingetreten. U. a. wurde die Frage gestellt, ob mit dieser Erhöhung um 10% die Altbaumieten nicht über die Mieten für die Wohnungen hinausgingen,
    die nach 1924 errichtet worden seien. Der Herr Regierungsvertreter legte demgegenüber dar, daß diese Altbaumieten noch um 20% unter den Mieten für die nach 1924 errichteten Wohnungen lägen. In der weiteren Aussprache kam zum Ausdruck, daß durch diese Verordnung lediglich ein Härteausgleich erzielt werden könne. Diese kleine Mietpreiserhöhung sei eine Notlösung, ein erster Schritt auf dem Wege zur Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes. Der schlechten Ertragslage des Althausbesitzes müsse Rechnung getragen werden. Es sei widersinnig, neue Wohnungsbauten mit Steuermitteln zu finanzieren und die alten Wohnhäuser wegen zu niedriger Zwangsmieten verfallen zu lassen. Man müsse auch daran denken, an die Stelle der Subvention des Wohnhausbaues zu Subventionen der kleinen und leistungsschwachen Mieter überzugehen.
    Es wurde auch darüber debattiert, ob die Hausbesitzer verpflichtet werden sollten, einen Teil der Mietpreiserhöhungen für Reparaturen auszugeben oder dafür zurückzustellen. Gegen diesen Vorschlag wurde eingewandt, daß die derzeitige Steuergesetzgebung es nicht zulasse, Rückstellungen von den Einkünften aus Vermietung zu machen; daher sei es unmöglich, diesen Weg zu beschreiten. Außerdem habe jeder Mieter das Recht, das ordentliche Gericht wegen der Instandsetzung der Wohnung anzurufen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben seien.
    Darauf wurden die einzelnen Paragraphen der Verordnung besprochen. In § 1 wird bestimmt, daß die Mieten der vor dem 1. April 1924 bezugsfertig gewordenen Wohnräume um einen Zuschlag von 10 v. H. erhöht werden dürfen; dürfen, also nicht müssen. Es handelt sich um die sogenannten Uraltmieten. In Abs. 2 wird der Begriff der Bezugsfertigkeit erläutert.
    In § 2 wird die Ausgangsmiete festgestellt. Es ist die vor dem 1. April 1952 in preisrechtlich zulässiger Weise vereinbarte Miete. Das ist grundsätzlich die Miete nach dem Preisstopp vom 17. Oktober 1936. Von dieser Ausgangsmiete sind abzuziehen erstens die Umlagen für erhöhten Wasserverbrauch, zweitens die Brennstoff- und die Bedienungskosten für Heizungsanlagen, drittens die seit dem 1. April 1945 vereinbarten Umlagen für laufende Mehrbelastungen und viertens die in zulässiger Weise vereinbarten Untermietzuschläge. Abs. 2 regelt die Miete bei erstmaliger Vermietung, und Abs. 3 behandelt den Mietzuschlag bei der Erhöhung der Miete nach dem 1. April 1952.
    In § 3 wird die anteilige Miete der Wohnräume bestimmt, wenn Geschäftsräume Teile einer Wohnung bilden oder wenn gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke zugleich mit Wohnräumen vermietet oder verpachtet sind.
    § 4 enthält die Strafbestimmungen. Wenn der Vermieter oder der Mieter einen höheren als den nach dieser Verordnung zulässigen Mietpreis annimmt oder zahlt. begeht er eine Zuwiderhandlung im Sinne des Wirtschaftsstrafgesetzes; er kann also bestraft werden. Gegen diese Bestimmung wurden insbesondere deshalb Bedenken geäußert, weil der Mieter auch dann bestraft werden soll, wenn er freiwillig aus Billigkeitsgründen eine höhere Miete zahlt.
    Nach dieser Aussprache beschlossen die Mitglieder der beiden Ausschüsse bei Stimmenthaltung der Mitglieder der SPD-Fraktion, der vorgelegten Verordnung ohne Änderungen zuzustimmen, aller-


    (Dr. Brönner)

    dings mit dem Vorbehalt, daß, wenn die SPD-Fraktion noch Änderungsvorschläge einbringe, eine erneute Beratung angesetzt werden müsse.
    Einige Tage darauf kam von der SPD der folgende Antrag:
    Der § 1 Abs. 1 wird hinter dem Punkt mit folgenden Worten ergänzt:
    „soweit nicht die Kostenmiete unter Anwendung der Grundsätze der Berechnungsverordnung erreicht ist."
    Daraufhin wurden die Ausschüsse für Wohnungsbau und Wirtschaftspolitik auf Dienstag, den 25. März, noch einmal zur Beratung einberufen. Der Kollege Jacobi begründete den Antrag mit der Sorge, die zehnprozentige Erhöhung könne die Mieten über die Grundsätze der Kostenmiete hinausführen. Dazu führte der Regierungsvertreter aus, wenn die Kostenmiete festgelegt werden solle, müßten etwa 5 Millionen Wohnungen auf ihre Mietpreise hin geprüft werden, was eine ganz erhebliche Mehrarbeit für die Vermieter, für die Mieter und auch für die Organisationen bedeute. Außerdem sei es überaus schwierig, die Gesamtherstellungskosten dieser alten Wohnungsbauten festzustellen und mit den Baukosten der heutigen Wohnungen in Vergleich zu setzen. Endlich müsse die Festlegung der Kapitalbasis für den Althausbesitz, so wie es in der Berechnungsverordnung verlangt wird, zu ungeheuren Schwierigkeiten führen. Angesichts dieser Bernken zog die SPD-Fraktion ihren Antrag zurück.
    Hierauf stellte der Vertreter der SPD-Fraktion den Antrag, § 2 der Verordnung durch folgenden Abs. 4 zu ergänzen:
    Der Vermieter hat dem Mieter zu Beginn der Mietzeit die Zusammensetzung der Miete gemäß den vorstehenden Bestimmungen schriftlich mitzuteilen. Für bestehende Mietverhältnisse hat die schriftliche Mitteilung innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten dieser Verordnung zu erfolgen.
    Gegen diesen Antrag wurde geltend gemacht, daß damit den Vermietern und den Mietern eine Arbeit zugemutet werde, die sie unter keinen Umständen innerhalb eines Monats leisten könnten. Man müsse diese Regelung der Vereinbarung den Vermietern und den Mietern überlassen. Beide Parteien seien zuständig und würden vermutlich die Hilfe ihrer Organisationen in Anspruch nehmen, d. h. der Haus- und Grundbesitzervereine und der Mietervereine. Widerspreche die neue Vereinbarung unter Vermietern und Mietern der Verordnung, so könne ja jede Partei das ordentliche Gericht anrufen. Daraufhin wurde der Antrag gegen die Stimmen der SPD mit allen übrigen Stimmen abgelehnt.
    In der Zwischenzeit war der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht gebeten worden, sich zu dieser Verordnung zu äußern. Unter dem 22. März hat er schriftlich mitgeteilt, der Ausschuß habe in seiner 172. Sitzung vom 20. März 1932 beschlossen, zu der Verordnung eine Äußerung nicht abzugeben.
    Im Auftrage des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen darf ich den Antrag stellen, wie er auf Drucksache Nr. 3226 festgelegt ist:
    Der Bundestag wolle beschließen,
    dem Entwurf einer Verordnung über einen
    allgemeinen Mietzuschlag bei Wohnraum des
    Althausbesitzes - Nr. 3170 der Drucksachen
    — unverändert nach der Vorlage zuzustimmen.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. Ich bitte um Wortmeldungen.
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Jacobi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat bereits ausgeführt, daß die Verordnung, die uns heute vorliegt, ein Glied in der Kette von Verordnungen ist, die uns seit Monaten beschäftigen. Diese Verordnungen enthalten keine geschlossene Konzeption, sondern stellen nur Teillösungen dar. Wir haben bei den verschiedenen Debatten, die zu Fragen der Mietreform in diesem Haus stattgefunden haben, immer wieder unsere Bereitschaft erklärt, an einer grundlegenden Regelung auf dem Gebiete des Mietpreisrechts aufgeschlossen mitzuwirken. Die Bundesregierung hätte gut daran getan, diese Bereitschaft als einen Fingerzeig zu werten und entsprechend beschleunigt ihre Vorschläge vorzulegen. Statt dessen präsentiert sie von Zeit zu Zeit Teilregelungen, und zwar in Form von Entwürfen, die wohl einen gewissen inneren Zusammenhang haben, jedoch nicht erkennen lassen, wie sich denn eigentlich die Bundesregierung die von ihr oft erwähnte große Konzeption auf dem Gebiet der Neuordnung des Mietpreisrechts vorstellt.
    Wir kennen den Streit der Juristen über die Frage der Rechtsgültigkeit der beiden ersten Verordnungen, die, aus dem November stammend, Teilfragen einer Mietpreisreform zu regeln versuchen. Nach Pressemeldungen wird sich der Bundesverfassungsgerichtshof in diesen Tagen mit den hierzu aufgeworfenen Rechtsfragen beschäftigen. Das Ergänzungsgesetz zu den erwähnten Verordnungen beschäftigt zur Zeit Ausschüsse dieses Hauses. Hierbei hat sich gezeigt, daß der Gesetzentwurf bei der Schwierigkeit der in ihm zu regelnden Materie nicht bis zum 1. April 1952 durchberaten werden kann. Trotz ursprünglich von der Bundesregierung hiergegen erhobener Bedenken hat sie sich schließlich den Tatsachen nicht verschlossen und die Frist für das Inkrafttreten der beiden Verordnungen hinausgeschoben. Das soll anerkannt werden.
    Andererseits können wir auf die Feststellung nicht verzichten, daß diese Sachlage gar nicht erforderlich gewesen wäre, wenn sich die Bundesregierung in diesen Fragen rechtzeitig mit dem Parlament auseinandergesetzt hätte. Die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, daß sie gleichzeitig mit den umstrittenen Verordnungen vom November, der Preisrechtsverordnung Nr. 71 und der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz, den „Gesetzentwurfzur Ergänzung der orschriften über die Aufhebung des Mieterschutzes bei Geschäftsräumen und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken" — wie der schöne Titel heißt — verabschiedet habe. Warum dieser Gesetzentwurf dann dem Hause erst nach vielen Wochen vorgelegt, warum die Materie darüber hinaus nicht überhaupt direkt und insgesamt in einem Gesetz geregelt worden ist, bleibt uns unerfindlich. Es wäre viel Aufregung, viel Rechtsunsicherheit und es wäre — das wird die weitere Entwicklung zeigen — viel Zeit erspart geblieben, wenn die Bundesregierung anders verfahren wäre.


    (Jacobi)

    Heute nun haben wir es mit einer weiteren Verordnung zu tun. Auch für sie gilt das, was hinsichtlich der Vorlagenverschleppung eingangs gesagt worden ist. Bereits am 12. Dezember 1951 — Herr Kollege Brönner hat darauf hingewiesen — hat der SPD-Antrag der Drucksache Nr. 2913 in diesem Hause Annahme gefunden. Damit war der Bundesregierung aufgegeben, die von ihr- mit Wirkung vom 1. April 1952 angekündigte Anordnung über die Erhöhung der Altbaumieten rechtzeitig dem Bundestag vorzulegen. Das war also am 12. Dezember. Die Bundesregierung hat volle drei Monate gebraucht, um diesem Parlamentsbeschluß nachzukommen. Vergleichen Sie dies mit der heute zur Beratung stehenden Drucksache! Sie finden da das Einreichungsdatum des Bundeskanzleramts vom 3. März 1952. Dabei ist bekannt, daß einer hier in Bonn tagenden Konferenz des Haus- und Grundbesitzerverbandes bereits im November des vergangenen Jahres der wesentliche Inhalt dieser Verordnung, nämlich die Zusage einer allgemeinen zehnprozentigen Erhöhung der Althausmieten, übermittelt worden ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wir haben unter diesen Umständen kein Verständnis dafür, daß das Parlament wieder einmal mehr einem so unerfreulichen Zeitdruck ausgesetzt worden ist. Auch der Bundesrat muß die Vorlage förmlich durchpeitschen, wenn sie noch vor dem 1. April verkündet werden soll. Wir halten eine solche Prozedur für um so unerträglicher und bedauerlicher, als sie vermeidbar gewesen wäre. Dabei hat sich die Bundesregierung das Dekret der von langer Hand vorbereiteten Althausmietenerhöhung fürwahr einfach gemacht: sie beabsichtigt eine schematische Erhöhung; sie verzichtet auf eine Zweckbindung und sie läßt alle Fragen offen, die das Problem einer grundlegenden Neuordnung des Mietengefüges aufwirft. Was mit dem Verordnungsentwurf der Bundesregierung unternommen wird, ist nichts anderes als eine unzulängliche Behelfslösung, ist Flickarbeit und in keiner Weise als Teil einer wirklichen reformerischen Konzeption zu erkennen. Statt einer Mieten- oder Preisentzerrung droht mit dieser Verordnung eine neue Mietenverzerrung einzutreten.
    Wir haben im Ausschuß den Versuch gemacht — der Herr Berichterstatter hat dankenswerterweise in seinem Bericht darauf hingewiesen —, wenigstens einige Korrekturen zu erreichen. Unser Vorschlag, den § 2 dahin zu ergänzen, daß dem Vermieter zur Pflicht gemacht wird, dem Mieter die Zusammensetzung der Miete schriftlich mitzuteilen, wurde abgelehnt.

    (Hört! Hört! links.)

    Unsere Anregung, den beabsichtigten Zuschlag an den Zweck der Instandhaltung und Instandsetzung der Häuser und Wohnungen zu binden, hat ebenfalls bei der Mehrheit kein Verständnis gefunden. Wir verzichten nach diesen Erfahrungen im Ausschuß darauf, die Anträge hier zu wiederholen, da wir sicher sind, daß ihnen dasselbe Schicksal zuteil würde.
    Wie immer sich auch die Mehrheit dieses Hauses heute entscheidet, die Diskussion um eine wirkliche, konstruktive Mietreform wird nicht verstummen. Nach einer dpa-Meldung, die gestern durch die Presse ging, haben die Wiederaufbauminister der Länder in den Ausschußberatungen des Bundesrats bereits zu erkennen gegeben, daß ihnen die von der Bundesregierung vorgesehene Regelung unzulänglich erscheint. Wörtlich heißt es in der Meldung:
    Eine Erhöhung der Mieten
    — das ist also nach diesem Bericht die Auffassung der Wiederaufbauminister der Länder —
    dürfe nicht in vollem Umfange den Hauseigentümern zugute kommen, sondern müsse zum Teil für die Finanzierung von Neubauten verwendet werden. Die Wiederaufbauminister wollen vorschlagen, daß die Althausmieten zusätzlich um 15 % erhöht werden, die dann ausschließlich zur Förderung des Sozialen Wohnungsbaus Verwendung finden.
    Ob die Vorlage unter solchen Auspizien die Zustimmung des Bundesrats findet, muß abgewartet werden. Aber auch unabhängig hiervon muß auf eine mögliche Schwierigkeit hingewiesen werden, die sich aus dem Wortlaut der Verordnung ergibt. Wiederholt wird in ihr auf die rechtlich umstrittene Preisrechtsverordnung Nr. 71 verwiesen. Sollte unsere Auffassung bestätigt werden, an der wir nach wie vor festhalten, daß diese Preisrechtsverordnung rechtsungültig ist, so dürfte dies nicht ohne Bedeutung für Inhalt und Bestand der heute zur Beratung stehenden Verordnung sein.
    Noch auf einen anderen Gesichtspunkt sei hingewiesen. In der Öffentlichkeit, und ganz gewiß bei den Vermietern, ist der Eindruck erweckt worden, daß die zehnprozentige Erhöhung bereits am 1. April vorgenommen werden kann. Stimmt das denn überhaupt? Eine Nachprüfung wird ergeben, daß das nicht richtig ist; denn die Verordnung, um die es heute geht, basiert auf dem Preisrecht. Sie beseitigt lediglich den Mietzinsstopp und gibt dem Vermieter das Recht, die bisherige Miete bis zu der durch die Rechtsverordnung erhöhten Miete zu fordern. Fordert der Vermieter diese Erhöhung nicht, so hat es damit sein Bewenden. Macht er dagegen die Forderung geltend, so tritt die Wirkung erst vom nächsten Mietzahlungstermin an ein. Das heißt, der Vermieter kann die erhöhte Miete bei Geltendmachung der Forderung bis zum 15. April erst ab 1. Mai verlangen. Hieraus folgt auch, daß der Vermieter, der die Mieterhöhung vorerst nicht fordert, sondern erst später, sie nicht etwa für die rückliegende Zeit ab 1. April verlangen kann. Es ist anerkannten Rechts, daß Verordnungen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts lediglich den Stopp beseitigen. Das heißt, daß der Vermieter nunmehr erst seine Forderung gegenüber dem Mieter geltend machen muß. Wir möchten auf diese Rechtslage hinweisen, damit in der Öffentlichkeit völlige Klarheit darüber besteht, welche Konsequenzen sich aus der Verordnung ergeben, falls sie von diesem Hause und anschließend vom Bundesrat angenommen werden sollte.
    So ergeben sich grundsätzliche und spezielle Bedenken der verschiedensten Art, die die sozialdemokratische Fraktion veranlaßt haben, den Antrag einzubringen, der Ihnen mit dem Umdruck Nr. 476 vorliegt. Ich erlaube mir, den Wortlaut dieses Antrags mit der Bitte um Ihre geneigte Aufmerksamkeit vorzulesen. Der Antrag lautet:
    Die Bundesregierung wird ersucht,
    1. die Verordnung über einen allgemeinen Mietzuschlag bei Wohnraum des Althausbesitzes .... nicht zu erlassen.


    (Jacobi)

    Vor jeder wie immer gearteten Mietreform müssen gesetzgeberische Maßnahmen sicherstellen, daß
    a) die Bezüge der Fürsorge- und Unterhaltshilfe-Empfänger,
    b) die Sozialrenten und Versorgungsrenten,
    c) die Löhne und Gehälter
    in vollem Umfange der Mietsteigerung erhöht werden.
    Eine Mietreform muß einen angemessenen Ausgleich zwischen Aufwand und Ertrag beim Alt- und Zwischenkriegshausbesitz herbeiführen und mehraufkommende Beträge für die Substanzerhaltung sicherstellen. Ein normales Mietgefüge kann nicht durch eine schematische Erhöhung erreicht werden.
    Zweitens wollen wir Sie bitten, die Bundesregierung zu ersuchen,
    dem Bundestag alsbald Gesetzentwürfe über eine allgemeine Mietreform vorzulegen, in denen die oben angeführten Gesichtspunkte berücksichtigt und darüber hinaus dauerhaft fließende Quellen für Wohnungsbau und Instandsetzungszwecke erschlossen werden.

    (Vizepräsident Dr. S c h ä f er übernimmt den Vorsitz.)

    Mit der Annahme dieses Antrags, für den sich eine eingehende Begründung erübrigt, würde der Weg zu einer grundlegenden konstruktiven Mietreform freigemacht werden, die das sachlich Gebotene, vor allem das für Instandhaltung und Neubau Erforderliche mit dem persönlich Tragbaren verbindet. Mit ihm wird auf die Fortsetzung des Verfahrens der Teillösungen verzichtet, die nur an Symptomen kurieren und keine echte Entscheidung darstellen.
    Sie würden gut beraten sein, wenn Sie sich entschließen könnten, den bequemen aber unzulänglichen Vorschlag der Regierung abzulehnen und unserem Antrag zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD.)