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ID0120201200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 202. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. März 1952 8669 202. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. März 1952. Geschäftliche Mitteilungen 8670A Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Dr. Pferdmenges und Ollenhauer 8670A Änderung der Tagesordnung 8670A Anfrage Nr. 214 der Zentrumsfraktion betr Steuererklärungen zur Einkommensteuer und Heranziehung zur Körperschaftsteuer (Nrn. 2641, 3243 der Drucksachen) . . . . 8670B Vorlage des 5. Berichts des Bundesministers für Arbeit über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes für die Zeit vom 1. Dezember 1951 bis 31. Januar 1952 (Nr. 3244 der Drucksachen) 8670B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Großer Knechtsand (Nrn. 3162, 2970 der Drucksachen) 8670B Dr. Hasemann (FDP): als Berichterstatter 8670B als Abgeordneter 8676D Dr. Hallstein, Staatssekretär im Auswärtigen Amt 8672B Müller-Hermann (CDU) . . 8673A, 8680D Mertins (SPD) 8675B Stegner (FDP) 8678C Frau Thiele (KPD) 8678D Tobaben (DP) 8679D Dr. von Merkatz (DP) 8680C Dr. Mende (FDP) (zur Geschäftsordnung) 8681A Ausschußrücküberweisung 8681D Tatsächliche Erklärung gemäß § 36 der Geschäftsordnung betr. Vollstreckung des Todesurteils gegen den deutschen Staatsangehörigen Wilhelm Arthur Albrecht in Holland: Höfler (CDU) 8681C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesamtes für Auswanderung (Nr. 2394 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (24. Ausschuß) (Nr. 2994 der Drucksachen) 8682A Neumayer (FDP), Berichterstatter 8682B Beschlußfassung 8683A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Freiherrn von Aretin gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 24. März 1952 (Nr. 3233 der Drucksachen) . . . . 8683B Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 8683B Beschlußfassung 8683D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Umsiedlung (Nr. 3026 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 477) 8684A Odenthal (SPD), Antragsteller . . 8684A Kuntscher (CDU) 8686B Sabel (CDU) 8687C Dr. Hoffmann (Lübeck) (FDP) . . 8688B Willenberg (FU) 8689B Ewers (DP) 8690A Reitzner (SPD) 8690D Harig (KPD) 8691C Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 8692C Ausschußüberweisung 8693A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Entwurf einer Verordnung über einen allgemeinen Mietzuschlag bei Wohnraum des Althausbesitzes (Nrn. 3226, 3170 der Drucksachen; Entschließung Umdruck Nr. 476) 8682A, 8693A Dr. Brönner (CDU), Berichterstatter 8693A Jacobi (SPD) 8694C Wirths (FDP) 8696B Huth (CDU) 8696D Abstimmungen 8697A Nächste Sitzung 8697C Anlage: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) — Ergänzung zum Mündlichen Bericht in der 195. Sitzung, Seite 8395 B — über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Freilassung der an Frankreich ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Begleitumstände dieser Auslieferung und Schließung der Werbebüros für die Fremdenlegion usw. (Nrn. 2836, 2541 der Drucksachen) 8698 Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 202. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) — Ergänzung zum Mündlichen Bericht in der 195. Sitzung, Seite 8395 B — über den Antrag der Fraktion der KPD betreffend Freilassung der an Frankreich ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Begleitumstände dieser Auslieferung und Schließung der Werbebüros für die Fremdenlegion usw. (Nm. 2836, 2541 der Drucksachen)Berichterstatter: Abgeordneter Dr. von Merkatz Der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten hat sich mit dem Antrag der Fraktion der KP — Drucksache Nr. 2541 — erstmalig in seiner Sitzung vom 28. September 1951 befaßt. Hierbei wurde festgestellt, daß die am 22. Juni 1951 in Berlin festgenommenen ehemaligen Fremdenlegionäre Siegfried Richter und Heinz Müller und die am 23. Juni 1951 festgenommenen Jack Holsten-Plichta und Martin Dutschke einer Gruppe von 69 ehemaligen Fremdenlegionären angehören, die nach mehrjähriger Gefangenschaft bei den Aufständischen in Indochina über Rotchina und die UdSSR aus propagandistischen Gründen in die sowjetische Besatzungszone entlassen worden sind. Ferner wurde auf Grund eines Schreibens der Zentralen Rechtsschutzstelle vom 12. September 1951 festgestellt, daß außer diesen den französischen Behörden überstellten ehemaligen Fremdenlegionären noch vier weitere Fremdenlegionäre, nämlich Friedrich Sleutz, Gerhard Wolter, Borchert und Hastreiter sich in französischem Gewahrsam befanden. Wie diese übrigen vier Fremdenlegionäre in die Hand der französischen Behörden gelangt sind, konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Zwei von ihnen sollen sich nach Angabe der französischen Hohen Kommission selbst gestellt haben. Von diesen acht Legionären sind nach Auskunft der Zentralen Rechtsschutzstelle Holsten-Plichta, Müller, Richter und Hastreiter nach Oran überführt worden, während die anderen in Landau festgesetzt worden sind. Sämtliche Beschuldigten sind bereits durch das Militärgericht in Indochina wegen Fahnenflucht abgeurteilt worden. Durch ihre Festnahme ist das Versäumnisurteil aufgehoben und ein neues Verfahren eingeleitet worden. Die Verhafteten sollen sich darauf berufen haben, nicht desertiert, sondern in reguläre Kriegsgefangenschaft geraten zu sein. Das Auswärtige Amt hat die Alliierte Hohe Kommission unter Hinweis auf diese Einlassung mit der Note vom 6. August 1951 gebeten, die baldige Freilassung der Verhafteten herbeizuführen und den noch in der sowjetischen Besatzungszone verbliebenen über 60 weiteren aus Indochina entlassenen deutschen Staatsangehörigen freies Geleit für das Gebiet der Bundesrepublik einschließlich von West-Berlin zuzusichern. Hierauf hat die französische Hohe Kommission durch den Gesandten, Herrn Bérard, am 12. September 1951 ein aide mémoire überreichen lassen, in dem als wahrscheinlich angesehen wird, daß sechs der Verhafteten unter Zwang in den Dienst der sogenannten Internationalen Division getreten sein sollen. Der Ausschuß beschloß in seiner Sitzung vom 28. September 1951, die Weiterbehandlung der Sache auf seiner Sitzung in Berlin vom 23. Oktober 1951 fortzusetzen. In Berlin wurde durch drei Beauftragte des Ausschusses eine Erhebung über die Umstände der Festnahme von Richter, Müller, Holsten-Plichta und Dutschke vorgenommen. Diese Erhebung bestätigte die mit Datum vom 25. August 1951 vom Polizeipräsidenten in Berlin an Herrn Bürgermeister Dr. Schreiber erstattete Mitteilung. Dieses Schreiben hat folgenden Wortlaut: „Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Am 21. Juni 1951, gegen 17 Uhr, sind bei dem Kriminalinspektor Loelke von dem Kriminalkommissariat Charlottenburg Angehörige der französischen Gendarmerie (Oberfeldwebel Gaillard und ein Dolmetscher) erschienen. Sie haben um die Festnahme des Heinz Müller am 21. Juli 1926 in Stettin geboren, in Berlin-Charlottenburg, Lohmeyerstr. 15, bei Richter aufhältlich, ersucht. Diese Festnahme ist am 22. Juni 1951 gegen 5.40 Uhr von dem Kriminalassistenten Fischer und dem Kriminalgehilfen Reuwer durchgeführt worden. Am 22. Juni 1951, gegen 8.00 Uhr, hat der Kriminalinspektor Loelke den Sektorgehilfen für das Sachgebiet Kriminalpolizei bei dem PolizeiSektorassistenten für den britischen Sektor, Kriminalkommissar Noack, von der Festnahme unterrichtet. Herr Noack hat gegen 9.00 Uhr bei der Britischen Militärregierung — Public Safety Branch — telefonisch Rücksprache gehalten. Ihm ist die Rechtmäßigkeit der Festnahme bestätigt worden. Es ist ihm aufgegeben worden, den Festgenommenen der französischen Gendarmerie zu übergeben. Die telefonische Rücksprache wurde mit der Dolmetscherin Frau Wille gehalten, die ihrerseits, soweit Herrn Noack bekannt geworden, mit Herrn Major Whalley sprach; er hat die Anweisung zur Übergabe der Festgenommenen erteilt. Am 22. Juni 1951, gegen 10.00 Uhr, sind wiederum zwei Angehörige der französischen Gendarmerie, die sich in Begleitung von britischer Militärpolizei befanden, bei dem Kriminalinspektor Loelke auf dem Kriminalkommissariat Charlottenburg erschienen. Sie haben um die Festnahme des Siegfried Richter , am 24. Januar 1925 in Dresden geboren, in Berlin-Charlottenburg, Lohmeyerstr. 15, bei den Eltern aufhältlich, ersucht. Herr Noack hat die Angehörigen der französischen Gendarmerie an die Britische Militärregierung wegen der Genehmigung zur Festnahme und Übergabe verwiesen. Oberst Hamilton von der Britischen Militärregierung teilte mit, daß der Festzunehmende der französischen Gendarmerie zu übergeben sei. Richter ist am 22. Juni 1951, gegen 11.30 Uhr, durch die Kriminalassistenten Lehmann und Wolf vom Kriminalkommissariat Charlottenburg in der elterlichen Wohnung festgenommen und der französischen Gendarmerie übergeben worden. Nach der Eintragung im Tagebuch des Inspektors vom Dienst bei dem Polizei-Sektorassistenten für den britischen Sektor vom 22. Juni 1951, 18.20 Uhr, hat Herr Oberst Chambers, Chef der Public Safety Branch, der Britischen Militärregierung, dem Inspektor vom Dienst mitgeteilt, in Kürze werde Major Whalley mit zwei Offizieren der französischen Gendarmerie bei der Sektorleitung erscheinen. Sie würden das Ersuchen stellen, zwei deutsche Staatsangehörige unter Hinzuziehung von zwei Kriminalangehörigen festzunehmen. Die angekündigten Offiziere sind nach den Erklärungen des Kriminalassistenten Steinhorst vom Kriminalkommissariat Charlottenburg bei dem Nachmittagsdienst des Kriminalkommissariats erschienen. Dort hat Major Whalley (Public Safety Officer) erklärt, die Festnahme der beiden deutschen Staatsangehörigen solle aus Zweckmäßigkeitsgründen erst in den Morgenstunden des 23. Juni 1951 erfolgen. Der Kriminalsekretär Heberlein und der Kriminalassistent Guntermann, die vom 22. zum 23. Juni 1951 Nachtdienst bei dem Kriminalkommissariat Charlottenburg hatten, haben am 23. Juni 1951, gegen 6.00 Uhr, festgenommen: Jack Holsten, am 20. März 1930 in Berlin geboren, Martin Dutschke, am 13. Oktober 1922 in Dresden geboren, beide zur Zeit der Festnahme aufhältlich in Berlin-Charlottenburg, Kirschenallee 1 b. Dem Kriminalkommissar Noack sind die Gründe für die jeweiligen Festnahmen nicht mitgeteilt worden. Es wurde ihm lediglich erklärt, daß diese aus Sicherheitsgründen erforderlich seien. Es darf hervorgehoben werden, daß bei den vier Festnahmen jeweils eine Anordnung bzw. Genehmigung der Britischen Militärregierung vorgelegen hat. Die beteiligten Angehörigen de! Kriminalpolizei mußten gemäß Ziffer 17 der BK/O (49) 123 vom 17. Juni 1949 tätig werden. Der Kriminalkommissar Noack hat anläßlich einer Vorsprache bei Herrn Major Whalley darauf hingewiesen, daß auf Grund der Festnahmen zumindest von seiten der Angehörigen der Festgenommenen mit Beschwerden zu rechnen sei. Herr Major Whalley hat dem Kriminalkommissar Noack erklärt, daß der Chef des Amtes für öffentliche Sicherheit bei der Britischen Militärregierung, Herr Oberst Chambers, ausdrücklich die Genehmigung zu den Festnahmen erteilt habe. Die Mutter des festgenommenen Holsten, Frau Rita Holsten, aus Berlin-Charlottenburg, Kirschenallee 1 b, und die Mutter des festgenommenen Richter, Frau Emma Richter, aus Berlin-Charlottenburg, Lohmeyerstr. 15, haben sich wegen der Festnahmen an den Beschwerdeausschuß des Abgeordnetenhauses gewandt. Die Senatskanzlei — bei der der Vorgang zum Aktenzeichen SKzl V 3 geführt wird — hat mir die Eingabe der Frau Holsten und der Frau Richter am 31. Juli 1951 zur Stellungnahme zugeleitet. Ich darf die Bitte aussprechen, daß Sie, Herr Bürgermeister, die Senatskanzlei in der Angelegenheit unterrichten; ich habe ihr den bei ihr entstandenen Vorgang mit dem Bemerken zurückgesandt, daß ich Ihnen Bericht erstattet habe. gez. Dr. Stumm. Beglaubigt: gez. Stelmaszewski Polizeiangestellte." Diese Mitteilung wird ergänzt durch zwei eidesstattliche Erklärungen von Angehörigen der Festgenommenen vor dem Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland in Berlin vom 27. Oktober 1951, die folgenden Wortlaut haben: Frau Emma Richter geb. Koch erklärte: „Am Donnerstag, dem 25. Mai 1951, hatte sich mein Sohn auf Anraten des deutschen Flüchtlingslagers in Berlin, Kuno-Fischer-Straße, zur britischen Militärregierung in Berlin-Wilmersdorf, Fehrbelliner Platz, Lancaster House, Zimmer 385, begeben, um sich dort zu erkundigen, ob „er als ehemaliger Fremdenlegionär aus Indochina, der von den Russen in der Ostzone Deutschlands in Freiheit gesetzt worden sei, im britischen Sektor gefährdet sei". Darauf erhielt er von dem betreffenden Herrn, nachdem sich dieser noch an höherer Stelle rückversichert hatte, die Antwort, daß „er sich im britischen Sektor vollkommen frei bewegen könne, da sie, die Engländer, keinerlei Interesse an Fremdenlegionären hätten. Er solle aber nicht in den französischen Sektor gehen, da er dort von den Franzosen verhaftet werden könnte". Nachdem am Morgen des 22. Juni 1951, früh 6 Uhr, der Kamerad meines Sohnes, Heinz Müller, der mit meinem Sohn gleichfalls aus Indochina zurückgekommen war und vorerst bei uns wohnte, verhaftet und den Franzosen überstellt worden war, bin ich gleich zum Lancaster 8700 Deutscher Bundestag— 202, Sitzung., Bonn,. Donnerstag, den 27. März 1952 House, Zimmer 385, gefahren, um mich zu erkundigen, „ob mein Sohn auch mit einer Verhaftung zu rechnen habe". Dort erhielt ich den Bescheid, „daß mein Sohn mit keiner Verhaftung zu rechnen habe, da er sich keiner kriminellen Delikte schuldig gemacht habe". Ich fuhr dann wieder nach Hause, wo ich mit großer Bestürzung feststellen mußte, daß mein Sohn gerade verhaftet wurde. Darauf bin ich sofort wieder zum Lancaster House gefahren, wo man mir das Versprechen gab, daß mein Sohn, da er zu Unrecht von den Franzosen verhaftet worden sei, wieder von ihnen, den Engländern, zurückgeholt werden würde". Am nächsten Morgen fuhr ich wieder zum Lancaster House, wo mir mitgeteilt wurde, „daß mein Sohn von den Franzosen nicht wieder freigegeben würde, daß aber von seiten der englischen Militärregierung ein Protest bei den Franzosen erhoben werden würde"." Frau Rita Holsten-Plichta erklärte: „Mein Sohn, Jack Plichta-Holsten, geboren am 20. März 1930 in Berlin, kehrte Mitte Mai d. J. schwer krank an Malaria tropica mit seinem Freund und Kriegskameraden Martin Dutschke in sein Elternhaus zurück. Ende Mai oder Anfang Juni trafen die beiden Obengenannten zufällig ihre ehemaligen Kameraden Siegfried Richter und Heinz Müller. Diese berichteten ihnen über die Auskünfte, die sie von der britischen Militärregierung im Lancaster House erhalten hatten. Daraufhin gingen . auch mein Sohn und Martin Dutschke unverzüglich zur britischen Militärregierung, Lancaster House, Zimmer 385, und erhielten hier die Auskunft, daß „sie sich im britischen Sektor völlig frei bewegen könnten und daß sie unter dem Schutz der Engländer stünden". Am Morgen des 23. Juni 1951, früh um 5.45 Uhr, wurden jedoch mein Sohn und Martin Dutschke aus meiner Wohnung heraus verhaftet und den Franzosen übergeben. Da der 23. Juni 1951 ein Sonnabend war, ich außerdem an diesem Sonnabend bei der französischen Gendarmerie in der Müllerstraße 117 nichts mehr erreichen konnte, fuhr ich am Montag, dem 25. Juni, morgens zum Lancaster House, Zimmer 385, „um bei der britischen Militärregierung gegen die Festnahme meines Sohnes Einspruch zu erheben". Der diensthabende Herr bei der britischen Militärregierung teilte mir daraufhin mit, „daß der britischen Militärregierung von einer Verhaftung meines Sohnes wie auch des Martin Dutschke nichts bekannt sei. Ich solle noch einmal wiederkommen, er würde sich weiter erkundigen". Am nächsten Tag war ich alsdann wieder bei demselben Herrn, der mir dann erklärte, „daß die Zustimmung der britischen Militärregierung zu der Verhaftung der beiden Fremdenlegionäre tatsächlich gegeben worden wäre, allerdings von einer anderen Dienststelle". Daraufhin erhob ich einem noch hinzugezogenen englischen Offizier gegenüber Protest in der Form, „daß mein Sohn von den Engländern Bewegungsfreiheit im britischen Sektor zugesichert erhalten hätte und daß er von der britischen Militärregierung den Franzosen nicht eher hätteausgeliefert. werden dürfen, bis dieselbe die Umstände und den genauen Tatbestand hinsichtlich der Fremdenlegionäre von sich aus aufgeklärt hatte". Ferner ergaben die Erhebungen bei der Berliner Polizei, daß am 7. September 1951 vom Amt für Öffentliche Sicherheit bei der Berliner Dienststelle der US Hohen Kommission folgende Weisung erteilt worden ist: „Es wird nicht gewünscht, daß die deutsche Polizei im amerikanischen Sektor irgendeinen Deserteur der französischen Fremdenlegion verhaftet, ohne Rücksicht, wer die Anordnung oder den Befehl gibt, d. h. von wo auch immer die Anordnung kommen mag." Auf Grund dieser Anordnung ist vom Polizeisektor-Assistenten für den amerikanischen Sektor am 10. September 1951 an die Leiter der deutschen Polizeidienststellen des amerikanischen Sektors folgende Weisung ergangen: „Falls irgendeiner Polizeidienststelle im amerikanischen Sektor von irgendwoher eine Anweisung zur Festnahme von Deserteuren aus der französischen Fremdenlegion zugeht, ist vor der. Durchführung der Festnahme unverzüglich AS zu benachrichtigen und die angeordnete Festnahme bis. zur Mitteilung der Entscheidung durch AS auszusetzen. Nach dieser Weisung ist zu verfahren, ohne Rücksicht darauf, von welcher Stelle die Anweisung schriftlich oder mündlich ergangen ist. Den Leitern der Kriminalkommissariate ist Kenntnis zu geben." Auf Grund dieses Sachverhalts sind die Beauftragten des Ausschusses zu der Überzeugung gelangt, daß die Bernner Polizei im Rahmen der ihr gemaß BK/O (49) 123 betreffend Überwachung der Berliner Polizei obliegenden Pflichten, insbesondere ohne Verletzung der erforderlichen Sorgfalt, gehandelt hat. Insbesondere hat die Berliner Polizei keine ihr obliegende Prüfungspflicht verletzt. Die Heranziehung von deutschen Polizeiorganen für solche Festnahmen, bei denen nichts weiter als die Weisung erteilt wird, eine Person aus Sicherheitsgründen festzunehmen, stützt sich auf drei Instrumente des für Berlin geltenden Besatzungsrechts, nämlich das sogenannte Kleine Besatzungsstatut Berlin, das im Verordnungsblatt vom 18. Mai 1949 auf Seite 151 veröffentlicht worden ist, und eine Order der alliierten Kommandantur vom 17. Juni 1949 betreffend Überwachung der Berliner Polizei vom 7. Juli 1949 und ferner auf die Abänderungsurkunde vom 7. März 1951 zur Erklärung über die Grundsätze vom 14. Mai 1949. Eine rechtliche Prüfung des Sachverhalts hat ferner folgendes ergeben: Der Ausschuß hatte zunächst zu prüfen, ob seine Zuständigkeit gegeben war. Die Bundesrepublik kann ihre Befugnis zur Befassung mit dieser Angelegenheit daraus herleiten, daß sie gegenüber den westlichen Besatzungsmächten und allen Staaten, die Beziehungen zur Bundesrepublik aufgenommen haben, die Interessen eines jeden deutschen Staatsangehörigen vertreten muß. Hierzu ist zu bemerken, daß die Legionäre noch deutsche Staatsangehörige sind. Nach § 28 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913 konnte Deutschen, die in fremde Staatsdienste getreten waren, die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden. Derartige Beschlüsse sind aber gegen die Legionäre nicht gefaßt worden und wären jetzt auch mit Art. 16 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar. Kriegsgefangene dürfen nicht in die Wehrmacht des Haltestaates eingereiht werden. Jedoch ist die Praxis leider im Hinblick auf die sogenannten Freiwilligenmeldungen sehr großzügig geworden. Wieweit die Meldungen der in französischer Kriegsgefangenschaft befindlichen ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS diesen Anforderungen entsprechen, muß im Einzelfall geklärt werden. Die Werbung für fremde Truppen wird normalerweise von keinem Staat auf seinem Boden gestattet. Die entsprechenden deutschen Strafbestimmungen sind aber durch Kontrollratsgesetz außer Kraft gesetzt worden. Es ist hier zu fordern, daß nach der Abschaffung des Besatzungsrechts derartige Vorschriften wieder erlassen werden. Allgemeines Völkerrecht steht der Werbung sonst nicht entgegen. Im Bundesgebiet wäre gegen die Auslieferung von Legionären an Frankreich ein Einwand aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes herzuleiten. Die Alliierten haben das Grundgesetz genehmigt, wobei strittig ist, ob es auch gegen die Besatzungsmacht selbst angerufen werden kann. Diese Streitfrage kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Ziffer 6 des Besatzungsstatuts gewährleistet, daß die Besatzungsbehörden gewisse Grundrechte garantieren. Die von der Besatzungsmacht garantierten Grundrechte sind im Zusammenhang mit Art. 16 des Grundgesetzes so auszulegen, daß eine Auslieferung an das Ausland nicht zulässig ist. Die Besatzungsmächte werden sich hierbei weder auf Ziffer 2 c, auswärtige Angelegenheiten, noch auf Ziffer 2 e, Schutz der alliierten Streitkräfte, berufen können, da es sich nicht um die Sicherheit der Besatzungstruppen, sondern eines anderen, in einem andern Erdteil stationierten Truppenteils handelt. Das Auslieferungsverbot eigener Staatsangehöriger findet sich zwar in sehr vielen Verfassungen; aber auch dieses Verbot gehört nicht zum allgemeinen Völkerrecht. Es beruht auf einer neueren Rechtsentwicklung. Leider ist diese Entwicklung nicht in den Menschenrechten der Vereinten Nationen und in der Konvention der Menschenrechte des Europarats verzeichnet worden. Nun haben sich diese Vorfälle in Berlin zugetragen. Nach Art. 1 Abs. 3 der Berliner Verfassung vom 1. September 1950 sollten die Grundrechte des Bonner Grundgesetzes auch in Berlin gelten. Diese Bestimmung ist aber von den Westalliierten für Berlin „zurückgestellt" worden. In den eigenen Grundrechten der Berliner Verfassung steht das Auslieferungsverbot nicht. Dennoch stellt sich der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten einmütig auf den Standpunkt, daß nach der gesamten Vorgeschichte und nach der Entwicklung, die diese Rechte genommen haben, hier so zu verfahren ist, als ob diese Vorkommnisse — wie das auch bei einigen der Legionäre offenbar der Fall zu sein scheint — in dem durch Besatzungsrecht eingeengten Geltungsbereich des Grundgesetzes geschehen wären. Abgesehen von dem Bruch der von der britischen Besatzungsmacht gegebenen Zusagen stellt die den deutschen Polizeiorganen gegebene Weisung einen Mißbrauch besatzungsrechtlicher Befugnisse dar. Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß der durch Kontrollratsbestimmung aufgehobene § 141 a des Strafgesetzbuches, der die Werbetätigkeit für fremde Heere unter Strafe stellte, einer Übung in allen zivilisierten Staaten entspricht, bedeutet die der Berliner Polizei erteilte Weisung eine Ausnutzung einer Souveränitätsbeschränkung, die für die Erreichung der proklamierten Besatzungsziele nicht notwendig ist. Auf Grund der Prüfung des Sachverhalts empfiehlt der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten dem Hohen Hause, in Abänderung des Antrages — Drucksache Nr. 2541 — mit Drucksache Nr. 2836 folgenden Beschluß zu fassen: Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag Auskunft zu geben, in welchen Fällen ihr eine von der Besatzungsmacht veranlaßte Verhaftung deutscher Staatsangehöriger, die sich in eine Fremdenlegion verpflichtet hatten, bekanntgeworden ist. 2. Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag Auskunft zu geben, welche Schritte sie unternommen hat, um die Freilassung von deutschen Staatsangehörigen, die auf Grund ihrer Fremdenlegionsverpflichtung verhaftet worden sind, aus dem Gewahrsam fremder Mächte zu erwirken. 3. Die Bundesregierung wird ersucht, das Verbot der Werbung für fremden Militärdienst und der Übernahme von Verpflichtungen zur Dienstleistung in Fremdenlegionen wiederherzustellen und wegen der Wiederherstellung dieses Rechtszustandes in Verhandlungen mit den Hohen Kommissaren einzutreten. 4. Die Bundesregierung wird ersucht, im Einvernehmen mit dem Senat des Landes Berlin darauf hinzuwirken, daß dieser Rechtszustand auch in bezug auf Berlin Anerkennung findet. Bonn, den 21. Februar 1952. Dr. von Merkatz Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walther Hasemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche jetzt nicht in meiner Eigenschaft als Berichterstatter, sondern ich spreche für meine Fraktion. Ich möchte mich doch etwas mit den Argumenten meines Vorredners auseinandersetzen. Es ist ganz sicherlich nicht so - und alle, die an den Beratungen des Auswärtigen Ausschusses teilgenommen haben, wissen es —, daß wir sehr leichtfertig über die Dinge hinweggegangen sind. Alle Argumente sind sorgfältig geprüft worden. Auch für meine Fraktion war es eine sehr ernste Frage, die wir zu entscheiden hatten. Wir haben auch nicht versucht, die Dinge zu bagatellisieren. Aber ich muß mich


    (Dr. Hasemann)

    doch dagegen wehren, daß man versucht, die Dinge zu dramatisieren.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Herr Kollege Mertins, ich glaube — nehmen Sie mir das bitte nicht übel —, daß die beteiligten Kreise — ich habe hier ein Dokument mit einer ganzen Reihe von Unterschriften, angefangen vom Oberkreisdirektor des Kreises Wesermünde, dann der Fischereigenossenschaft, der Krankenhäuser, die betroffen sind, usw. — in dieses Frage ein wenig sachverständiger sind als Sie. Deswegen muß ich mich dagegen verwahren und es richtigstellen, wenn hier gesagt wird, daß 130 Kutter ihre Fanggründe verlieren. Das ist nicht der Fall. Insgesamt handelt es sich nur um 95 Kutter

    (Lachen und Zurufe von der KPD und von der SPD)

    - Pardon, darf ich das eben zu Ende ausführen —, von denen aber nur 40 durch die Bombardierung dieser Fanggründe betroffen werden.

    (Zuruf von der KPD: Auch das genügt!)

    Es heißt hier nämlich, während den Fischern aus Cuxhaven und den Orten an der oldenburgischen Küste Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stünden, sei den Fischern der Orte Dorum und Spieka mit rund 40 Kuttern jede Umstellungsmöglichkeit verbaut. Meine Damen und Herren, das soll kein Bagatellisierungsversuch sein. Uns liegt auch das Schicksal von 40 Kutterbesatzungen sehr am Herzen.

    (Zuruf der Abg. Frau Thiele.)

    — Frau Thiele, auf Sie komme ich gleich noch zu sprechen.

    (Zurufe von der Mitte: Lohnt sich das? —Lohnt nicht!)

    Für uns ist das eine Herzensangelegenheit. Wir werden mit Sorge darüber wachen, daß die Schäden, die ganz zweifellos auftreten werden — ob in dem Umfang, daß die Existenzen völlig vernichtet werden, oder so, daß nur die Fangergebnisse nachlassen —, beseitigt werden. Es ist auch unsere Sache als Parlament, darüber zu wachen, daß die Regierung — ich bin allerdings davon überzeugt, daß die Regierung es tun wird —, wie ich in meinem Ausschußbericht gesagt habe, dafür sorgt, daß nicht nur die Schäden durch unmittelbare Bombentreffer, sondern auch die indirekten Schäden hinreichend vergütet werden.

    (Zuruf der Abg. Frau Thiele.)

    — Liebe Frau Thiele, es ist ja merkwürdig, daß Sie sich ausgerechnet in dieser Frage so zum Sprecher gemacht haben. Das ging aus einer gestrigen Einstellung — ich betone ausdrücklich, gestrigen Einstellung — Ihrer Fraktion zu all dem hervor, was irgendwie mit militärischen Dingen zu tun hat. Ich freue mich jetzt schon auf den Eiertanz, den Herr Kollege Renner noch einmal aufzuführen haben wird, wenn wir uns hier zwangsläufig einmal mit der Nationalarmee auseinanderzusetzen haben.

    (Abg. Renner: Gestern haben wir die Aussprache verlangt!)

    Ich freue mich schon, wie das aussieht, wenn Sie Ihre 180-Grad-Schwenkung machen.

    (Abg. Renner: Heute morgen haben wir die Aussprache verlangt!)

    — Herr Renner, daß Ihnen da die Sorgen nicht am Herzen liegen, sondern daß Sie politisches Kapital aus dieser Sache schlagen wollen, ist nicht nur dem
    Hause, sondern auch dem deutschen Volk und den
    beteiligten Fischereikreisen hinreichend bekannt.

    (Abg. Renner: Überlassen Sie das doch uns!)

    Es ist nicht nur der materielle Schaden, sondern
    die Leute hängen an ihrem Beruf, sie hängen an
    ihrer Heimat; dafür haben wir volles Verständnis.

    (Anhaltende Zurufe des Abg. Renner.)

    — Ihre Argumente werden durch Lautstärke nicht überzeugender, Herr Renner. Und — das hat ja Herr Kollege Mertins schon gesagt — wenn Sie schon aus grundsätzlichen Erwägungen gegen so etwas sind, vielleicht wäre es dann zweckmäßiger gewesen, wenn auch Ihre Freunde im Osten gleichlautende Anträge in der Volkskammer eingebracht hätten, damit z. B. die Angelegenheit Peenemünde und die Zurverfügungstellung der ganzen Ostseeküste als Bombenziel zur Sprache kommt und damit das erst einmal verhindert wird!

    (Abg. Renner: Das ist Schwindel, was Sie sagen, aufgelegter Schwindel!)

    Wir möchten doch gerne einmal von Ihrer Seite ein gutes Beispiel sehen. Wir möchten nicht nur immer Vorhaltungen, was zu tun wäre; leben Sie uns einmal ein wenig das vor, was Sie uns immer als Tugend predigen wollen.
    Weiter, Herr Renner und die Freunde von Ihrer Fraktion, wir sind uns doch alle darüber klar, daß diese ganze Problematik gar nicht aufgeworfen wäre, wenn wir uns nicht immer mit Verteidigungsfragen auseinanderzusetzen hätten. Warum werden diese Dinge fortgesetzt an uns herangetragen? Sind es denn die Kräfte des Westens, die diese Frage immer akut werden lassen? Es sind doch Ihre Freunde, die die Unruhe in die Welt hineintragen!

    (Beifall rechts und in der Mitte. — Zurufe von der SPD und KPD.)

    Wir sind überzeugt — ich spreche da für meine Fraktion —, daß diese Bombardierungen aus strategischen Gründen notwendig sind.

    (Zurufe links: Oho!)

    Wir sind davon überzeugt, daß das auch weitgehend im deutschen Interesse geschieht.

    (Abg. Wehner: Nein!)

    Wir sind leider nicht in der Lage, uns gegen Eroberungslüsterne zu wehren. Wir sind auf die Hilfe anderer angewiesen. Wir wollen dankbar sein, wenn wir solche noch irgendwo in der Welt finden.

    (Zuruf der Abg. Frau Strohbach.)

    Es ist nun einmal tragisch für die betroffenen Kreise, daß überall da, wo Militär gespielt wird, auch irgendwie und irgendwo Gelände für diese Dinge zur Verfügung gestellt werden muß. In aller Bescheidenheit darf ich daran erinnern: wir haben gerade jetzt im Auswärtigen Ausschuß — ich habe auch da das zweifelhafte Vergnügen — so eine Akte mit Protesten gegen Beschlagnahmen bei Anlagen von Flugplätzen, bei Anlagen von Kasernen. Das bringen die Dinge nun einmal mit sich. Nicht nur bei uns hier in Deutschland, in allen Ländern der Welt ist es so, daß militärische Dinge auch Raum und Gelände fordern.
    Man muß auch einmal ein wenig an die Leute denken, die hier auf dem Festland ihre Heimstätten verlieren müssen, weil aus militärischen oder strategischen Notwendigkeiten irgendwelche Bauten angelegt werden müssen.

    (Zuruf von der SPD: Vorahnung!)



    (Dr. Hasemann)

    Wir können hier wie dort nur zu helfen versuchen, Härten mindern und Unrecht beseitigen, wie und wo wir es können. Darum werden wir eifrig besorgt sein, daß die Regierung in dieser Beziehung nichts unterläßt.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Noch einmal zu Ihren Ausführungen, Herr Kollege Mertins. Sie wissen doch ganz genau, daß alle militärischen Dinge Gelände brauchen. Wie stellen Sie sich denn das beispielsweise bei Ihrem Ruf nach amerikanischen Divisionen, nach einer unerhört großen Zahl amerikanischer Divisionen vor? Ginge das denn alles ohne Beschlagnahme von Gelände und dergleichen Dingen ab?

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Ich habe Verständnis dafür, bei Ihnen liegen besondere lokale Interessen vor. Ich bin auch Niedersachse; mir liegt das Wohl und Wehe meiner niedersächsischen Heimat auch am Herzen. Aber man darf die großen Dinge und die großen Zusammenhänge dabei nicht übersehen. Herr Mertins hat uns eine Vorlesung über die Treffsicherheit von Bombenwürfen gehalten. Ich bin kein Militärexperte, ich bin kein Luftwaffenbordschütze oder dergleichen., Ich kann mich nur auf die Angaben von militärischer Seite stützen, nicht nur von alliierter Seite, sondern wir haben uns die Mühe gemacht, deutsche Sachverständige zu hören. Ich gebe die Zahlen natürlich mit allem Vorbehalt wieder. Man hat uns verbindlich erklärt, daß einmal durch ganz hochwertige Ziel- und Abwurfvorrichtungen und zweitens durch die eingebauten Sicherheitsmaßnahmen das eigentliche enge Einwurfziel mit einem erheblichen Sicherheitsradius umgeben ist und daß die Treffsicherheit etwa 10 000 zu i sein wird.
    Im Zusammenhang damit — ich lege ganz besonderen Wert auf diese Feststellung — wurde gesagt, daß die Bombardierungen eingestellt würden, wenn auch nur eine einzige Bombe außerhalb dieses Sicherheitsbereichs fiele. Herr Staatssekretär, ich möchte ausdrücklich darum bitten, zu prüfen, ob es nicht möglich ist, diesen Punkt sogar zu einem Bestandteil der Abmachungen zu machen, daß, wenn also tatsächlich die gegebenen Zusicherungen hinsichtlich der Treffsicherheit vielleicht überschritten werden und Fehlwürfe vorkommen, dann tatsächlich die Bombardements restlos abgebaut werden.

    (Abg. Müller-Hermann: Das ist auch vorgesehen!)

    Es bleibt natürlich noch eine Fülle von Argumenten, die gegen die Zurverfügungstellung des Knechtsands sprechen. Man muß aber die Gewichte richtig verteilen. Man muß die Werte gegeneinander abmessen. Die Situation ist auch nicht so, daß es sich hier um ein Diktat handelt, daß es heißt: „Die Besatzungsmacht muß", sondern hier ist auch ein wenig unsere Einsicht vorhanden, die Einsicht, daß es auch um unseren Kopf und Kragen geht. Deswegen müssen wir, wenn wir die Werte und Gewichte gegeneinander abwägen, doch zu der Überzeugung kommen, daß trotz der sicherlich vorhandenen großen Bedenken dem Ausschußbericht zugestimmt werden kann. Jedenfalls wird meine Fraktion diesem Bericht zustimmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Renner.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Stegner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Artur Stegner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche hier nicht im Namen meiner Fraktion, sondern als niedersächsischer Abgeordneter, dem das Wohl der Küste und der Küstenbevölkerung besonders am Herzen liegt.

    (Abg. Frau Thiele: Das werden wir sehen!)

    — Sie können ruhig sehen, immer mit der Ruhe!

    (Heiterkeit.)

    Ich werde dem Antrag des Auswärtigen Ausschusses meine Zustimmung nicht geben,

    (Bravo-Rufe links)

    und zwar aus folgender Erwägung. Ich bin mit vielen Kollegen, mit dem Herrn Berichterstatter als solchem und als Sprecher meiner Fraktion in vielen Dingen absolut einig. Ich stehe auch auf dem Standpunkt, daß vieles getan werden muß, um die europäische Verteidigung zu sichern. Ich stehe aber auch auf dem Standpunkt, daß dann auch die Verteidigungsbereitschaft der Bevölkerung geschaffen werden muß, und ich habe für die Stimmung der Küstenbevölkerung volles Verständnis, die in der Bombardierung von Knechtsand nicht ein Aufeinanderzukommen der europäischen Völker sieht, sondern genau das Gegenteil.

    (Sehr gut! rechts.)

    Dieses Hohe Haus kennt vielleicht nicht die Situation dort oben. Diese Menschen haben den ganzen Krieg über die Bomber über die Deutsche Bucht fliegen hören. Sie haben im Anschluß daran unentwegt die Bombardierung Helgolands gehört — und Helgoland ist für die Küste doch etwas Besonderes — und sie werden nun in Zukunft die Bombardierung von Knechtsand hören. Die Menschen dort haben die besonderen Schwierigkeiten für das Land an der niedersächsischen Küste erlebt: das Aufhören der Reichsmarine, das Aufhören der Betriebe, der Arsenale, der Ausrüstungshäfen, der Werften, mit anderen Worten die Arbeitslosigkeit. Sie haben die Schiffahrts- und Hochseefischereibeschränkungen der Jahre nach dem Zusammenbruch erlebt, die Riesenarbeitslosigkeit und das Elend. Dieser Bevölkerung von heute auf morgen klar zu machen, daß die Bomben auf Helgoland etwas anderes waren, als die Bomben auf Knechtsand sein sollen, ist unmöglich, das geht so schnell nicht. Wie überall werden wir für diese Dinge zeitliche Entwicklungen brauchen. Ich persönlich glaube, daß die Bomben, die jetzt auf Knechtsand geworfen werden, den Weg nach Europa nicht bereiten, sondern eher verbauen. Deswegen fühle ich mich verpflichtet, dem Antrag des Auswärtigen Ausschusses nicht zuzustimmen.

    (Beifall bei Abgeordneten der Rechten. — Bravo! links.)