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ID0119906200

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    6. Hoecker.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 199. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952 8519 199. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952. Nachruf auf den verstorbenen Abg. Weickert 8520A Geschäftliche Mitteilungen 8520B Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Änderung und Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes 8520C Gesetz über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) 8520C Gesetz über die Steuerberechtigung und die Zerlegung bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Zerlegungsgesetz) 8520C Gesetz über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten 8520C Gesetz über Ordnungswidrigkeiten . . 8520C Gesetz über die Sorge für die Kriegsgräber (Kriegsgräbergesetz) 8520C Kleine Anfrage Nr. 246 der Fraktion der CDU/CSU betr. Materialversorgung des Handwerks und gewerblichen Mittelstandes (Nrn. 3132, 3197 der Drucksachen) 8520C Kleine Anfrage Nr. 245 der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterabteilung Handwerk im Bundeswirtschaftsministerium (Nrn. 3131, 3207 der Drucksachen) . . . 8520D Änderungen der Tagesordnung 8520D Zur Geschäftsordnung — Frage der Behandlung der Tagesordnung: Vizepräsident Dr. Schäfer . 8521C, 8527B Stücklen (CSU) 8520D, 8560A Mellies (SPD) 8521A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Steuergesetzgebung (Nr. 3130 der Drucksachen) 8521C Schmücker (CDU). Anfragender . . 8521C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 8524D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Altersversorgung des Handwerks (Nr. 3129 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage eines Änderungsgesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nr. 3106 der Drucksachen) . . 8527B Becker (Pirmasens) (CDU), Anfragender 8527C Storch, Bundesminister für Arbeit 8528D, 8530A, 8533A Dr. Etzel (Bamberg) (FU), Antragsteller 8529C Freidhof (SPD) 8530D Dirscherl (FDP) 8531D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Ausschußüberweisung des Antrags Nr. 3106 8534A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nr. 3135 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Auftragsvergebung der öffentlichen Hand (Nr. 3138 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Verdingungsordnung für Bauleistungen im Hoch- und Tiefbau (VOB) (Nr. 3139 der Drucksachen) . . . 8534B Becker (Pirmasens) (CDU), Antragsteller 8534B Günther (CDU), Antragsteller . . . 8535C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 8537A Storch, Bundesminister für Arbeit . 8537B Eickhoff (DP) 8537D Dirscherl (FDP) 8539C Hoecker (SPD) 8540D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Schmücker (CDU) 8543A Wirths (FDP) 8543B Kalbfell (SPD) 8543D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8545A Ausschußüberweisungen 8546C Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung des Handwerks (Nr. 3137 der Drucksachen; Umdruck Nr. 470) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Kreditversorgung des Handwerks (Nr. 3140 der Drucksachen) . 8546D Mensing (CDU), Antragsteller . . . 8547A Schuler (CDU), Antragsteller . . . . 8549A Dr. Nölting (SPD) 8550A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirt- schaft 8552B Frau Lockmann (SPD) 8553C Paul (Düsseldorf) (KPD) 8554C Hoecker (SPD) 8556D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8558B Dirscherl (FDP) 8558C Schmücker (CDU) 85590 Ausschußüberweisungen 8560A Zur Geschäftsordnung — Vertagungsantrag: Stücklen (CSU) 8560A Weiterberatung vertagt 8560C Nächste Sitzung 8560C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer eröffnet.
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    Rede von Hugo Paul


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Über eine ganze Reihe Probleme des Handwerks wurde bereits gesprochen. Ich will mich jetzt den noch anstehenden Fragen zuwenden. — Die Kreditpolitik, wie sie die Bundesregierung betreibt, dient einzig und allein der Förderung der Großkapitalisten, insbesondere der Rüstungsindustrie.

    (Abg. Becker [Pirmasens]: Da sind wir schon wieder drauf!)

    Das Handwerk wird bei der Kreditgewährung in der Regel ausgeschlossen. Durch das Investitionshilfegesetz wurde der Bedarfsgüterindustrie — darunter befinden sich zahlreiche Handwerksbetriebe — über 1 Milliarde Mark an Steuern abgenommen. Die CDU, die heute hier in diesem Hause so zahlreiche Anträge zur Unterstützung des Handwerks unterbreitet hat, hat bei der Behandlung des Investitionshilfegesetzes unseren Antrag. der vorsah, Handwerksbetriebe bis zu 200 Beschäftigten aus der Zwangssteuer herauszunehmen, abgelehnt.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Diese Ablehnung unseres Antrags war absolut handwerksfeindlich.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Damals, bei der Behandlung des Investitionshilfegesetzes, hätte sich die CDU durch Annahme unseres Antrags für die Interessen ides Handwerks wirkungsvoll einsetzen können.

    (Erneute Zurufe von der KPD: Sehr richtig!)

    Die Handwerksbetriebe können mittel- und langfristige Kredite nur schwer erhalten. Für diese Kredite, ja sogar für kurzfristige Darlehen werden 9 bis 13 % Zinsen gefordert.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Von den zentral gelenkten Krediten des Bundes wurde dem Handwerk nur 1 % zur Verfügung gestellt. Das geht selbst aus Verlautbarungen des Handwerks hervor. Die Kommunistische Partei ist der Meinung, daß man an Stelle der ungeheuren Summen für die Wiederaufrüstung mindestens 500 Millionen Mark bei niedrigem Zinssatz für Handwerkskredite bereitstellen sollte. Selbst die 6,5 Millionen Mark, die man im Oktober aus den sogenannten STEG-Mitteln bereitstellte, wurden in erster Linie für Betriebe zur Verfügung gestellt, die Material für die Wiederaufrüstung herstellten. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, daß das selbst in dem Rundschreiben des Zentralverb andes der Handwerker besonders unterstrichen wurde.
    Wenden wir uns nun einem anderen Kapitel zu, das nach meiner Meinung heute noch zu kurz ge-


    (Paul [Düsseldorf])

    kommen ist. Das ist die Steuerpolitik. Es wird doch wohl kein Abgeordneter der CDU oder der anderen Adenauer-Parteien hier etwa beweisen wollen, daß diese Steuerpolitik der Adenauer-Regierung dem Handwerk diene. Im Gegenteil, die Steuerpolitik schädigt das Handwerk und erschwert seine Existenz. Allein durch die Erhöhung der Umsatzsteuer von 3 auf 4 % wurde das Handwerk mit 180 Millionen DM belastet. Hier spricht man von lächerlichen 5 Millionen DM, die man für die Handwerksförderung bereitstellen will. Bereits hat der Finanzminister Schäffer angekündigt, daß er sich genötigt sehen werde, die Umsatzsteuer erneut zu erhöhen. Möge daran jeder Handwerker prüfen, wessen Politik von der Bundesregierung und für wen diese Politik betrieben wird. Die Steuerpolitik, die in Westdeutschland betrieben wird, steht im Gegensatz zu den wohlklingenden Erklärungen, die die Bundesregierung und auch der Bundeskanzler in Karlsruhe immer und immer wieder gegenüber dem Handwerk abgegeben haben.
    Sie haben heute nachmittag in Zwischenrufen von den Verhältnissen in der Deutschen Demokratischen Republik gesprochen. Aber in dem Rundschreiben des Zentralverbands des Handwerks wird mit aller Deutlichkeit und mit allem Ernst darauf aufmerksam gemacht, daß die Maßnahmen zur Förderung des Handwerks in der Deutschen Demokratischen Republik, wenn hier nichts geschehe, anziehend wirken könnten auf die westdeutschen Handwerkskreise. Wenn das nicht so wäre, dann brauchte man das nicht besonders in einem Schreiben an die Bundesregierung zum Ausdruck zu bringen. In der Deutschen Demokratischen Republik sind auf Grund ,des Gesetzes vom 9. August 1950 über die Förderung des Handwerks umfangreiche Förderungsmaßnahmen durchgeführt
    worden. Im Rahmen des Fünfjahresplans wird die Produktion des Handwerks auf 160 % erhöht und werden die Einnahmen des Handwerks verdoppelt.
    Um die Arbeitsproduktivität des Handwerks zu steigern, ist eine umfangreiche Steuerreform durchgeführt worden. Lesen Sie bitte einmal nach in der Stuttgarter Wirtschaftszeitung! Sie brachte vor 3 Wochen im wirtschaftlichen Teil einen längeren Artikel über die Steuerreform zugunsten des Handwerks in der Deutschen Demokratischen Republik. Die Steuerarten sind zusammengelegt worden. Die Führung von Büchern für steuerliche Zwecke vor allem ist für den Alleinmeister ohne Handel einfach überflüssig geworden. Bei Beschäftigung fremder Arbeitskräfte braucht er nur das Lohnkonto zu führen. Durch die Festlegung eines Grundbetrags, dessen Höhe in einer Tabelle für jeden Handwerkszweig besonders festgelegt ist, wird dem Handwerker die Arbeit erleichtert. Alle Gewinne, die über diesen Grundbetrag hinausgehen, sind für ihn steuerfrei. Hat z. B. der Inhaber eines Betriebes in dem betreffenden Kalenderjahr keine Lohnempfänger beschäftigt, wird seine Steuer um 50 % ermäßigt. Das trifft gleichermaßen zu für Betriebe, deren Inhaber schwerbeschädigt sind. Ebenso tritt eine solche Minderung der Steuerlast ein, wenn der Handwerker 65 Jahre bzw. die weibliche Handwerkerin 50 Jahre alt geworden ist. Das gleiche gilt für blinde Handwerksmeister. Außerdem ermäßigt sich der Grundbetrag, auf 'dem die Steuer berechnet wird, um jeweils 50 Mark für jedes Kind, welches noch nicht das 16. bzw., bei der studierenden Jugend, das 21. Lebensjahr erreicht hat. Ist ein Handwerksmeister über einen Monat hinaus arbeitsunfähig, dann kann er ein Zwölftel des Grundbetrags absetzen.
    Für die Beschäftigung von Lehrlingen und für die Mitarbeit der Ehefrau genießt er ebenfalls vollständige Steuerfreiheit. Nehmen wir ein Beispiel. Ein Handwerker mit einem Sohn in einem Dorf in Württemberg müßte nach 'den jetzigen Sätzen in Westdeutschland 1487 DM Steuern zahlen. Ein Handwerker mit dem gleichen Einkommen würde in einem Dorf in Thüringen 975 Mark Steuern zu zahlen haben.

    (Abg. Walter: Deswegen laufen die auch alle weg!)

    — Lesen Sie Ihre eigenen Zeitungen durch, dann werden Sie erkennen, daß in der Deutschen Demokratischen Republik wirkungsvolle Steuermaßnahmen zugunsten des Handwerks durchgeführt sind.

    (Zuruf von der Mitte: Dann gehen Sie hin!)

    Hinzu kommt, daß es in der Deutschen Demokratischen Republik fest gebundene Preise gibt, daß spekulative großkapitalistische Markt- und Preisschwankungen ausgeschlossen sind.

    (Zuruf von der SPD: Oh!)

    Die Kommunistische Partei fordert, daß für das Handwerk eine Vereinfachung des Steuerwesens durchgeführt wird, vor allen Dingen die Angleichung der Einkommensteuer der Handwerker an die Lohnsteuer. Nehmen wir auch dazu zwei Bei- spiele. Bei einem Jahreseinkommen von 3000 DM beträgt die Einkommensteuer 127 DM, die Lohnsteuer 64,80 DM. Bei einem Jahreseinkommen von 6000 DM beträgt die Einkommensteuer 752 DM, die Lohnsteuer 564,60 DM. Durch eine solche Besteuerung des Handwerks werden vor allem die Handwerksmeister und die Kleinbetriebe hart getroffen. Wir verlangen deshalb, daß diese Sache in einer grollen Steuerreform für das Handwerk neu geregelt wird. Desgleichen sind wir der Meinung, daß für die handwerklichen Einkaufs- und Lieferungsgenossenschaften Kredite und Steuervergünstigungen gegeben werden sollten. Vor allem sollte für diese Handwerksgenossenschaften die Umsatzsteuer herabgesetzt werden.
    Wir sind weiter der Meinung, daß zur Förderung der Lehrlingsausbildung dem Handwerksmeister jährlich 50 DM Zuschuß gewährt werden sollte. Das kann dadurch geschehen, daß man dem Handwerksmeister diese 50 DM in Form von Steuerermäßigungen gibt. So wollen wir im Handwerk die Lehrlingsausbildung fördern. Wir erstatten nämlich dem Handwerksmeister dadurch nur den entfallenden Lohn und die Ausgaben für die Teilnahme des Lehrlings an der Berufsschule zurück.
    Wir sind der Auffassung, daß man sich jenen Tendenzen widersetzen muß und widersetzen sollte, die von dem amerikanischen Hohen Kommissar ausgehen, nämlich, in dem Nebenabkommen zum Generalvertrag die schrankenlose Gewerbefreiheit, wie sie heute in der amerikanischen und in der französischen Zone praktiziert wird,

    (Zuruf von der Mitte: Was?!)

    zu verankern. Wir sind für einen wirksamen Schutz des Handwerks in der Form der

    (Zuruf von der Mitte: Stimmt ja gar nicht!)

    Beibehaltung des großen Befähigungsnachweises.
    Die Lage des Handwerks, die Rettung des Handwerks vor dem Niedergang und dem Ruin hängt von der Behebung des nationalen Notstandes unseres Volkes im besonderen ab.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)



    (Paul [Düsseldorf])

    Deshalb ist es erforderlich, daß alle Politiker, alle Abgeordneten, die es mit der Wahrung der Interessen des Handwerks ernst meinen, sich einsetzen für die friedliche Wiederherstellung der Einheit Deutschlands, für den baldigen Abschluß eines Friedensvertrages. Denn der Friedensvertrag behebt auch alle Nöte des Handwerks.

    (Sehr wahr! bei der KPD. — Lachen in der Mitte.)

    - Sie mögen darüber lachen, aber jeder ernst Denkende kann das selbst nachrechnen. Der Friedensvertrag wird unserem Volke die volle Verfügungsgewalt über seine Wirtschaft geben. Wir könnten dann ungehindert Handel treiben, das Handwerk könnte dann einen umfangreichen Handwerksexport betreiben. Wir wären in der Lage, an Stelle von ungeheuren Summen für die Aufrüstung größere Mittel für die Förderung des Handwerks, für die Behebung z. B. der Kreditnot des Handwerks usw. bereitzustellen. Die Handwerker wären dann in der Lage, sich die erforderlichen Maschinen anzuschaffen, um den Konkurrenzkampf durchzustehen. Alle diese Fragen finden eben ihre Lösung durch den Abschluß des Friedensvertrags.
    Lassen Sie mich zusammenfassen, was die Kommunistische Partei zur Förderung und zur Sicherung der Existenz des Handwerks für erforderlich hält. Wir fordern:
    1. den Abschluß eines Friedensvertrags mit Deutschland auf der Grundlage des Vorschlags der Regierung der Sowjetunion,

    (Lachen in der Mitte)

    Wiederherstellung eines einheitlich demokratischen unabhängigen Deutschlands in. Frieden und Freiheit;

    (Zuruf von der Mitte: Mit Oder-Neiße?)

    2. die Wiederherstellung des ungehinderten Warenverkehrs in ganz Deutschland sowie einen freien unabhängigen Handel mit allen Völkern;
    3. Bereitstellung von genügend Stahl, Kohle und anderen Rohstoffen für eine gesicherte Produktion des Handwerks;

    (Zuruf von der Mitte: Für die Nationalarmee!)

    die Belieferung mit Rohstoffen für das Handwerk hat gleichrangig mit den übrigen Industriebetrieben zu erfolgen;
    4. ausreichende Kreditgewährung bei niedrigen Zinssätzen, Übernahme von Bürgschaften durch die Länder oder den Bund für Handwerksbetriebe, die nicht über die genügenden bankmäßigen Sicherheiten verfügen, Bereitstellung von 500 Millionen DM durch den Bund für Handwerkskredite bei 31/2 0/0 Zinsen.

    (Ironischer Zuruf von der Mitte: Ausgezeichnet!)

    Die Vergabe der Kredite hat unter Mitwirkung der Organisationen des Handwerks zu erfolgen.

    (Zuruf rechts: Der KPD!)

    5. Für Handwerksförderung, Veranstaltung von Handwerksmessen, 'Ausstellungen usw. sollen im Haushalt des Bundes jährlich 50 Millionen DM eingesetzt werden.

    (Zuruf von der Mitte: Mit Zahlen schmeißt der rum!)

    Die Verdingungsordnung wird für zusätzliche Maßnahmen, für alle Aufträge der öffentlichen Hand und Aufträge, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, angewandt. Bis zum Inkrafttreten eines solchen Gesetzes sind alle Auftraggeber der öffentlichen Hand verpflichtet, dem Handwerk zinsfreie Zwischenkredite für geleistete Arbeiten zu gewähren. Für alle Rechnungsbeträge, die nicht innerhalb von 15 Tagen nach Rechnungslegung bezahlt werden, sind die geltenden Verzugszinsen zu zahlen.
    7. Zur Förderung der Lehrlingsausbildung erhält das Handwerk für jeden beschäftigten Lehrling jährlich 50 DM Zuschuß in Form einer Steuerermäßigung.

    (Zuruf in der Mitte: Von wem?)

    8. Durch Vorlage eines Gesetzes soll eine Vereinfachung des Steuerwesens ähnlich der Regelung in der Deutschen Demokratischen Republik erfolgen. Dabei ist eine allgemeine Senkung der Steuersätze für Handwerksbetriebe vorzunehmen. Die Einkommensteuern des Handwerks werden den Sätzen der Lohnsteuer angeglichen, die Beschäftigung von Lehrlingen und die Mitarbeit der Ehefrauen bleiben steuerfrei.
    9. Alle Arbeiten, die die öffentlichen Betriebe, z. B. Gas-, Wasser-, Elektrizitätswerke und andere Betriebe nicht in der Produktion beeinträchtigen, werden öffentlich ausgeschrieben und an das Handwerk vergeben. Die Vergebung der öffentlichen Aufträge hat nach den ortsüblichen Richtpreisen zu erfolgen.
    10. Gesetzlichen Schutz des Handwerks und seiner Erzeugnisse gegen ausländische Schmutzkonkurrenz sowie Beibehaltung des großen Befähigungsnachweises.
    11. Schutz und Förderung der Einkaufs- und Liefergenossenschaften des Handwerks, Herabsetzung der Umsatzsteuer von 4 auf 2 %.

    (Ironischer Zuruf von der Mitte: Bravo!)

    Das sind unsere Vorschläge für Sofortmaßnahmen im Interesse des Handwerks.

    (Zuruf von der Mitte: Wer soll das bezahlen?)

    Wir appellieren an das Handwerk, mit allen friedliebenden Menschen in Deutschland zu kämpfen für die Durchsetzung dieser Forderungen, für die Rettung unseres Volkes aus Kriegsgefahr und Not, für die Erreichung eines Friedensvertrags. Damit werden alle Nöte des Handwerks aufgehoben, damit wird das Handwerk in einem freien, unabhängigen, demokratischen Deutschland einen neuen Wohlstand erreichen.

    (Beifall bei der KPD. — Zurufe von der Mitte und rechts.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Hoecker.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Befürchten Sie nicht, daß ich mich auf das außenpolitische Gebiet begeben und Ihnen ebenfalls ein solches Bukett von Forderungen überreichen werde, wie es der Kollege Paul für richtig gehalten hat.

    (Zuruf von der Mitte: Sie haben ja auch von Moskau keinen Auftrag!)



    (Hoecker)

    Wenn das richtig wäre, wenn die Verhältnisse der Handwerker in der Ostzone so wären, wie sie der Herr Kollege Paul hier dargestellt hat, wie kommt es dann, so frage ich mich, daß auch Handwerker aus der Ostzone in die Westzonen kommen, um hier eine Existenz zu suchen und zu finden?

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wenn Herr Kollege Paul glaubt, daß er mit diesen Bemerkungen irgendeinen Handwerker aus den Westzonen nach der Ostzone locken kann, dann ist er, glaube ich, auf dem Irrweg.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Weiterer Zuruf von der Mitte: Er geht ja selbst nicht!)

    — Er geht ja selbst nicht!
    Doch nun zum Thema. Gestatten Sie mir, zur Drucksache Nr. 3140 einige Bemerkungen zu machen. Die wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks ist heute nachmittag hier schon in den verschiedensten Reden und Ausführungen zum Ausdruck gekommen. Es ist richtig, daß das Handwerk mehr als drei Millionen Beschäftigte zählt, daß es an dem Umsatz der gesamten Wirtschaft mit einem Sechstel beteiligt ist und daß diese volkswirtschaftlich große Organisation, dieser große Zweig der deutschen Volkswirtschaft auch in bezug auf die Kredite einer besonderen Fürsorge bedarf. Aber erlauben Sie mir, daß ich Ihnen einmal ein paar Zahlen nenne, die, glaube ich, im Widerspruch zu den Zahlen stehen, die der Herr Bundeswirtschaftsminister hier bekanntgegeben hat. Ich weiß nicht, ob Sie in den 600 und soviel Millionen, die ich Ihnen gleich nennen werde, enthalten sind, aber bei oberflächlicher Berechnung hat der Herr Wirtschaftsminister doch etwas mehr angedeutet.
    Die Bank deutscher Länder bringt in ihren Monatsberichten u. a. laufend eine Gliederung der Kredite nach Wirtschaftszweigen und Kreditnehmergruppen. Aus dieser Statistik ergibt sich, daß der Anteil der mittelfristigen Kredite für Handwerksbetriebe gemessen an der Gesamtzahl der gewährten Kredite seit der Währungsreform nur 2,1 % beträgt. Effektiv hat das Handwerk von insgesamt 10,626 Milliarden an mittel- und langfristigen Krediten nach dem Stand vom 31. Dezember 1951 ganze 236 Millionen erhalten. Bei den kurzfristigen Krediten ergibt sich ungefähr das gleiche Verhältnis: 2,7 %. Demgegenüber betrug aber der Anteil der Industrie an dem Gesamtbetrag der mittel- und langfristigen Kredite rund 35 %, und bei den kurzfristigen Krediten kommt die Industrie sogar auf mehr als 50 %. Der Handel überflügelt das Handwerk bei den mittel- und langfristigen Krediten um rund 50 %. Bei den kurzfristigen Krediten weist die Statistik der Bank deutscher Länder nach, daß der Handel das Zwölffache der Kredite des Handwerks erhalten hat. Ich werde mir erlauben, gleich noch auf die Ursachen zurückzukommen, die vielleicht mit dafür verantwortlich gemacht werden können, daß das Handwerk nicht in dem Maße wie Industrie und Handel, deren Kapitaldecke ganz anders als die des Handwerks ist, an den Krediten profitieren kann.
    Welches sind nach unserer Meinung die Möglichkeiten, die Kreditschwierigkeiten des Handwerks zu beheben? Meiner Auffassung nach hat die Entwicklung im Nachkriegsdeutschland ergeben, daß eine Kreditlenkung im Sinne zentral gesteuerter Mittel nicht mehr zu umgehen ist. Die Vielzahl der Handwerksbetriebe erfordert auf Bundesebene die
    Bereitstellung von Globalbeträgen, die über die örtlichen Kreditinstitute nach gewissen Richtlinien an die Handwerksbetriebe abfließen müssen. Die Kreditversorgung der Handwerksbetriebe bedarf mit Rücksicht auf die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Handwerks einer besonderen Unterstützung durch die Bankinstitute, zumal es sich bei den Krediten an Handwerker in vielen Fällen nur um kleinere und nicht um größere Beträge handelt.
    Dann noch eines der wichtigsten Momente, die ich hier anführen möchte: die Gewährung von Krediten an das Handwerk darf nicht nach den Rentabilitätsgesichtspunkten der Großbanken vorgenommen werden, denn die Zinssätze, die dort genommen werden, sind für das Handwerk einfach unerschwinglich und unerträglich. Vielleicht ist das auch mit der Grund, daß die Inanspruchnahme der Kredite so gering ist, weil eben die Höhe der Zinslast nicht, insbesondere nicht von den kleineren Handwerksbetrieben getragen werden kann. Bei der Gewährung eines Kredits spielt vom bankmäßigen Standpunkt aus auch die Frage der Absicherung oft eine entscheidende Rolle. Bekanntlich gibt es Tausende, Zehntausende von Handwerks- betrieben, die in gemieteten Räumen arbeiten, wo eben keine Absicherung hypothekarisch, sicherheitsmäßig stattfinden kann. Diese Kreditsuchenden gehen natürlich leer aus, weil die Banken ja immer nur nach diesen Gesichtspunkten Kredite geben. Es müßte also auch da versucht werden, die Kreditsuchenden mit hypothekarischen Absicherungsmöglichkeiten nicht so zu belästigen, oder es wäre zu fordern, daß irgendwelche Bürgschaften von den Ländern oder vom Bund übernommen werden, die eine solche hypothekarische Absicherung nicht notwendig machen würden. Nach meiner Auffassung müßten auch Maßnahmen für einen erweiterten Personalkredit getroffen werden. Gegebenenfalls muß vielleicht auch zur Durchführung dieser Maßnahmen ein besonderer Bürgschaftsfonds errichtet werden.
    In den verschiedensten Bemerkungen ist die Frage angeklungen, wie es zu verstehen sei, daß im Augenblick die Lage des deutschen Handwerks so prekär sei. Ich bin der Auffassung, daß das zum Teil auch an der ganzen Preispolitik und an der Wirtschaftspolitik liegt. Das Handwerk, das nach der Währungsreform einen Teil seiner Substanz mit herübergerettet hat, steht heute zum Teil ohne jede Substanz da, denn die überstürzten Preiserhöhungen haben es weiten Kreisen des Handwerks nicht gestattet, die Substanz in einem Maße zu erhalten, das zur Führung eines gesunden Privatbetriebs notwendig ist.
    Ich darf dafür einige Beispiele anführen. Da ist ein Tischlereibetrieb, der heute oder vor einem Jahr den Kubikmeter Holz für 160, 170 Mark eingekauft hat. Er macht seine Angebote, hat das Holz verarbeitet. In seinen Angeboten sind die 170 Mark zuzüglich der Zuschläge enthalten. Kauft er zwei Monate später Holz, dann hat dieses Holz 240 oder 250 Mark gekostet, und ein erheblicher Teil der Betriebssubstanz und seines Kapitals ist damit endgültig verloren. Wenn man also dem Handwerk helfen will, muß man auch auf diesem Gebiet für eine Stetigkeit der Preise sorgen, damit der Handwerker tatsächlich genau und richtig und auch mit einem Gewinn kalkulieren kann und damit ihm seine Substanz nicht durch eine fortgesetzte Preiserhöhung noch weiter, als das heute der Fall ist, vernichtet wird. Dann müßte auch eine andere Kredit- und Finanzpolitik betrieben werden.


    (Hoecker)

    Ich habe eben schon gesagt — und ich habe damit meine Erfahrungen als Vorsitzender einer Sparkasse —: dem Handwerk kann nicht zugemutet werden, die hohen Zinslasten zu tragen, weil die Erträgnisse nicht so sind, daß die Verdienstspanne um diese Zinslast erweitert werden kann. Ich habe kürzlich einen Vortrag eines bedeutenden Finanzpolitikers, eines Experten auf diesem Gebiet, gehört, der erklärte, die Kapitallage in der Bundesrepublik wäre bedeutend besser, wenn man versuchte, eine Erhöhung der Haben-Zinsen und eine Senkung der Soll-Zinsen herbeizuführen. Ich kann im Augenblick nicht untersuchen, ob das richtig ist, aber zumindest erscheinen mir unter den gegenwärtigen Verhältnissen, insbesondere für das Handwerk, die Soll-Zinsen zu hoch, weil sie unerträglich sind und in keinem Verhältnis zu den Erträgnissen stehen, die das Handwerk heute hat.

    (Sehr richtig!)

    Dazu kommt noch, daß eine Verschiebung in der sozialen Struktur auch im Mittelstand stattgefunden hat. Es ist heute so, daß Tausende von Handwerksmeistern auf den Lebensstandard eines Arbeiters herabgesunken sind und daß in der Industrie und sonstigen gut bezahlten Berufen Menschen sind, die das Doppelte und Dreifache dessen verdienen, was Zehntausende von Handwerkern, besonders von Kleinhandwerkern einnehmen. Wir können also nicht von einer Mittelstandspolitik oder von einer Gesundung des Mittelstandes schlechthin reden, sondern wir müssen versuchen, dem Handwerkerstand die Möglichkeiten zu geben, daß er wirklich als Mittelstandsfaktor bezeichnet werden kann, um damit im Rahmen der Volkswirtschaft seine volkswirtschaftlichen Aufgaben im Interesse seines Standes und auch im Interesse unseres Volkes erfüllen zu können.

    (Beifall bei der SPD.)